Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.384/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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8C_384/2017            

 
 
 
Urteil vom 8. November 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Wirthlin, 
Gerichtsschreiber Jancar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt David Husmann, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich 
vom 14. März 2017 (UV.2016.00010). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1950 geborene A.________ war seit Februar 1974 Projektleiter bei der
B.________ AG und damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt
(Suva) obligatorisch unfallversichert. Am 26. Februar 2014 prallte er mit
seinem Kopf gegen den oberen Türbalken seines Autos. Prof. Dr. med. C.________,
FMH Neurologie, Dr. med. D.________ und med. pract. E.________, Zentrum
F.________, stellten im Bericht vom 14. März 2014 unter anderem folgende
Diagnosen: Schädelkontusion (axiales Stauchungstrauma) am 26. Februar 2014 mit/
bei Dissektion der hypoplastischen A. vertebralis im V3 Segment (Atlasschleife)
rechts mit Nackenschmerzen und Stenose; ischämisch-lakunärem Schlaganfall im
tiefen Stromgebiet der linken A. cerebri media mit Ataxie und Verlangsamung der
Extremitäten rechts sowie Merkfähigkeits- und Konzentrationsstörungen. Die Suva
kam für die Heilbehandlung und das Taggeld auf. Sie holte diverse Arztberichte
ein. Mit Verfügung vom 25. Juni 2014 übernahm sie die Haftung für den
Kopfaufprall des Versicherten vom 26. Februar 2014 und für die Erstbehandlung
sowie die physikalischen Therapien aufgrund der Schädelkontusion. Sie verneinte
aber eine Leistungspflicht für die ab 4. März 2014 aufgetretenen neurologischen
und neuropsychologischen Probleme aufgrund der Ischämie, da diese nicht
unfallkausal sei. Auf Einsprache des Versicherten hin zog die Suva eine
Stellungnahme ihres Dr. med. G.________, Facharzt für Neurologie FMH, Abteilung
Versicherungsmedizin, vom 20. November 2015 bei. Mit Entscheid gleichen Datums
wies sie die Einsprache ab. 
 
B.   
Hiergegen erhob der Versicherte beim Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich Beschwerde. Er reichte ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten des
Prof. Dr. med. H.________, Facharzt für Neurologie FMH, vom 13. Juli 2016 ein.
Mit Entscheid vom 14. März 2017 wies das kantonale Gericht die Beschwerde ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt der
Versicherte, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei die Suva zu
verpflichten, ihm die gesetzlichen Leistungen gemäss UVG auszurichten, nämlich
Taggelder, Heilungskosten, eine Invalidenrente und eine
Integritätsentschädigung; eventuell sei zur Unfallkausalität ein
neurologisch-neurochirurgisches Gutachten einzuholen. 
Die Suva schliesst auf Beschwerdeabweisung und reicht Berichte des Prof. Dr.
med. I.________, Facharzt für Radiologie FMH, speziell Neuroradiologie, vom 8.
August 2017 und des PD Dr. med. K.________, Facharzt für Neurologie FMH, Suva
Versicherungsmedizin, vom 11. August 2017 ein. Am 25. September 2017 hält der
Versicherte an der Beschwerde fest. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf
Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt
werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem
Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1
S. 389). 
 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und
Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
2.   
Das kantonale Gericht hat richtig erkannt, dass die auf den 1. Januar 2017 in
Kraft getretenen revidierten Bestimmungen des UVG hier nicht anwendbar sind
(vgl. Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 25. September 2015; AS 2016 4375).
Im Weiteren hat es die rechtlichen Grundlagen und die Rechtsprechung betreffend
den für die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers (Art. 6 UVG
) erforderlichen natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem
Gesundheitsschaden (BGE 134 V 109 E. 2.1 S. 111 f., 129 V 177 E. 3.1 f. S. 181;
zum Genügen einer Teilursächlichkeit siehe BGE 134 V 109 E. 9.5 S. 125), den
massgebenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 138 V 218 E.
6 S. 221) sowie den Beweiswert ärztlicher Berichte (BGE 134 V 231 E. 5.1 S.
232, 125 V 351 E. 3a S. 352 f.) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
Zu ergänzen ist immerhin, dass es nach der Rechtsprechung zulässig ist, bei der
Beurteilung sozialversicherungsrechtlicher Leistungsansprüche im Wesentlichen
oder einzig auf versicherungsinterne medizinische Unterlagen abzustellen. In
solchen Fällen sind an die Beweiswürdigung jedoch strenge Anforderungen zu
stellen, indem bereits bei geringen Zweifeln an der Zuverlässigkeit und
Schlüssigkeit der ärztlichen Feststellungen ergänzende Abklärungen vorzunehmen
sind (BGE 139 V 225 E. 5.2 S. 229; 122 V 157 E. 1d S. 162). 
 
3.   
Strittig und zu prüfen ist, ob die Ischämie des Beschwerdeführers und deren
Folgen mit dem Unfall vom 26. Februar 2014 in einem kausalen Zusammenhang
stehen. 
Das kantonale Gericht hat im Wesentlichen erwogen, die Stellungnahme des
Suva-Versicherungsmediziners Dr. med. G.________ vom 20. November 2015 erfülle
die Anforderungen an eine medizinische Beurteilungsgrundlage. Er habe
nachvollziehbar dargelegt, dass die etwa 10 Tage nach dem Kopfanprall
aufgetretene Durchblutungsstörung des Gehirns nicht die Folge der Dissektion
der A. vertebralis rechts sei. Die Symptome, die der Beschwerdeführer
beschrieben habe, seien eindeutig von Anfang an nicht auf eine vertebrale
Flusssituation zu beziehen, sondern es handle sich um eine Durchblutungsstörung
von kleinen Gefässästen der A. carotis interna im tiefen Marklager links.
Ursächlich dürfte die davor geschaltete hochgradige Carotis-interna-Stenose
sein. Meist handle es sich um kleinste arterio-arterielle Embolien aus dem
vorgeschädigten Gefäss. Laut Dr. med. G.________ werde diese Auffassung durch
Prof. Dr. med. C.________, Dr. med. D.________ und med. pract. E.________
geteilt, die im Bericht vom 14. März 2014jedenfalls nicht die These einer
Unfallkausalität aufgrund der Vertebraldissektion favorisiert hätten. Dr. med.
G.________ habe zudem aufgezeigt, dass unklar bleibe, weshalb Dr. med.
L.________, Kardiologie FMH und Innere Medizin FMH, im Bericht vom 21. März
2014 die These einer Unfallkausalität favorisiert habe. Schliesslich habe Dr.
med. G.________ einlässlich und sorgfältig begründet, dass es beim Unfall vom
26. Februar 2014 überwiegend wahrscheinlich zu einer Dissektion der hochgradig
hypoplastischen A. vertebralis rechts gekommen, die jedoch symptomlos geblieben
sei. Die später manifestierte kleine lakunäre Ischämie im tiefen Marklager
links sei laut Dr. med. G.________ aus unfallfremden inneren Ursachen
vermutlich bei einem arteriosklerotischen arterio-arteriellen Embolieschauer
aufgetreten. Diese Einschätzung werde durch den Bericht des Kreisarztes Dr.
med. M.________, Facharzt für Chirurgie FMH, vom 5. Juni 2014 gestützt. Dieser
habe ausgeführt, dass eine Teilkausalität der Dissektion der bereits
anlagebedingt hypoplastischen A. vertebralis rechts nicht ausgeschlossen werden
könne. Dass der cerebrale Insult auf eine Dissektion der rechten A. vertebralis
zurückzuführen sei, sei jedoch nicht überwiegend wahrscheinlich. Aus den
Ausführungen des Prof. D. med. C.________, des Dr. med. D.________ und des med.
pract. E.________ vom 14. März 2014, wonach eine Teilunfallkausalität nicht
auszuschliessen sei, könne der Versicherte nichts zu seinen Gunsten ableiten.
Wenn Prof. Dr. med. H.________ im Gutachten vom 13. Juli 2016 die
Unfallkausalität aus dem Umstand, dass der Unfallmechanismus überwiegend
wahrscheinlich geeignet sei, eine Vertebraldissektion zu verursachen, und aus
dem Fehlen anderer möglicher externer Ursachen ableite, könne dem nicht gefolgt
werden. Ebenso wenig vermöge sein Motto "was häufig ist, ist häufig und was
selten ist, ist selten" zu überzeugen. Gleiches gelte für die Auffassung des
Prof. Dr. med. H.________, hier sei aufgrund der Aktenlage doch auf eine "Post
hoc ergo propter-hoc-Beurteilung" zurückzugreifen. Zusammenfassend sei die
Ischämie des Beschwerdeführers nicht überwiegend wahrscheinlich kausal auf den
Unfall vom 26. Februar 2014 zurückzuführen. 
 
4.   
Bei den von der Suva aufgelegten Berichten des Prof. Dr. med. I.________ vom 8.
August 2017 und des PD Dr. med. K.________ vom 11. August 2017 handelt es sich,
da erst nach dem angefochtenen Gerichtsentscheid vom 14. März 2017 entstanden,
um unzulässige echte Noven (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S.
123; Urteil 8C_376/2017 vom 16. August 2017 E. 4.3). 
 
5.   
In materieller Hinsicht wiederholt der Beschwerdeführer auf den Seiten 7 f.,
Ziff. 21 bis Ziff. 24 der letztinstanzlichen Beschwerde wortwörtlich die in der
kantonalen Beschwerde auf den Seiten 5 f., Ziff. 12 bis Ziff. 16 vorgebrachten
Argumente. Gleiches tut er auf den Seiten 10 bis 16, Ziff. 30 bis Ziff. 33 der
letztinstanzlichen Beschwerde mit den in seiner vorinstanzlichen Eingabe vom
16. September 2016 ab Seite 1, Ziff. 2 bis Seite 6, Ziff. 4 erhobenen
Einwänden. Hierauf ist von vornherein nicht weiter einzugehen (Art. 42 Abs. 1
f. BGG; BGE 134 II 244 E. 2.1 und E. 2.3 S. 245 ff.; Urteil 8C_210/2017 vom 22.
August 2017 E. 5). 
Soweit der Beschwerdeführer auf seine Darstellung im kantonalen
Beschwerdeverfahren verweist, ist dies unzulässig (BGE 134 II 244; SVR 2016 UV
Nr. 42 S. 140, 8C_405/2016 E. 3.2). 
 
6.   
Mit seinen übrigen Vorbringen legt der Beschwerdeführer nicht hinreichend dar,
inwiefern das kantonale Gericht bei der aufgrund einlässlicher Würdigung der
medizinischen Akten erfolgten Verneinung der Unfallkausalität der Ischämie
(vgl. E. 3 hievor) den Sachverhalt unrichtig festgestellt oder in Zusammenhang
mit der Beweiswürdigung und der Beurteilung des Beweiswerts der Stellungnahme
des Dr. med. G.________ Bundesrecht verletzt hätte. Seine Argumentation
erschöpft sich vielmehr in der Darlegung seiner eigenen Sicht, womit es nicht
sein Bewenden haben kann. 
Festzuhalten ist einzig Folgendes: Der Beschwerdeführer macht geltend, es habe
nichts mit einem "Post-hoc-ergo-propter-hoc-Schluss" zu tun, wenn bei der
Kausalitätsprüfung als zeitliche Komponente auch die Tatsache zu
berücksichtigen sei, dass die Ischämie bloss 10 Tage nach der Dissektion der A.
vertebralis aufgetreten sei. Dieses Vorbringen verfängt nicht. Denn letztlich
lief die Argumentation des Prof. Dr. med. H.________ im Parteigutachten vom 13.
Juli 2016 eben doch auf eine für sich allein den Kausalitätsnachweis nicht
erbringende unzulässige "Post-hoc-ergo-propter-hoc-Beurteilung" hinaus (vgl.
BGE 119 V 335 E. 2b/bb S. 341 f.; SVR 2016 UV Nr. 18 S. 55, 8C_331/2015 E.
2.2.3.1), wenn er ausführte, in casu müsse man doch auf eine solche
zurückkommen. 
 
7.   
Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG
). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 8. November 2017 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar 

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