Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.385/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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8C_385/2017            

 
 
 
Urteil vom 19. September 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Wirthlin, 
Gerichtsschreiber Jancar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Stephanie C. Elms, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Arbeitsunfähigkeit; Invalidenrente; Revision), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 27. März 2017 (IV.2015.00829). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1972 geborene A.________ war seit 1. Juni 2001 zu 100 % und ab 1. Oktober
2005 bis 31. Januar 2013 zu 50 % bei der B.________ GmbH angestellt. Am 27.
Oktober 2010 meldete er sich wegen Niereninsuffizienz bei der IV-Stelle des
Kantons Zürich zum Leistungsbezug an. Diese sprach ihm mit unangefochten in
Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 9. Juni 2006 ab 1. März 2006 eine halbe
Invalidenrente zu. Am 26. September 2008 bestätigte sie dies revisionsweise. Am
8. Januar 2009 erfolgte beim Versicherten im Universitätsspital C.________ eine
Nierentransplantation. Im Oktober 2013 leitete die IV-Stelle ein weiteres
Revisionsverfahren ein. Sie holte unter anderem ein
internistisch-ophtalmologisches Gutachten des Universitätsspitals C.________,
vom 6. Januar/9. Februar 2015 ein. Mit Verfügung vom 17. Juni 2015 hob sie die
Rente auf Ende des auf die Verfügungszustellung folgenden Monats auf. 
 
B.   
Die hiergegen geführte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 27. März 2017 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt der
Versicherte, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei die IV-Stelle zu
verpflichten, ihm die gesetzlichen Leistungen nach IVG auszurichten,
insbesondere weiterhin eine halbe Invalidenrente; sie sei zu verpflichten, ein
erneutes Gutachten zu seinem Gesundheitszustand, unter Einschluss einer
neuropsychologischen Abklärung, einzuholen. Für das bundesgerichtliche
Verfahren sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. 
 
Ein Schriftenwechsel wurde nicht angeordnet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen). 
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). Rechtsfragen sind
die vollständige Feststellung erheblicher Tatsachen, die Beachtung des
Untersuchungsgrundsatzes bzw. der Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c
ATSG und der Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231
E. 5.1 S. 232). Bei den aufgrund dieser Berichte getroffenen Feststellungen zum
Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit und bei der konkreten
Beweiswürdigung geht es um Sachverhaltsfragen (nicht publ. E. 1 des Urteils BGE
141 V 585). 
 
2.   
Das kantonale Gericht hat die rechtlichen Grundlagen betreffend die
Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), die Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG; Art. 4
Abs. 1 IVG), die Invaliditätsbemessung nach der allgemeinen Methode des
Einkommensvergleichs (vgl. Art. 16 ATSG), die Rentenrevision (Art. 17 Abs. 1
ATSG; BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 10, 134 V 131 E. 3 S. 132), die Voraussetzungen des
Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 2 IVG) und den Beweiswert von Arztberichten (vgl.
E. 1 hiervor) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
3.   
Strittig und zu prüfen ist, ob die von der IV-Stelle am 17. Juni 2015 mit
Wirkung ab 1. August 2015 verfügte und vom kantonalen Gericht bestätigte
Rentenaufhebung vor Bundesrecht standhält. 
 
Das kantonale Gericht erwog im Wesentlichen, die Zusprechung der halben Rente
ab 1. März 2006 sei wegen einer 50%igen Arbeitsunfähigkeit des
Beschwerdeführers aufgrund einer dialysepflichtigen chronischen
Niereninsuffizienz Stadium V erfolgt. Im internistisch-ophthalmologischen
Gutachten des Universitätsspitals C.________ vom 6. Januar/9. Februar 2015
seien folgende Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit gestellt
worden: 1. Belastungsabhängige Rückenschmerzen bei Dekonditionierung und
leichten degenerativen Veränderungen; 2. Müdigkeit bei Dekonditionierung,
Medikamentennebenwirkung der Immunsuppresiva; 3. Visusminderung rechts 0.5,
links 0.1; Katarakta corticonuclearis linksbetont und hypertensive
Retinopathie, aktuell mild; Status nach ausgeprägter Retinopathie im Jahr 2008.
Gestützt auf das in diesem Gutachten gestellte Anforderungsprofil sei dem
Beschwerdeführer die angestammte Tätigkeit nicht mehr zumutbar. Indessen sei
von 100%iger Arbeitsfähigkeit in einer leichten, intermittierend mittelschweren
Tätigkeit ohne Tragen schwerer Lasten, mit der Möglichkeit zu
Wechselbelastungen ohne Zwangshaltungen und ohne feinmotorische Arbeiten sowie
ohne das Führen von Maschinen und Fahrzeugen oder das Bedienen gefährlicher
Maschinen auszugehen. Dieses Gutachten - so die Vorinstanz weiter - erfülle die
praxisgemässen Anforderungen an eine medizinische Beurteilungsgrundlage,
weshalb die IV-Stelle zu Recht darauf abgestellt habe. Medizinische
Eingliederungsmassnahmen seien entgegen dem Gutachten nicht angezeigt. 
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer wendet als Erstes im Wesentlichen ein, im Gutachten
des Universitätsspitals C.________ vom 9. Februar 2015 würden die
Rückenschmerzen auf eine krankheitsbedingte Dekonditionierung zurückgeführt,
was nicht nachvollziehbar sei. Die Dekonditionierung sei eine direkte Folge
seiner jahrelangen Niereninsuffizienz und damit keine IV-fremde
Begleiterscheinung. Sie müsse somit bei der Arbeitsfähigkeit berücksichtigt
werden. Zudem sei die Beurteilung der LWS-Beschwerden unvollständig und
widersprüchlich. Gemäss den Gutachtern des Universitätsspitals C.________ seien
eine Osteochondrose LWK4-SWK1 sowie eine Facettengelenksarthrose LWK4-SWK1
festgestellt worden. Es seien degenerative Veränderungen diagnostiziert worden.
In der Beurteilung des Universitätsspitals C.________ seien die beklagten
Rückenschmerzen jedoch wiederum auf eine Dekonditionierung zurückgeführt
worden. Die degenerativen Veränderungen würden sich indessen mindestens im
bekannten Ausmass negativ auf die Arbeitsfähigkeit auswirken. Auch zu diesen
Folgen bzw. dem Ausmass der zu erwartenden dauerhaften Einschränkungen schweige
sich das Gutachten aus. Hierin sei es ebenfalls unvollständig und
widersprüchlich. Weiter seien die Gutachter des Universitätsspitals C.________
davon ausgegangen, seine Müdigkeit sei auf die Nebenwirkung der
Medikamentennebenwirkung der Immunsuppressiva zurückzuführen. Sie hätten sich
jedoch nicht mit diesen Nebenwirkungen auseinandergesetzt. Es könne nicht davon
ausgegangen werden, dass die "Müdigkeit" durch eine Rekonditionierung bessern
werde. Solange er Immunsuppressiva einnehmen müsse, werde er mit der
Nebenwirkung leben müssen und dauerhaft in seiner Arbeitsfähigkeit
eingeschränkt bleiben. Die Gutachter des Universitätsspitals C.________ hätten
jedoch keine Unterscheidung vorgenommen, inwiefern die Dekonditionierung im
Rahmen der Müdigkeit medizinischen oder beruflichen Massnahmen zugänglich sei
oder nicht. Ferner sei damit die Aussage des Prof. Dr. med. D.________,
Leitender Arzt, des Universitätsspitals C.________ vom 2. September 2014
widerlegt, wonach aus nephrologischer Sicht keine Einschränkungen der
Arbeitsfähigkeit mehr bestünden.  
 
4.2. Vorab ist festzuhalten, dass es für die Bestimmung des Rentenanspruchs -
grundsätzlich unabhängig von der Diagnose und unbesehen der Ätiologie -
massgebend ist, ob und in welchem Ausmass eine Beeinträchtigung der Arbeits-
bzw. Erwerbsfähigkeit vorliegt (BGE 136 V 279 E. 3.2.1 S. 281; nicht publ. E.
4.2.3 des Urteils BGE 141 V 585, veröffentlicht in SVR 2016 IV Nr. 102). Eine
Dekonditionierung stellt keinen invalidisierenden Gesundheitsschaden im Sinne
von Art. 4 Abs. 1 IVG dar (Urteil 9C_848/2016 vom12. Mai 2017 E. 4.2).  
 
Entgegen dem Beschwerdeführer haben die Gutachter des Universitätsspitals
C.________ im Rahmen ihrer Beurteilung die degenerativen Veränderungen am
Rücken berücksichtigt. Zudem gingen sie nicht nur von einer Dekonditionierung
aus, sondern führten seine Rückenschmerzen auf leichte degenerative
Veränderungen und seine Müdigkeit auf eine Medikamentennebenwirkung der
Immunsuppressiva zurück. Beiden Be-schwerdebildern haben sie auch einen
Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit zuerkannt (E. 3 hiervor; betreffend
medizinische und berufliche Massnahmen vgl. E. 5 und 7 hiernach) 
 
Weiter ist zu beachten, dass eine Gesamtwürdigung im Rahmen eines Gutachtens
nicht zwingend bedeutet, dass sämtliche einzelnen Gesundheitsbeeinträchtigungen
spezifiziert Eingang in die Schätzung der Arbeitsunfähigkeit finden müssen.
Vielmehr liegt es im fachärztlichen Beurteilungsspielraum, die vorhandenen
gesundheitlichen Einschränkungen in Anbetracht der erhobenen Befunde insgesamt
zu würdigen und zu ihren Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit Stellung zu
beziehen (vgl. Urteil 9C_754/2012 vom 9. November 2012 E.2.3.2). Dies hat das
Universitätsspital C.________ im Gutachten vom 9. Februar 2015 umfassend und
nachvollziehbar getan. Wenn die Vorinstanz hierauf abstellte, ist dies weder
bundesrechtswidrig noch beruht es auf einer qualifiziert falschen
Sachverhaltsfeststellung (vgl. E. 1 hiervor). 
 
5.  
 
5.1.  
 
5.1.1. Im Gutachten des Universitätsspitals C.________ vom 9. Februar 2015
wurde dargelegt, aufgrund der langjährigen Teilinvalidität des
Beschwerdeführers mit folgender Dekonditionierung werde ein stufenweiser
Arbeitseintritt mit zunächst 50 % und Steigerung der Arbeit auf 100 % innerhalb
von drei Monaten empfohlen. Bezüglich der Rückenschmerzen und der
Dekonditionierung erscheine eine Physiotherapie oder eine Rehabilitation zur
Steigerung der Leistungsfähigkeit und zur Kräftigung der Rückenmuskulatur
ratsam. Bei fehlender Besserung innerhalb dreier Monate wäre gegebenenfalls
eine rheumatologische Beurteilung inklusive einer Evaluation der funktionellen
Leistungsfähigkeit (EFL) sinnvoll, um die genaue Belastungsfähigkeit seitens
der Rückenbeschwerden festzulegen. Weiter hielten die Gutachter fest, da der
Beschwerdeführer mehrere Jahre krankheitsbedingt nur zu 50 % arbeitsfähig
gewesen sei und mehrere Einschränkungen für eine leidensangepasste Tätigkeit
bestünden, würden eine Berufsberatung und Arbeitsvermittlung empfohlen.  
 
5.1.2. Der Beschwerdeführer wendet ein, das kantonale Gericht habe zu Recht
bestätigt, dass er noch immer eine ärztliche Behandlung benötige, damit er die
im Gutachten des Universitätsspitals C.________ prognostizierte 100%ige
Leistungsfähigkeit erreichen könne. Laut der Vorinstanz könne er sich selber
eingliedern, weshalb er keinen Anspruch auf berufliche Massnahmen habe.
Entgegen diesem Argument könne indessen erst nach Absolvierung der empfohlenen
medizinischen Massnahmen in einer Reevaluation der Arbeitsfähigkeit eine
Aussage über deren Ausmass getroffen werden. Diese Reevaluation habe bisher
nicht stattgefunden, weshalb die Expertise des Universitätsspitals C.________
unvollständig sei. Es sei ihm trotz erheblichen Bemühungen bis heute nicht
gelungen, sein Arbeitspensum auf über 50 % zu steigern. Die Prognose des
Universitätsspitals C.________ sei zu optimistisch gewesen. Ein Arbeitspensum
von 100 % könne ihm nicht zugemutet werden. Deshalb sei die Expertise des
Universitätsspitals C.________ nicht beweiskräftig. Der Untersuchungsgrundsatz
sei somit verletzt worden.  
 
5.2. Im Gebiet der Invalidenversicherung gilt ganz allgemein der Grundsatz,
dass die invalide Person, bevor sie Leistungen verlangt, alles ihr Zumutbare
selber vorzukehren hat, um die Folgen ihrer Invalidität bestmöglich zu mildern
(BGE 113 V 28 E. 4a mit Hinweisen). Dieses Gebot der Selbsteingliederung ist
Ausdruck des in der ganzen Sozialversicherung geltenden Grundsatzes der
Schadenminderungspflicht (vgl. BGE 120 V 368 E. 6b S. 373, 117 V 275 E. 2b S.
278), wobei jedoch vom Versicherten nur Vorkehren verlangt werden können, die
unter Berücksichtigung der gesamten objektiven und subjektiven Gegebenheiten
des Einzelfalles zumutbar sind (BGE 113 V 22 E. 4a S. 28 mit Hinweisen auf
Lehre und Rechtsprechung; ZAK 1989 S. 214 E. 1c). Als Ausdruck der allgemeinen
Schadenminderungspflicht geht die Pflicht, die notwendigen Schritte zur
Selbsteingliederung zu unternehmen, nicht nur dem Renten-, sondern auch dem
gesetzlichen Eingliederungsanspruch vor (Urteil 9C_506/2014 vom 10. November
2014 E. 4.2).  
 
5.3.  
 
5.3.1. Die tatsächliche Umsetzbarkeit des nach medizinisch-theoretischer
Einschätzung beim Beschwerdeführer an sich bestehenden funktionellen
Leistungsvermögens von 100 % bedingt nach zitierter ärztlicher Feststellung
unstreitig bestimmte Therapiemassnahmen (vgl. E. 5.1.1 hiervor). In einem
derartigen Fall ist danach zu fragen, ob die notwendigen Schritte der
versicherten Person allein überantwortet werden können. Wenn die versicherte
Person das prinzipiell vorhandene erwerbliche Potential jedoch aus Gründen, die
mit dem Gesundheitsschaden zusammenhängen, auch bei zumutbarer
Willensanstrengung nicht in eigener Verantwortung realisieren kann, muss
geprüft werden, ob es zur Aktivierung der grundsätzlich gegebenen
Arbeitsfähigkeit noch der Durchführung von - der Invalidenversicherung
obliegenden - Eingliederungsmassnahmen bedarf. Dabei sollen, etwa im Rahmen
eines Arbeitstrainings, den Folgen des Gesundheitsschadens zugehörige, nicht
aus eigenem Antrieb überwindbare Defizite in erwerbsrelevanten Fertigkeiten
ausgeglichen oder etwa das krankheitsbedingt verlorene Vertrauen in die
physische Belastbarkeit (im Umfang der objektiven Leistungsfähigkeit) wieder
aufgebaut werden (Urteil 9C_432/2015 vom 23. September 2015 E. 5.2 mit
Hinweisen).  
 
5.3.2. Auf medizinische Massnahmen seitens der Invalidenversicherung hat der
Beschwerdeführer aufgrund seines Alters keinen Anspruch (vgl. Art. 12 Abs. 1
IVG in der seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung; Urteil 8C_606/2011 vom 13.
Januar 2012 E. 2 f.). Vielmehr hat er die im Gutachten des Universitätsspitals
C.________ vom 9. Februar 2015 vorgeschlagenen medizinisch-therapeutischen
Massnahmen im Rahmen der Pflicht zur Selbsteingliederung zulasten der sozialen
Krankenpflegeversicherung in Anspruch zu nehmen (ULRICH MEYER/MARCO REICHMUTH,
Rechtsprechung des Bundesgerichts zum IVG, 3. Aufl. 2014, S. 291 Rz. 5).  
 
Indessen hatte die IV-Stelle weder das Resultat dieser Massnahmen abzuwarten
noch den Beschwerdeführer zur Absolvierung derselben im Sinne von Art. 21 Abs.
4 ATSG aufzufordern (hierzu vgl. nicht publ. E. 5a des Urteils BGE 122 V 218
[AHI 1997 S. 36]; Urteil 8C_657/2010 vom 19. November 2010 E. 4). Denn die
Vorinstanz hat richtig erkannt, dass die vom Universitätsspital C.________
empfohlenen Massnahmen der Steigerung der Leistungsfähigkeit und der Kräftigung
der Rückenmuskulatur dienen (E. 5.1.1 hiervor). Sie sind nicht spezifisch und
unmittelbar auf die Eingliederung ins Erwerbsleben gerichtet, sondern
entsprechen einer Behandlung des Leidens an sich. Massnahmen dieser Art sind
IV-rechtlich irrelevant, obgleich die Behandlung des Leidens an sich gewöhnlich
auch einen günstigen Effekt auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit hat (vgl.
Urteil 9C_432/2015 E. 5.2.1 f.). 
 
Nach dem Gesagten durfte die Vorinstanz von der Fiktion einer zumutbaren
Verwertung der - vorerst noch - rein medizinisch-theoretischen 100%igen
Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit ausgehen (vgl. E. 3
hiervor). 
 
6.   
Da von weiteren medizinischen Abklärungen keine entscheidrelevanten Ergebnisse
zu erwarten sind, durfte darauf verzichtet werden. Dies verstösst weder gegen
den Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG) noch gegen den Grundsatz der
Waffengleichheit (Art. 6 EMRK) noch gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör
bzw. Beweisabnahme (Art. 29 Abs. 2 BV) oder das Gebot eines fairen Verfahrens
nach Art. 9 BV bzw. Art. 6 Ziff. 1 EMRK (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 136
I 229 E. 5.3 S. 236; nicht publ. E. 6 des Urteils BGE 141 V 585, in SVR 2016 IV
Nr. 33 S. 102 E. 6; Urteil 8C_210/2017 vom 22. August 2017 E. 9). Von
willkürlicher Beweiswürdigung der Vorinstanz kann keine Rede sein. 
 
7.   
Soweit der Versicherte die Prüfung beruflicher Massnahmen verlangt, ist dies
nicht stichhaltig. Denn es ist ihm möglich, das ihm verbliebene
Leistungsvermögen (vgl. E. 3 hiervor) auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt zu
verwerten, zumal dieser auch sogenannte Nischenarbeitsplätze umfasst, bei
welchen Behinderte mit einem sozialen Entgegenkommen von Seiten des
Arbeitgebers rechnen können (vgl. Urteil 8C_345/2107 vom 1. September 2016 E.
5). 
 
8.   
Die weiteren ausnahmsweisen Voraussetzungen, die eine Selbsteingliederung nicht
zuliessen (Vollendung des 55. Altersjahres oder Rentenbezugsdauer von
mindestens 15 Jahren; vgl. Urteile 8C_289/2016 vom 20. Juni 2016 E. 4.2 und
9C_919/2014 vom 29. April 2015 E. 3.6), sind vorliegend nicht gegeben, wie die
Vorinstanz richtig erkannt hat. 
 
9.   
Gegen den vorinstanzlichen Einkommensvergleich, der keinen rentenbegründenden
Invaliditätsgrad von 40 % ergab, bringt der Versicherte keine Einwände vor,
weshalb sich hierzu Weiterungen erübrigen. 
 
10.   
Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG
). Die unentgeltliche Rechtspflege kann ihm gewährt werden (Art. 64 BGG). Er
hat der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn er später dazu in der Lage
ist (Art. 64 Abs. 4 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und
Rechtsanwältin MLaw Stephanie C. Elms wird als unentgeltliche Anwältin
bestellt. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes
vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen. 
 
 
4.   
Der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers wird aus der Bundesgerichtskasse
eine Entschädigung von Fr. 2800.- ausgerichtet. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 19. September 2017 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar 

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