Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.348/2017
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
8C_348/2017        

Urteil vom 5. Juli 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Viscione,
Gerichtsschreiber Hochuli.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
 Beschwerdeführer,

gegen

Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau, Bahnhofstrasse 78, 5000
Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Arbeitslosenversicherung (Einstellung in der Anspruchsberechtigung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
12. April 2017.

Sachverhalt:

A. 
A.________ arbeitete seit 1982 bei der B.________ AG. Am 26. Januar 2016
kündigte er das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der ordentlichen
Kündigungsfrist von drei Monaten per 30. April 2016 und meldete sich am 18.
Februar 2016 beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (nachfolgend: RAV) zur
Arbeitsvermittlung an. Am 25. Mai 2016 stellte  A.________ Antrag auf
Arbeitslosenentschädigung per 1. Juni 2016. Mit Verfügung vom 20. Juli 2016
stellte die Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau (nachfolgend:
Arbeitslosenkasse)  A.________ infolge selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit für
die Dauer von 37 Tagen in seiner Anspruchsberechtigung ein. Daran hielt sie auf
Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 8. November 2016).

B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau mit Entscheid vom 12. April 2017 ab.

C. 
Mit öffentlich-rechtlicher Beschwerde beantragt  A.________, der Entscheid des
Versicherungsgerichts sei vollumfänglich zurückzuweisen (recte: aufzuheben).
Auf die Einstellung in der Anspruchsberechtigung sei zu verzichten.
Eventualiter sie die Einstellung auf maximal zehn Tage zu reduzieren.
 Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.

Erwägungen:

1.

1.1. Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt
werden. Das Bundesgericht wendet Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem
Verfahren beanstandeten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E.
2.2.1 S. 389). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG in Verbindung mit Art. 105 Abs. 2 BGG). Die vorinstanzliche
Ermessensbetätigung ist im Verfahren vor Bundesgericht nur beschränkt
überprüfbar. Eine Angemessenheitskontrolle ist dem Gericht verwehrt; es hat nur
zu prüfen, ob die Vorinstanz ihr Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt, mithin
überschritten, unterschritten oder missbraucht hat (Art. 95 lit. a BGG; BGE 134
V 322 E. 5.3 S. 328; 132 V 393 E. 3.3 S. 399; Urteil 8C_165/2015 vom 20. Mai
2015 E. 1).

1.2. Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der
willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der
Sachverhaltsfeststellung) gilt der in Art. 106 Abs. 1 BGG verankerte Grundsatz
der Rechtsanwendung von Amtes wegen nicht. Insofern besteht eine qualifizierte
Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; 136 I 65 E.
1.3.1 S. 68; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Die Beschwerde führende Person muss
klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids
darlegen, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den
kantonalen Entscheid verletzt worden sind. Auf rein appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid tritt Bundesgericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3
S. 266; 139 II 404 E. 10.1 S. 445, je mit Hinweisen).

2. 
Streitig ist, ob die Vorinstanz die von der Arbeitslosenkasse infolge
selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit verfügte Einstellung in der
Anspruchsberechtigung für die Dauer von 37 Tagen zu Recht bestätigte.

3. 
Das kantonale Gericht hat die Grundlagen über die Einstellung in der
Anspruchsberechtigung wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit bei Kündigung
durch die Versicherte Person (Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG; Art. 44 Abs. 1 lit. b
AVIV) und die dazu ergangene Rechtsprechung, wonach bei der Frage der
Unzumutbarkeit des Verbleibens am Arbeitsplatz ein strenger Massstab anzulegen
ist (BGE 124 V 234 E. 4b/bb S. 238), zutreffend dargelegt. Gleiches gilt für
die Ausführungen zur verschuldensabhängigen Dauer der Einstellung (Art. 30 Abs.
3 AVIG und Art. 45 Abs. 3 AVIV). Beizupflichten ist der Vorinstanz auch darin,
dass ein schlechtes Arbeitsklima und Meinungsverschiedenheiten mit Vorgesetzten
oder Arbeitskollegen grundsätzlich keine Unzumutbarkeit der Fortführung des
Arbeitsverhältnisses zu begründen vermögen. Belegt die Versicherte Person
allerdings durch ein eindeutiges ärztliches Zeugnis (oder allenfalls durch
andere geeignete Beweismittel), dass ihr die Weiterarbeit aus gesundheitlichen
Gründen nicht mehr zumutbar ist, ist grundsätzlich von einer Unzumutbarkeit aus
gesundheitlichen Gründen auszugehen (BGE 124 V 234 E. 4b/bb S. 238; Urteil
8C_66/2017 vom 9. Juni 2017 E. 2). Darauf wird verwiesen.

4.

4.1. Fest steht, dass der Versicherte das seit 34 Jahren bestehende
Arbeitsverhältnis bei der B.________ AG per 30. April 2016 ohne Zusicherung
einer anderen Beschäftigung kündigte. Damit hat er den Tatbestand von Art. 30
Abs. 1 lit. a AVIG in Verbindung mit Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV objektiv
erfüllt. Hiegegen beruft sich der Beschwerdeführer auf den Ausnahmetatbestand
gemäss letztem Teilsatz von Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV, wonach ihm ein
Verbleiben an seiner früheren Stelle nicht mehr zumutbar gewesen sei.

4.2. Nach eingehender Beweiswürdigung gelangte die Vorinstanz mit überzeugender
Begründung, worauf verwiesen wird (Art. 109 Abs. 3 BGG), zum Schluss, das
Verbleiben am bisherigen Arbeitsplatz sei dem Versicherten zumindest bis zum
Finden einer neuen Beschäftigung zumutbar gewesen. Unter dem Blickwinkel der
eingeschränkten Kognition (E. 1.1 hievor) beruht diese Auffassung weder auf
einer offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellung noch auf einer
Verletzung von Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG in Verbindung mit Art. 44 Abs. 1 lit.
b AVIV.

4.3. Was der Beschwerdeführer hiegegen vorbringt, überzeugt nicht. Entgegen
seinen Ausführungen ist nicht ersichtlich, dass sich die Vorinstanz nicht in
rechtsgenüglicher Weise mit den von ihm vorgebrachten Argumenten auseinander
gesetzt hätte. Von einer Verletzung des Willkürverbots kann keine Rede sein.
Das kantonale Gericht hat sich eingehend mit den Akten und den zur
Entscheidfindung relevanten Argumenten auseinandergesetzt. Der ausreichend
begründete vorinstanzliche Entscheid war denn auch sachgerecht anfechtbar (vgl.
dazu BGE 142 II 49 E. 9.2 S. 65; 136 I 229 E. 5.2 S. 236 mit Hinweisen). Eine
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör wurde zu Recht nicht gerügt.
Praxisgemäss vermögen ein schlechtes Arbeitsklima und Meinungsverschiedenheiten
mit Vorgesetzten oder Arbeitskollegen grundsätzlich keine Unzumutbarkeit der
Fortführung des Arbeitsverhältnisses zu begründen (vgl. BGE 124 V 234 E. 4b/bb
S. 239 mit Hinweisen; Urteil 8C_742/2013 vom 27. November 2013 E. 4.1). Die
Frage der Zumutbarkeit beurteilt sich anhand der Kriterien von Art. 16 Abs. 2
AVIG. Dabei wird in beweisrechtlicher Hinsicht die Zumutbarkeit des Verbleibens
an der Arbeitsstelle vermutet (THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in:
Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, 3. Aufl.
2016, S. 2516 Rz. 838; ARV 2012 Nr. 13 S. 297 E. 3.2; 1999 Nr. 8 S. 39 E. 7b).
Unzumutbarkeit aus gesundheitlichen Gründen muss durch ein eindeutiges
ärztliches Zeugnis (oder allenfalls durch andere geeignete Beweismittel) belegt
sein (BGE 124 V 238 E. 4b/bb S. 238; Urteile 8C_66/2017 vom 9. Juni 2017 E. 2;
8C_201/2013 vom 17. Juni 2013 E. 2). In bundesrechtskonformer Beweiswürdigung
schloss das kantonale Gericht gestützt auf das vom Beschwerdeführer
eingereichte ärztliche Zeugnis zu Recht, dass ihm die Weiterführung des
Arbeitsverhältnisses nicht aufgrund gesundheitlicher Gründe unzumutbar gewesen
war. Im Rahmen der ihm obliegenden Schadenminderungspflicht (Art. 17 Abs. 1
AVIG; vgl. dazu BGE 126 V 130 E. 1 S. 130, 124 V 225 E. 2b S. 227 f.) hätte er
vielmehr - trotz der unbefriedigenden Situation am Arbeitsplatz - das
Arbeitsverhältnis nicht ohne Zusicherung einer anderen Stelle auflösen dürfen.
Das kantonale Gericht hat demnach in Bezug auf den Eintritt der
Arbeitslosigkeit zu Recht auf Selbstverschulden des Beschwerdeführers
geschlossen. Dieses Verschulden ist als schwer zu qualifizieren (Art. 45 Abs. 4
lit. c AVIV) und hat eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung von 31 bis
60 Tagen zur Folge (Art. 45 Abs. 3 lit. c AVIV). Die strittige Einstelldauer
von 37 Tagen liegt innerhalb dieses verschuldensangemessenen Bereichs (vgl.
dazu den in den Verwaltungsweisungen des Staatssekretariats für Wirtschaft
[SECO] als Richtlinie enthaltenen Einstellraster [Einstellraster für ALK], in:
AVIG-Praxis ALE, Rz. D75/1.D [vom Oktober 2011]; vgl. auch BGE 141 V 365 E. 2.3
S. 367).

4.4. Schliesslich rügt der Versicherte eine Verletzung des
Gleichbehandlungsgebots (Art. 8 Abs. 1 BV) und des Diskriminierungsverbots
(Art. 8 Abs. 2 BV) sowie des Anspruchs auf ein faires Verfahren (Art. 29 Abs. 1
BV). Er beruft sich auf den angeblich in den tatbestandserheblichen
Sachverhaltselementen übereinstimmenden Parallelfall seiner Arbeitskollegin,
welche beim gleichen Arbeitgeber aus denselben Gründen gekündigt habe, jedoch
vom dort zuständigen kantonalen Amt für Wirtschaft und Arbeit mit
Einspracheentscheid vom 4. Oktober 2016 letztlich nur wegen eines leichten
Verschuldens für zehn Tage in der Anspruchsberechtigung eingestellt worden sei.
Dass diesbezüglich - entgegen dem angefochtenen Entscheid - die nur
ausnahmsweise gegebenen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Gleichbehandlung
im Unrecht (vgl. dazu BGE 126 V 390 E. 6a S. 392, 122 II 446 E. 4a S. 451 f.,
je mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung) erfüllt wären, legt der
Beschwerdeführer nicht dar und ist nicht ersichtlich. Dem genannten
Einspracheentscheid vom 4. Oktober 2016 ist denn auch keine nachvollziehbare
Begründung dafür zu entnehmen, weshalb trotz korrekter Darstellung der
massgebenden Gesetzesgrundlagen dort nur auf ein leichtes Verschulden erkannt
wurde. Auch wenn der angefochtene Entscheid zu diesem Punkt sehr kurz
ausgefallen ist, hat der Versicherte nach der einschlägigen Rechtsprechung
offensichtlich keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Keine
Anhaltspunkte finden sich dafür, dass die Arbeitslosenkasse dem Versicherten
aufgrund seines Geschlechtes eine höhere Zumutbarkeitstoleranz zur Last gelegt
hätte. Eine Verletzung des Diskriminierungsverbots ist offensichtlich nicht
erkennbar, soweit die verfassungsrechtlichen Beanstandungen überhaupt der
qualifizierten Rügepflicht genügen.

5. 
Die vom kantonalen Gericht bestätigte Einstellung in der Anspruchsberechtigung
für die Dauer von 37 Tagen liegt innerhalb des bundesrechtskonform vorgesehenen
Rahmens von Art. 45 Abs. 3 lit. c AVIV (vgl. hievor E. 4.3 i.f.). Eine
qualifiziert rechtsfehlerhafte Ermessensausübung (vgl. ARV 2014 S. 145, 8C_339/
2016 E. 5) wird mit Blick auf die anwendbare Praxis nicht gerügt. Aus dem
Einspracheentscheid vom 4. Oktober 2016 vermag der Beschwerdeführer nichts zu
seinen Gunsten abzuleiten (E. 4.4).

6. 
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach
Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG - ohne Durchführung des Schriftenwechsels mit
summarischer Begründung unter Verweis auf den kantonalen Entscheid (Art. 102
Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3 BGG) - erledigt.

7. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau,
dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und dem Amt für Wirtschaft und
Arbeit (AWA) des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 5. Juli 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Hochuli

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben