Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.378/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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8C_378/2017            

 
 
 
Urteil vom 29. November 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin, 
Gerichtsschreiberin Betschart. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dieter Studer, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich 
vom 29. März 2017 (UV.2015.00198). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, geb. 1961, arbeitete ab 1997 als Hauswartin an einer Schule.
Zunächst betrug ihr Pensum 50 %, ab 1. Oktober 2010 noch 25 %. In dieser
Eigenschaft war sie bei der AXA Versicherungen AG (AXA) unfallversichert. Per
1. Oktober 2010 meldete sie sich bei der Arbeitslosenversicherung zur
Vermittlung einer 50 %-Stelle an und war im Rahmen der teilweisen
Arbeitslosigkeit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva)
gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Am 5. Juni 2011
stürzte A.________ beim Anlegen eines Bootes ins Wasser. Weil sie sich mit der
linken Hand an einem Seil festhielt, wurde ihr Arm nach oben gerissen und es
trat ein stechender Schmerz in der linken Schulter auf. Dabei zog sie sich eine
undislozierte Fraktur des Tuberculum majus sowie eine Zerrung der
postero-superioren Rotatorenmanschette und eine inferiore Kapselläsion mit
reaktiver Capsulitis zu. Die Suva erbrachte die gesetzlichen Leistungen in Form
von Heilbehandlung und Taggeld. Auf den 1. Mai 2014 schloss sie den Fall ab und
stellte die Leistungen ein. Zudem verneinte sie mit Verfügung vom 14. April
2014 einen Rentenanspruch, bei einem Invaliditätsgrad von gerundet 6 %, sowie
einen Anspruch auf Integritätsentschädigung, was sie im Einspracheentscheid vom
28. August 2015 bestätigte. 
 
B.   
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die dagegen erhobene
Beschwerde mit Urteil vom 29. März 2017 teilweise gut und änderte den
Einspracheentscheid dahingehend ab, dass es A.________ ab 1. Mai 2014 Anspruch
auf eine Rente aufgrund eines Invaliditätsgrads von 15 % zusprach. Mit Bezug
auf die Integritätsentschädigung hob es den Einspracheentscheid auf und wies
die Sache zu ergänzender Abklärung und neuer Verfügung im Sinn der Erwägungen
an die Suva zurück. 
 
C.   
Die Suva führt dagegen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt, in teilweiser Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei der
Einspracheentscheid vom 28. August 2015 betreffend die Ablehnung des Anspruchs
auf eine Invalidenrente zu bestätigen. 
A.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde; eventualiter sei die Sache
zur weiteren Abklärung und neuem Entscheid an die Vorinstanz oder die Suva
zurückzuweisen. Das Bundesamt für Gesundheit und das Sozialversicherungsgericht
verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Immerhin prüft es,
unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht im
Beschwerdeverfahren (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend
gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236; 138 I 274 E. 1.6 S. 280). Es
ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich
stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). 
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
2.   
Das kantonale Gericht hat die für die Leistungspflicht des Unfallversicherers
massgeblichen Bestimmungen und Grundsätze zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen. 
 
3.  
 
3.1. Streitig ist, ob die Vorinstanz den Anspruch der Versicherten auf eine
Invalidenrente der Unfallversicherung zu Recht bejahte. Hingegen akzeptiert die
Beschwerdeführerin, dass sie im angefochtenen Entscheid zu weiteren Abklärungen
und neuer Verfügung betreffend die Integritätsentschädigung verpflichtet wird,
so dass darauf nicht weiter einzugehen ist.  
 
3.2. Nicht mehr umstritten sind die medizinischen Befunde und Diagnosen
(Fraktur im Bereich des Tuberculum majus, Zerrung der postero-superioren
Rotatorenmanschette, persistierende reaktive Capsulitis, Läsion der
Supraspinatussehne), der Umstand, dass die Beschwerdegegnerin an fortdauernden
Bewegungseinschränkungen der linken Schulter leidet, und dass diese kausal auf
den Unfall zurückzuführen sind. Sodann erklärte die Vorinstanz das
Zumutbarkeitsprofil gemäss den Berichten der Klinik B.________ vom 21. Januar
2014 und des Kreisarztes Dr. med. C.________ vom 13. Februar 2014 als
massgeblich. Demnach ist der Versicherten die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als
Hauswartin nicht mehr zuzumuten, weil die funktionelle Leistungsfähigkeit
mehrheitlich unter den Belastungsanforderungen dieser Tätigkeit liegt. Hingegen
sind ihr gemäss den Ärzten der Klinik B.________ leichte bis mittelschwere
Arbeiten ohne Verrichtungen, bei denen der linke Arm dauernd über Brusthöhe
eingesetzt werden müsse, oder die einen wiederholten Krafteinsatz des linken
Arms erfordern, ganztags zumutbar. Auch Dr. med. C.________ attestierte der
Versicherten in Kenntnis dieser Beurteilung eine volle Arbeitsfähigkeit für
leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Rahmen des von ihm formulierten
Zumutbarkeitsprofils. Dabei schloss er Tätigkeiten mit Überkopfarbeiten unter
Last aus und erachtete Überkopfarbeiten ohne Last als nur selten möglich. Eine
Belastung des linken Arms in körperferner Haltung hielt er für nicht möglich
und stellte für die körpernahe Haltung Gewichtslimiten von 10 kg bis Hüfthöhe
und von 3 kg bis Brusthöhe auf. Nicht zumutbar seien das Besteigen von Leitern
und Gerüsten sowie Arbeiten mit dem linken Arm an stossenden, schlagenden und
vibrierenden Maschinen.  
 
3.3. Zu prüfen bleibt der Einkommensvergleich, insbesondere die vorinstanzliche
Festlegung des Invalideneinkommens.  
 
3.3.1. Die Suva ermittelte das Valideneinkommen gestützt auf das vor dem Unfall
zuletzt erzielte Einkommen als Hauswartin eines Schulhauses im 25 %-Pensum
(hochgerechnet auf ein 50 %-Pensum) sowie auf den Lohn, den die Versicherte in
der am 6. Juni 2011 (mithin einen Tag nach dem Unfall) aufgenommenen
Arbeitstätigkeit bei der Polizei in einem 50 %-Pensum hätte erzielen können
(wobei sie diese Tätigkeit wegen der Schulterbeschwerden noch während der
Einarbeitungszeit wieder aufgeben musste). Dies ergab ein Valideneinkommen von
Fr. 64'527.-. Die Vorinstanz ging demgegenüber davon aus, dass für die
Bestimmung des Valideneinkommens auf das vor dem Unfall tatsächlich erzielte
Einkommen der Beschwerdegegnerin im Rahmen ihrer 25%igen Tätigkeit als
Hausabwartin, für die übrigen 50 % (für die die Versicherte eine Anstellung
suchte) dagegen auf die Tabellenlöhne gemäss den vom Bundesamt für Statistik
periodisch herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen (LSE; in casu LSE 2012)
abzustellen sei. Letzteres begründet sie damit, dass die Anstellung bei der
Polizei bis Ende Mai 2012 befristet gewesen sei, weshalb ungewiss sei, ob (und
in welchem Pensum) die Versicherte im Zeitpunkt des mutmasslichen Rentenbeginns
im Juni 2014 noch bei der Polizei gearbeitet hätte. Aufgerechnet auf ein 100
%-Pensum ergebe dies einen Jahreslohn von Fr. 58'374.-, der als hypothetisches
Valideneinkommen einzusetzen sei. Die Beschwerdeführerin ficht diese Berechnung
vorliegend nicht an, so dass sich Weiterungen dazu erübrigen.  
 
3.3.2. Während die Suva das Invalideneinkommen aufgrund von Lohnangaben aus
ihrer Dokumentation von Arbeitsplätzen (DAP) auf Fr. 59'958.- festsetzte
(Mittel der Durchschnittslöhne von fünf zumutbaren DAP-Arbeitsplätzen), führte
die Vorinstanz aus, da schon das (von ihr ermittelte) Valideneinkommen
teilweise auf den LSE-Löhnen basiere, sei aus Gründen der Vergleichbarkeit auch
das Invalideneinkommen anhand der Zahlen der LSE 2012 und nicht anhand der DAP
zu bemessen. Es sei vom selben Jahreslohn (Fr. 52'320.-) auszugehen, und dieser
sei wegen der gesundheitlich bedingten Einschränkungen in der Stellenauswahl um
5 % herabzusetzen. Daraus resultiere ein hypothetisches Invalideneinkommen von
Fr. 49'704.-. Die Gegenüberstellung mit dem Valideneinkommen ergebe einen
Invaliditätsgrad von aufgerundet 15 %. Somit habe die Versicherte ab 1. Mai
2014 Anspruch auf eine Invalidenrente. Die Beschwerdeführerin erachtet diese
Vorgehensweise als unhaltbar. Denn gemäss der konstanten Rechtsprechung des
Bundesgerichts gebühre der Ermittlung des Invalideneinkommens mittels
DAP-Zahlen gegenüber derjenigen anhand der LSE der Vorrang, weil die
DAP-Methode eine konkretere Einkommensbemessung zulasse.  
 
4.  
 
4.1. Ist eine versicherte Person infolge des Unfalls mindestens zu 10 %
invalid, so hat sie gemäss Art. 18 Abs. 1 UVG Anspruch auf eine Invalidenrente.
Zur Bestimmung des Invaliditätsgrads wird gemäss Art. 16 ATSG das
Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der unfallbedingten
Invalidität und nach Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch
eine zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte
(sog. Invalideneinkommen), in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie
erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (sog. Valideneinkommen).
 
 
4.2. Für die Festsetzung des Invalideneinkommens ist nach der Rechtsprechung
primär von der beruflich-erwerblichen Situation auszugehen, in welcher die
versicherte Person konkret steht. Übt sie nach Eintritt der Invalidität eine
Erwerbstätigkeit aus, bei der - kumulativ - besonders stabile
Arbeitsverhältnisse gegeben sind und anzunehmen ist, dass sie die ihr
verbleibende Arbeitsfähigkeit in zumutbarer Weise voll ausschöpft, und
erscheint zudem das Einkommen aus der Arbeitsleistung als angemessen und nicht
als Soziallohn, gilt grundsätzlich der tatsächlich erzielte Verdienst als
Invalidenlohn. Ist kein solches tatsächlich erzieltes Erwerbseinkommen gegeben,
namentlich weil die versicherte Person nach Eintritt des Gesundheitsschadens
keine oder jedenfalls keine ihr an sich zumutbare neue Erwerbstätigkeit
aufgenommen hat, so können nach der Rechtsprechung entweder die
LSE-Tabellenlöhne oder die DAP-Zahlen herangezogen werden (BGE 143 V 295 E. 2.2
S. 269 f.; 129 V 472 E. 4.2.1 S. 475 mit Hinweisen; Urteil 9C_898/2015 vom 13.
Juni 2016 E. 3.2, in: SVR 2016 UV Nr. 38 S. 128).  
 
4.3. Die Ermittlung des Invalideneinkommens anhand der DAP bezweckt, der
Anforderung der Rechtsprechung, möglichst konkrete Verdienstmöglichkeiten
aufzuzeigen, optimal zu entsprechen. So berücksichtigt die DAP - im Gegensatz
zu den LSE - tatsächlich vorhandene, konkrete Arbeitsplätze und ermöglicht eine
differenzierte Zuweisung von zumutbaren Tätigkeiten unter Beachtung der
behinderungsbedingten Einschränkungen, der weiteren persönlichen und
beruflichen Umstände sowie der regionalen Aspekte (vgl. STEFAN DETTWILER, SUVA
"DAP"t nicht im Dunkeln, in SZS 50/2006 S. 6 ff.; BGE 139 V 592 E. 6.1 S. 594;
129 V 472 E. 4.2.1 S. 475 ff.). Dazu werden in der DAP neben allgemeinen
Angaben und Verdienstmöglichkeiten insbesondere auch die physischen
Anforderungen an die Stelleninhaber oder -inhaberinnen festgehalten. Der Raster
der körperlichen Anforderungskriterien basiert auf dem internationalen
medizinischen Standard EFL nach Isernhagen (ergonomische Funktions- und
Leistungsprüfung; BGE 139 V 592 E. 6.1 S. 594; vgl. KASPAR GERBER,
Lohnstatistische Daten in der Invaliditätsbemessungsmethode des
Einkommensvergleichs, in: SZS 2016 S. 245). Sodann sind die auf den
DAP-Blättern ausgewiesenen Löhne nicht statistische Durchschnittswerte, sondern
werden effektiv ausbezahlt (Urteile 8C_72/2008 vom 26. Juni 2008 E. 5.2 mit
Hinweisen; 8C_445/2008 vom 1. Dezember 2008 E. 5.3.1).  
 
4.4. Nach der Rechtsprechung setzt das Abstellen auf DAP-Lohnangaben voraus,
dass sich die Ermittlung des Invalideneinkommens auf mindestens fünf zumutbare
Arbeitsplätze stützt. Zusätzlich sind Angaben zu machen über die Gesamtzahl der
aufgrund der gegebenen Behinderung in Frage kommenden dokumentierten
Arbeitsplätze, über den Höchst- und den Tiefstlohn sowie über den
Durchschnittslohn der dem jeweils verwendeten Behinderungsprofil entsprechenden
Gruppe. Damit wird auch die Überprüfung des Auswahlermessens hinreichend
ermöglicht, und zwar in dem Sinn, dass die Kenntnis der dem verwendeten
Behinderungsprofil entsprechenden Gesamtzahl behinderungsbedingt in Frage
kommender Arbeitsplätze sowie des Höchst-, Tiefst- und Durchschnittslohnes im
Bereich des Suchergebnisses eine zuverlässige Beurteilung der von der Suva
verwendeten DAP-Löhne hinsichtlich ihrer Repräsentativität erlaubt. Das
rechtliche Gehör ist dadurch zu wahren, dass die Suva die für die
Invaliditätsbemessung im konkreten Fall herangezogenen DAP-Profile mit den
erwähnten zusätzlichen Angaben auflegt und die versicherte Person Gelegenheit
hat, sich dazu zu äussern. Allfällige Einwendungen der versicherten Person
bezüglich des Auswahlermessens und der Repräsentativität der DAP-Blätter im
Einzelfall sind grundsätzlich im Einspracheverfahren zu erheben, damit sich die
Suva im Einspracheentscheid damit auseinandersetzen kann. Ist die Suva nicht in
der Lage, im Einzelfall den erwähnten Anforderungen zu genügen, kann im
Bestreitungsfall nicht auf den DAP-Lohnvergleich abgestellt werden; die Suva
hat diesfalls im Einspracheentscheid die Invalidität aufgrund der LSE-Löhne zu
ermitteln.  
Im Beschwerdeverfahren ist es Sache des angerufenen Gerichts, die
Rechtskonformität der DAP-Invaliditätsbemessung zu prüfen, gegebenenfalls die
Sache an den Versicherer zurückzuweisen oder an Stelle des DAP-Lohnvergleichs
einen Tabellenlohnvergleich gestützt auf die LSE vorzunehmen (BGE 139 V 592 E.
6. S. 595 f.; 129 V 472 E. 4.2.2 S. 480 f.). Ein Wechsel zur Bemessung des
Invalideneinkommens nach der LSE-Methode ist allerdings erst möglich, wenn sich
ein von der Suva ursprünglich verwendetes DAP-Profil im kantonalen
Gerichtsverfahren als unbrauchbar herausstellt und die Suva nach Aufforderung
des Gerichts nicht in der Lage ist, ein anderes, verwendbares Profil
beizubringen (Urteil 8C_182/2017 vom 10. April 2017 E. 3.3 m.H. auf Urteil
8C_898/2015 vom 13. Juni 2016 E. 4.3). 
 
4.5. In BGE 129 V 472 führte das Bundesgericht aus, dass ein ungeregeltes
Nebeneinander der Invaliditätsbemessung gestützt auf die DAP oder die LSE in
dem Sinne, dass nach freiem Ermessen entweder die eine oder die andere Methode
gewählt werden kann, nicht zu befriedigen vermag. Der einen Praxis
grundsätzlich den Vorrang einzuräumen, erschien beim damaligen Stand der Dinge
schwierig, da beide Methoden je aus ihrer Entstehung und Eigenart heraus Vor-
und Nachteile aufweisen (BGE 129 V 472 E. 4.2.1 S. 477; vgl. auch BGE 139 V 592
E. 6.2 S. 595). Im Urteil 8C_790/2009 vom 27. Juli 2010 E. 4.3 erachtete es das
Bundesgericht immerhin als wünschenswert, dass die Suva einen Auszug aus der
DAP-Datenbank zu den Akten nimmt, wenn sie das Invalideneinkommen aufgrund der
LSE bestimmt, um nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, sie stelle im Hinblick
auf ein gewünschtes Resultat auf die LSE und nicht auf die DAP-Profile ab. In
jenen Fällen, in denen die Vorgaben jedoch eingehalten werden könnten, solle
und dürfe die Suva auf die DAP abstellen (Urteil 8C_790/2009 vom 27. Juli 2010
E. 4.3 m.H. auf DETTWILER, a.a.O., S. 13). Schliesslich hielt das Bundesgericht
im Urteil 8C_443/2016 vom 11. August 2016 E. 5.3 fest, dass die Suva nicht frei
wählen könne, in welchen Fällen sie das Invalideneinkommen nach der
DAP-Methode, und in welchen sie es gestützt auf die Tabellenlöhne der LSE
bemisst; vielmehr habe sie die DAP-Methode stets dann zur Anwendung zu bringen,
wenn sie im Einzelfall die bundesgerichtlichen Vorgaben einhalten könne.  
 
5.  
 
5.1. Vorliegend ermittelte die Suva insgesamt 464 dokumentierte
DAP-Arbeitsplätze, die aufgrund der konkreten gesundheitlichen Einschränkungen
der Versicherten in Frage kommen. Der entsprechende Minimal-, Maximal- und
Durchschnittslohn beläuft sich auf Fr. 45'500.- (1. Dezil), Fr. 80'748.- (9.
Dezil) bzw. Fr. 60'514.-. Für die Berechnung des Invalideneinkommens wählte sie
davon fünf Arbeitsplätze aus dem Industriebereich aus: Es handelt sich um
Tätigkeiten als Hilfsarbeiterin (Bestückerin) mit einem Jahreslohn von Fr.
58'500.- (DAP-Nummer 2598), als Produktionsmitarbeiterin (Hilfsbäckerin) mit
einem Jahreslohn von Fr. 59'150.- (DAP-Nummer 8323), als Hilfsarbeiterin
(Materialrüsterin) mit einem Jahreslohn von Fr. 59'540.- (DAP-Nummer 6110),
Verpackerin mit einem Jahreslohn von Fr. 61'048.- (DAP-Nummer 3605) und als
Produktionsmitarbeiterin mit einem Jahreslohn von Fr. 61'555.- (DAP-Nummer
3477). Der Durchschnitt dieser Einkommen beträgt Fr. 59'958.-. und liegt damit
leicht unter dem Durchschnittslohn aller 464 den eingegebenen Suchkriterien
entsprechenden Arbeitsplätze. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdegegnerin
wird dieser Durchschnittslohn nicht dadurch verfälscht, dass nur wenige Löhne
unter Fr. 45'000.- und zahlreiche zwischen Fr. 70'000.- und Fr. 100'000.-
einbezogen wurden. Denn zum einen spiegeln die DAP-Profile, wie gesagt, die in
einer Region erzielbaren Einkünfte wieder. Zum andern wird bei der Angabe
dieses Durchschnittslohns, wie hier, aus statistischen Gründen auch auf das 1.
und das 9. Dezil für den Minimal- bzw. Maximallohn Bezug genommen, um
Ausreisser zu vermeiden (DETTWILER, a.a.O., S. 11).  
 
5.2. Die Beschwerdegegnerin äussert sich nicht mehr zur Zumutbarkeit, sondern
erinnert in der Beschwerdeantwort lediglich daran, dass sie die ausgewählten
DAP-Profile bereits im Einspracheverfahren als unzumutbar bemängelt habe. Dort
hatte sie geltend gemacht, in der Auswahl der Profile sei nicht beachtet
worden, dass sie ihren linken Arm bzw. ihre linke Hand aufgrund der
zahlreichen, nicht mehr zumutbaren Bewegungen praktisch nur noch als Hilfshand
einsetzen könne. Aus dem von der Vorinstanz bestätigten medizinischen
Zumutbarkeitsprofil ergibt sich jedoch (wie die Suva schon im
Einspracheentscheid ausführte), dass es der Versicherten aufgrund der
unwidersprochenen ärztlichen Beurteilungen des Kreisarztes und der Klinik
B.________ mit gewissen Einschränkungen für die linke obere Extremität durchaus
zuzumuten ist, beidhändig zu arbeiten, auch wenn sie sich subjektiv nicht mehr
dazu in der Lage fühlt (vgl. BGE 130 V 396 E. 5.3.2 S. 399). Mithin ist davon
auszugehen, dass die ausgewählten DAP-Arbeitsplätze der Versicherten zumutbar
sind.  
 
5.3. Damit genügt der DAP-Lohnvergleich den vom Bundesgericht für die
Überprüfung des Auswahlermessens als notwendig bezeichneten Anforderungen. Es
ergeben sich keine Hinweise auf eine fehlerhafte Ausübung des Auswahlermessens
oder eine mangelnde Repräsentativität der DAP-Angaben, so dass für die
Vorinstanz kein Anlass bestanden hätte, das Invalideneinkommen anhand eines
Tabellenlohnvergleichs gestützt auf die LSE anstatt anhand des
DAP-Lohnvergleichs vorzunehmen. Indem sie dies "aus Gründen der
Vergleichbarkeit" dennoch tat (nachdem sie das Valideneinkommen teilweise
anhand der LSE-Tabellen festgesetzt hatte), trug sie dem Grundsatz, wonach die
Vergleichseinkommen so konkret wie möglich zu ermitteln sind, nicht gebührend
Rechnung. Eine Vergleichbarkeit entfällt im Übrigen nicht schon dann, wenn
einem anhand konkreter Faktoren bestimmten Einkommen ein nach statistischen
Werten ermitteltes, mithin hypothetisches Einkommen gegenübergestellt wird. So
wird, wie die Beschwerdeführerin zutreffend anmerkt, ausserhalb von
Suva-Fällen, regelmässig ein aufgrund der konkreten Umstände festgelegtes
Valideneinkommen mit einem anhand der LSE-Tabellen bemessenen
Invalideneinkommen verglichen, wobei auch dort die konkreten Verhältnisse im
Rahmen des Möglichen einzubeziehen sind (z.B. in der Auswahl der Tabelle und
bei der Festlegung eines allfälligen, leidensbedingten Abzugs). Ein Abweichen
vom Prinzip der möglichst konkreten Einkommensbemessung ist somit auch im
umgekehrten Fall, in dem ein (teilweise) anhand von LSE-Werten ermitteltes
Valideneinkommen angenommen wird, nicht angezeigt.  
 
5.4. Soweit die Beschwerdegegnerin sich schliesslich auf das Ermessen der
Vorinstanz beruft, ist sie darauf hinzuweisen, dass ein kantonales Gericht
nicht befugt ist, ohne triftigen Grund sein Ermessen an die Stelle desjenigen
der Verwaltung zu setzen; vielmehr muss es sich auf Gegebenheiten stützen
können, die eine abweichende Ermessensausübung als naheliegender erscheinen
lassen (BGE 137 V 71 E. 5.2 S. 73 mit Hinweis; Urteil 8C_114/2017 vom 11. Juli
2017 E. 3.3). Für eine solche Abweichung besteht vorliegend, wie gezeigt, kein
Anlass.  
 
5.5. Mit der Beschwerdeführerin ist daher von einem Invalideneinkommen von Fr.
59'958.- für das Jahr 2014 auszugehen. Weder aus der Gegenüberstellung mit dem
von ihr selbst noch dem von der Vorinstanz ermittelten Valideneinkommen (Fr.
64'527.- bzw. Fr. 59'374.-) ergibt sich ein rentenbegründender
Invaliditätsgrad. Dass im zweiten Fall ein negativer Invaliditätsgrad
resultiert, schadet nicht (vgl. Urteile 8C_384/2016 vom 13. September 2016 E.
5.2; 8C_215/2015 vom 17. November 2015 E. 4.2 mit weiteren Hinweisen in: SVR
2016 UV Nr. 13 S. 39). Die Beschwerde ist daher gutzuheissen.  
 
6.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten der
Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Zürich vom 29. März 2017 wird insofern aufgehoben, als darin der
Beschwerdegegnerin eine Rente aufgrund eines Invaliditätsgrads von 15 %
zugesprochen wird. Der Einspracheentscheid vom 28. August 2015 wird betreffend
die Ablehnung des Anspruchs auf eine Invalidenrente bestätigt. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.   
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen
Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
zurückgewiesen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 29. November 2017 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Betschart 

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