Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.415/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_415/2017  
 
 
Urteil vom 3. Januar 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiberin Kopp Käch. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, vertreten durch Beratungsstelle für Ausländer Milosav
Milovanovic, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
27. April 2017 (VBE.2017.53). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ meldete sich am 16. September 2013 bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug (berufliche Integration, Rente) an. Dabei machte sie vor allem
psychische Leiden (Essattacken, sozialer Rückzug, Depression, Traurigkeit,
Lustlosigkeit usw.), aber auch somatische Beschwerden
(Schilddrüsenunterfunktion, Rückenschmerzen) geltend. Die IV-Stelle des Kantons
Aargau leitete Abklärungen in medizinischer sowie erwerblicher Hinsicht in die
Wege und lehnte mit Verfügung vom 18. Februar 2014 die Gewährung beruflicher
Massnahmen ab. 
 
Am 12. Mai 2014 erstattete die MEDAS Ostschweiz, St. Gallen, ein
bidisziplinäres (psychiatrisch/orthopädisches) Gutachten. Nachdem aus Sicht des
Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) trotz Beantwortung von Ergänzungsfragen
vom 21. August 2014 im psychiatrischen Teilgutachten Unklarheiten bestanden,
wurde ein Gutachten der Dr. med. B.________, Fachärztin für Psychiatrie und
Psychotherapie FMH, vom 3. November 2014 eingeholt. Nach erneuten medizinischen
Abklärungen, namentlich nach Einholung eines Verlaufsberichts des behandelnden
Dr. med. C.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 4.
März 2015, empfahl der RAD mit Stellungnahme vom 7. Oktober 2015 die Einholung
eines psychiatrischen Obergutachtens, da in beiden Gutachten fremdanamnestische
Angaben fehlten, Unklarheiten bestünden und die Gutachten sehr unterschiedlich
ausgefallen seien. Die IV-Stelle holte daraufhin ein Gutachten der Dr. med.
D.________, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 6. Februar
2016 ein. Gestützt darauf stellte sie A.________ mit Vorbescheid vom 28. April
2016 die Abweisung des Rentenbegehrens in Aussicht. Nach Eingang eines weiteren
Berichts des behandelnden Psychiaters vom 21. Juni 2016 sowie einer
Stellungnahme des RAD vom 7. Dezember 2016 verneinte die IV-Stelle mit
Verfügung vom 8. Dezember 2016 den Anspruch auf eine Invalidenrente. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau mit Entscheid vom 27. April 2017 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, ihr sei unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids eine
Invalidenrente zuzusprechen, eventualiter sei die Sache zu weiteren Abklärungen
an die IV-Stelle zurückzuweisen, subeventualiter sei eine Oberbegutachtung
anzuordnen. Zudem ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung. 
 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren
Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (
Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.3. Bei den gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur
Arbeitsfähigkeit handelt es sich grundsätzlich um Tatfragen. Gleiches gilt für
die konkrete Beweiswürdigung. Dagegen sind die Beachtung des
Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln Rechtsfragen, die das
Bundesgericht im Rahmen der den Parteien obliegenden Begründungs- bzw.
Rügepflicht frei prüft (statt vieler: Urteil 9C_457/2014 vom 16. Juni 2015 E.
1.2, nicht publ. in: BGE 141 V 405, aber in: SVR 2016 BVG Nr. 11 S. 47).  
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie
die Verneinung eines Rentenanspruchs bestätigte. 
 
Die hiefür massgeblichen Rechtsgrundlagen sind im angefochtenen Entscheid
zutreffend dargelegt worden. Dies betrifft namentlich die Bestimmungen und
Grundsätze zu den Begriffen der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG in Verbindung
mit Art. 8 Abs. 1 ATSG) und Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), zum Anspruch auf
eine Invalidenrente (Art. 28 IVG) sowie zur Ermittlung des Invaliditätsgrades
bei Erwerbstätigen nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG). Richtig
sind auch die Ausführungen zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer
Berichte und Gutachten (BGE 137 V 210 E. 6.2.2 S. 269; 134 V 231 E. 5.1 S. 232;
125 V 351 E. 3 S. 352 mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen. 
 
3.  
 
3.1. Zur Beurteilung der zunächst in psychischer Hinsicht streitigen
gesundheitlichen Situation hat das kantonale Gericht insbesondere auf das
Gutachten der Dr. med. D.________ vom 6. Februar 2016 abgestellt. Die
Beschwerdeführerin leide - so die Vorinstanz - an einem Status nach
Anpassungsstörung mit vorwiegender Beeinträchtigung von anderen Gefühlen
(Angst, Depression, Besorgnis, Anspannung und Ärger) sowie Psychosomatisierung,
gegenwärtig bis auf dysphorische Restsymptomatik weitgehend remittiert (ICD-10,
F43.23) sowie an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD-10, F45.4),
bei Problemen mit Bezug auf den engeren Familienkreis, einschliesslich
familiärer Umstände (ICD-10, Z63), Problemen in Verbindung mit Berufstätigkeit
und Arbeitslosigkeit (ICD-10, Z56) sowie Problemen in Verbindung mit
Wohnbedingungen und ökonomischen Verhältnissen (ICD-10, Z59). Aus
psychiatrischer Sicht sei seit 23. September 2013 von keiner Einschränkung der
Arbeitsfähigkeit mehr auszugehen, nachdem für alle Tätigkeiten in der freien
Wirtschaft von 29. Januar 2013 bis 8. Februar 2013 eine 100%ige und von 9.
Februar 2013 bis 22. September 2013 eine 50%ige Arbeitsunfähigkeit vorgelegen
habe.  
 
3.2. Die durch das kantonale Gericht getroffenen Tatsachenfeststellungen,
namentlich die aus den medizinischen Unterlagen gewonnenen Erkenntnisse, sind
im letztinstanzlichen Prozess grundsätzlich verbindlich (vgl. E. 1 hievor). Im
Rahmen der eingeschränkten Sachverhaltskontrolle (Art. 97 Abs. 1 BGG) ist es
nicht Aufgabe des Bundesgerichts, die schon im vorangehenden Verfahren
aufliegenden ärztlichen Berichte neu zu beurteilen und die rechtsfehlerfreie
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz hinsichtlich der medizinisch
begründeten Verminderung des Leistungsvermögens und des Ausmasses der trotz
gesundheitlicher Beeinträchtigungen verbleibenden Arbeitsfähigkeit zu
korrigieren.  
 
3.3. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin zeigen keine offensichtliche
Unrichtigkeit der vorinstanzlichen Schlussfolgerungen auf:  
 
3.3.1. Das kantonale Gericht hat die medizinische Aktenlage pflichtgemäss
gewürdigt. Wie es dargelegt hat, erfüllt das psychiatrische Gutachten der Dr.
med. D.________ vom 6. Februar 2016 die von der Rechtsprechung gestellten
Anforderungen; es beruht auf eigenen Untersuchungen, eingehender
Anamneseerhebung und setzt sich insbesondere auch mit den anderen medizinischen
Berichten auseinander.  
 
3.3.2. Auf ein im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholtes Gutachten ist
rechtsprechungsgemäss abzustellen, wenn nicht konkrete Indizien gegen die
Zuverlässigkeit der Expertise sprechen (BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 470; vgl. auch
Urteil 8C_215/2017 vom 31. August 2017 E. 3.3.2). Solche vermag die Versicherte
nicht darzutun, zumal sie weitgehend die bereits vorinstanzlich erhobenen
Einwendungen wiederholt. Wie das kantonale Gericht aufgezeigt hat, erfolgte die
zusätzliche Begutachtung durch Dr. med. D.________ auf Empfehlung des RAD, da
in den Gutachten der MEDAS vom 12. Mai 2014 und der Dr. med. B.________ vom 3.
November 2014. fremdanamnestische Angaben gefehlt, Unklarheiten bestanden
hätten und die Gutachten sehr unterschiedlich ausgefallen seien. Das Gutachten
der Dr. med. D.________ vom 6. Februar 2016 setze sich - so die Vorinstanz in
Bestätigung der RAD-Stellungnahme vom 7. Dezember 2016 - eingehend mit den
beiden Vorgutachten auseinander und lege dar, weshalb auf die darin enthaltenen
divergierenden Feststellungen und Folgerungen nicht abgestellt werden könne.
Konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit der Expertise ergeben sich sodann
weder aus den knapp gehaltenen Berichten des behandelnden Psychiaters noch aus
dem Austrittsbericht der Frauenklinik E.________ vom 8. Februar 2013, wo die
Versicherte vom 29. Januar 2013 bis 8. Februar 2013 stationär behandelt worden
war, zumal sich das Gutachten vom 6. Februar 2016 auch damit auseinandersetzte.
 
 
3.4. Zusammenfassend beruhen die vorinstanzlichen Annahmen zum psychischen
Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit der Versicherten weder auf
offensichtlich unrichtigen noch auf sonstwie rechtsfehlerhaften
Tatsachenfeststellungen. Weil von zusätzlichen medizinischen
Abklärungsmassnahmen keine neuen entscheidwesentlichen Aufschlüsse zu erwarten
sind, konnte und kann auf weitergehende medizinische Erhebungen und Gutachten
verzichtet werden (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236 f.
mit Hinweis).  
 
4.   
Das kantonale Gericht hat im Weiteren dargelegt, dass selbst dann kein
rentenbegründender Invaliditätsgrad vorliegen würde, wenn der Versicherten die
angestammte Tätigkeit als Pflegehelferin aus somatischer Sicht nicht mehr
zumutbar gewesen wäre. Es hat dazu Validen- und Invalideneinkommen festgesetzt,
aus der Gegenüberstellung einen rentenausschliessenden Invaliditätsgrad von
rund 5% ermittelt und aufgezeigt, dass selbst bei Erfüllung des Wartejahres
kein Rentenanspruch bestünde. Mit diesen Erwägungen setzt sich die
Beschwerdeführerin nicht ansatzweise auseinander, weshalb auf die nicht zu
beanstandende Begründung im angefochtenen Entscheid verwiesen wird, welcher das
Bundesgericht nichts beizufügen hat. Beim angefochtenen Entscheid hat es mithin
sein Bewenden. 
 
5.   
Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist, wird sie im Verfahren nach 
Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
im bundesgerichtlichen Verfahren ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art.
64 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführerin sind demnach die Gerichtskosten
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 3. Januar 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch 

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