Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.336/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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8C_336/2017            

 
 
 
Urteil vom 11. Oktober 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiberin Kopp Käch. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG, Richtiplatz 1, 8304 Wallisellen, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Buff, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Wiedererwägung; Revision), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom
21. März 2017 (62/2015/1). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der 1967 geborene A.________ war seit 1. März 1988 als Gartenarbeiter bei
der B.________ AG, Garten- und Sportplatzbau, bzw. nach deren Konkurs bei der
C.________ AG, Garten- und Sportplatzbau, angestellt und dadurch bei den Elvia
Versicherungen (nachfolgend Elvia) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am
8. Juni 1993 wurde er auf dem Gehsteig am Bahnhof Schaffhausen von einem
Trolleybus angefahren und begab sich gleichentags ins Spital D.________, wo
während einer Nacht eine Commotioüberwachung durchgeführt wurde. A.________
klagte in der Folge über Kopfschmerzen und wurde deswegen neben der
hausärztlichen Betreuung mehrmals durch Dr. med. E.________, Facharzt für
Neurologie FMH, untersucht. Die Elvia holte ein Gutachten des Prof. Dr. med.
F.________, ebenfalls Facharzt für Neurologie FMH, Klinik G.________, vom 12.
Januar 1995 sowie verschiedene Stellungnahmen ihres beratenden Arztes Dr. med.
H.________, Spezialarzt FMH für Chirurgie, ein. Mit unangefochten in
Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 23. Mai 1997 sprach die Elvia A.________
ab 1. Juli 1997 eine Invalidenrente basierend auf einem Invaliditätsgrad von   
50 % sowie eine Integritätsentschädigung von 25 % zu.  
 
A.b. Die als Haftpflichtversicherung der Verkehrsbetriebe Schaffhausen
involvierte Winterthur Versicherungen liess bei Prof.   Dr. med. I.________ ein
weiteres Gutachten vom 1. Dezember 2000 erstellen. Am 19. September 2013 fand
ein Gespräch zwischen A.________ und der Schadeninspektorin der nunmehr als
Unfallversicherung zuständigen Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG
(nachfolgend Allianz) statt. Die Allianz holte in der Folge einen
Verlaufsbericht der Hausärztin Dr. med. K.________, Fachärztin Allgemeine
Medizin FMH, vom 4. November 2013 sowie ein Gutachten des Dr. med. L.________,
Facharzt für Neurologie FMH, vom 18. Februar 2014 ein. Nach Gewährung des
rechtlichen Gehörs stellte die Allianz die Versicherungsleistungen mit
Verfügung vom 8. Juli 2014 per 30. Juni 2014 ein, da die Voraussetzungen sowohl
für eine Wiedererwägung wie auch für eine Revision gegeben seien und die
aktuell geklagten Beschwerden weder natürlich noch adäquat kausal zum
Unfallereignis vom 8. Juni 1993 seien. An ihrem Standpunkt hielt sie mit
Einspracheentscheid vom 17. Dezember 2014 fest.  
 
B.   
Die hiegegen erhobene Beschwerde des A.________ hiess das Obergericht des
Kantons Schaffhausen mit Entscheid vom 21. März 2017 gut, hob den
Einspracheentscheid vom 17. Dezember 2014 auf und verpflichtete die Allianz,
dem Versicherten auch nach dem         30. Juni 2014 die gesetzlichen
Leistungen für die Folgen des Unfall-ereignisses vom 8. Juni 1993 zu gewähren. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt die Allianz
beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei ihr
Einspracheentscheid vom 17. Dezember 2014 zu bestätigen. Eventualiter sei
festzustellen, dass ein Rückkommenstitel vorliege und die Sache sei an die
Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese die Anspruchsvoraussetzungen über den
30. Juni 2014 hinaus beurteile. 
A.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Das Bundesamt für
Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Die Vorinstanz hat erwogen, dass die von der Beschwerdeführerin am 8. Juli
2014 verfügte und mit Einspracheentscheid vom 17. Dezember 2014 bestätigte
Einstellung der laufenden Invalidenrente per 30. Juni 2014 weder unter dem
Titel der Wiedererwägung noch der Revision zu schützen und daher der
Einspracheentscheid vom 17. Dezember 2014 aufzuheben sei. Streitig und zu
prüfen ist, ob das kantonale Gericht durch die Verneinung der Möglichkeit der
Rentenaufhebung Bundesrecht verletzt hat.  
 
2.2. Die massgeblichen Bestimmungen und Grundsätze zur Wiedererwägung (Art. 53
Abs. 2 ATSG) und zur Rentenrevision (Art. 17 Abs. 1 ATSG) sind im angefochtenen
Entscheid zutreffend dargelegt worden. Darauf wird verwiesen.  
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz verneinte zunächst das Vorliegen eines
Wiedererwägungsgrundes gemäss Art. 53 Abs. 2 ATSG im Wesentlichen mit der
Begründung, die ursprüngliche Rentenzusprechung sei nach damaliger Sach- und
Rechtslage nicht zweifellos unrichtig gewesen.  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin rügt, die Rentenverfügung vom 23. Mai 1997 habe auf
keiner verlässlichen medizinischen Grundlage basiert. Die Abklärungen zur
Arbeitsfähigkeit seien ungenügend und namentlich nicht bezüglich einer
leidensangepassten Tätigkeit erfolgt. Zudem sei keine schlüssige Beurteilung
der Kausalität vorgenommen worden. Insgesamt sei die ursprüngliche Verfügung
somit zweifellos unrichtig gewesen.  
 
3.3. Voraussetzung für eine Wiedererwägung gemäss Art. 53 Abs. 2 ATSG ist -
neben der vorliegend unbestrittenermassen vorhandenen erheblichen Bedeutung der
Berichtigung - eine zweifellose Unrichtigkeit der ursprünglichen Verfügung in
dem Sinne, dass kein vernünftiger Zweifel an der (von Beginn weg bestehenden)
Unrichtigkeit der Verfügung möglich, also einzig dieser Schluss denkbar ist
(SVR 2017 IV Nr. 4 S. 7, 9C_770/2015 E. 2.1). Das Erfordernis ist in der Regel
erfüllt, wenn eine Leistungszusprache unvertretbar ist, weil sie aufgrund
falscher oder unzutreffend verstandener Rechtsregeln erfolgt ist oder weil
massgebliche Bestimmungen nicht oder unrichtig angewandt wurden (BGE 140 V 77
E. 3.1 S. 79). Zweifellos unrichtig ist die Verfügung auch, wenn ihr ein
unhaltbarer Sachverhalt zugrunde gelegt wurde, insbesondere wenn eine klare
Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes zu einem unvollständigen Sachverhalt
führte (vgl. Art. 43 Abs. 1 ATSG; Urteil 8C_780/2016 vom 24. März 2017 E. 4.1
mit Hinweis). Anders verhält es sich, wenn der Wiedererwägungsgrund im Bereich
materieller Anspruchsvoraussetzungen liegt, deren Beurteilung notwendigerweise
Ermessenszüge aufweist. Erscheint die Beurteilung einzelner Schritte bei der
Feststellung solcher Anspruchsvoraussetzungen (Invaliditätsbemessung,
Arbeitsunfähigkeitsschätzung, Beweiswürdigung, Zumutbarkeitsfragen) vor dem
Hintergrund der Sach- und Rechtslage, wie sie sich im Zeitpunkt der
rechtskräftigen Leistungszusprechung darboten, als vertretbar, scheidet die
Annahme zweifelloser Unrichtigkeit aus (SVR 2017 IV Nr. 4 S. 7, 9C_770/2015 E.
2.1 mit Hinweisen). Ansonsten würde die Wiedererwägung zum Instrument einer
voraussetzungslosen Neuprüfung, was sich nicht mit dem Wesen der
Rechtsbeständigkeit formell zugesprochener Dauerleistungen vertrüge (SVR 2012
IV Nr. 18 S. 81, 9C_418/2010 E. 3.2; vgl. auch Urteil 8C_779/2014 vom 6. Mai
2015 E. 4.3 mit Hinweisen).  
 
3.4. Wie die Vorinstanz dargelegt hat, basierte die Rentenzusprache vom 23. Mai
1997 neben den Zwischenberichten der Hausärzte Dres. med. M.________ (bis
Sommer 1995) und K.________ (ab August 1995) auf Untersuchungsberichten des
Neurologen Dr. med. E.________ vom 9. Juli 1993, 19. Mai 1994 sowie 28. Oktober
1994, auf Stellungnahmen des die Unfallversicherung beratenden Dr. med.
H.________ vom 20. September 1994, 15. Februar 1995 sowie 13. Dezember 1995 und
namentlich auf dem von der Unfallversicherung eingeholten Gutachten des
Neurologen Prof. Dr. med. F.________ vom 12. Januar 1995.  
 
3.4.1. Prof. Dr. med. F.________ diagnostizierte posttraumatische,
persistierende und intermittierend auftretende Kopfschmerzen von migränoidem
Charakter. Aufgrund der Anamnese und Befunde ging er von einer milden
Schädelverletzung aus. Er führte die Beschwerden bei unauffälliger früherer
Anamnese und ohne irgendwelche nachweisbare Aggravationstendenzen
vollumfänglich auf das Unfallereignis zurück und bejahte ohne Zweifel einen
Zusammenhang mit dem am 8. Juni 1993 erlittenen Kopftrauma. Die Kopfschmerzen
würden - so der Gutachter - in der Regel innerhalb von sechs bis zwölf Monaten
deutlich geringer, bei ca. 15-30 % persistierten sie jedoch noch nach Jahren
und könnten zum Teil wie eine Migräne aussehen. Die Stellungnahme der
Unfallversicherung vom 26. September 1994, wonach aufgrund der Abklärungen die
noch bestehenden Beschwerden nicht mehr ausschliesslich oder überwiegend auf
den Unfall zurückzuführen seien, erachtete der Gutachter auf Nachfrage hin als
nicht mehr adäquat. Er führte aus, nach derzeitigen Kenntnissen könnten gewisse
Beschwerden wie Kopfschmerzen nach sogenannten kleinen Kopfverletzungen noch
über Jahre persistieren und der Versicherte weise keine unfallfremden Faktoren
auf, welche zur Persistenz beitragen könnten.  
 
3.4.2. Der Neurologe Dr. med. E.________ ging in den Untersuchungsberichten vom
9. Juli 1993 und 19. Mai 1994 ebenfalls von einem posttraumatischen Kopfschmerz
nach heftiger Schädelprellung aus. Am 28. Oktober 1994 bestätigte er die
Auffassung des Hausarztes, wonach die aktuellen Kopfschmerzen immer noch zu
einem überwiegenden Mass auf die Folgen des Unfallereignisses zurückgeführt
werden könnten. Die Schmerzen zeigten einen klaren zeitlichen sowie kausalen
Zusammenhang dazu und wiesen keine grosse Veränderung der Charakteristik als
Hinweis auf Überlagerungstendenzen auf. Oft seien Schmerzen nach einer
Schädelprellung sehr lange andauernd, therapieresistent und für den Betroffenen
sehr unangenehm. Der Versicherte erscheine arbeitswillig und motiviert, weshalb
nicht von einer Begehrungshaltung auszugehen sei.  
 
3.4.3. Nachdem der Hausarzt Dr. med. M.________ anfänglich Arbeitsunfähigkeiten
von 100 % und 50 % attestiert hatte, berichtete er am 24. Februar, 15. März,
31. Mai und 16. Juni 1995 über infolge heftiger Kopfschmerzen gescheiterte
Versuche der Arbeitsaufnahme. Die nachfolgende Hausärztin Dr. med. K.________
attestierte sodann in ihren Berichten vom 14. September, 26. Oktober und 11.
November 1995 wegen persistierender posttraumatischer Kopfschmerzen eine
höchstens 50%ige Arbeitsfähigkeit, solange es nicht gelinge, die
Kopfschmerzattacken zu vermindern oder abzuschwächen.  
 
3.4.4. Der beratende Arzt der Unfallversicherung Dr. med. H.________ hatte in
seiner ersten Stellungnahme vom 20. September 1994 ausgeführt, die Beschwerden
des Versicherten schienen sich zu chronifizieren, wobei ihm das Beschwerdebild
einen leicht hysterischen Eindruck mache. Er würde Arbeitsausfälle von der
Versicherung her keinesfalls länger als sechs Monate bzw. bis Ende 1993
übernehmen. Nach Durchsicht des Gutachtens vom 12. Januar 1995 hielt Dr. med.
H.________ am 15. Februar 1995 sodann fest, die Unfallversicherung sei wohl
gezwungen, die Angaben des Prof. Dr. med. F.________ zu akzeptieren und die
ausgefallenen Arbeitsstunden zu übernehmen. Man müsse jedoch "am Ball" bleiben
und im Frühjahr und Sommer 1995 weitere Berichte des Hausarztes einholen. Am
13. Dezember 1995 schliesslich nahm Dr. med. H.________ zum weiteren Verlauf
und zu den hausärztlichen Berichten Stellung. Er hielt fest, zweieinhalb Jahre
nach dem Unfallereignis könne man von chronischen posttraumatischen
Kopfschmerzen sprechen. Von einer Chronifizierung solcher Kopfschmerzen werde
in 20-30 % der Fälle ausgegangen. Nachdem die vom Gutachter und von der
Hausärztin empfohlenen Behandlungen durchgeführt worden seien, bezweifle er,
dass weitere Massnahmen dem Patienten helfen könnten. Die Arbeitsunfähigkeit
von 50 % könnte noch realistisch sein.  
 
3.5. Wenn die Vorinstanz bei gegebener Aktenlage eine zweifellose Unrichtigkeit
der ursprünglichen rentenzusprechenden Verfügung vom 23. Mai 1997 verneinte,
kann darin keine Verletzung von Bundesrecht gesehen werden. Von einer
Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes im Sinne einer unvollständigen
Sachverhaltsfeststellung kann in Anbetracht der verschiedenen ärztlichen
Stellungnahmen, des Gutachtens vom 12. Januar 1995 und des Beizugs von
neurologischen Fachärzten keine Rede sein. Neben der übereinstimmenden Diagnose
der posttraumatischen Kopfschmerzen bestand sodann insbesondere auch Einigkeit
darüber, dass die Beschwerden auf das Unfallereignis zurückzuführen seien und
deren Persistenz nicht durch unfallfremde Faktoren verursacht werde, was eine
Bejahung der Kausalität erlaubte. Zudem wurden die Kopfschmerzen als
therapieresistent qualifiziert und von weiteren Massnahmen keine wesentliche
Besserung mehr erwartet, was gegen einen verfrühten Fallabschluss spricht.
Soweit die Beschwerdeführerin rügt, die Arbeitsunfähigkeit sei nicht bzw. nicht
für eine leidensangepasste Tätigkeit geschätzt worden, ist zunächst auf die
erwähnten hausärztlichen Berichte und die Stellungnahme des   Dr. med.
H.________ vom 13. Dezember 1995 hinzuweisen, in welchen eine höchstens 50%ige
Arbeitsfähigkeit attestiert bzw. eine 50%ige Arbeitsfähigkeit als noch
realistisch qualifiziert wurde. Die Einschränkung der Arbeitsfähigkeit wurde
auf die sehr intensiven, plötzlich auftretenden, persistierenden
Kopfschmerzattacken von migränoidem Charakter zurückgeführt, was nicht auf eine
bestimmte Arbeitstätigkeit bezogen ist. Dass nicht eine zusätzliche
Einschätzung für eine leidensangepassste Tätigkeit vorlag, lässt sich mithin
nicht als mangelhafte Sachverhaltsfeststellung qualifizieren. Wenn die Elvia
zum damaligen Zeitpunkt nach der Beurteilung des beratenden Arztes auf weitere
Abklärungen verzichtete, kann dies zusammenfassend nicht nachträglich als klare
Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes gewertet werden. Nach damaliger Sach-
und Rechtslage war der Gesundheitszustand des Versicherten gestützt auf die
Aktenlage zuverlässig beurteilbar. Dass ein anderer Entscheid damals allenfalls
richtiger gewesen wäre oder dass gemäss heutiger Rechtsprechung die Sachlage
möglicherweise anders beurteilt würde, genügt nach Gesagtem nicht als Grund für
eine Wiedererwägung. Das kantonale Gericht hat demnach zutreffend eine
zweifellose Unrichtigkeit der rentenzusprechenden Verfügung vom 23. Mai 1997
als Voraussetzung der Wiedererwägung verneint.  
 
4.   
Umstritten ist im Weiteren, ob die vorinstanzliche Verneinung der
revisionsweisen Rentenaufhebung Bundesrecht verletzt. 
 
4.1. Eine revisionsrechtliche Rentenherabsetzung oder -aufhebung im Sinne von 
Art. 17 Abs. 1 ATSG setzt - wie das kantonale Gericht dargelegt hat - eine
anspruchserhebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse voraus, welche
entweder in einer objektiven Verbesserung des Gesundheitszustandes mit
entsprechend gesteigerter Arbeitsfähigkeit oder in geänderten erwerblichen
Auswirkungen einer im Wesentlichen gleich gebliebenen
Gesundheitsbeeinträchtigung liegen kann. Demgegenüber stellt eine bloss
abweichende Beurteilung eines im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhaltes
keine revisionsrechtlich relevante Änderung dar (BGE 112 V 371 E. 2b S. 372
unten; in BGE 136 V 216 nicht publizierte E. 3.2 des Urteils 8C_972/2009,
publiziert in: SVR 2011 IV Nr. 1 S. 1 mit Hinweis; Urteil 8C_432/2017 vom 19.
September 2017 E. 3.2 mit Hinweisen). Ist eine anspruchserhebliche Änderung des
Sachverhalts nicht mit dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt, bleibt es nach dem Grundsatz der
materiellen Beweislast beim bisherigen Rechtszustand (vgl. SVR 2013 IV    Nr.
44 S. 134, 8C_441/2012 E. 3.1.3 mit Hinweis; Urteil 9C_779/2015 vom 4. Mai 2016
E. 5.5). Die Frage der wesentlichen Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen
beurteilt sich durch Vergleich des Sachverhalts, wie er im Zeitpunkt der
ursprünglichen Rentenverfügung bestanden hat, mit demjenigen zur Zeit des
streitigen Einspracheentscheids (vgl. BGE 133 V 108 E. 5 S. 110 ff.; vgl. auch
BGE 134 V 131 E. 3 S. 132 f. mit Hinweis; Urteil 8C_829/2015 vom 27. Juni
2016      E. 3).  
 
4.2. Die Vorinstanz hat festgestellt, es sei weder eine erhebliche Verbesserung
des Gesundheitszustandes noch ein Wegfall des natürlichen Kausalzusammenhangs
nachgewiesen. Im Gutachten des       Dr. med. L.________ vom 18. Februar 2014,
welches der Rentenaufhebung zu Grunde liege, werde dargelegt, dass seit mehr
als zwanzig Jahren stationäre gesundheitliche Verhältnisse vorlägen. Das neue
Gutachten enthalte lediglich eine andere, dem heutigen Wissenstand
entsprechende Beurteilung des Gesundheitszustandes, welche die Voraussetzungen
für eine Rentenrevision nicht erfülle.  
 
4.3. Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, ist nicht stichhaltig.  
 
4.3.1. Der rentenaufhebenden Verfügung vom 8. Juli 2014 und dem
Einspracheentscheid vom 17. Dezember 2014 liegt im Wesentlichen das
neurologische Gutachten des Dr. med. L.________ vom 18. Februar 2014 zu Grunde.
Der Gutachter diagnostizierte darin eine Migräne ohne Aura. Er führte aus, von
einer Unfallkausalität im Sinne einer Verschlechterung einer zuvor klinisch
stummen Krankheitsanlage könne allenfalls zeitlich befristet, aber keinesfalls
nach einem mehr als zwanzigjährigen Verlauf gesprochen werden. Auch
wissenschaftliche Autoren würden eine unfallbedingte Migräneverschlechterung
über einen maximalen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten anerkennen, weshalb
spätestens im Juni 1994 der Status quo sine erreicht gewesen sei. Hinzu komme,
so der Gutachter, dass eine Migräne als eigenständige diagnostische Entität
auch aus eigener Dynamik heraus jederzeit neu auftreten könne und eine
individuelle unterschiedliche Dynamik verfolge. Seit Rentenbeginn seien keine
weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgetreten, die heute das
Beschwerdebild mitbestimmen würden und nicht als Folge des besagten
Unfallereignisses anzusehen seien. Die heute noch bestehende Migräne habe sich
bereits 1993 manifestiert. Der aktuelle Zustand hinsichtlich Attackenhäufigkeit
und -stärke sei nach Angaben des Versicherten seit mehr als zwanzig Jahren
stabil. Vergleichbare ähnliche Angaben fänden sich in den aktenkundigen
Berichten und in den Gutachten des Prof. Dr. med. F.________, dessen
Kausalitätsbeurteilung jedoch aus heutiger Sicht nicht mehr nachvollziehbar
sei. Beim Versicherten sei rein aufgrund der unfallfremden Migräneattacken und
dem aktuell durchgeführten rein symptomatischen Behandlungsregime keine
dauernde Einschränkung der Arbeitsfähigkeit ableitbar.  
 
4.3.2. Das Gutachten des Dr. med. L.________ vom 18. Februar 2014 belegt, wie
das kantonale Gericht zutreffend aufzeigt, dass beim Versicherten seit mehr als
zwanzig Jahren stationäre gesundheitliche Verhältnisse vorliegen. Wenn Dr. med.
L.________ ausführt, die heute noch bestehende Migräne habe sich bereits 1993
manifestiert, indes sei spätestens im Juni 1994 der Status quo sine erreicht
gewesen, widerspricht dies den Berichten des beratenden Arztes Dr. med.
H.________ sowie den gutachterlichen Ausführungen des Prof. Dr. med.
F.________. So hatte Prof. Dr. med. F.________ im Gutachten vom 12. Januar 1995
- mithin über ein halbes Jahr nach dem behaupteten Status quo sine -
posttraumatische, persistierende und intermittierend auftretende Kopfschmerzen
von migränoidem Charakter diagnostiziert und ohne Zweifel einen Zusammenhang
mit dem am 8. Juni 1993 erlittenen Kopftrauma bejaht. Dr. med. H.________
sodann hielt am 13. Dezember 1995 fest, zweieinhalb Jahre nach dem
Unfallereignis könne man von chronischen posttraumatischen Kopfschmerzen
sprechen, wobei in 20-30 % der Fälle von einer Chronifizierung solcher
Kopfschmerzen ausgegangen werde; eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % hielt er für
noch realistisch. In seinem Gutachten zuhanden der Haftpflichtversicherung vom
1. Dezember 2000 schliesslich diagnostizierte Prof. Dr. med. F.________
weiterhin chronifizierte, therapieresistente posttraumatische Kopfschmerzen,
ging von stationären Zuständen aus und schätzte die Arbeitsfähigkeit auf 50 %.
Mit dem kantonalen Gericht sind die abweichende diagnostische Einordnung des
Kopfschmerzes durch Dr. med. L.________ wie auch die unterschiedliche
Einschätzung der Arbeitsfähigkeit als bloss andere (medizinische) Beurteilung
eines im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhaltes zu qualifizieren, was -
wie dargelegt - keine revisionsrechtlich relevante Änderung im Sinne von Art.
17 Abs. 1 ATSG darstellt.  
 
4.4. Zusammenfassend erweist sich der vorinstanzliche Entscheid nicht als
bundesrechtswidrig, was zur Abweisung der Beschwerde führt.  
 
5.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Als unterliegende Partei hat
die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und
dem anwaltlich vertretenen Beschwerdegegner überdies eine Parteientschädigung
zu entrichten (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen und
dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 11. Oktober 2017 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch 

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