Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.381/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
8C_381/2017        

Urteil vom 7. August 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Berger Götz.

Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Massimo Aliotta,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Wiedererwägung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 23. März 2017.

Sachverhalt:

A. 
Der 1964 geborene A.________ bezog gestützt auf die Verfügung der IV-Stelle des
Kantons Zürich vom 10. April 1997 (bestätigt mit Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 18. August 1999) ab 1.
September 1993 eine halbe Härtefallrente der Invalidenversicherung. Mit
Verwaltungsakt vom 23. Mai 2000 sprach die IV-Stelle ihm anstelle der
bisherigen Härtefallrente, basierend auf einem Invaliditätsgrad von 45 %, ab 1.
Mai 1998 eine ordentliche halbe Rente, entsprechend einem Invaliditätsgrad von
53 %, zu, welche sie in der Mitteilung vom 15. Mai 2003 bei einem
Invaliditätsgrad von nunmehr 64 % bestätigte. Verfügungsweise gewährte sie am
16. Februar 2004 aufgrund der 4. IV-Revision bei einem Invaliditätsgrad von 63
% ab 1. Januar 2004 eine Dreiviertelsrente. In der Folge setzte sie diese unter
Hinweis auf einen 50%igen Invaliditätsgrad ab 1. August 2009 auf eine halbe
Rente herab (Verfügung vom 19. Juni 2009, bestätigt mit unangefochten in
Rechtskraft erwachsenem Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 3. Dezember 2010). Im Rahmen eines von Amtes wegen eingeleiteten
Revisionsverfahrens holte die IV-Stelle unter anderem die Gutachten der Dr.
med. B.________, Fachärztin für Innere Medizin FMH, speziell
Rheumaerkrankungen, vom 9. Juni 2011 und des Dr. med. C.________, Spezialarzt
für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 5. Juli 2011 (mit bidisziplinärer
Zusammenfassung vom 8. Juli 2011) ein. Bei einem ermittelten 44%igen
Invaliditätsgrad zahlte sie fortan ab 1. Mai 2012 eine Viertelsrente aus
(Verfügung vom 2. März 2012). Aufgrund der am 12. März 2010 rechtskräftig
gewordenen Ehescheidung nahm sie ausserdem mit zwei Verfügungen vom 14. März
2012 eine Neuberechnung der halben Invalidenrente für den Zeitraum vom 1. April
2010 bis 30. April 2012 vor. Nachdem das kantonale Gericht A.________ im Rahmen
der gegen die Verfügungen vom 2. und 14. März 2012 angehobenen
Beschwerdeverfahren mit Beschluss vom 15. Oktober 2013 eine reformatio in peius
angedroht hatte, zog er seine Rechtsmittel wieder zurück, womit die Verfügungen
vom 2. und 14. März 2012 rechtskräftig wurden.
Am 27. Dezember 2013 ersuchte A.________ um berufliche Massnahmen. Die
IV-Stelle veranlasste daraufhin medizinische und beruflich-erwerbliche
Abklärungen und holte namentlich das Gutachten der Medizinischen
Abklärungsstelle Bern (nachfolgend: MEDAS) vom 15. Dezember 2014 ein. Nach
Durchführung des Vorbescheidverfahrens hob sie die Verfügung vom 2. März 2012,
mit welcher die bisherige halbe auf eine Viertelsrente herabgesetzt worden war,
mit Verwaltungsakt vom 3. Dezember 2015 wiedererwägungsweise auf und stellte
die Rente ein.

B. 
In Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerde hob das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Verfügung vom 3. Dezember
2015 auf und stellte fest, A.________ habe weiterhin Anspruch auf eine
Viertelsrente (Entscheid vom 23. März 2017).

C. 
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit
dem Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei
festzustellen, dass kein Rentenanspruch bestehe. Ferner beantragt sie, der
Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
A.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde und Ablehnung des Gesuchs um
aufschiebende Wirkung. Ferner beantragt er die Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege. Das kantonale Gericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen
verzichten auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Nach Art. 53 Abs. 2 ATSG in Verbindung mit Art. 2 ATSG und Art. 1 Abs. 1 IVG
kann der Versicherungsträger auf formell rechtskräftige Verfügungen oder
Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig sind und
wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist. Die erstgenannte
Voraussetzung meint, dass kein vernünftiger Zweifel an der (von Beginn weg
bestehenden) Unrichtigkeit der Verfügung möglich, also einzig dieser Schluss
denkbar ist. Das Erfordernis der zweifellosen Unrichtigkeit ist in der Regel
erfüllt, wenn eine Leistungszusprechung aufgrund falsch oder unzutreffend
verstandener Rechtsregeln erfolgt war oder wenn massgebliche Bestimmungen nicht
oder unrichtig angewandt wurden (BGE 140 V 77 E. 3.1 S. 79). Anders verhält es
sich, wenn der Wiedererwägungsgrund im Bereich materieller
Anspruchsvoraussetzungen liegt, deren Beurteilung notwendigerweise
Ermessenszüge aufweist. Erscheint die Beurteilung einzelner Schritte bei der
Feststellung solcher Anspruchsvoraussetzungen (Invaliditätsbemessung,
Arbeitsunfähigkeitsschätzung, Beweiswürdigung, Zumutbarkeitsfragen) vor dem
Hintergrund der Sach- und Rechtslage, wie sie sich im Zeitpunkt der
rechtskräftigen Leistungszusprechung darbot, als vertretbar, scheidet die
Annahme zweifelloser Unrichtigkeit aus. Zweifellos ist die Unrichtigkeit, wenn
kein vernünftiger Zweifel daran möglich ist, dass die Verfügung unrichtig war.
Es ist nur ein einziger Schluss - derjenige auf die Unrichtigkeit der Verfügung
- denkbar (BGE 138 V 324 E. 3.3 S. 328; Urteil 9C_125/2013 vom 12. Februar 2014
E. 4.1 mit Hinweisen, nicht publ. in: BGE 140 V 15, aber in: SVR 2014 IV Nr. 10
S. 39).

3.

3.1. Die Vorinstanz führte aus, sie sei zwar im Rahmen des Beschwerdeverfahrens
gegen die Verfügung vom 2. März 2012 unpräjudiziell zum Schluss gelangt, dass
sich der von der Verwaltung gewährte 20%ige Leidensabzug vom Invalideneinkommen
mit Blick auf die geringe Einschränkung des Tätigkeitsprofils und die
vollschichtige Arbeitsfähigkeit mit einer zu 20 % (bzw. 30 %) reduzierten
Leistungsfähigkeit nicht rechtfertige. Es stehe aber fest, dass der Versicherte
in seiner ursprünglich ausgeübten Tätigkeit als Hilfsschlosser körperliche
Schwerarbeit verrichtet habe, weshalb die Gewährung eines Leidensabzugs an sich
im Rahmen einer Ermessensausübung durchaus vertretbar erscheine. Dies gelte
umso mehr, als mit dem Leidensabzug ursprünglich beabsichtigt gewesen sei, der
versicherten Person, welche ehemals Schwerarbeit verrichtet habe, bei der
Invaliditätsbemessung entgegenzukommen. Wenn auch anhand der aktuellen
Einschätzung ein tieferer Leidensabzug wohl richtiger gewesen wäre, sei damit
aber die Schwelle zur zweifellosen Unrichtigkeit noch nicht überschritten.
Folglich komme eine Wiedererwägung wegen zweifelloser Unrichtigkeit nicht in
Betracht und die Renteneinstellung sei zu Unrecht erfolgt.

3.2. Die IV-Stelle wendet ein, dass die vorinstanzliche Argumentation, wonach
der Versicherte ursprünglich Schwerarbeit verrichtet habe und daher ein
Leidensabzug durchaus vertretbar erscheine, nicht nachvollziehbar sei. Die
frühere Schwerarbeit sei zudem bereits dadurch berücksichtigt, dass das damals
erzielte Einkommen nun mit einem durchschnittlichen Einkommen eines
Hilfsarbeiters verglichen werde. Denn wenn leichte bis mittelschwere Arbeiten
zumutbar seien, so sei allein deswegen auch bei eingeschränkter
Leistungsfähigkeit noch kein Abzug gerechtfertigt, weil der Tabellenlohn im
Anforderungsniveau 4 bereits eine Vielzahl von leichten bis mittelschweren
Tätigkeiten umfasse. Es erstaune, dass das kantonale Gericht dies in seinem
Beschluss vom 15. Oktober 2013 so klar festgehalten habe und nunmehr im
angefochtenen Entscheid zu einem anderen Ergebnis gelange.

3.3. Der Versicherte lässt geltend machen, die Androhung einer reformatio in
peius im Beschwerdeverfahren gegen die Verfügung vom 2. März 2012 mit Beschluss
vom 15. Oktober 2013 beruhe lediglich auf einer erstmaligen summarischen und
provisorischen Überprüfung des massgebenden Sachverhalts. Darum könne die
IV-Stelle für den vorliegenden Fall nichts daraus ableiten. Die damalige
Ermessensbetätigung sei nicht zweifellos unrichtig gewesen, weshalb eine
Wiedererwägung nicht in Betracht komme.

4.

4.1.

4.1.1. Wird das Invalideneinkommen auf der Grundlage der Lohnstrukturerhebung
des Bundesamtes für Statistik (LSE) ermittelt, ist der entsprechende
Ausgangswert allenfalls zu kürzen. Ohne für jedes zur Anwendung gelangende
Merkmal separat quantifizierte Abzüge vorzunehmen, ist der Einfluss aller
Merkmale auf das Invalideneinkommen (leidensbedingte Einschränkung, Alter,
Dienstjahre, Nationalität/Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad) unter
Würdigung der Umstände im Einzelfall nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft
zu schätzen. Der Abzug darf 25 % nicht übersteigen (BGE 135 V 297 E. 5.2 S. 301
mit Hinweisen). Ob und in welcher Höhe statistische Tabellenlöhne herabzusetzen
sind, hängt von sämtlichen persönlichen und beruflichen Umständen des
Einzelfalles ab, die nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu schätzen sind.
Ob ein (behinderungsbedingt oder anderweitig begründeter) Abzug vom
hypothetischen Invalideneinkommen vorzunehmen sei, ist eine Rechtsfrage.
Demgegenüber stellt die Höhe des Abzuges eine typische Ermessensfrage dar.
Diesbezüglich scheidet die Annahme einer zweifellosen Unrichtigkeit aus, soweit
der Abzug vor dem Hintergrund der Sach- und Rechtslage einschliesslich der
Rechtspraxis im Zeitpunkt der rechtskräftigen Leistungszusprechung in
vertretbarer Weise beurteilt worden ist (vgl. E. 2 hiervor).

4.1.2. Um wiedererwägungsweise auf eine verfügte Leistung zurückkommen zu
können, genügt es nicht, wenn ein einzelnes Anspruchselement rechtswidrig
festgelegt wurde. Vielmehr hat sich die Leistungszusprache auch im Ergebnis als
offensichtlich unrichtig zu erweisen. So muss etwa, damit eine zugesprochene
Rente wegen einer unkorrekten Invaliditätsbemessung wiedererwägungsweise
aufgehoben werden kann - nach damaliger Sach- und Rechtslage - erstellt sein,
dass eine korrekte Invaliditätsbemessung hinsichtlich des Leistungsanspruchs zu
einem andern Ergebnis geführt hätte (BGE 140 V 77 E. 3.1 S. 79).

4.2.

4.2.1. Im Rahmen der Rentenüberprüfung vor Erlass der Herabsetzungsverfügung
vom 2. März 2012 holte die IV-Stelle die Gutachten der Dr. med. B.________ vom
9. Juni 2011 und des Dr. med. C.________ vom 5. Juli 2011 ein. Gestützt darauf
ging sie von einer 20%igen Einschränkung der Leistungsfähigkeit in einer
vollschichtigen Verweistätigkeit aus. Aus den Expertisen bzw. der
bidisziplinären Zusammenfassung vom 8. Juli 2011 ergibt sich, dass der
Versicherte aus internistisch-rheumatologischer Sicht in einer
wechselbelastenden, rückenschonenden Tätigkeit mit Hantieren von Gewichten bis
zu 10 kg zu 100 % einsetzbar war und aus psychiatrischer Sicht - bei Vorliegen
einer leichten depressiven Episode und einer anhaltenden somatoformen
Schmerzstörung - eine 20%ige Leistungseinbusse in einer vollschichtigen
Tätigkeit bestand. Der RAD empfahl der IV-Stelle am 15. Juli 2011, auf diese
gutachtlichen Einschätzungen vollumfänglich abzustellen.

4.2.2. Die Rechtsprechung gewährt insbesondere dann einen Abzug auf dem
Invalideneinkommen, wenn eine versicherte Person selbst im Rahmen körperlich
leichter Hilfsarbeitertätigkeit in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist (
BGE 126 V 75 E. 5a/bb S. 78). Sind hingegen leichte bis mittelschwere Arbeiten
zumutbar, ist allein deswegen auch bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit noch
kein Abzug gerechtfertigt, weil der Tabellenlohn im Anforderungsniveau 4 (bzw.
ab LSE 2012: Kompetenzniveau 1) bereits eine Vielzahl von leichten und
mittelschweren Tätigkeiten umfasst (Urteile 8C_253/2017 vom 29. Juni 2017 E.
4.3.2; 8C_805/2016 vom 22. März 2017 E. 3.4.2). Mit Blick auf die Anforderungen
an eine Verweistätigkeit im vorliegenden Fall (vgl. E. 4.2.1 hiervor) kam damit
ein zusätzlicher Abzug infolge einer leidensbedingten Einschränkung
offensichtlich nicht in Frage. Ebenso wenig gaben das Alter, die Dienstjahre
und die Nationalität/Aufenthaltskategorie Anlass dazu. Da dem Versicherten ein
volles Pensum (mit einer qualitativen Einschränkung von 20 %) zumutbar war,
stellte auch der Beschäftigungsgrad keinen Grund für einen zusätzlichen Abzug
dar.
Ob ein Leidensabzug vorzunehmen oder von einem solchen abzusehen sei, ist eine
Rechts- und keine Ermessensfrage (vgl. E. 4.1.1 hiervor). Diese Rechtsfrage ist
im vorliegenden Fall klar zu verneinen. Die Argumentation von Vorinstanz und
Versichertem, wonach die damalige Ermessensausübung der IV-Stelle in der
Verfügung vom 2. März 2012 vertretbar erscheine, ist nicht stichhaltig. Im
angefochtenen Entscheid wird im Übrigen eingeräumt, dass sich im Grunde kein
Abzug rechtfertigen lasse.

4.2.3. Da somit die Kriterien für einen zusätzlichen Abzug vom
Invalideneinkommen klarerweise fehlten, kann nicht beanstandet werden, dass die
IV-Stelle am 3. Dezember 2015 wegen zweifelloser Unrichtigkeit auf die
Verfügung vom 2. März 2012 zurückgekommen ist. Daran vermag nichts zu ändern,
dass der Versicherte in einer früheren Anstellung körperliche Schwerarbeit
verrichten musste. Die Vorinstanz verkennt diesbezüglich, dass ein Leidensabzug
sich nicht mit dem theoretischen Hinweis rechtfertigen lässt, damit sei
ursprünglich beabsichtigt worden, der versicherten Person entgegenzukommen,
welche angestammt Schwerarbeit habe verrichten müssen (BGE 126 V 75 E. 5a/aa S.
78). Denn Tatsache bleibt, dass die Kriterien für einen Leidensabzug im
konkreten Fall nicht erfüllt waren. Da schliesslich an der Erheblichkeit der
wiedererwägungsweisen Berichtigung nicht zu zweifeln ist, ist die Verfügung vom
3. Dezember 2015 rechtens und der kantonale Gerichtsentscheid muss aufgehoben
werden.

5. 
Mit dem Urteil in der Sache wird das Gesuch der IV-Stelle um Gewährung der
aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegenstandslos.

6. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Der unterliegende Beschwerdegegner hat die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege kann entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 und 2
BGG), weshalb die Gerichtskosten vorläufig auf die Gerichtskasse genommen
werden und seinem Anwalt eine Entschädigung aus der Gerichtskasse bezahlt wird.
Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach
die begünstigte Partei der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird,
wenn sie später dazu in der Lage ist (Urteil 8C_210/2016 vom 24. August 2016 E.
9).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Zürich vom 23. März 2017 wird aufgehoben und die Verfügung der
IV-Stelle des Kantons Zürich vom 3. Dezember 2015 bestätigt.

2. 
Dem Beschwerdegegner wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und
Rechtsanwalt Massimo Aliotta wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt, indes
vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.

4. 
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdegegners wird aus der Bundesgerichtskasse eine
Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet.

5. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des vorangegangenen Verfahrens an
das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen.

6. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 7. August 2017
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz

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