Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.429/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_429/2017  
 
 
Urteil vom 20. Dezember 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiberin Kopp Käch. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Christine Fleisch, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente, Revision), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 28. April 2017 (IV.2015.01186). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ war nach abgebrochener Anlehre als Damencoiffeuse ab September 1998
bis Ende Mai 1999 als Montagemitarbeiterin tätig gewesen. Wegen einer seit
ihrer Jugend bestehenden erosiven rheumatoiden Arthritis meldete sie sich im
Juni 1999 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach
verschiedenen Abklärungen in erwerblicher und medizinischer Hinsicht sprach ihr
die IV-Stelle des Kantons Thurgau berufliche Massnahmen zu (Verfügung vom 30.
Juni 2000), sodass sie von April 2002 bis Ende März 2003 eine Anlehre als
Verkäuferin absolvieren konnte. In der Folge erstritt sie mit Wirkung ab April
2003, mithin nach Abschluss der beruflichen Massnahmen, einen Anspruch auf eine
halbe Rente der Invalidenversicherung, dies bei einem Status als
Vollerwerbstätige und einem Invaliditätsgrad von 50 % (vgl. Entscheid der AHV/
IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau vom 5. April 2004 und Verfügung der
IV-Stelle des Kantons Thurgau vom 30. September 2004). Im Zuge mehrerer
Revisionsverfahren bestätigte die IV-Stelle diesen Rentenanspruch. 
Im Oktober 2010 verlegte die seit September 2008 im Umfang von 50 % als
Kassiererin bei der B.________ AG tätige A.________ ihren Wohnsitz in den
Kanton Zürich. Im Januar 2014 gebar sie einen Sohn. Im Rahmen eines schon zuvor
angehobenen weiteren Revisionsverfahrens zog die nunmehr zuständige IV-Stelle
des Kantons Zürich aktuelle Arztberichte bei. Zudem liess sie einen
Abklärungsbericht über die Verhältnisse im Haushalt erstellen (Bericht vom 2.
Juni 2015). Nach entsprechendem Vorbescheid und dagegen erhobenen Einwänden der
Versicherten verfügte die IV-Stelle schliesslich am 16. Oktober 2015 die
Aufhebung der Invalidenrente auf Ende des der Verfügungszustellung folgenden
Monats. Sie ging davon aus, dass A.________ auch ohne Gesundheitsschaden keiner
Teilzeiterwerbstätigkeit nachgehen würde und im Aufgabenbereich Haushalt und
Kinderbetreuung eine Einschränkung von 23 % aufweise. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich mit Entscheid vom 28. April 2017 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, es sei ihr in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheids weiterhin
eine halbe Rente der Invalidenversicherung auszurichten. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Denselben Antrag stellt
das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV), dies unter Hinweis auf die
Erwägungen des angefochtenen Gerichtsentscheids. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann es
auf Rüge hin oder von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 BGG und Art. 97 Abs. 1 BGG
). 
 
2.  
 
2.1. Strittig ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, indem es die
revisionsweise Aufhebung des Rentenanspruchs gemäss Verfügung der IV-Stelle vom
16. Oktober 2015 schützte. Im Zentrum der Beurteilung steht zum einen die
invalidenversicherungsrechtliche Statusfrage, mithin ob die Beschwerdeführerin
als ausschliesslich im Aufgabenbereich Tätige qualifiziert werden durfte. Zum
andern geht es darum, ob sich die revisionsweise Rentenaufhebung mit Art. 8 und
14 EMRK bzw. mit dem Urteil des EGMR Di Trizio gegen die Schweiz vom 2. Februar
2016 (7186/09) vereinbaren lässt, das am 4. Juli 2016 endgültig geworden ist.  
 
2.2. Die für die Beurteilung des Rentenanspruchs massgeblichen gesetzlichen
Grundlagen finden sich im angefochtenen Gerichtsentscheid umfassend und korrekt
dargestellt. Dies gilt nicht nur für die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen
gemäss Art. 28 Abs. 1 IVG und die Abstufung des Rentenanspruchs je nach Höhe
des Invaliditätsgrades (Art. 28 Abs. 2 IVG). Richtig wiedergegeben wird auch
der Grundsatz, wonach die Methode der Invaliditätsbemessung (Art. 28a IVG)
sowohl bei der erstmaligen Prüfung als auch bei der revisionsweisen Überprüfung
des Rentenanspruchs (Art. 17 ATSG) zu bestimmen ist. Dabei hat das kantonale
Gericht zu Recht daran erinnert, dass ein Revisionsgrund unter anderem auch in
einer wesentlichen Änderung hinsichtlich des für die Methodenwahl massgeblichen
(hypothetischen) Sachverhalts bestehen kann (vgl. BGE 130 V 343 E. 3.5 S. 349
f.; 117 V 198 E. 3b S. 199 mit Hinweisen sowie E. 2.3. und 2.4 hernach).  
 
2.3. Daran anknüpfend gilt es Folgendes zu bekräftigen: Die für die
Methodenwahl (Einkommensvergleich, gemischte Methode, Betätigungsvergleich)
entscheidende Statusfrage, nämlich ob eine versicherte Person als ganztägig
oder zeitweilig erwerbstätig oder als nichterwerbstätig einzustufen ist,
beurteilt sich danach, was diese bei im Übrigen unveränderten Umständen täte,
wenn keine gesundheitliche Beeinträchtigung bestünde. Entscheidend ist somit
nicht, welches Ausmass der Erwerbstätigkeit der versicherten Person im
Gesundheitsfall zugemutet werden könnte, sondern in welchem Pensum sie
hypothetisch erwerbstätig wäre. Bei im Haushalt tätigen Versicherten im
Besonderen (vgl. Art. 27 IVV) sind die persönlichen, familiären, sozialen und
erwerblichen Verhältnisse ebenso wie allfällige Erziehungs- und
Betreuungsaufgaben gegenüber Kindern, das Alter, die beruflichen Fähigkeiten
und die Ausbildung sowie die persönlichen Neigungen und Begabungen zu
berücksichtigen. Massgebend sind die Verhältnisse, wie sie sich bis zum Erlass
der Verwaltungsverfügung entwickelt haben, wobei für die hypothetische Annahme
einer im Gesundheitsfall ausgeübten (Teil-) Erwerbstätigkeit der im
Sozialversicherungsrecht übliche Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit erforderlich ist (BGE 141 V 15 E. 3.1 S. 20; 137 V 334 E.
3.2 S. 338; 125 V 146 E. 2c S. 150; 117 V 194 E. 3b S. 194 f.; je mit
Hinweisen).  
 
2.4. Die Beantwortung der Statusfrage erfordert zwangsläufig eine hypothetische
Beurteilung, die auch hypothetische Willensentscheidungen der versicherten
Person zu berücksichtigen hat. Derlei ist einer direkten Beweisführung
wesensgemäss nicht zugänglich und muss in aller Regel aus äusseren Indizien
erschlossen werden.  
Die Beurteilung hypothetischer Geschehensabläufe stellt eine Tatfrage dar,
soweit sie auf Beweiswürdigung beruht, selbst wenn darin auch
Schlussfolgerungen aus der allgemeinen Lebenserfahrung mitberücksichtigt
werden. Ebenso sind Feststellungen über innere oder psychische Tatsachen
Tatfragen, wie beispielsweise was jemand wollte oder wusste (BGE 130 IV 58 E.
8.5 S. 62; nicht publ. E. 3.1 f. des Urteils BGE 133 V 640; Urteil 8C_179/2017
vom 30. Juni 2017 E.3; je mit Hinweisen). Die auf einer Würdigung konkreter
Umstände basierende Festsetzung des hypothetischen Umfanges der
Erwerbstätigkeit bleibt für das Bundesgericht daher verbindlich, ausser wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung beruht (vgl.
E. 1 hievor). Eine Beweiswürdigung ist nicht bereits dann offensichtlich
unrichtig, d.h. willkürlich (zum Begriff der Willkür: BGE 140 III 16 E. 2.1 S.
18 f. mit Hinweisen), wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint
oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst dann, wenn der Entscheid - im Ergebnis
- offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht oder auf einem offenkundigen Fehler beruht (BGE 135 V 2 E.
1.3 S. 4 f.; 127 I 54 E. 2b S. 56). 
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht hat die Statusfrage in Übereinstimmung mit der
Beschwerdegegnerin ausgehend von den Angaben im als beweiskräftig erachteten
Abklärungsbericht Haushalt vom 2. Juni 2015 beurteilt. Laut diesem Bericht
liess die Beschwerdeführerin gegenüber der Abklärungsperson verlauten, bei
ihrem im Januar 2014 geborenen Sohn handle es sich um ein Wunschkind, für das
sie ungeachtet ihres Gesundheitszustandes die ersten Lebensjahre bis mindestens
zum Kindergartenalter da sein möchte. Das bewog die Verwaltung zur Annahme, die
Versicherte würde ohne Behinderung überwiegend wahrscheinlich keiner
Teilerwerbstätigkeit mehr nachgehen. Das kantonale Gericht hat dies aufgrund
der beschwerdeweise erhobenen Einwände im Lichte der weiteren Aktenlage
überprüft und im Ergebnis bestätigt. Dabei berücksichtigte es zum einen den
Schriftverkehr der Beschwerdeführerin mit der IV-Stelle und dem Regionalen
Arbeitsvermittlungszentrum (RAV), um daraus zu folgern, dass sie sich schon vor
der Geburt entschieden habe, von einer weiteren Erwerbstätigkeit abzusehen und
sich ausschliesslich um die Betreuung ihres Sohnes sowie um den Haushalt zu
kümmern. Weiter würdigte die Vorinstanz die Einstellung erwerblicher
Aktivitäten und die Abmeldung bei der Arbeitslosenkasse im Lichte des
Gesundheitszustandes und seines Verlaufs. Daraus hat sie geschlossen, dass es
der Beschwerdeführerin möglich gewesen wäre, sich bei Bedarf - zumal da ab
April 2014 kein Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung mehr bestand - rasch
wieder um eine Anstellung zu bemühen, was jedoch erst im November 2015 und
damit nach dem massgeblichen Zeitpunkt des Verfügungserlasses erfolgt sei.
Schliesslich hat das kantonale Gericht in den erwerblichen und finanziellen
Verhältnissen der Familie mit einem Nettolohn des Ehemannes von Fr. 5'498.- bis
6'388.-, fehlenden Schulden oder anderweitigen Verpflichtungen und sich im
Rahmen haltendem Bedarf für Miete und Krankenversicherung keinen Grund dafür
gesehen, dass die Beschwerdeführerin zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit
gehalten gewesen wäre.  
 
3.2. Diese nach Würdigung der Beweise und damit auf der Grundlage tatsächlicher
Feststellungen erfolgte Beurteilung hält einer bundesgerichtlichen Überprüfung
ohne Weiteres stand. Die Beschwerdeführerin vermag nicht aufzuzeigen, wo und
weshalb das kantonale Gericht den Sachverhalt offensichtlich unrichtig
festgestellt hätte. Ihre Vorbringen erschöpfen sich im Wesentlichen in
appellatorischer Kritik, wie sie jedenfalls in Bezug auf die vorinstanzlichen
Tatsachenfeststellungen nicht zu hören ist. Ebenso wenig wird dargetan, dass
die Vorinstanz die Beweise in bundesrechtswidriger Weise einseitig gewürdigt
hätte. Dies gilt nicht nur bezüglich der Abmeldung vom RAV, sondern ebenso für
den Verlauf des Gesundheitszustandes und die in diesem Zusammenhang erfolgte
Würdigung der medizinischen Aktenlage, insbesondere auch des nicht näher
begründeten Arztberichts des Dr. med. C.________, Facharzt für Rheumatologie
und Allgemeine Innere Medizin vom 24. Juni 2015. Dass die im Abklärungsbericht
Haushalt vom 2. Juni 2015 festgehaltenen Angaben der Beschwerdeführerin im
Lichte derjenigen im Revisionsfragebogen vom 10. Juli 2013 notwendigerweise
anders zu würdigen wären, trifft nicht zu. Denn aus der noch während der
Schwangerschaft bekundeten Erwerbsabsicht ergeben sich keine zwingenden
Rückschlüsse auf die Verhältnisse nach erfolgter Niederkunft. In dieser
Hinsicht lassen die im Abklärungsbericht festgehaltenen Aussagen der
Beschwerdeführerin (Ziff. 2.5) - entgegen ihren Vorbringen - im Gesamtkontext
keine Zweifel offen. Dabei ist nicht ersichtlich, dass die Vorinstanz die
bundesgerichtlichen Vorgaben hinsichtlich des Beweiswerts dieses
Abklärungsberichtes verkannt hätte (vgl. Urteile 9C_446/2008 vom 18. September
2008 E. 4.3 und 9C_25/2008 vom 30. Juni 2008 E. 4.2; vgl. auch BGE 130 V 61 E.
6.1.2 S. 62). Und schliesslich vermag auch der erhobene Einwand der
Beschwerdeführerin nicht zu überzeugen, sich gegenüber der Abklärungsperson
keineswegs im vermerkten Sinn geäussert zu haben. Gegebenenfalls hätte die
Beschwerdeführerin dies nach der bereits Mitte Juni 2015 erhaltenen
Akteneinsicht und einem ersten erfolgten Einwand vom 26. Juni 2015 mit
Sicherheit nicht erst mit Eingabe vom 8. September 2015 vorgebracht.  
 
4.  
 
4.1. Die Beschwerdeführerin macht des weiteren - wie schon im vorinstanzlichen
Verfahren - geltend, Art. 8 und 14 EMRK bzw. das bereits erwähnte EGMR-Urteil
Di Trizio gegen die Schweiz geböten, dass sie ihren bisherigen Status als
Vollerwerbstätige beibehalte. Auch in ihrem Fall gründe der Anspruchsverlust
einzig in einem Statuswechsel, bedingt durch die Geburt ihres Sohnes, mithin
durch eine Disposition, die in den Schutzbereich von Art. 14 in Verbindung mit 
Art. 8 EMRK falle. Daran ändere nichts, wenn in ihrem Fall nicht die gemischte
Methode zur Anwendung gelange, sondern der Invaliditätsgrad anhand eines
Betätigungsvergleichs im Aufgabenbereich, also nach der spezifischen Methode
ermittelt werde.  
 
4.2.  
 
4.2.1. Dem erwähnten EGMR-Urteil vom 2. Februar 2016 lag der Fall einer
Versicherten zugrunde, die unter dem Status einer Vollerwerbstätigen eine
Invalidenrente beanspruchen konnte, und diesen Anspruch allein aufgrund des
Umstandes verlor, dass sie wegen der Geburt ihrer Kinder und der damit
einhergehenden Reduktion des Erwerbspensums für die Invaliditätsbemessung neu
als Teilerwerbstätige mit einem Aufgabenbereich qualifiziert wurde. Der EGMR
betrachtete es (mit einer Mehrheit des Spruchkörpers) als Verletzung von Art.
14 (Diskriminierungsverbot) in Verbindung mit Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung
des Privat- und Familienlebens), dass die sich aus dem Statuswechsel ergebende
Änderung in den Grundlagen der Invaliditätsbemessung - anstelle des auf
Vollerwerbstätige anwendbaren Einkommensvergleichs (Art. 28a Abs. 1 IVG in
Verbindung mit Art. 16 ATSG) gelangte nun die gemischte Methode (Art. 28a Abs.
3 IVG) zur Anwendung - zur Aufhebung der Invalidenrente führte und sich damit
zu Ungunsten der Versicherten auswirkte.  
 
4.2.2. Im Wesentlichen erwog der EGMR gemäss der zusammenfassenden Wiedergabe
in BGE 143 I 50 E. 3 S. 55 was folgt:  
a) Vorab rief der EGMR in Erinnerung, dass es sich bei Art. 14 EMRK nicht um
ein selbständiges Diskriminierungsverbot handle und die Konventionsstaaten nur
verpflichtet seien, die in der EMRK garantierten Rechte diskriminierungsfrei zu
gewähren. Die Anwendung des Art. 14 EMRK setze indessen nicht voraus, dass ein
EMRK-Recht substanziell verletzt sei; es genüge vielmehr, wenn der zu
beurteilende Fall in den Schutzbereich eines EMRK-Rechts falle (§ 58).
Andererseits lasse sich aus der EMRK kein Anspruch auf eine (bestimmte)
Sozialleistung ableiten (§ 59). Der Begriff "Familienleben" im Sinne von Art. 8
EMRK umfasse aber nicht nur soziale, moralische oder kulturelle, sondern auch
wirtschaftliche Aspekte (§ 60). Massnahmen, die einen Einfluss auf die
innerfamiliäre Organisation hätten - indem sie einem Elternteil erlaubten, zu
Hause zu bleiben und sich um die Kinder zu kümmern - fielen ebenfalls in den
Anwendungsbereich des Art. 8 EMRK (§ 61). In der zu beurteilenden Streitigkeit
sei auch das in Art. 8 EMRK ebenfalls aufgeführte, im Sinne einer weiten
Begriffsumschreibung zu verstehende "Privatleben" betroffen; die Anwendung der
gemischten Methode könne Fragen der Lebensgestaltung hinsichtlich Erwerbs- und
Familienleben beeinflussen (§ 63 f.). Da die gemischte Methode in der
überwiegenden Mehrheit auf Frauen angewendet werde, die nach der Geburt eines
oder mehrerer Kinder ihren Beschäftigungsgrad reduzieren wollten, könne die
Versicherte zu Recht behaupten, Opfer einer Diskriminierung aufgrund des
Geschlechts im Sinne von Art. 14 EMRK geworden zu sein (§ 66). Bei dieser
Sachlage erübrige es sich, eine Ungleichbehandlung auch aufgrund der
Behinderung zu prüfen (§ 67). Die Bestimmung des Art. 14 in Verbindung mit Art.
8 EMRK sei vorliegend anwendbar (§ 68). 
b) Nach der Rechtsprechung liege eine indirekte Diskriminierung vor, wenn die
nachteiligen Auswirkungen einer staatlichen Massnahme überproportional eine vor
Diskriminierung geschützte Gruppe treffe (§ 80 am Ende). Die Mitgliedstaaten
hätten zwar einen gewissen Ermessensspielraum zu bestimmen, ob und inwiefern
sich unterschiedliche Behandlungen rechtfertigten (§ 81). Allerdings sei die
Geschlechtergleichheit in den Mitgliedstaaten des Europarates ein wichtiges
Ziel und eine Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts nur in sehr engen
Grenzen zulässig. Namentlich genüge eine Bezugnahme auf Traditionen oder
allgemeine gesellschaftliche Vorstellungen hierfür nicht (§ 82). Bewiesen
werden könne eine indirekte Diskriminierung auch unter Berufung auf offizielle
Statistiken (§ 86). 
c) Gemäss der von der schweizerischen Regierung zur Verfügung gestellten
Statistik sei die gemischte Methode im Jahr 2009 in etwa 7,5 % aller
IV-Rentenentscheide (in 4168 Fällen im Jahr 2009) angewendet worden. Davon
hätten 97 % (4045) Frauen und nur 3 % (123) Männer betroffen (§ 88). In seinen
Urteilen vom 28. Juli 2008 (9C_49/2008) und vom 8. Juli 2011 (BGE 137 V 334)
habe im Übrigen auch das Bundesgericht anerkannt, dass die gemischte Methode
hauptsächlich auf Frauen, welche nach der Geburt eines Kindes ihr erwerbliches
Pensum reduzierten, Anwendung finde. Dies bestreite auch die schweizerische
Regierung nicht. Im Übrigen habe auch der Bundesrat in seinem Bericht vom 1.
Juli 2015 (in Erfüllung des Postulates Jans [12.3960 "Schlechterstellung von
Teilerwerbstätigen bei der Invalidenversicherung"] vom 28. September 2012)
angegeben, dass die gemischte Methode zu 98 % auf Frauen angewendet werde (bei
den im Jahr 2013 berechneten Renten [§ 89]). 
d) Die schweizerische Regierung bemühe sich, die aus der streitigen Regelung
resultierende Ungleichbehandlung zu rechtfertigen, dies unter Berufung auf Sinn
und Zweck der Invalidenversicherung, der darin bestehe, Ersatz für den
versicherten gesundheitsbedingten Erwerbsausfall und/oder die
gesundheitsbedingte Leistungseinbusse im bisherigen Aufgabenbereich zu bieten
(§ 92). Der Gerichtshof anerkannte, dass der vom Gesetz über die
Invalidenversicherung verfolgte Zweck Ungleichbehandlungen grundsätzlich
rechtfertigen könne (§ 93). 
e) Dieser Zweck sei nun aber vor dem Hintergrund der Gleichstellung von Frau
und Mann zu beurteilen. Unter diesem Blickwinkel könne eine Ungleichbehandlung
nur bei sehr gewichtigen Überlegungen als konventionskonform betrachtet werden;
insofern bestehe vorliegend ein sehr eingeschränkter Ermessensspielraum ("La
Cour en conclut que la marge d'appréciation des autorités était fortement
réduite en l'espèce."; § 96). Es sei zwar in erster Linie Sache der nationalen
Behörden, insbesondere der gerichtlichen Instanzen, das interne Recht
auszulegen und anzuwenden. Im zu beurteilenden Fall sei es aber wahrscheinlich,
dass die Versicherte, wäre sie (hypothetisch) vollerwerbstätig gewesen oder
hätte sie sich ausschliesslich um den häuslichen Aufgabenbereich gekümmert,
eine Teilrente erhalten hätte. Im Übrigen sei ihr anfänglich, nachdem sie
vollerwerbstätig gewesen war, eine solche zugesprochen worden, dies bis zum
Zeitpunkt der Geburt ihrer Kinder. Daraus ergebe sich klar, dass ein
Rentenanspruch verneint worden sei, weil die Versicherte angegeben hatte, sie
hätte ihre Erwerbstätigkeit einschränken wollen, um sich um den Haushalt und
die Kinder zu kümmern. Für die Mehrheit der Frauen, die nach der Geburt ihrer
Kinder teilzeitlich erwerbstätig sein möchten, erweise sich die gemischte
Methode damit faktisch als diskriminierend (§ 97). Die gemischte Methode stehe
denn auch seit längerer Zeit in der Kritik (§ 98). Auch der Bundesrat habe in
seinem Bericht vom 1. Juli 2015 anerkannt, dass sie zu tieferen
Invaliditätsgraden führen könne und sich die Frage einer indirekten
Diskriminierung stelle (§ 100). Die von der Regierung vorgebrachten Argumente
vermöchten die aus der Anwendung der gemischten Methode resultierende
Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen (§ 103 f.). 
f) Dem hielt die unterliegende Gerichtsminderheit in ihrer abweichenden Meinung
("opinion dissidente") entgegen, die Rügen der Versicherten fielen nicht in den
Schutzbereich von Art. 8 EMRK. Es fehle an einem hinreichenden Zusammenhang mit
dem Privat- und Familienleben. Die Vorbringen der Versicherten seien in erster
Linie vermögensrechtlicher Natur und fielen somit unter die Eigentumsgarantie
des ersten Zusatzprotokolls vom 20. März 1952 zur EMRK, das die Schweiz
allerdings nicht ratifiziert habe. 
 
4.3. Im Nachgang zum EGMR-Urteil vom 2. Februar 2016 entschied das
Bundesgericht, dass zwecks Herstellung eines konventionskonformen Zustandes in
derartigen Konstellationen fortan auf die Aufhebung der Invalidenrente im Sinne
von Art. 17 Abs. 1 ATSG allein zufolge eines Statuswechsels von
"vollerwerbstätig" zu "teilerwerbstätig" (mit Aufgabenbereich) zu verzichten
ist (BGE 143 I 50 E. 4.1 und 4.2; Urteil 8C_782/2016 vom 12. Oktober 2017 E. 3;
vgl. auch IV-Rundschreiben Nr. 355 des BSV vom 31. Oktober 2016, mit
Aktualisierung per 26. Mai 2017). Für die Versicherte, die damals am Recht
stand, folgte daraus, dass sie unverändert Anspruch auf die bisher
ausgerichtete Invalidenrente hatte. Gleiches gilt, wenn der beschriebene
Statuswechsel nicht zu einer vollständigen, sondern lediglich zu einer
teilweisen Aufhebung der Invalidenrente im Sinne einer Rentenherabsetzung
führt; auch diesfalls besteht der Anspruch auf die bisher ausgerichtete Rente
fort (BGE 143 I 60). Ferner hat im Rahmen einer Anspruchsüberprüfung nach den
Schlussbestimmungen der 6. IV-Revision, erstes Massnahmenpaket, ein rein
familiär bedingter Statuswechsel (hier von "vollerwerbstätig" zu
"teilerwerbstätig" [mit Aufgabenbereich]), auch wenn er nicht den Anlass für
die Einleitung des Verfahrens zur Rentenüberprüfung bildete, unberücksichtigt
zu bleiben, so dass der von der versicherten Person bisher innegehabte Status
für die Invaliditätsbemessung beizubehalten ist (BGE 143 V 77 E. 3.2.3 S. 80).
Schliesslich taxierte das Bundesgericht die revisionsweise Aufhebung oder
Herabsetzung einer Invalidenrente auch dann als EMRK-widrig, wenn allein
familiäre Gründe (hier: die Aufnahme einer Teilerwerbstätigkeit zufolge
abnehmenden Betreuungsaufwandes) für einen Statuswechsel von
"nichterwerbstätig" zu "teilerwerbstätig" (mit Aufgabenbereich) sprechen (vgl.
Urteil 9C_752/2016 vom 6. September 2017 E. 4.4 ff., zur Publikation
vorgesehen).  
 
4.4. Das EGMR-Urteil vom 2. Februar 2016 wie auch die dargelegte
Folgerechtsprechung des Bundesgerichts betreffen ausschliesslich Fälle mit
einem Statuswechsel hin zur Teilerwerbstätigkeit (mit Aufgabenbereich) und
daraus folgender Anwendbarkeit der gemischten Methode der
Invaliditätsbemessung. Der EGMR hat in seinen oben (vgl. E. 4.2.2)
zusammenfassend dargelegten Erwägungen mehrfach auf die Auswirkungen der
gemischten Methode hinsichtlich Organisation des Familien- und Berufslebens
sowie auf die methodeninhärenten Mängel hingewiesen. Namentlich zeigte er auch
die Wahrscheinlichkeit auf, dass die Versicherte, hätte sie zu 100 %
weitergearbeitet oder sich vollständig den Haushaltsaufgaben gewidmet, einen
Teil ihres Rentenanspruchs behalten hätte. Er schloss daraus, dass sich die
gemischte Methode für die grosse Mehrheit der Frauen, die nach der Geburt der
Kinder in Teilzeit erwerbstätig sein möchten, als diskriminierend erweise (§
97). Der Bundesrat - so der EGMR weiter - habe in seinem Bericht vom 1. Juli
2015 eingestanden, die gemischte Methode könne zu niedrigeren
Invaliditätsgraden führen. Dabei handle es sich um klare Hinweise auf die
Einsicht, dass die gemischte Methode nicht mehr im Einklang mit der Verfolgung
der Gleichheit der Geschlechter in der zeitgenössischen Gesellschaft stehe, wo
die Frauen vermehrt den legitimen Wunsch hegten, Familienleben und berufliche
Interessen miteinander zu vereinbaren (§ 100). Mit Blick auf die verschiedenen
Methoden zur Berechnung des Invaliditätsgrades im schweizerischen Recht
bemerkte der EGMR, dass andere Methoden denkbar seien, die die Wahl der Frauen,
nach der Geburt eines Kindes in Teilzeit erwerbstätig zu sein, besser achteten.
Damit wäre es möglich, das Ziel der Annäherung zwischen den Geschlechtern zu
verfolgen, ohne deshalb das Ziel der Invalidenversicherung zu gefährden (§
101). Im Ergebnis zeigte sich der EGMR nicht überzeugt, dass die
Ungleichbehandlung der konkret betroffenen Versicherten, der gestützt auf die
(für Teilerwerbstätige mit Aufgabenbereich anwendbare) gemischte Methode eine
Invalidenrente aberkannt wurde, auf einer angemessenen Rechtfertigung beruhe (§
103). Daraus folgerte er eine Verletzung von Art. 14 in Verbindung mit Art. 8
EMRK (§ 104).  
 
4.5. Aus den obigen Erwägungen ergibt sich zusammenfassend, dass das
EGMR-Urteil Di Trizio vom 2. Februar 2016 wie auch die Folgerechtsprechung des
Bundesgerichts allein die wegen eines Statuswechsels zu Teilerwerbstätigkeit
(mit Aufgabenbereich) anwendbare gemischte Methode der Invaliditätsbemessung
betreffen. Mit der Vorinstanz und dem BSV kann eine Wirkung darüber hinaus
verneint werden. Namentlich besteht keine Relevanz für die hier in Frage
stehende spezifische Methode, bei der die Invalidität der versicherten Person
danach ermittelt wird, in welchem Ausmass sie unfähig ist, sich im
Aufgabenbereich zu betätigen (vgl. Art. 28 Abs. 2 IVG in Verbindung mit Art. 8
Abs. 3 ATSG). In dieser Hinsicht bestehen im Anwendungsbereich der spezifischen
Methode von vornherein keine Erschwernisse bezüglich Vereinbarkeit von
Familienleben und Wahrnehmung beruflicher Interessen. Ebenso wenig wirken hier
die für die gemischte Methode typischen nachteiligen Folgen, die nunmehr im
Rahmen eines vom Bundesrat beschlossenen neuen Berechnungsmodells per 1. Januar
2018 beseitigt werden sollen (vgl. Änderung der Verordnung über die
Invalidenversicherung vom 17. Januar 1961, Invaliditätsbemessung für
Teilerwerbstätige [gemischte Methode], und erläuternder Bericht des BSV [https:
//www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/ publikationen-und-service/medieninformationen/
nsb-anzeigeseite.msg-id-69037.html; Abfrage vom 7. Dezember 2017]).  
 
4.6. Somit ergibt sich, dass sich der Fall der Beschwerdeführerin in
wesentlichen Teilen von den Konstellationen unterscheidet, wie sie dem
EGMR-Urteil Di Trizio und der bundesgerichtlichen Folgerechtsprechung zugrunde
lagen. Unter diesen Umständen fällt hier die Annahme einer Verletzung von Art.
14 in Verbindung mit Art. 8 EMRK ausser Betracht. Der in der Beschwerde betonte
Umstand, dass die für den Statuswechsel wesentliche Geburt des Kindes in den
Schutzbereich dieser Bestimmung fällt, reicht dafür nicht aus. Andere
Vorbringen enthält die Beschwerde in diesem Zusammenhang nicht, weshalb sich
Weiterungen erübrigen (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
5.   
Für die Vornahme der Invaliditätsbemessung nach der spezifischen Methode gemäss
Art. 28a Abs. 2 IVG stellte das kantonale Gericht in Übereinstimmung mit der
IV-Stelle auf den Abklärungsbericht Haushalt vom 2. Juni 2015 ab. Es sprach ihm
auch diesbezüglich volle Beweiskraft zu und sah keinerlei Anlass, an der
Einschätzung der gesundheitsbedingten Einschränkungen im Abklärungsbericht zu
zweifeln; sie sei in den einzelnen Bereichen detailliert begründet worden und
erweise sich als durchwegs schlüssig. Mit diesen vorinstanzlichen Erwägungen
setzt sich die Beschwerdeführerin nicht auseinander, weshalb auf die nicht zu
beanstandende Begründung im angefochtenen Entscheid verwiesen wird. Beim
Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 28. April 2017
hat es mithin sein Bewenden. 
 
6.   
Die Beschwerdeführerin hat als unterliegende Partei die Gerichtskosten zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 20. Dezember 2017 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch 

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