Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.39/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
8C_39/2017         

Urteil vom 7. Juli 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione,
Gerichtsschreiber Grünvogel.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Sozialhilfe Basel-Stadt, Klybeckstrasse 15, 4057 Basel, vertreten durch das
Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt des Kantons Basel-Stadt,
Generalsekretariat, Rheinsprung 16-18, 4051 Basel,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Sozialhilfe (kantonales Recht; Rückerstattung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt
vom 11. November 2016.

Sachverhalt:

A. 
Der in Basel wohnhafte A.________ wird seit dem 1. November 2008 vom
städtischen Sozialamt finanziell unterstützt. Mit Verfügung vom 29. Dezember
2014 forderte es ihn auf, in der Höhe von Fr. 1000.- zu Unrecht bezogene
Sozialhilfeleistungen zurückzuerstatten. Zugleich wurden die
Verzinsungsmodalitäten bei monatlicher Ratenzahlung festgelegt und eine
angemessene Verrechnung mit allfälligen künftigen Unterstützungsleistungen in
Aussicht gestellt.
Den dagegen ergriffenen Rekurs wies das Departement für Wirtschaft, Soziales
und Umwelt des Kantons Basel-Stadt (WSU) mit Entscheid vom 26. Oktober 2015 ab,
soweit es darauf eintrat.

B. 
Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt bestätigte auf Beschwerde hin
mit Entscheid vom 11. November 2016 den Departementsentscheid.

C. 
Am 15. Januar 2017 führt A.________ beim Bundesgericht Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten u.a. mit dem Antrag um Befreiung von der
Rückerstattungspflicht. Gleichzeitig ersucht er um unentgeltliche
Prozessführung.
Es wird kein Schriftenwechsel durchgeführt, statt dessen das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege mit Verfügung vom 27. Januar 2017 abgewiesen und
A.________ zur Bezahlung eines Kostenvorschusses von Fr. 500.- verpflichtet.
Diese Sicherheitsleistung wird innert gesetzter Nachfrist erbracht.

Erwägungen:

1. 
Nachdem der anberaumte Kostenvorschuss fristgerecht eingegangen, und die
weiteren Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind, kann die Angelegenheit einem
Sachentscheid zugeführt werden.

2. 
Strittig ist die Rückerstattung von Sozialhilfe. Sowohl die
Rückerstattungsforderung als auch die Sozialhilfe selbst beruhen auf kantonalem
Recht, das heisst dem kantonalen Sozialhilfegesetz (kurz: SHG/BS).

2.1. Die Anwendung des kantonalen Rechts kann gemäss Art. 95 f. BGG vor
Bundesgericht nur insoweit beanstandet werden, als damit eine willkürliche
Gesetzesanwendung einhergeht oder soweit das Gesetz oder seine Anwendung sonst
wie gegen übergeordnetes Recht verstossen (BGE 141 I 36 E. 1.3 S. 41; 139 I 169
E. 6.1 S. 172 f.; 137 V 57 E. 1.3 S. 60 je mit Hinweisen).
Nach der bundesgerichtlichen Praxis liegt Willkür vor, wenn der angefochtene
Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz
krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken
zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht
bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist; dass eine andere
Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (
BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 19; 139 III 334 E. 3.2.5 S. 339; je mit Hinweisen).

2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des
Sachverhalts kann nur gerügt bzw. vom Bundesgericht von Amtes wegen berichtigt
oder ergänzt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht; diese Rüge setzt zudem
voraus, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich
unrichtig festgestellt ist ein Sachverhalt, wenn er willkürliche Feststellungen
beinhaltet (BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62).

3. 
Gemäss unbestrittener, für das Bundesgericht gemäss E. 2.2 hievor verbindlicher
Feststellung bezog der Beschwerdeführer im vorliegend interessierenden Zeitraum
von 2009 bis und mit 2013 Sozialhilfegelder. Darunter fiel die Übernahme der
effektiv angefallenen Mietkosten der von ihm bewohnten Wohnung. Am 15. Januar
2014 schloss er mit dem Vermieter vor der staatlichen Schlichtungsstelle für
Mietstreitigkeiten Basel-Stadt einen Vergleich ab, der eine Zahlung des
Vermieters an ihn in der Höhe von Fr. 1000.- "für die Zeit der Bauarbeiten von
2009 bis und mit 2013" vorsah. Am 27. Januar 2014 meldete er der
Sozialhilfebehörde diesen Betrag als von ihm eingenommen.

3.1. Das kantonale Gericht wertete diese Zahlung als Entgelt für eine den
Zeitraum von 2009 bis 2013 erfassende nachträgliche Mietzinsreduktion, welche -
wäre sie bereits bekannt gewesen - bei der jeweils vorgenommenen Bemessung der
Mietzinsbeiträge in diesem Umfang leistungsmindernd hätte berücksichtigt werden
müssen; damit erwiesen sich die in dieser Zeit für die Mietkosten
ausgerichteten Zahlungen nachträglich als in diesem Umfang zu Unrecht erfolgt,
was gestützt auf § 19 Abs. 1 SHG/BS und dem allgemein geltenden Rechtsgrundsatz
der ungerechtfertigten Bereicherung die Verwaltung zur Rückforderung dieses
Betrages berechtigt habe.

3.2. Inwiefern die vorinstanzliche Wertung der fraglichen Zahlung von Fr.
1000.- als nachträgliche Mietzinsreduktion in krasser Weise gegen Zivil- und
Mietvertragsrecht und damit Bundesrecht verstossen soll, wie vom
Beschwerdeführer geltend gemacht, verschliesst sich dem Bundesgericht.
Zwar trifft es zu, dass ein Mieter den Vermieter auch wegen eines durch einen
Mangel an der Mietsache erlittenen Schadens belangen kann (Art. 259e OR). Davon
gilt es indessen den Mietzinsherabsetzungsanspruch, mit welchem allein die
beeinträchtigte oder verminderte Tauglichkeit einer Mietsache im Vergleich zu
den vom Vermieter zugesicherten Eigenschaften ausgeglichen werden soll (Art.
259d OR), klar abzugrenzen. Über die Herabsetzung des Mietzinses kann ein
Schaden nicht ausgeglichen werden.
Wie der Beschwerdeführer selbst vorbringt, hatte er in seinem Gesuch vor der
Schlichtungsstelle ausdrücklich um Mietzinsreduktion ersucht. Dass im
anschliessenden Schlichtungsverfahren nun aber plötzlich nicht mehr die
Mietzinsherabsetzung wegen verminderter Objekttauglichkeit, sondern der Ersatz
eines wegen eines Objektmangels erlittenen materiellen oder immateriellen
Schadens Diskussionsthema gewesen sein soll, erscheint zwar nicht gänzlich
ausgeschlossen, ist aber keinesfalls naheliegend. Einen entsprechenden Beweis
dazu blieb der Beschwerdeführer schuldig. Wenn die Vorinstanz angesichts dieser
Umstände die fragliche Zahlung insgesamt als bei der Sozialhilfebemessung
gänzlich anrechenbare nachträgliche Mietzinsreduktion wertet, kann darin nichts
Willkürliches erblickt werden. Dies ist umso weniger der Fall, als damit auch
der aus dem subsidiären Charakter der Sozialhilfe (vgl. § 5 SHG/BS)
abgeleiteten Verpflichtung des Sozialhilfebezügers, im Rahmen des Zumutbaren
zunächst für eigene, das Sozialhilfebudget entlastende Einkünfte besorgt zu
sein, Nachachtung verschafft wird.

4. 
Auch die weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers dringen nicht durch.
So ist insbesondere nicht erkennbar, inwiefern die von der Vorinstanz
vorgenommene Würdigung des Sozialhilfeprotokollauszugs vom 23. November 2009
willkürlich sein soll: Wie der Beschwerdeführer als ausgebildeter und in
Sozialhilfeangelegenheiten erfahrener Jurist die von ihm selbst daraus
zitierten Textstellen in guten Treuen anders auffassen durfte als die
Vorinstanz, ist nicht verständlich. Sie verstand den Protokollauszug so, dass
die Sozialhilfebehörde im Falle weiterer Zahlungen seitens der Vermieterin
unter dem Titel der Mietherabsetzung sich deren künftige Anrechnung an die
Unterstützungsleistungen (ungeachtet des Entscheids des WSU vom 1. September
2009 in Sachen D.T.) vorbehalten würde. Genauso wenig ist klar, was der
Beschwerdeführer aus dem wiederholt angerufenen Urteil 8C_79/2012 vom 10. Mai
2012, insbesondere E. 4.2, zu seinen Gunsten ableiten will, zumal ihm die
Verwaltung umgehend nach Meldung des Vermögenszugangs erklärt hatte, noch zu
prüfen, ob er diesen Betrag allenfalls noch zurückzuerstatten habe. Insoweit
lag bis zum Erlass des Rückerstattungsentscheids vom 29. Dezember 2014 auch
noch keine diesen Punkt betreffende Abrechnungsverfügung vor. Die Erwägungen
des kantonalen Gerichts zu der vom Beschwerdeführer vertretenen These der
entfallenen Bereicherung, weil er das Geld nicht für Grundbedürfnisse des
Lebens, sondern anderweitig verwendet habe, stehen ebenfalls mit Bundesrecht im
Einklang. Was sodann willkürlich daran sein soll, wenn der dem Beschwerdeführer
zugeflossene Betrag ungeachtet der Höhe des Vermögensfreibetrages
zurückgefordert wird, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer
vermag auch nicht aufzuzeigen, inwiefern die vorinstanzliche Bestätigung der
durch die Verwaltung in Anwendung von § 20 SHG/BS erfolgten
Verzugszinsbemessung gegen eine der von ihm angerufenen Verfassungsbestimmungen
verstossen haben könnte: Der Verzugszinssatz kommt vorliegend nur zum Tragen,
wenn die Rückzahlungsraten Fr. 100.- unterschreiten und entspricht übrigens
nicht nur dem in Art. 104 Abs. 1 OR für Geldschulden allgemein vorgesehenen
Verzugszinssatz, sondern liegt auch weit unter dem vom Bundesrat für
Konsumkredite festgelegten Maximalzinssatz (Art. 14 Bundesgesetz über den
Konsumkredit [KKG] in Verbindung mit Art. 1 Verordnung zum Konsumkreditgesetz
[VKKG]), wobei der staatlichen Abgabegewalt ohnehin keine eigentumsrechtlichen
Grenzen gezogen sind, solange sie nicht konfiskatorisch wirkt (statt vieler:
BGE 128 II 112 E. 10b/bb S. 126 und 105 Ia 134 E. 3a S. 140). Schliesslich
halten die vorinstanzlichen Ausführungen zu der in § 21 Abs. 1 SHG/BS
statuierten Frist, innert welcher ein Rückforderungsanspruch geltend zu machen
ist, vor übergeordnetem Recht ebenfalls stand.

5. 
Die Beschwerde erweist sich insgesamt als offensichtlich unbegründet, weshalb
sie im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt wird.

6. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- sind ausgangsgemäss vom Beschwerdeführer zu
tragen (Art. 64 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 7. Juli 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Grünvogel

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