Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.440/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_440/2017  
 
 
Urteil vom 25. Juni 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Biedermann, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Solothurn, 
Allmendweg 6, 4528 Zuchwil, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn 
vom 16. Mai 2017 (VSBES.2015.38). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ (Jg. 1961) war als Maschinist in der B.________ AG angestellt. Am
14. März 2012 meldete er sich aufgrund eines Krebsleidens und deshalb seit 13.
Oktober 2011 bestehender Arbeitsunfähigkeit bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an. Nach vorgängiger Bestrahlung war am 20. Februar 2012 im
Spital C.________ eine operative Entfernung eines Adenokarzinoms des Rektums
mittels medianer Laparotomie erfolgt. In der Folge fühlte sich A.________ vor
allem wegen häufig notwendigen Stuhlganges in seiner Leistungsfähigkeit
beeinträchtigt. Die IV-Stelle des Kantons Solothurn sprach ihm nach erfolgter
Abklärung der medizinischen und erwerblichen Verhältnisse mit Verfügung vom 15.
Januar 2015 für die Zeit ab 1. Oktober 2012 bis 30. November 2013 eine ganze
Invalidenrente und für die Zeit ab 1. Dezember 2013 bis 31. März 2014 noch eine
Dreiviertelsrente zu. Für die Folgezeit ab 1. April 2014 lehnte sie das
Leistungsbegehren - abgesehen von der Zusicherung einer Unterstützung bei der
Arbeitssuche - ab. 
 
B.   
Die dagegen gerichtete Beschwerde, mit welcher zur Hauptsache eine Evaluation
der funktionellen Leistungsfähigkeit mit Prüfung sämtlicher möglicher
Massnahmen beruflicher Art für eine Wiedereingliederung in den ersten
Arbeitsmarkt, eventuell die Zusprache höherer und nicht befristeter
Rentenansprüche, beantragt worden waren, wies das Versicherungsgericht des
Kantons Solothurn mit Entscheid vom 16. Mai 2017 ab. Zudem hob es die Verfügung
vom 15. Januar 2015 - nach vorangegangener Androhung einer Schlechterstellung
(reformatio in peius) mit Einräumung einer Möglichkeit zum Beschwerderückzug,
von welcher der Versicherte jedoch keinen Gebrauch machen wollte - auch in dem
Sinne auf, als es den Anspruch auf eine vom 1. Oktober 2012 bis 31. März 2014
befristete Rente verneinte. 
 
C.   
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten die
Aufhebung des kantonalen Entscheides vom 16. Mai 2017 und der
Verwaltungsverfügung vom 15. Januar 2015 beantragen. Eventuell sei sein
Invaliditätsgrad für die Zeit ab 1. Dezember 2013 bis 31. März 2014 auf
mindestens 70 % und ab 1. April 2014 "fortdauernd" auf 50 % festzusetzen.
Subsidiär erhebt der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde im Sinne von Art.
113 in Verbindung mit Art. 116 BGG. 
Die IV-Stelle sieht von einer Stellungnahme zur Sache ab, während das kantonale
Gericht unter Hinweis auf seinen Entscheid vom 16. Mai 2017 auf Abweisung der
Beschwerde schliesst. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf
eine Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
 
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Eine - für den
Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) -
vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann das Bundesgericht nur berichtigen
oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
2.   
Der Beschwerdeführer rügt sowohl eine Bundesrechtsverletzung als auch eine
offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes (vgl. E. 1 hiervor).
Subsidiär erhebt er eine Verfassungsbeschwerde und macht dabei eine
willkürliche Rechtsanwendung durch die Vorinstanz geltend. 
Bei der Eingabe des Beschwerdeführers sind die Voraussetzungen nach den Art. 82
ff. BGG für eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erfüllt.
Sie ist deshalb als solche - und nicht als subsidiäre Verfassungsbeschwerde -
entgegenzunehmen (Art. 113 ff. BGG). 
 
3.   
Bezüglich der gesetzlichen Bestimmungen, die bei der Beurteilung des streitigen
Rentenanspruches zu beachten sind und der dazu von der Rechtsprechung weiter
konkretisierten Grundlagen wird auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid
vom 16. Mai 2017 verwiesen. 
 
4.  
 
4.1.  
 
4.1.1. Nach Art. 61 ATSG bestimmt sich das Verfahren vor dem kantonalen
Versicherungsgericht - unter Vorbehalt von Art. 1 Abs. 3 VwVG - nach kantonalem
Recht, das bestimmten bundesrechtlich umschriebenen Anforderungen zu genügen
hat (Art. 61 lit. a bis i ATSG). Nach Art. 61 lit. d ATSG ist das
Versicherungsgericht an die Begehren der Parteien nicht gebunden. Es kann eine
Verfügung oder einen Einspracheentscheid zu Ungunsten der Beschwerde führenden
Person ändern (reformatio in peius) oder dieser mehr zusprechen, als sie
verlangt hat (reformatio in melius).  
 
4.1.2. In formell-rechtlicher Hinsicht ist den Parteien vorher zur Wahrung des
Gehörsanspruchs Gelegenheit zur Stellungnahme sowie zum Rückzug der Beschwerde
zu geben. Das Gericht ist daher verpflichtet, der Beschwerde führenden Partei
deutlich zu machen, dass es aus seiner Sicht einen entsprechenden
Verfahrensausgang für möglich hält, und ihr Gelegenheit zu geben, darauf zu
reagieren (Urteil 9C_483/2015 vom 28. Juli 2015 E. 3.2 mit Hinweisen).  
 
4.2.  
 
4.2.1. Eine andere Frage ist es, unter welchen materiellen Voraussetzungen eine
Schlechterstellung der am Recht stehenden Partei zulässig ist. In BGE 142 V 337
E. 3.1 S. 339 hat sich das Bundesgericht zur Frage nach der Zulässigkeit einer
reformatio in peius im kantonalen Beschwerdeverfahren dahingehend geäussert,
dass von der Möglichkeit derselben zurückhaltend Gebrauch zu machen und diese
auf Fälle zu beschränken sei, in welchen der angefochtene Entscheid
offensichtlich unrichtig und die Korrektur von erheblicher Bedeutung sei, was
dem Willkürbegriff (Art. 9 BV) entspricht. Es würden somit - bei leicht anderem
Wortlaut - die gleichen strengen Voraussetzungen wie bei der Wiedererwägung
formell rechtskräftiger Verfügungen oder Einspracheentscheide gemäss Art. 53
Abs. 2 ATSG gelten. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass unter dem Aspekt,
dass die gleichen strengen Voraussetzungen wie bei der Wiedererwägung gelten
sollen, eine terminologische Abweichung nicht sinnvoll ist. Nachfolgend wird
daher die Problematik unter Verwendung der Terminologie "zweifellos unrichtig",
dem Gesetzeswortlaut für die Wiedererwägung entsprechend, abgehandelt. Weiter
wurde im soeben zitierten Urteil auf die Urteile H 161/06 vom 6. August 2007 E.
5.6, nicht publ. in: BGE 133 V 569, aber in: SVR 2008 AHV Nr. 8 S. 23; SVR 2013
UV Nr. 9 S. 29, 8C_592/2012 E. 3.5 Ingress sowie auf BGE 119 V 241 E. 5 S. 249
f. verwiesen. In BGE 143 V 168 E. 4.2 wurde die Frage der Voraussetzungen einer
Schlechterstellung im kantonalen Beschwerdeverfahren nochmals aufgeworfen,
jedoch offen gelassen. Das Urteil 8C_592/2012 E. 3.5 zitierte ohne weitere
Begründung die Urteile H 161/06 und BGE 119 V 241. Das Urteil H 161/06 bezog
sich indessen, entgegen den Ausführungen in E. 3.2 von BGE 142 V 337, nicht auf
den im kantonalen Beschwerdeverfahren geltenden Art. 61 lit. d ATSG, sondern
nahm in E. 5.6 Bezug zum Verfahren vor Bundesgericht, indem erneut auf BGE 119
V 241 E. 5 S. 249 f. und UELI KIESER, ATSG-Kommentar, N 35 zu Art. 62, welche
Bestimmung das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren betrifft, verwiesen
wurde. In BGE 119 V 241 äusserte sich das damalige Eidgenössische
Versicherungsgericht - wiederum nur hinsichtlich des letztinstanzlichen
Verfahrens, und zwar im Rahmen der bis Ende 2006 geltenden Rechtslage mit
Offizialmaxime bei Streitigkeiten um die Bewilligung oder Verweigerung von
Versicherungsleistungen (Art. 132 lit. c OG) - dahingehend, dass keine Pflicht
zur reformatio in peius bestehe, es sei eine blosse Befugnis, wobei im zu
beurteilenden Fall von einer reformatio in peius abgesehen wurde. Eine
Unzulässigkeit einer Schlechterstellung, wenn der angefochtene Entscheid nicht
zweifellos unrichtig und die Korrektur von erheblicher Bedeutung ist (im Sinne
von Art. 53 Abs. 2 ATSG), lässt sich diesen Erwägungen nicht entnehmen (vgl.
dazu TOBIAS BOLT, Zur reformatio in peius im Einsprache- und im kantonalen
Beschwerdeverfahren; Kommentar zum Urteil des Bundesgerichts 8C_127/2016 vom
20. Juni 2016, in: SZS 2016, S. 622 ff.).  
 
4.2.2. Da das kantonale Sozialversicherungsgericht nicht an die Parteibegehren
gebunden ist, kann es über die Anträge der Beschwerde führenden Partei
hinausgehen und mehr oder weniger zusprechen, als diese beantragt hat. Das
Bundesgericht hat mehrfach betont, dass mit dieser in Satz 1 von Art. 61 lit. d
ATSG statuierten fehlenden Bindung an die Parteibegehren die Verwirklichung des
objektiven Rechts über das subjektive Rechtsschutzinteresse gestellt wird (BGE
138 V 339   E. 2.3.2.2 S. 342; 137 V 314 E. 3.2.2 S. 319). Dementsprechend
gelten im Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht das Gebot der
Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 110 BGG; BGE 122 V 34 E. 2b S. 36; Urteil
I 317/06 vom 23. Oktober 2007 E. 3, in: SVR 2008 IV Nr. 26 S. 79) und der
Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG; BGE 137 V 314 E. 3.2.2 S. 319).
Dem kantonalen Gericht wird durch diese Entscheidung des Bundesgesetzgebers
ermöglicht, das geltende Recht auf den massgebenden Sachverhalt anzuwenden,
ohne dabei an die Begehren der versicherten Person gebunden zu sein (BGE 143 V
295 E. 4.1.5). Dies wirft die Frage auf, ob dem Gericht damit bei der Abwägung
der bestehenden Interessen ein Spielraum verbleibt, bei einer festgestellten
Rechtsfehlerhaftigkeit eines angefochtenen Entscheids eine Schlechterstellung
vorzunehmen oder nicht. Hinsichtlich der grundsätzlich gesetzgeberisch
gewollten Priorisierung des objektiven Rechts liesse sich vertreten, dass das
kantonale Gericht - trotz des Wortlautes der Bestimmung im Sinne einer
"Kann-Vorschrift" - zumindest dann kein Entschliessungsermessen hat, wenn die
Rechtslage eindeutig und die Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Entscheids klar
ausgewiesen ist. In dieser Konstellation könnte die Befugnis einer refomatio in
peius vielmehr als eine Pflicht hierzu verstanden werden, um gesetzmässige
Zustände herzustellen (vgl. Urteil 9C_821/2014 vom 29. Januar 2014 E. 5.1).
Bezogen auf den Anwendungsbereich des Art. 62 VwVG wird in der Literatur
dementsprechend die Ansicht vertreten, dass spätestens zu diesem
Verfahrenszeitpunkt bei einer festgestellten Bundesrechtsverletzung dem
objektiven Recht zum Durchbruch zu verhelfen sei und daher dem Sinn der
Vorschrift entsprechend der Beschwerdeinstanz keine Wahl bleibe (ULRICH
ZIMMERLI, Zur reformatio in peius vel melius, Festschrift Henri Zwahlen 1977,
S. 523. Siehe ferner auch  THOMAS HÄBERLI, in Waldmann/Weissenberger [Hrsg.],
Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2016, N. 22 ff. zu Art.
62 VwVG).  
 
4.2.3. Soweit BGE 119 V 241 in E. 5 S. 249 festhielt, die reformatio in peius
sei keine Verpflichtung, sondern nur eine Befugnis und dabei auf ZIMMERLI,
a.a.O., S. 530 verwiesen wurde, ist dieser Verweis ungenau. Der Autor bezieht
sich darin auf Abgabestreitigkeiten vor Bundesgericht, wobei nach damaliger
Rechtslage keine Bindung an die Parteibegehren bestand, wenn es im Prozess um
die Verletzung von Bundesrecht oder um die unrichtige oder unvollständige
Feststellung des Sachverhalts ging, weshalb in diesem Rahmen eine reformatio in
peius vel melius möglich war, nicht jedoch wegen blosser Unangemessenheit (Art.
114 Abs. 1 des auf Ende 2006 aufgehobenen OG). Mit Blick auf die damals nach 
Art. 105 Abs. 2 OG eingeschränkte Kognition des Bundesgerichts hielt er hierzu
weiter fest, dass dieses nur dann wegen fehlerhafter Sachverhaltsermittlung
über die Begehren der Parteien hinaus gehen könne, wenn die Vorinstanz den
Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt habe. Demnach liegt hier im
kantonalen Sozialversicherungsprozess mit Blick auf das in E. 4.2.2 Gesagte
ohnehin eine andere rechtliche Ausgangslage vor, weshalb sich hieraus nichts
weiter gewinnen lässt.  
 
4.2.4. Will Art. 61 lit. d ATSG auf Stufe kantonaler
Sozialversicherungsgerichtsverfahren die Verwirklichung des materiellen Rechts
über das individuelle Rechtsschutzinteresse stellen, ist dies dem
Legalitätsprinzip (Art. 5 Abs. 1 BV) und dem Gleichbehandlungsgebot (Art. 8 BV)
geschuldet. Sofern reformatorisch entschieden werden kann und die Sache nicht
wegen anderer Mängel zurückgewiesen werden muss, ist das kantonale
Sozialversicherungsgericht bei Feststellung einer Rechtsverletzung
verpflichtet, eine reformatio in peius ins Auge zu fassen. Ob eine solche
tatsächlich zu erfolgen hat, da das objektive Recht durchgesetzt werden soll,
oder ob im Einzelfall das subjektive Rechtsschutzinteresse überwiegt, verbleibt
im Rahmen dieses Spannungsverhältnisses der Überprüfung durch das kantonale
Gericht. Die Schlechterstellung im kantonalen Beschwerdeverfahren aber mit
Voraussetzungen zu verknüpfen, wie sie in BGE 142 V 337 E. 3.1 formuliert
wurden, verträgt sich nicht mit der im kantonalen Beschwerdeverfahren nach Art.
61 lit. d ATSG geltenden Offizialmaxime. Überdies beziehen sich die
Voraussetzungen für die Wiedererwägung auf formell rechtskräftige Verfügungen
oder Einspracheentscheide. Dass die Verwaltung bei Rückzug der Beschwerde nach
angedrohter reformatio in peius nach Abschluss des Gerichtsverfahrens nur unter
wiedererwägungsrechtlichen Gesichtspunkten auf den nunmehr rechtskräftigen
Verwaltungsakt zurückkommen kann, steht damit nach dem soeben Ausgeführten im
Einklang. Sofern die versicherte Person nach Erhalt eines noch nicht in
Rechtskraft erwachsenen Verwaltungsakts den Rechtsweg beschreitet, muss sie
nach Art. 61 lit. d ATSG im Rahmen des Streitgegenstands mit einer
Schlechterstellung rechnen. Ihrer Zielsetzung und systematischen Stellung
entsprechend setzt die Bestimmung des Art. 61 lit. d ATSG nach dem Gesagten
nicht voraus, dass ein kantonales Versicherungsgericht nur dann einen
angefochtenen Entscheid in peius reformieren darf, wenn dieser zweifellos
unrichtig und die Korrektur von erheblicher Bedeutung ist. Die Rechtsprechung
ist in diesem Sinne zu bereinigen.  
 
5.  
 
5.1. Das kantonale Gericht hat mit einlässlicher Würdigung der medizinischen
Aktenlage sodann dargelegt, dass eine die Arbeitsfähigkeit rentenrelevant
beeinträchtigende Gesundheitsschädigung nie vorlag resp. nicht nachgewiesen
ist. Es ging nach abgeschlossener Behandlung des Krebsleidens am 15. August
2012 von einer vollen Arbeitsfähigkeit in einer Verweisungstätigkeit mit
20%-iger Leistungseinschränkung aus, was dem umschriebenen Leistungsvermögen im
Gerichtsgutachten der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) Zentralschweiz vom
28. Dezember 2015 mit Zusatzbericht vom 16. März 2016 entspricht. Auch wenn
sich die ihr eingereichte Beschwerde einzig gegen die von der IV-Stelle
vorgesehene Befristung eines Rentenanspruches richtete, betrachtete es - zu
Recht (BGE 125 V 413 E. 2 S. 415 ff.) - das Rentenverhältnis als solches als
zum Anfechtungs- und Streitgegenstand gehörend und hob die angefochtene
Verfügung auch insoweit auf, als diese einen Rentenanspruch für die Zeit
ab      1. Oktober 2012 bis 31. März 2014 bejaht hatte.  
 
5.2. Der Beschwerdeführer macht zwar eine Rechtswidrigkeit des kantonalen
Entscheides geltend und stellt sich auch auf den Standpunkt, der
rechtserhebliche Sachverhalt sei offensichtlich unrichtig festgestellt worden
(vgl. E. 1 hiervor). Er legt in der Begründung seiner Rechtsschrift jedoch
nicht konkret dar, worin er eine Bundesrechtswidrigkeit einerseits und die
Offensichtlichkeit einer unrichtigen Sachverhaltserhebung andererseits
erblicken will. Er beschränkt sich darauf, einzelne Hinweise in den Akten
anzuführen, die allenfalls für eine Arbeitsunfähigkeit in der massgeblichen
Zeitspanne sprechen könnten. Wiederholt erwähnt er auch von der
vorinstanzlichen Erkenntnis angeblich abweichende Einschätzungen seines
Leistungsvermögens durch die Ärzte, die Krankenkasse und die berufliche
Eingliederungsstätte. Dies allein genügt jedoch nicht, um sich mit Erfolg auf
eine Bundesrechtswidrigkeit oder offensichtlich unrichtige
Sachverhaltsfeststellung (Art. 95 und 97 Abs. 1 BGG; E. 1 hiervor) berufen zu
können, welche ein bundesgerichtliches Eingreifen in die vorinstanzliche
Entscheidfindung rechtfertigen könnten.  
 
5.3. Die Vorinstanz hat vielmehr überzeugend begründet, weshalb sich aus dem
ausführlichen Gerichtsgutachten der MEDAS vom 28. Dezember 2015 mit
Zusatzbericht vom 16. März 2016 keine schlüssigen Aussagen zur Arbeitsfähigkeit
vor Verfügungserlass entnehmen lassen, indem die Gutachter auf Nachfrage hin
ausführten, sie könnten die Zeit vor dem 15. Januar 2015 nur eingeschränkt
kommentieren. Sie wiesen klar darauf hin, dass die diesbezügliche ärztliche
Einschätzung nur mit Vorbehalt abgegeben werden könne. Das kantonale Gericht
hat ferner zutreffend festgestellt, dass ebenfalls nicht auf die
Arbeitsfähigkeitsschätzung der Frau med. pract. D.________, Regionaler
Ärztlicher Dienst (RAD), in ihren Berichten vom 11. März und 14. August 2014
abgestellt werden kann, wie dies die IV-Stelle in ihrer Verfügung vom 15.
Januar 2015 getan hat Denn diese Einschätzung basierte auf der offensichtlich
unrichtigen Annahme, Nahrungsmittelunverträglichkeiten in Form einer Laktose-
und Fruktoseintoleranz verursachten die Stuhlproblematik,wobei auch der
Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, diese Annahme sei falsch. Die
RAD-Ärztin berücksichtigte dementsprechend bei ihrer stufenweisen
Arbeitsfähigkeitsschätzung die Zeitpunkte der Unverträglichkeitsabklärung
(September 2013) und der Ernährungsberatung (November 2013) mit nachfolgender
Ernährungsumstellung als Eckdaten für ihre Einschätzung, womit sie eine
vollständige Arbeitsunfähigkeit bis 1. September 2013 und eine 50%-ige
Arbeitsunfähigkeit bis 31. Dezember 2013 begründete. Die Diätmassnahmen
entpuppten sich unbestrittenermassen im späteren Verlauf als wirkungslos, wie
u.a. die Ernährungsberatung in ihrem Bericht vom 27. Januar 2014 festhielt. Im
MEDAS-Gutachten wurden denn auch die Laktose- und Fruktoseintoleranz lediglich
als fraglicher Nebenbefund aufgeführt und die gezielten diätischen
Interventionen als erfolglos bezeichnet. Gemäss vorinstanzlichem Beweisergebnis
lässt sich damit den medizinischen Akten keine schlüssige Beurteilung der
Arbeitsunfähigkeit für diesen Zeitraum entnehmen, nachdem auch der Bericht der
Hausärztin Frau Dr. med. E.________, Allgemeine Medizin, vom 17. Februar 2014
keine zuverlässige Schätzung der Arbeitsfähigkeit für diesen Zeitraum enthielt,
was die Vorinstanz in beweisrechtlich korrekter Weise darlegte. Soweit sich der
Beschwerdeführer auf den Abschlussbericht der F.________ AG vom 30. Januar 2014
über die versuchsweise erfolgten Arbeitseinsätze beruft, ergibt sich hieraus
nichts anderes. Auch wenn darin die aufgetretenen Probleme wegen des häufigen
Stuhlgangs beschrieben wurden, liegt den Erkenntnissen aus dem Arbeitstraining
keine medizinische Festlegung der zumutbaren Arbeitsfähigkeit zugrunde. Der
Beschwerdeführer übersieht, dass die Frage nach den noch zumutbaren Tätigkeiten
und Arbeitsleistungen nach Massgabe der objektiv feststellbaren
Gesundheitsschädigung in erster Linie durch die Ärzte und nicht durch die
Eingliederungsfachleute auf der Grundlage der von ihnen erhobenen, subjektiven
Arbeitsleistung zu beantworten ist (Urteil 9C_646/2015 vom 19. Mai 2016 E. 4.4
mit Hinweisen). Von einer Verletzung der Grundsätze über den Beweiswert
ärztlicher Berichte und Gutachten kann nicht gesprochen werden, womit die
Rentenzusprache ohne medizinisch nachvollziehbare Grundlage bezüglich der von
der Verwaltung angenommenen Arbeitsunfähigkeit vor Verfügungserlass unrichtig
war. Aufgrund einer überzeugenden Gesamtwürdigung der medizinischen Unterlagen
ging das kantonale Gericht nach dem Gesagten von Beweislosigkeit in Bezug auf
die für die Zeit vor Januar 2015 geltend gemachte Arbeitsunfähigkeit aus,
nachdem von weiteren Abklärungen keine relevanten Erkenntnisse zu erwarten
waren. Dies ist mit Blick auf die Aktenlage und die Schwierigkeiten, die mit
retrospektiven Beurteilungen zusammenhängen, nicht zu beanstanden, was sich
zuungunsten des Beschwerdeführers auswirkt. Die Verletzung einer in der
Beschwerde wiederholt monierten, aber nicht näher umschriebenen Beweislastregel
ist darin nicht zu erblicken. Damit hat es mit der vorinstanzlichen
Feststellung sein Bewenden, dass nach der abgeschlossenen Behandlung des
Krebsleidens am 15. August 2012 keine höhere Leistungseinschränkung ausgewiesen
ist, als im Gerichtsgutachten vom 28. Dezember 2015 attestiert wurde (E. 4.1
hiervor). Damit bleibt es beim angefochtenen Entscheid.  
 
6.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 62 BGG). Dem Prozessausgang
entsprechend sind die Gerichtskosten (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG) vom
Beschwerdeführer als unterliegender Partei zu tragen   (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 25. Juni 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla 

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