Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.337/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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8C_337/2017            

 
 
 
Urteil vom 20. November 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiberin Betschart. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Schaffhauser, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Luzern, 
Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid 
des Kantonsgerichts Luzern 
vom 24. März 2017 (5V 16 263). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1956 geborene A.________ arbeitete als selbständige Masseurin. Seit 18.
November 2005 ist sie nicht mehr erwerbstätig. Am 27. Juni 2006 meldete sie
sich unter Hinweis auf Osteoporose, Migräne, Weichteilrheuma und Diskushernien
bei der IV-Stelle Luzern zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle verneinte mit
Verfügung vom 7. April 2008 den Anspruch auf eine Invalidenrente bei einem
Invaliditätsgrad von 21 %. Mit Entscheid vom 2. November 2009 wies das
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern (heute: Kantonsgericht Luzern) die
dagegen erhobene Beschwerde ab. 
Am 19. Januar 2010 meldete sich A.________ unter Hinweis auf ein
Lumbovertebralsyndrom, Osteoporose, ektatische koronare Herzkrankheit,
Polymyalgia rheumatica, Migräne accompagnée, Osteochondrose, Bluthochdruck,
Schleudertrauma erneut zum Leistungsbezug an. Darauf trat die IV-Stelle mit
Verfügung vom 15. März 2010 nicht ein. Das Verwaltungsgericht hiess die gegen
diese Verfügung gerichtete Beschwerde mit Entscheid vom 27. Oktober 2010 gut
und wies die Sache zur materiellen Prüfung und neuem Entscheid an die IV-Stelle
zurück. 
Die IV-Stelle traf daraufhin medizinische und erwerbliche Abklärungen und
verfügte am 25. Oktober 2012 die Abweisung des Leistungsbegehrens mangels
erheblicher Verschlechterung des Gesundheitszustands. Das Verwaltungsgericht
hiess die dagegen eingereichte Beschwerde teilweise gut, hob die angefochtene
Verfügung auf und wies dies Sache zu weiteren Abklärungen und neuer Verfügung
an die Verwaltung zurück. 
In der Folge holte die IV-Stelle ein polydisziplinäres Gutachten der MEDAS
Interlaken Unterseen GmbH (im Folgenden: MEDAS) vom 3. Juni 2014 ein und nahm
weitere medizinische Abklärungen vor, nachdem die Versicherte wegen einer
akuten Aortendissektion Typ A am 11. Juli 2015 notfallmässig hatte operiert
werden müssen. Wie mit Vorbescheid angekündigt, verfügte die IV-Stelle am 30.
Mai 2016, dass A.________ ab 1. Oktober 2015 eine ganze Invalidenrente zustehe;
zuvor bestehe kein Rentenanspruch. 
 
B.   
Mit Entscheid vom 24. März 2017 wies das Kantonsgericht Luzern die dagegen
erhobene Beschwerde ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, ihr seien unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids die
gesetzlichen Leistungen der Invalidenversicherung zuzusprechen, insbesondere
eine ganze Rente ab April 2008. 
Die IV-Stelle schliesst sich den Ausführungen im angefochtenen Entscheid an.
Das Kantonsgericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf
eine Vernehmlassung. 
Am 16. Oktober 2017 reichte A.________ einen Bericht des Instituts für
Radiologie B.________ vom 28. September 2017 ein. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S.
280 f.; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG
). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von 
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Überdies muss die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG).
 
 
1.2. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur so weit
vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt
(unechte Noven; Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 135 V 194), was in der Beschwerde näher
darzulegen ist (BGE 133 III 393 E. 3 S. 395). Das Vorbringen von Tatsachen, die
sich erst nach dem angefochtenen Entscheid ereigneten oder entstanden (echte
Noven), ist vor Bundesgericht unzulässig (BGE 143 V 19 E. 1.2 S. 22 f. mit
Hinweisen). Daher ist einerseits der von der Beschwerdeführerin eingereichte
Bericht des Instituts für Radiologie B.________ vom 28. September 2017
unbeachtlich, weil er erst nach dem angefochtenen Entscheid verfasst wurde.
Andererseits kann mit Blick auf das Folgende offenbleiben, ob erst der
angefochtene Entscheid die Beschwerdeführerin veranlasste, das Schreiben der
IV-Stelle Luzern vom 16. Dezember 2016 (in einer anderen Versicherungssache)
zur Untermauerung ihres Standpunkts vorzulegen, so dass dieses zu
berücksichtigen wäre.  
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz zu Recht bestätigte, dass die
Beschwerdeführerin bis zum 1. Oktober 2015 keinen Anspruch auf eine
Invalidenrente gehabt habe. Hingegen ist unbestritten, dass ihr ab diesem
Zeitpunkt aufgrund eines am 11. Juli 2015 erlittenen Aneurysmas
(Aorta-Dissektion) und der darauf folgenden, länger dauernden Arbeits- und
Erwerbsunfähigkeit (sowie unter Berücksichtigung von Art. 88a Abs. 2 IVV) eine
ganze Rente zugesprochen wurde. 
 
2.1. Das kantonale Gericht bezog sich hauptsächlich auf das polydisziplinäre
Gutachten der MEDAS vom 3. Juni 2014, dem es vollen Beweiswert zuerkannte.  
 
2.1.1. Die Beschwerdeführerin war in den Disziplinen Allgemeine Innere Medizin
(durch Dr. med. C.________, Fachärztin für Innere Medizin FMH), Kardiologie
(durch Dr. med. D.________, Facharzt für Kardiologie und Innere Medizin FMH),
Pneumologie (durch Dr. med. E.________, Facharzt für Innere Medizin bes.
Lungenkrankheiten FMH), Rheumatologie (durch Dr. med. F.________, Facharzt für
Rheumatologie FMH) und Psychiatrie (durch Dr. med. G.________, Facharzt für
Psychiatrie und Psychotherapie FMH) begutachtet worden. Die Gutachter
diagnostizierten mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit eine Panikstörung
(IDC-10: F41), Osteoporose, einen Zustand nach OSG-/Sprunggelenks-Operationen,
ein intermittierend/rezidivierend aktivierendes Lumbovertebralsyndrom sowie ein
intermittierendes Zervikalsyndrom. Sodann stellten sie weitere Diagnosen ohne
Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit (COPD Gold-Stadium II, anamnestisch
Hyperventilationsanfälle, anamnestisch Status nach Lungentuberkulose, unklare
rezidivierende Thoraxschmerzen in Ruhe, valvuläre Herzkrankheit [ICD-10: I35.1]
und Koronarsklerose [ICD-10: I25.10], arterielle Hypertonie, anamnestisch
Laktose-Intoleranz, Migräne ohne Aura, Nikotin-Abusus, v.a. intermittierender
Cannabiskonsum, Status nach sechs Fehlgeburten und Status nach Hysterektomie).
Bezüglich der Arbeitsfähigkeit hielten die MEDAS-Gutachter fest, dass der
Beschwerdeführerin die angestammte Tätigkeit als Masseurin aufgrund der
rezidivierenden Panikstörungen sowie der leichtgradigen Einschränkungen im
Bewegungsapparat ganztags (d.h. zu 8,4 Stunden pro Tag) zumutbar sei, doch
bestehe diesbezüglich spätestens seit dem Jahr 2008 eine Leistungseinschränkung
von maximal 20 %. Angepasste Verweistätigkeiten seien der Versicherten
ebenfalls zu 8,4 Stunden pro Tag zumutbar, doch sei infolge der Panikattacken
spätestens seit dem Jahr 2008 auch hier eine Leistungseinschränkung von 20 %
gegeben. Bei der Verweistätigkeit solle es sich um eine leichte,
wechselbelastende Tätigkeit handeln, bei der das Heben und Tragen von Lasten
über 5-7,5 kg sowie längerdauernde Zwangshaltungen des Kopfs oder des Rückens
zu vermeiden seien.  
 
2.1.2. Gestützt auf diese Einschätzungen kam das kantonale Gericht zum
Ergebnis, dass der Beschwerdeführerin für die Zeit vom 1. Juli 2010 bis 3. Juni
2014 eine leidensangepasste Tätigkeit zu 8,4 Stunden pro Tag mit einer
maximalen Leistungseinschränkung von 20 % zumutbar sei. Ein rentenbegründender
Invaliditätsgrad sei somit für diesen Zeitraum nicht ausgewiesen. Sodann sei es
auch zwischen Juni 2014 und Juli 2015 (Zeitpunkt des Aneurysmas) mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht zu einer gesundheitlichen
Verschlechterung gekommen, die zu einem rentenrelevanten Invaliditätsgrad
geführt hätte.  
 
2.2. Die Beschwerdeführerin wendet dagegen im Wesentlichen ein, das Gutachten
sei in sich widersprüchlich und unvollständig; sodann würden die geklagten
Beschwerden weitgehend ignoriert, und die Beurteilung der ihr verbleibenden
Leistungs- bzw. Arbeitsfähigkeit sei weder schlüssig noch nachvollziehbar. Das
Kantonsgericht habe dessen volle Beweiskraft daher zu Unrecht bejaht. Zudem
wirft die Beschwerdeführerin dem kantonalen Gericht vor, es sei seiner
Begründungspflicht nicht nachgekommen, indem es sich nicht oder nur in sehr
oberflächlicher Weise mit ihrer umfangreichen und substanziierten Kritik an den
gutachterlichen Feststellungen auseinandergesetzt und insbesondere auch nicht
detailliert und nachvollziehbar dargelegt habe, weshalb es das Gutachten als
beweiskräftig erachte.  
 
3.  
 
3.1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV gebietet, dass
die Behörde die Vorbringen der betroffenen Person auch tatsächlich hört, prüft
und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der
Behörde, ihren Entscheid zu begründen (BGE 139 V 496 E. 5.1 S. 503 f.). Dabei
ist es nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten
einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich
widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte
beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene
Person über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller
Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinn
müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die
Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (vgl. BGE 141
III 28 E. 3.2.4 S. 41 mit Hinweisen).  
 
3.2. Die Begründung des angefochtenen Entscheids ist zwar sehr knapp
ausgefallen, erweist sich aber noch als genügend. Denn zum einen liegt noch
keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, wenn die Vorinstanz einzelne
Elemente weniger stark gewichtet als die Beschwerdeführerin und sich
dementsprechend nicht oder nur kurz dazu äussert. Zum andern soll die
behördliche Begründungspflicht den Anspruch der Parteien auf eine sachbezogene
Begründung gewährleisten und ist erfüllt, wenn die Betroffenen die
entsprechende Erwägung sachgerecht anfechten können (vgl. BGE 136 I 184 E.
2.2.1 S. 188). Dies ist hier zweifellos der Fall. Aus diesem Grund schadet es
vorliegend auch nicht, dass das kantonale Gericht im Zusammenhang mit dem
Vorwurf, die Gutachter hätten die von der Versicherten geklagten Beschwerden
kaum gewürdigt oder ganz ignoriert, auf die entsprechenden, seiner Ansicht nach
zutreffenden Ausführungen der Beschwerdegegnerin in der Vernehmlassung im
kantonalen Verfahren verweist. Denn die Beschwerdeführerin war auch hier zu
einer fundierten Rüge in der Lage, zumal ihr das Schriftstück vorlag.  
 
4.  
 
4.1. Die Frage, ob einem versicherungsmedizinischen Gutachten oder einem
ärztlichen Bericht Beweiswert zukommt, stellt eine frei überprüfbare
Rechtsfrage dar (Urteil 9C_650/2017 vom 31. Oktober 2017 E. 1.2 mit Hinweis).
Die Frage ist zu bejahen, wenn der Bericht für die streitigen Belange umfassend
ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden
berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in
der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge sowie der medizinischen
Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen der Experten begründet sind
(BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis). Den von
Versicherungsträgern im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholten, den
Anforderungen der Rechtsprechung entsprechenden, Gutachten externer
Spezialärzte (so genannte Administrativgutachten) darf voller Beweiswert
zuerkannt werden, solange "nicht konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit"
der Expertise sprechen (BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 470; Urteil 8C_362/2017 vom 30.
Oktober 2017 E. 4).  
 
4.2.  
 
4.2.1. Die Beschwerdeführerin weist zunächst darauf hin, dass das
Leistungsbegehren mit Verfügung vom 7. April 2008 wegen eines Invaliditätsgrads
von 21 % abgewiesen worden sei. Diese Verfügung bilde die zeitliche
Vergleichsbasis, weil seit ihrem Erlass und bis zur hier umstrittenen Verfügung
vom 30. Mai 2016 keine materielle Prüfung des Rentenanspruchs mit
rechtskonformer Sachverhaltsabklärung, Beweiswürdigung und
Invaliditätsbemessung mehr stattgefunden habe (vgl. BGE 130 V 71 E. 3.2.2 S.
77). Beweisthema bilde somit die Frage, ob zwischen der Verfügung vom 7. April
2008 und derjenigen vom 30. Mai 2016 eine für den Rentenanspruch erhebliche
Veränderung in gesundheitlicher oder erwerblicher Sicht eingetreten sei.
Allerdings hätten sich weder die Gutachter der MEDAS noch die Vorinstanz dazu
geäussert und damit das Beweisthema verfehlt.  
Dem kann so nicht gefolgt werden. Zum einen nahmen die Gutachter Stellung zu
den Fragen, seit wann eine medizinisch begründete Arbeitsunfähigkeit von 20 %
oder mehr bestehe und wie sich der Grad der Arbeitsunfähigkeit seither
entwickelt habe, wobei sie in ihren Antworten auf das Jahr 2008 Bezug nahmen.
Zum andern zeigten sie anhand der Schilderungen der Beschwerdeführerin und der
medizinischen Unterlagen den Langzeitverlauf der verschiedenen gesundheitlichen
Beeinträchtigungen auf. Zwar schloss insbesondere der begutachtende Psychiater
nicht aus, dass es seit 2008 zwischenzeitlich zu "Arbeitsunfähigkeiten" (recte
wohl: vollständiger Arbeitsunfähigkeit) gekommen sei, namentlich während der
stationären Behandlungen in der Höhenklinik H.________ im Juli 2012 und von Mai
bis Juni 2013. Doch konnte auch er keine dauerhafte Einschränkung der
Arbeitsfähigkeit von mehr als 20 % für den Zeitraum ab 2008 bestätigen. 
 
4.2.2. Des Weiteren trifft es zwar zu, dass sich die Feststellungen im
rheumatologischen Teilgutachten bezüglich der Beweglichkeit der Wirbelsäule und
der Anzeichen von Arthrose nicht in allen Punkten mit den im Hauptgutachten
festgehaltenen Beobachtungen der Internistin decken. Allerdings lässt sich auch
daraus nichts zu Gunsten der Beschwerdeführerin ableiten, weil die Experten der
MEDAS den Divergenzen Rechnung trugen, indem sie in der Gesamtbeurteilung von
leichtgradigen Einschränkungen des Bewegungsapparats ausgingen und die maximal
zumutbare Hebe- und Tragelast nicht wie der Rheumatologe Dr. med. F.________
auf 20 kg, sondern auf 5-7,5 kg festsetzen.  
 
4.2.3. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann sodann nicht gesagt
werden, der Rheumatologe hätte das primäre Problem des Bewegungsapparats in der
Osteoporose geortet und sei unter dem Titel der Leistungsfähigkeit zu wenig auf
die seit längerem bestehenden, schweren degenerativen Veränderungen im Bereich
der Lendenwirbelsäule, namentlich die Osteochondrose, eingegangen. Vielmehr
verwies Dr. med. F.________ zunächst auf die einschlägigen Arztberichte, in
denen ein "chronisches Lumbovertebralsyndrom" diagnostiziert worden war sowie
auf die entsprechenden Röntgenbilder. Auch zählte er das Lumbovertebralsyndrom
mit (u.a.) degenerativen Segmentskaskaden der unteren LWS-Etagen
(Osteochondrose, Bandscheibenveränderung und Spondylarthrose) zu den Diagnosen
mit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit. In seiner Beurteilung führte er aus,
dass ein wesentlicher Teil der erlebten Rückenschmerzen den degenerativen
Erscheinungen zuzuordnen und überwiegend durch myotendinotisch-myofascialen
Sensationen geprägt seien. Eine von der Versicherten erwähnte
"Wetterfühligkeit" und das "dankbar wohlende Ansprechen auf warme Bäder" seien
somit nachvollziehbar. Damit hängt auch seine Empfehlung zusammen, dass die
Versicherte in der Ergonomie für Rumpf und Rücken geschult werden sollte und
eine medizinische Trainingstherapie zur Kräftigung von Rumpf, Rücken und
Extremitäten wertvoll wäre. Schliesslich hielt Dr. med. F.________ in seiner
Prognose fest, dass - nebst der Osteoporose - der weitere schicksalhafte
Verlauf der Segmentskaskade der unteren LWS im Bewusstsein bleiben müsse.  
 
4.2.4. Weiter trifft der Vorwurf nicht zu, dass sich die Vorinstanz nicht
ausreichend mit der Kritik des Dr. med. I.________, Facharzt für Neurologie
FMH, im Bericht vom 2. Dezember 2014 beschäftigt habe, der im MEDAS-Gutachten
die Diagnose einer Migräne mit Aura und eine kritische Auseinandersetzung mit
der im Jahr 1996 aufgetretenen Durchblutungsstörung im Bereich des Hirnstamms
vermisst hatte. Die Vorinstanz hielt dazu zutreffend fest, dass dieser Vorfall
sowie die Differenzialdiagnose Migräne mit Aura im Gutachten gestützt auf die
Akten und die Schilderungen der Beschwerdeführerin durchaus erwähnt und
gewürdigt worden seien, während Dr. med. I.________ nicht über die
vollständigen Akten verfügt, seine Diagnose aufgrund einer einzigen
Konsultation gestellt und auch keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit
attestiert habe. Ergänzend ist festzuhalten, dass Dr. med. I.________ lediglich
aufgrund der Angaben der Beschwerdeführerin von einer "Verdachtsdiagnose
Hirnstamminfarkt" sprach. Auch kamen die Experten der MEDAS zum Schluss, dass
sich die Migräne nicht auf die Arbeitsfähigkeit auswirke. Der Bericht des Dr.
med. I.________ vermag somit den Beweiswert des MEDAS-Gutachtens nicht zu
erschüttern. Gleiches gilt für den Bericht des Dr. med. J.________, Facharzt
für Kardiologie und Innere Medizin FMH sowie Sportmedizin SGSM, vom 18. Januar
2016. Wohl empfahl dieser, den von der Beschwerdeführerin geklagten Schwindel
unklarer Ursache neurologisch abzuklären; allerdings schlug er alternativ eine
Untersuchung durch einen HNO-Spezialisten vor. Ausserdem bestanden diese
Schwindel dannzumal (gemäss den Angaben der Beschwerdeführerin) erst seit zwei
Monaten und traten damit nach dem Aneurysma auf, das zur Berentung der
Beschwerdeführerin führte.  
 
4.2.5. Die Beschwerdeführerin behauptet ferner, das Gutachten habe sich nicht
mit ihrem Herzleiden auseinandergesetzt; zudem habe die Vorinstanz die
medizinische Aktenlage bezüglich der Aorta-Dissektion zu Unrecht nicht
gewürdigt, obwohl mit Blick auf das Beschwerdebild ein "Summations-Effekt"
offenkundig sei. Dem ist zu entgegnen, dass die Beschwerdeführerin von der
MEDAS unter anderem kardiologisch begutachtet wurde. Zwar diagnostizierte der
Gutachter bereits damals eine Aorteninsuffizienz sowie eine leichte Erweiterung
der Aorta ascendens und empfahl, diese regelmässig kardiologisch zu
kontrollieren. Allerdings ergab sich weder daraus noch aus seinen übrigen
Feststellungen eine kardiologische Diagnose mit Auswirkungen auf die
Arbeitsfähigkeit.  
 
4.2.6. Soweit die Beschwerdeführerin Widersprüche zwischen der gemäss Gutachten
weitgehend erhaltenen Arbeitsfähigkeit im angestammten Beruf als Masseurin und
der - ebenfalls von den Gutachtern empfohlenen - leidensangepassten Tätigkeit
geltend macht, ist ihr mit der Vorinstanz entgegenzuhalten, dass es für die
Frage, ob ihr eine Rente zusteht, letztlich auf die Verweistätigkeit ankommt,
und ihr eine solche bis zum Auftreten des Aneurysmas zumutbar gewesen wäre.  
 
4.2.7. Die Beschwerdeführerin rügt ausserdem, dass der Invaliditätsgrad gemäss
Verfügung vom 30. Mai 2016 mit 20 % trotz der Verschlechterung des
Gesundheitszustands tiefer liege als in der Verfügung vom 7. April 2008 (21 %).
Hier gilt es allerdings zu beachten, dass einige der seit 2008 hinzugetretenen
Beschwerden (insbesondere die Lungenkrankheit COPD GOLD Stadium II, die
valvuläre Herzkrankheit und die Koronarsklerose) von den Gutachtern als für die
Arbeitsfähigkeit nicht relevant eingestuft wurden. Sodann weist die Vorinstanz
zutreffend darauf hin, dass der Verschlechterung insofern Rechnung getragen
wurde, als im Jahr 2008 von einer Arbeitsfähigkeit von 100 % in einer
leidensangepassten Tätigkeit ausgegangen wurde, während neu auch für eine
Verweistätigkeit nur noch von einer 80%igen Arbeitsfähigkeit auszugehen ist.
Insofern besteht auch kein Widerspruch zu früheren Feststellungen des
(damaligen) Verwaltungsgerichts. Hinzu kommt, dass die Beschwerdegegnerin in
der Verfügung 2016 einen Prozentvergleich vornahm, während sie sich im Jahr
2008 für die Ermittlung des Invalideneinkommens auf die Tabellenwerte
abstützte, wobei die Vorinstanz aufzeigt, dass auch die Anwendung dieser
Berechnungsmethode für die Zeit bis Juli 2015 nicht zu einem
anspruchsbegründenden Invaliditätsgrad führen würde.  
 
4.3. Dass die Vorinstanz das Gutachten als beweiskräftig erachtete und in
antizipierter Beweiswürdigung auf weitere Abklärungen bzw. auf eine Rückweisung
der Sache zu diesem Zweck verzichtete, erweist sich im Ergebnis nicht als
bundesrechtswidrig.  
 
5.   
Die Beschwerdeführerin beanstandet schliesslich, dass ihr trotz der
leidensbedingten Einschränkungen im ergonomischen Zumutbarkeitsprofil kein
leidensbedingter Abzug (von mindestens 20 %) gewährt worden sei. Mit dem Abzug
vom Tabellenlohn nach BGE 126 V 75 soll der Tatsache Rechnung getragen werden,
dass persönliche und berufliche Merkmale, wie Art und Ausmass der Behinderung,
Lebensalter, Dienstjahre, Nationalität oder Aufenthaltskategorie und
Beschäftigungsgrad Auswirkungen auf die Lohnhöhe haben können und je nach
Ausprägung die versicherte Person deswegen die verbliebene Arbeitsfähigkeit
auch auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem
erwerblichem Erfolg verwerten kann (BGE 135 V 297 E. 5.2 S. 301). Die
Vorinstanz hielt hierzu allerdings zu Recht fest, dass die leidensbedingten
Einschränkungen im ergonomischen Zumutbarkeitsprofil sowie in der gewährten
20%igen Leistungseinschränkung bereits berücksichtigt wurden (vgl. BGE 135 V V
297 E. 5.3 S. 302; 134 V 322 E. 5.2 S. 328) und die übrigen Merkmale vorliegend
nicht relevant sind. Anzufügen bleibt, dass vorliegend der Invaliditätsgrad
selbst bei einer Berücksichtigung des Tabellenlohns und unter Einbezug eines
Abzugs von 20 % weiterhin unter 40 % liegen würde. Die Beschwerde ist daher
abzuweisen. 
 
6.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 20. November 2017 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Betschart 

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