Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.434/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_434/2017  
 
 
Urteil vom 3. Januar 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin, 
Gerichtsschreiberin Schüpfer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Hochstrasser, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, 
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau, 
Beschwerdegegnerin, 
 
AXA Stiftung Berufliche Vorsorge, 
General-Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau 
vom 25. April 2017 (VBE.2016.747). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1955 geborene A.________ meldete sich mit Schreiben vom 6. März 2015 - zum
wiederholten Mal - bei der Invalidenversicherung zum Bezug einer Rente an. Die
Sozialversicherungsanstalt des Kantons Aargau (SVA), IV-Stelle, klärte in der
Folge den Sachverhalt, unter anderem durch Einholung eines interdisziplinären
Gutachtens ab. Gestützt auf die Expertise der medizinischen Abklärungsstelle
Bern (MEDAS) vom 6. Juli 2016 lehnte sie bei einem ermittelten Invaliditätsgrad
von 30 % den Anspruch auf eine Rente ab (Verfügung vom 26. Oktober 2016). 
 
B.   
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau mit Entscheid vom 25. April 2017 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, es sei ihm in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides eine
volle (recte: ganze) Rente auszurichten. Eventualiter sei die Sache zu weiteren
Abklärungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht wird um
die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ersucht. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die beigeladene AXA,
Stiftung für berufliche Vorsorge, und das Bundesamt für Sozialversicherungen
verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG
). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht die den Anspruch auf eine
Invalidenrente verneinende Verfügung der IV-Stelle vom 26. Oktober 2016 zu
Recht geschützt hat. 
Mit Schreiben vom 3. Juli 2017, 7. November 2017 und 27. Dezember 2017 lässt
der Beschwerdeführer Berichte des Dr. med. B.________, Oberarzt Endokrinologie/
Diabetologie am Spital C.________, vom 19. Mai 2017, 19. Juni 2017 und 27.
Oktober 2017 sowie ein solcher von Dr. med. D._________ vom 20. Dezember 2017
einreichen. Dabei handelt es sich, da erst nach dem angefochtenen
Gerichtsentscheid vom 25. April 2017 entstanden, um unzulässige echte Noven (
Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 140 V 543 E. 3.2.2.2 S. 548; MEYER/DORMANN, in: Basler
Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 43 zu Art. 99 BGG). Ob die
ärztlichen Stellungnahmen überhaupt den hier massgeblichen gerichtlichen
Prüfungszeitraum bis zum Erlass der Verfügung vom 26. Oktober 2016 (vgl. BGE
132 V 215 E. 3.1.1 S. 220 mit Hinweis) betrifft, kann deshalb offenbleiben. 
 
3.   
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze zu den Begriffen Invalidität
(Art. 8 Abs. 1 ATSG, Art. 4 Abs. 1 IVG) und Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 Abs. 1
ATSG), zum Untersuchungsgrundsatz sowie zu den Anforderungen an beweiswertige
ärztliche Berichte und Gutachten (BGE 125 V 256 E. 4 S. 261; vgl. ferner BGE
132 V 93 E. 4 S. 99) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
4.   
Das kantonale Gericht erkannte, der Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit
seien anhand des in allen Teilen beweiskräftigen MEDAS-Gutachtens vom 6. Juli
2016 zu beurteilen. Demnach litt der Beschwerdeführer an einem Status nach
zweimaliger zerebrovaskulärer Ischämie mit geringem residuellem
sensomotorischem Hemisyndrom rechts, an einer im Verlauf zunehmenden zerebralen
Mikroangiopathie bei Gefässrisikofaktoren mit leichtem kognitivem Defizit, im
Verlauf diskret progredient, an rezidivierenden Zuständen von Schwindel und
Bewusstseinstrübungen bei Verdacht auf komplex-fokale Epilepsie mit der
Differenzialdiagnose psychogener Anfälle und an einer Fehlstatik der
Wirbelsäule, einer Haltungsinsuffizienz bei mässig gut trainierter
Rumpfmuskulatur ohne nervenwurzelbezogenem neurologischem Defizit. In der
angestammten Tätigkeit als Flachdachmonteur habe eine volle Arbeitsunfähigkeit
bestanden. Hingegen habe er in einer angepassten Tätigkeit bei einem vollen
Pensum eine Leistung von 70 % erbringen können. Als optimal wurde eine
Tätigkeit im körperlichen Wechselrhythmus mit selbst bestimmbaren
Bewegungswechseln, vorwiegend sitzend, ohne Nachtschichtbetrieb definiert. Der
Beschwerdeführer sei im Zeitpunkt der Gutachtenserstattung 60 Jahre und 9
Monate alt gewesen. Die verbleibende Restarbeitsfähigkeit sei auf dem
ausgeglichenen Arbeitsmarkt realistischerweise verwertbar gewesen. Die
IV-Stelle habe von dem mittels statistischer Werte bestimmten hypothetischen
Invalideneinkommen zu Recht keinen Abzug vorgenommen. Bei einem
Invaliditätsgrad von 30 % sei der Anspruch auf eine Rente richtigerweise
verneint worden. 
 
5.  
 
5.1. In formeller Hinsicht rügt der Beschwerdeführer zunächst - wie schon
replicando vor dem kantonalen Gericht - es sei für ihn nicht ersichtlich, ob
der die Verfügung vom 26. Oktober 2016 unterzeichnende Mitarbeiter der
IV-Stelle dazu überhaupt berechtigt gewesen sei. Ein derart gravierender
formeller Fehler habe die Nichtigkeit der Verfügung zur Folge.  
 
5.2. Gemäss Erkenntnis des kantonalen Gerichts ist eine Unterschrift bei
sozialversicherungsrechtlichen Verfügungen nicht generell verlangt.
Insbesondere ergebe sich die Unterschriftspflicht nicht aus dem Grundsatz der
Schriftlichkeit und bestehe namentlich bei Verfügungen, welche mittels
elektronischer Datenverarbeitung ("IT-gestützt") ausgefertigt werden, nicht.
Die Verwaltungsverfügung vom 26. Oktober 2016 weise keine formellen Mängel auf,
welche sie als nichtig erscheinen liesse oder ihre Aufhebung rechtfertigte.
Diese Beurteilung ist bundesrechtkonform. Sie entspricht der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung (UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 3. Aufl. 2015,
N. 49 zu Art. 49 ATSG, mit Hinweis auf BGE 105 V 248 und BGE 112 V 87; URS
MÜLLER, Das Verwaltungsverfahren in der Invalidenversicherung, Bern 2010, Rz.
2169 mit weiteren Hinweisen). Richtig ist auch, dass sich der Absender der
Verfügung vom 26. Oktober 2016 ohne weiteres aus dem Briefkopf ergibt und dass
der unterzeichnende E.________ im Organigramm der Beschwerdegegnerin aufgeführt
ist. Der Beschwerdeführer verweist auf § 2 Abs. 2 lit. q des
Organisationsreglementes der SVA, wonach deren Verwaltungskommission die zur
Vertretung befugten Personen zu bezeichnen und ein entsprechendes
Unterschriftenreglement zu erlassen hat. Wie die Beschwerdegegnerin in ihrer
Vernehmlassung unwidersprochen ausführt, ist das Unterschriftenreglement
indessen ausschliesslich für die Ausstellung von Verträgen der SVA mit Dritten
im Rahmen der ordentlichen Geschäftstätigkeit anwendbar und gilt nicht für das
Kerngeschäft der IV-Stelle. Die Verfügung genügt demnach den formalen
Anforderungen, welche an derartige Verwaltungsakte gestellt werden. Selbst wenn
der genannte Mitarbeiter der IV-Stelle nicht zur Unterzeichnung der
vorinstanzlich angefochtenen Verfügung berechtigt gewesen wäre, läge jedenfalls
keine Nichtigkeit derselben vor. Der Beschwerdeführer macht darüber hinaus auch
nicht geltend, es sei ihm aus dem behaupteten Eröffnungsfehler ein Nachteil
entstanden (Art. 49 Abs. 3 Satz 3 ATSG; vgl. auch Art. 38 VwVG). Damit hat es
sein Bewenden (Art. 42 Abs. 2 BGG).  
 
6.   
Weiter lässt der Beschwerdeführer die medizinischen Sachverhaltsfeststellungen
des kantonalen Gerichts in verschiedener Hinsicht rügen. 
 
6.1. So seien seine Gehörs- und Partizipationsrechte und damit sein Anspruch
auf ein faires Verfahren bei der Vergabe des Gutachtensauftrages an die MEDAS
verletzt worden. Er habe sich nicht rechtzeitig zu den begutachtenden Personen
äussern könnten.  
Mit dieser Rüge hat sich die Vorinstanz eingehend auseinandergesetzt. Sie
stellte fest, die Gutachterstelle und die vorgesehenen Gutachter seien dem
Versicherten mit Schreiben vom 9. Oktober 2015 zur Kenntnis gebracht worden.
Gleichzeitig sei er darauf aufmerksam gemacht worden, dass er personenbezogene
Ausstandsgründe gegen die begutachtenden Personen innerhalb von 10 Tagen
geltend machen könne. Mittels Zwischenverfügung vom 5. November 2015 sei an den
Gutachtern festgehalten worden. Diese ist in Rechtskraft erwachsen. Inwiefern
das dargelegte Vorgehen der IV-Stelle und die Feststellungen des kantonalen
Gerichts, wonach dieses mustergültig abgelaufen sei, Bundesrecht verletzen
sollen, wird nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Auf die
entsprechende Rüge ist daher nicht weiter einzugehen. 
 
6.2. Auch die weiteren in der Beschwerde erhobenen Einwendungen begründen keine
vom angefochtenen Entscheid abweichende Beurteilung. Die durch das kantonale
Gericht getroffenen Tatsachenfeststellungen, namentlich die aus den
medizinischen Unterlagen gewonnenen Erkenntnisse, sind im letztinstanzlichen
Prozess grundsätzlich verbindlich (vgl. E. 1 hievor). Im Rahmen der
eingeschränkten Sachverhaltskontrolle (Art. 97 Abs. 1 BGG) ist es nicht Aufgabe
des Bundesgerichts, die schon im vorangehenden Verfahren vorliegenden
ärztlichen Berichte neu zu beurteilen und die rechtsfehlerfreie
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz hinsichtlich der medizinisch
begründeten Verminderung des Leistungsvermögens und des Ausmasses der trotz
eventueller gesundheitlicher Beeinträchtigungen verbleibenden Arbeitsfähigkeit
zu korrigieren. Der Beschwerdeführer vermag nicht stichhaltig darzulegen,
weshalb die Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich unrichtig oder in
Verletzung bundesrechtlicher Beweisgrundsätze ergangen sein sollen. Im
Wesentlichen begnügt er sich damit, der Hoffnung Ausdruck zu geben, mit
weiteren medizinischen Abklärungen würde sich eine Arbeitsunfähigkeit auch in
einer angepassten Tätigkeit ergeben, da die behandelnden Ärzte des Spitals
F.________ von einem progredienten Beschwerdebild mit "infauster Prognose"
ausgingen. Auf diese appellatorische Kritik an der Beweiswürdigung des
kantonalen Gerichts ist mit Blick auf die gesetzliche Überprüfungsbefugnis des
Bundesgerichts nicht weiter einzugehen.  
Zudem hat das kantonale Gericht bereits festgestellt, dass die geltend
gemachten Schwindelanfälle unklarer Genese bei der Beurteilung der zumutbaren
Arbeitsfähigkeit berücksichtigt worden seien und dass sich demnach weitere
Abklärungen über deren Ursache erübrigten. Darüber hinaus hat die Vorinstanz zu
Recht auf die tatsächlichen Verhältnisse abgestellt, wie sie sich bis zum
Zeitpunkt des Verfügungserlasses entwickelt haben (BGE 139 V 335 E. 6.2 S. 338
mit Hinweisen). Sollte sich die gesundheitliche Situation - wie beschwerdeweise
geltend gemacht - seit der Begutachtung und insbesondere unmittelbar nach
Verfügungserlass am 26. Oktober 2016 erheblich verschlimmert haben, hätte der
Beschwerdeführer dies mit einer Neuanmeldung geltend zu machen. Was er
diesbezüglich - unter Hinweis auf verschiedene Arztberichte - vorbringt, vermag
die Beweiswürdigung der Vorinstanz nicht als willkürlich erscheinen zu lassen. 
 
7.   
Der Beschwerdeführer rügt weiter, das kantonale Gericht gehe bezüglich der
Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit von realitätsfremden
Einsatzmöglichkeiten aus. 
 
7.1. Ob der für die Bestimmung des Invalideneinkommens massgebliche
ausgeglichene Arbeitsmarkt dem gegebenen Zumutbarkeitsprofil entsprechende
Stellen anbietet, ist eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage,
wenn die Vorinstanz auf die allgemeine Lebenserfahrung abgestellt hat (vgl. BGE
132 V 393 E. 3.3 S. 399; SVR 2016 IV Nr. 58 S. 190, 8C_910/2015 E. 4 mit
Hinweisen). Um eine nur eingeschränkt überprüfbare Tatfrage geht es hingegen,
wenn aufgrund einer konkreten Beweiswürdigung entschieden worden ist (Urteil
8C_776/2008 vom 18. Juni 2009 E. 5.2 in fine).  
 
7.2.  
 
7.2.1. Der ausgeglichene Arbeitsmarkt ist gekennzeichnet durch ein gewisses
Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nach Arbeitskräften und weist
einen Fächer verschiedenster Tätigkeiten auf (BGE 110 V 273 E. 4b S. 276). Das
gilt sowohl bezüglich der dafür verlangten beruflichen und intellektuellen
Voraussetzungen wie auch hinsichtlich des körperlichen Einsatzes (SVR 2008 IV
Nr. 62 S. 203, 9C_830/2007 E. 5.1 mit Hinweis; ZAK 1991 S. 318, I 350/89 E.
3b). Dabei ist nicht von realitätsfremden Einsatzmöglichkeiten auszugehen. Es
können nur Vorkehren verlangt werden, die unter Berücksichtigung der gesamten
objektiven und subjektiven Gegebenheiten des Einzelfalles zumutbar sind (SVR
2008 IV Nr. 62 S. 203, 9C_830/2007 E. 5.1 mit Hinweis). Der ausgeglichene
Arbeitsmarkt umfasst auch sogenannte Nischenarbeitsplätze, also Stellen- und
Arbeitsangebote, bei welchen Behinderte mit einem sozialen Entgegenkommen von
Seiten des Arbeitgebers rechnen können (Urteil 9C_95/2007 vom 29. August 2007
E. 4.3 mit Hinweisen). Von einer Arbeitsgelegenheit kann aber dort nicht
gesprochen werden, wo die zumutbare Tätigkeit nur in so eingeschränkter Form
möglich ist, dass sie der ausgeglichene Arbeitsmarkt praktisch nicht kennt oder
sie nur unter nicht realistischem Entgegenkommen eines durchschnittlichen
Arbeitgebers möglich und das Finden einer entsprechenden Stelle daher zum
vorneherein als ausgeschlossen erscheint (ZAK 1991 S. 318, I 350/89 E. 3b).  
Das fortgeschrittene Alter wird, obgleich an sich ein invaliditätsfremder
Faktor, in der Rechtsprechung als Kriterium anerkannt, welches zusammen mit
weiteren persönlichen und beruflichen Gegebenheiten dazu führen kann, dass die
einer versicherten Person verbliebene Resterwerbsfähigkeit auf dem
ausgeglichenen Arbeitsmarkt realistischerweise nicht mehr nachgefragt wird, und
dass ihr deren Verwertung auch gestützt auf die Selbsteingliederungspflicht
nicht mehr zumutbar ist (BGE 107 V 17 E. 2c S. 21; Urteil 9C_954/2012 vom 10.
Mai 2013 E. 2 mit Hinweisen). Der Einfluss des Lebensalters auf die
Möglichkeit, das verbliebene Leistungsvermögen auf dem ausgeglichenen
Arbeitsmarkt zu verwerten, lässt sich nicht nach einer allgemeinen Regel
bemessen, sondern hängt ab von den Umständen, die mit Blick auf die
Anforderungen der Verweisungstätigkeiten massgebend sind (beispielsweise Art
und Beschaffenheit des Gesundheitsschadens und seiner Folgen; absehbarer
Umstellungs- und Einarbeitungsaufwand und in diesem Zusammenhang auch
Persönlichkeitsstruktur, vorhandene Begabungen und Fertigkeiten, Ausbildung,
beruflicher Werdegang oder Anwendbarkeit von Berufserfahrung aus dem
angestammten Bereich; Urteil 9C_954/2012 vom 10. Mai 2013 E. 2 mit Hinweisen). 
 
7.2.2. Das kantonale Gericht hat sich eingehend mit der Rechtsprechung des
Bundesgerichts bezüglich Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit eines
60-jährigen Versicherten auseinandergesetzt. Nach den das Bundesgericht
bindenden Feststellungen verblieb dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt des
Gutachtens vom 6. Juli 2016, auf den zur Beurteilung der zu diskutierenden
Frage abzustellen ist (vgl. BGE 138 V 457), eine Aktivitätsdauer von vier
Jahren und drei Monaten. Für geeignete Verweistätigkeiten (körperlich
leichtere, wechselbelastend ausübbare Beschäftigungen) war er zu 70 % (volles
Pensum mit um 30 % reduzierter Leistung) arbeitsfähig. Über eine
Berufsausbildung verfügte er nicht, war jedoch jahrelang als Flachdachmonteur
tätig. Aufgrund des durch die Gutachter definierten Profils der
Verweistätigkeiten sei dem Beschwerdeführer noch ein weites Betätigkeitsfeld
auf dem in Frage kommenden hypothetischen Arbeitsmarkt offen gestanden. Mit der
verbliebenen Aktivitätsdauer könne nicht davon ausgegangen werden, dass ein
durchschnittlicher Arbeitgeber von einer Einstellung des Versicherten
abgehalten würde.  
 
7.2.3. Der Beschwerdeführer setzt sich mit den entsprechenden Erwägungen des
angefochtenen Entscheides nicht auseinander. Er begnügt sich damit, eine
willkürliche Feststellung der Arbeitsfähigkeit und der daraus gezogenen
rechtlichen Schlussfolgerungen zu rügen, ohne dies zu begründen. Soweit die
Vorbingen nicht hinreichend substanziiert sind (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 138 I
171 E. 1.4 S. 176), insbesondere bloss appellatorische Kritik an der
vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung geübt wird (Art.
97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 137 II 353 E. 5.1 S. 356), sind sie
unbeachtlich, da sie nicht geeignet sind, die vorinstanzlichen Feststellungen
als offensichtlich unrichtig oder sonstwie bundesrechtswidrig erscheinen zu
lassen.  
 
7.3. Schliesslich wird geltend gemacht, bei der Bemessung des
Invalideneinkommens hätte ein Abzug vorgenommen werden müssen.  
 
7.3.1. Wird das Invalideneinkommen auf der Grundlage von statistischen
Durchschnittswerten ermittelt, ist der entsprechende Ausgangswert
(Tabellenlohn) um maximal 25 % zu kürzen, wenn persönliche und berufliche
Merkmale wie Art und Ausmass der Behinderung, Lebensalter, Dienstjahre,
Nationalität resp. Aufenthaltskategorie oder Beschäftigungsgrad Auswirkungen
auf die Lohnhöhe haben und die versicherte Person deswegen die verbliebene
Arbeitsfähigkeit auch auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nur mit
unterdurchschnittlichem erwerblichem Erfolg verwerten kann (BGE 135 V 297 E.
5.2 S. 301; 126 V 75 E. 5b/aa-cc S. 80). Die Rechtsprechung gewährt
insbesondere dann einen Abzug auf dem Invalideneinkommen, wenn eine versicherte
Person selbst im Rahmen körperlich leichter Hilfsarbeitertätigkeit in ihrer
Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist (BGE 126 V 75 E. 5a/bb S. 78; Urteil
8C_805/2016 vom 22. März 2017 E. 3.1).  
Die Frage, ob ein (behinderungsbedingt oder anderweitig begründeter) Abzug
vorzunehmen sei, ist eine Rechtsfrage, während jene nach der Höhe des Abzuges
eine typische Ermessensfrage darstellt (vgl. BGE 132 V 393 E. 3.3 in fine S.
399). 
 
7.3.2. Dem Versicherten sind nur noch leichte, wechselbelastende Tätigkeiten
mit einer Einschränkung in der Leistung von 30 % zumutbar. Die Abwesenheit vom
Arbeitsmarkt und das Alter wirken sich nicht zwingend lohnsenkend aus (Urteil
8C_805/2016 vom 22. März 2017 E. 3.3 und 3.4.3). Sodann erfordern einfache und
repetitive Tätigkeiten weder gute Sprachkenntnisse noch ein besonderes
Bildungsniveau (SVR 2016 IV Nr. 21 S. 62, 9C_808/2015 E. 3.4.2).  
Ob in concreto ein Abzug infolge des Lebensalters des Versicherten angezeigt
ist, kann jedoch offenbleiben. Auch wenn ein solcher von 10 % gewährt würde,
resultierte beim unbestrittenen Valideneinkommen von Fr. 66'614.- und einem
Invalideneinkommen von Fr. 41'987.- (Fr. 66'646.- x 0.7 x 0.9) ein
Invaliditätsgrad von (aufgerundet) 37 %, was keinen Anspruch auf eine
Invalidenrente zur Folge hat. Der angefochtene Entscheid ist daher zu
bestätigen. 
 
8.   
Ausgangsgemäss wird der Beschwerdeführer grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 66
Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann indessen
entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 125 V 201 E. 4a S. 202). Es
wird aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er der Gerichtskasse Ersatz zu
leisten hat, wenn er später dazu im Stande ist (Art. 64 Abs. 4 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen und es wird Rechtsanwalt Urs
Hochstrasser als Rechtsbeistand bestellt. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt,
einstweilen indessen auf die Bundesgerichtskasse genommen. 
 
4.   
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird aus der Bundesgerichtskasse eine
Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Parteien, der AXA Stiftung Berufliche Vorsorge, dem
Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 3. Januar 2018 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer 

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