Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.330/2017
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

[displayimage]       
8C_330/2017            

 
 
 
Urteil vom 19. September 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin, 
Gerichtsschreiber Hochuli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Silvan Meier Rhein, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Suva, Abteilung Militärversicherung, Laupenstrasse 11, 3008 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Militärversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 16.
März 2017. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
 
A.a. A.________, geboren 1954, erlitt am 27. Oktober 1979 während eines
militärischen Wiederholungskurses eine bimalleoläre Luxationsfraktur des linken
oberen Sprunggelenks (OSG). Die Militärversicherung anerkannte die
Bundeshaftung und erbrachte in der Folge die gesetzlichen Leistungen. Im
Heilungsverlauf traten Komplikationen auf, welche zahlreiche operative
Eingriffe notwendig machten. Das bis 30. Juni 2005 für die Durchführung der
Militärversicherung zuständige Bundesamt für Militärversicherung (BAMV; ab 1.
Juli 2005: Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Abteilung
Militärversicherung [nachfolgend: Suva-MV oder Beschwerdegegnerin]) sprach dem
Versicherten für die Folgen dieses Unfalles ab 1. Oktober 1980 eine auf einem
Invaliditätsgrad von 100% basierende Invalidenrente zu).  
 
Nach erfolgreichen Eingliederungsbemühungen (vgl. auch Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichts [heute: sozialversicherungsrechtliche Abteilungen des
Bundesgerichts] M 14/88 vom 30. Mai 1989 Sachverhalt lit. A) konnte die
Invalidenrente mehrfach reduziert werden. Ab 1. März 1990 arbeitete der
Versicherte in der B.________ AG als Lagerist. Vom 1. Mai 1990 bis 31. Juli
2007 beruhte die Invalidenrente auf einem Invaliditätsgrad von 25%. Wegen immer
wieder auftretender Komplikation (unter anderem Ulzera) kam es wiederholt zu
neuen Heilbehandlungsphasen mit Arbeitsunfähigkeit und Taggeldanspruch. Die
Eidgenössische Invalidenversicherung sprach A.________ ab 1. September 2006 bei
einem Invaliditätsgrad von 60% eine Dreiviertelsrente zu (Verfügung vom 8. März
2011). Ab 1. August 2007 erhöhte die Suva-MV die Invalidenrente revisionsweise
wegen einer Zunahme der militärversicherten Beschwerden aufgrund eines neu auf
62% ermittelten Invaliditätsgrades. In Bezug auf die zuletzt im internen
Postdienst der B.________ AG ausgeübte Teilerwerbstätigkeit blieb der
Versicherte - nach einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit
Heilbehandlungsbedürftigkeit (unter anderem Diskussion einer Amputation) -
wegen seiner militärversicherten Gesundheitsschäden ab 14. Februar 2012 voll
arbeitsunfähig. Die B.________ AG löste deshalb das Arbeitsverhältnis per 31.
Dezember 2012 auf. Seit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit in der
Teilerwerbstätigkeit richtete ihm die Suva-MV neben der infolge
Überentschädigung gekürzten Invalidenrente zusätzlich ein ungekürztes Taggeld
aus. Von der Eidgenössischen Invalidenversicherung bezieht A.________ seit 1.
März 2012 aufgrund eines neu ermittelten Invaliditätsgrades von 100% eine ganze
Invalidenrente. Mit unangefochten in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 5.
November 2013 hielt die Suva-MV an der Überentschädigungsberechnung vom 20.
Dezember 2012 fest. Demnach entrichtete sie dem Versicherten ab 1. Januar 2013
eine gekürzte Invalidenrente von Fr. 3'449.75. Gleichzeitig anerkannte sie für
die Dauer der zusätzlichen Arbeitsunfähigkeit den Anspruch auf eine ungekürztes
Taggeld in Höhe von Fr. 78.05, welches sie seit 1. Januar 2013 direkt an den
Versicherten auszahlte. 
 
A.b. Mit einer ersten Verfügung vom 19. September 2014 (bestätigt durch
Einspracheentscheid vom 27. April 2016) sprach die Suva-MV dem Versicherten
erneut eine zusätzliche Integritätsschadenrente von 2,5% zu. Das
Verwaltungsgericht des Kantons Zug wies die hiegegen erhobene Beschwerde im
kantonalen Verfahren S 2016 69 mit unangefochten in Rechtskraft erwachsenem
Entscheid vom 27. Oktober 2016 ab.  
 
A.c. Mit einer zweiten Verfügung vom 19. September 2014 stellte die Suva-MV die
Taggeldleistungen per 31. Juli 2014 ein. Gleichzeitig revidierte sie die
Invalidenrente und gewährte A.________ ab 1. August 2014 eine Invalidenrente
basierend auf einem Invaliditätsgrad von 100% bei einer Haftung von 100% und
einem Leistungsansatz von 95%. Die monatliche Invalidenrente von Fr. 7'437.25
gelangte wegen Überentschädigung gekürzt zur Auszahlung. Auf Einsprache hin
drohte die Suva-MV dem Versicherten eine reformatio in peius an und gewährte
ihm die Möglichkeit zum Rückzug der Einsprache. Nachdem er statt dessen daran
festhielt, reduzierte die Suva-MV den Leistungsansatz androhungsgemäss auf 80%,
ermittelte sodann - bei im Übrigen unveränderten Parametern - für die Dauer vom
1. August bis 31. Dezember 2014 eine monatliche Invalidenrente von Fr. 6'262.95
und ab 1. Januar 2015 eine solche von Fr. 6'325.60; wegen Überentschädigung
gelangten auch diese Rentenbetreffnisse nur gekürzt zur Auszahlung
(Einspracheentscheid vom 16. September 2016).  
 
B.   
Dagegen beantragte A.________ beschwerdeweise, der Einspracheentscheid vom 16.
September 2016 sei aufzuheben (Rechtsbegehren Ziff. 1). Die Suva-MV haben ihm
rückwirkend spätestens ab 1. Januar 2013 eine Invalidenrente gestützt auf einen
Invaliditätsgrad von 100% auszurichten (Rechtsbegehren Ziff. 2). Die Rente sei
nach einer differenzierten Berechnung mit einem Leistungsansatz von 95%
bezüglich der bisherigen Rente und einem Leistungsansatz von 80% bezüglich des
nach Rentenrevision erhöhten Rentenanteils zu bemessen (Rechtsbegehren Ziff.
3). Das Verwaltungsgericht des Kantons Zug wies die Beschwerde im Verfahren S
2016 125 ab (Entscheid vom 16. März 2017). 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ vor
Bundesgericht in der Sache nur noch das vorinstanzliche Rechtsbegehren Ziff. 2
erneuern. Unter Aufhebung des angefochtenen Gerichts- und des
Einspracheentscheides habe ihm die Suva-MV rückwirkend ab 1. Januar 2013,
eventualiter spätestens ab 1. Oktober 2013, eine Invalidenrente basierend auf
einem Invaliditätsgrad von 100% auszurichten. 
 
Während Vorinstanz und Verwaltung auf Abweisung der Beschwerde schliessen,
verzichtet das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.   
 
2.1. Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze zum Anspruch auf
Heilbehandlung (Art. 16 Abs. 1 MVG), Taggeld (Art. 28 Abs. 1 MVG) und
Invalidenrente (Art. 40 Abs. 1 MVG) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt für die
Praxis, wonach bei Wiederaufnahme der Heilbehandlung die zusätzliche
Arbeitsunfähigkeit regelmässig durch ein Taggeld unter Weiterausrichtung der
bisherigen Rente entschädigt wird (Art. 42 MVG; vgl. dazu JÜRG MAESCHI,
Kommentar zum Bundesgesetz über die Militärversicherung [MVG] vom 19. Juni
1992, Bern 2000, N 7 f. zu Art. 42 MVG). Richtig sind auch die Hinweise zu dem
mit Einführung des ATSG per Ende 2002 aufgehobenen alt Art. 44 MVG, welcher
inhaltlich mit der per 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Regelung gemäss Art.
17 Abs. 1 ATSG übereinstimmt, sowie zum Verhältnis zwischen Art. 42 MVG und alt
Art. 44 MVG (vgl. dazu JÜRG MAESCHI, a.a.O., N 2 zu Art. 42 MVG). Darauf wird
verwiesen.  
 
2.2. Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:  
 
2.2.1. Die revisionsweise Anpassung der Invalidenrente in der
Militärversicherung richtet sich in Weiterführung der per 31. Dezember 2002
ersatzlos aufgehobenen bisherigen Regelung von alt Art. 44 MVG seit
Inkrafttreten des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts per 1. Januar 2003 nach Art. 17 Abs. 1 ATSG (vgl.
UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 3. Aufl. 2015, N 24 zu Art. 17 ATSG; Urteil 8C_781
/2008 vom 23. Juni 2009 E. 6.1 mit Hinweisen). Abgesehen von einer
terminologischen Vereinheitlichung sind damit keine grundsätzlichen materiellen
Änderungen verbunden, so dass die bisherige Rechtsprechung weiterhin zur
Anwendung gelangt (Urteil 8C_781/2008 vom 23. Juni 2009 E. 6.1).  
 
2.2.2. Der Beginn des revisionsrechtlich massgebenden Vergleichszeitraumes
(vgl. dazu Urteil 8C_781/2008 vom 23. Juni 2009 E. 6.2) liegt hier unbestritten
im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses, auf welchem der Einspracheentscheid vom
18. März 2010 basiert. Gestützt darauf richtete die Suva-MV dem Versicherten ab
1. August 2007 bei einem Invaliditätsgrad von 62% eine entsprechende
Invalidenrente aus. Der Vergleichszeitraum endet (hier: am 16. September 2016)
im Zeitpunkt des Einspracheentscheides des Sozialversicherungsträgers (Urteil
8C_781/2008 vom 23. Juni 2009 E. 6.2 i.f. mit Hinweis).  
 
3.   
Fest steht und unbestritten ist, dass sich der Invaliditätsgrad innerhalb des
massgebenden Vergleichszeitraumes (E. 2.2.2 hievor) auf 100% erhöht hat. Vor
Bundesgericht bleibt einzig strittig, ab welchem Zeitpunkt der Versicherte
Anspruch auf eine entsprechend angepasste Invalidenrente der
Militärversicherung hat. 
 
3.1. Während Verwaltung und Vorinstanz den Beginn der revisionsweise auf einen
Invaliditätsgrad von 100% erhöhten Invalidenrente auf den 1. August 2014
festsetzten, verlangt der Beschwerdeführer, die Suva-MV habe ihm diese Rente
schon ab 1. Januar 2013, spätestens aber ab 1. Oktober 2013 auszurichten. Mit
Blick auf die unangefochten in Rechtskraft erwachsene Verfügung vom 5. November
2013 legt der Versicherte nicht dar und ist nicht ersichtlich, inwiefern diese
Verfügung Bundesrecht verletzt, in Wiedererwägung zu ziehen, revisionsweise
aufzuheben oder abzuändern wäre. Es fehlen Anhaltspunkte dafür, dass der
Beschwerdeführer entsprechende Anträge stellt oder jemals gestellt hat. Er
macht auch nicht geltend, es sei auf die ausdrücklich für die Zeit ab 1. Januar
2013 erläuterten Leistungen der Suva-MV gemäss Verfügung vom 5. November 2013
zurückzukommen. Dennoch begründet der Versicherte sein finanzielles
Streitinteresse auch mit hier zu beurteilender Beschwerde im Wesentlichen mit
derselben vergleichenden Überentschädigungsberechnung, die bereits vor Erlass
der Verfügung vom 5. November 2013 seit Anfang 2013 Gegenstand eines mehrfachen
Schriftenwechsels gebildet hatte. Wie die Suva-MV dem Beschwerdeführer jedoch
bereits mit Verfügung vom 5. November 2013 zutreffend und unwidersprochen unter
Verweis auf Art. 42 MVG dargelegt hat, richtete sie ihm seit Wiederaufnahme der
Heilbehandlung für die zusätzliche Arbeitsunfähigkeit in Bezug auf die
Teilerwerbstätigkeit bei der B.________ AG ab Februar 2012 neben der
weiterlaufenden Invalidenrente ein ungekürztes Taggeld aus.  
 
3.2. Laut angefochtenem Entscheid sind sich die Parteien im Grundsatz einig,
dass der Eintritt der massgebenden Sachverhaltsänderung der korrekte Zeitpunkt
für die revisionsweise Rentenerhöhung ist. Der Versicherte erhebt gegen diese
Feststellung keine Einwände. Vielmehr bezieht sich seine Argumentation vor
Bundesgericht auf diese Fragestellung.  
 
4.   
Nach dem Gesagten ist allein entscheidend, ab welchem Zeitpunkt medizinisch
hinreichend zuverlässig geklärt war, dass die ab Mitte Februar 2012 erneut zu
Arbeitsunfähigkeit führenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen
(rezidivierende Ulcusbildung im Bereich des linken Fusses) stabil und dauerhaft
keinen namhaften Verbesserungen durch weitere Heilbehandlungsmassnahmen mehr
zugänglich waren. 
 
4.1. Nach eingehender Würdigung der umfangreichen medizinischen Aktenlage hat
die Vorinstanz zutreffend erkannt, dass die Suva-MV aus hinreichenden Gründen
erst ab Juli 2014 auf den Eintritt einer definitiv anhaltenden Verschlechterung
des Gesundheitszustandes ohne Verbesserungsmöglichkeiten schliessen musste.
Erst gegen Ende Mai 2014 erstattete Dr. med. C.________ das letzte, von der
Beschwerdegegnerin veranlasste Gutachten, worin der explorierende Orthopäde
auch zu Fragen nach allfälligen weiteren Behandlungsmöglichkeiten sowie zu
Ausmass und Dauerhaftigkeit der Arbeitsunfähigkeit Stellung zu nehmen hatte. Zu
Recht hat das kantonale Gericht auch nicht beanstandet, dass die Suva-MV die
Gutachten abschliessend noch zur Prüfung der medizinischen Nachvollziehbarkeit
dem kreisärztlichen Dienst vorlegte, bevor sie mit dem im
Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181; SVR 2008 MV Nr. 2 S. 6, M 2/06
E. 4.1 mit Hinweis) darauf schloss, dass nunmehr von weiteren
Heilbehandlungsmassnahmen keine namhafte Verbesserung des Gesundheitszustandes
mehr zu erwarten und daher von stabilen Verhältnissen auszugehen war.  
 
4.2. Der Suva-MV sind in der Fallführung keine Versäumnisse vorzuwerfen. Der
Beschwerdeführer wurde während seiner langjährigen komplexen Leidensgeschichte,
welche immer wieder von neu auftretenden Heilbehandlungsphasen geprägt war,
wiederholt sehr eingehend spezialmedizinisch untersucht und begutachtet. Mit
Schreiben vom 24. Mai 2013 kündigte die Beschwerdegegnerin dem Rechtsvertreter
des Versicherten die Einleitung einer umfassenden medizinischen
Revisionsbegutachtung an und stellte ihm den Fragenkatalog zu. Hiegegen liess
der Beschwerdeführer einwenden, es sei zu einer erneuten Verschlechterung
seines Gesundheitszustandes mit Behandlungsbedürftigkeit gekommen. Es handle
sich dabei um ein labiles Geschehen. Er beantrage deshalb, die beabsichtigte
Begutachtung aufzuschieben. Die Suva-MV hielt gestützt auf die Einschätzung des
Kreisarztes Dr. med. D.________ an der geplanten Begutachtung fest und gewährte
dem Versicherten auf dessen ausdrücklichen Wunsch hin nochmals die Gelegenheit,
Ergänzungsfragen zu stellen. Ohne von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen und
ohne Einwände gegen das geplante Vorgehen zu erheben, veranlasste die
Beschwerdegegnerin am 5. September 2013 wie angekündigt bei den Dres. med.
E.________ und C.________, die entsprechenden fachärztlichen Begutachtungen.
Diese Abklärungen waren im November/Dezember 2013 noch im Gange, als der
Beschwerdeführer die Verfügung der Suva-MV vom 5. November 2013 (vgl. dazu auch
E. 3.1 hievor) unangefochten in Rechtskraft erwachsen liess. Fest steht und
unbestritten ist, dass das Gutachten des Dr. med. C.________ vom 30. April 2014
erst am 26. Mai 2014 bei der Beschwerdegegnerin eintraf. Der Orthopäde ging
davon aus, dass von weiteren Heilbehandlungsmassnahmen - insbesondere
ausdrücklich auch von einer Amputation - keine garantierte Beschwerdefreiheit
erwartet werden könne, zumal chronische Phantomschmerzen nicht auszuschliessen
seien. Nach Überprüfung der medizinischen Aktenlage durch Dr. med. D.________
vom 27. Juni 2014 kündigte die Suva-MV dem Versicherten mit Vorbescheid vom 6.
August 2014 die revisionsweise Aufhebung der 62%-igen Invalidenrente per 31.
Juli 2014 und die unbefristete Ausrichtung einer 100%-igen Invalidenrente ab 1.
August 2014 an. Hiegegen liess er innert gesetzter und auf Gesuch hin
erstreckter Frist vor Verfügungserlass keine Einwände erheben.  
 
4.3. Entgegen dem Beschwerdeführer liegt es nicht im freien Ermessen des
Sozialversicherungsträgers, wann dieser die Abklärungen abschliessen und "sich
vom Vorliegen eines stabilen Geschehens überzeugt zeigen darf, um dann die
Rentenrevision durchzuführen."  
 
4.3.1. Schon der Wortlaut von Art. 40 Abs. 1 MVG in Verbindung mit Art. 8 Abs.
1 ATSG verweist auf das zeitliche Kriterium des Invaliditätsbegriffs. Es
unterscheidet die Invalidität von der Erwerbsunfähigkeit (vgl. UELI KIESER,
a.a.O., N 11 zu Art. 8 ATSG). Die bleibende Erwerbsunfähigkeit setzt
grundsätzlich einen stabilen Gesundheitszustand voraus (UELI KIESER, a.a.O., N
16 zu Art. 8 ATSG). Eine nur vorübergehende behandlungsbedürftige Zunahme der
Arbeitsunfähigkeit fällt demgegenüber in den Anwendungsbereich von Art. 42 MVG
(vgl. dazu hievor E. 3.1 i.f. sowie JÜRG MAESCHI, a.a.O., N 2 zu Art. 42 MVG).
Erst bei einer länger dauernden oder bleibenden Zunahme der Erwerbsunfähigkeit
gelangen die Regeln über die Rentenrevision zur Anwendung (JÜRG MAESCHI,
a.a.O., N 2 zu Art. 42 MVG). Bei Erhöhung des Invaliditätsgrades widerspräche
es dem Grundsatz, wonach die Rente für die Zukunft neu festzusetzen ist, wenn
die Rente stets rückwirkend auf den Eintritt der anspruchsbeeinflussenden
Änderung neu festgesetzt würde (JÜRG MAESCHI, a.a.O., N 29 zu Art. 44 MVG). Der
Nachweis der Invalidität im Rechtssinn setzt eine gesundheitlich bedingte,
erhebliche und evidente, dauerhafte sowie objektivierbare Beeinträchtigung der
Arbeits- und Erwerbsfähigkeit voraus. In jedem Fall hat eine sorgfältige
Plausibilitätsprüfung der geltend gemachten Funktionseinschränkungen zu
erfolgen (BGE 140 V 290 E. 3.3.1 S. 296 mit Hinweis). Erst wenn von der
Fortsetzung der ärztlichen Behandlung aus prognostischer Sicht (vgl. Urteil
8C_888/2013 vom 2. Mai 2014 E. 4.1 mit Hinweisen) keine namhafte Besserung des
Gesundheitszustandes mehr zu erwarten ist, welche die Erwerbsfähigkeit günstig
zu beeinflussen vermag (JÜRG MAESCHI, a.a.O., N 5 zu Art. 40 MVG), und eine
voraussichtlich bleibende oder länger dauernde Invalidität eingetreten ist,
erfolgt der Übergang vom Taggeld zur Rente (JÜRG MAESCHI, a.a.O., N 17 zu Art.
40 MVG).  
 
4.3.2. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, und es ist nicht ersichtlich, dass
die Suva-MV schon vor Kenntnisnahme vom Gutachten des Dr. med. C.________ mit
dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit auf einen
stabilen Gesundheitszustand schliessen musste. Im Gegenteil ging Kreisarzt Dr.
med. D.________ sowohl im Oktober 2012 als auch im März 2013 mit
nachvollziehbarer Begründung noch davon aus, dass die Wiedererlangung des
Vorzustandes vor Oktober 2011 mit Teilerwerbsfähigkeit zu erwarten bzw. im
Frühjahr 2013 tatsächlich eine Verbesserung der gesundheitlichen Situation
eingetreten sei. Gemäss angefochtenem Entscheid steht in tatsächlicher Hinsicht
fest, dass die Beschwerdegegnerin erst nach Kenntnisnahme und kreisärztlicher
Würdigung des zweiten Teilgutachtens des Dr. med. C.________ im Juli 2014
endgültig Klarheit über die fehlenden Verbesserungsmöglichkeiten des
Gesundheitszustandes erlangte. Das kantonale Gericht verweist zutreffend
darauf, dass die entsprechenden medizinischen Abklärungen im stillschweigenden
Einverständnis (vgl. E. 4.2 hievor) des Versicherten von der Suva-MV im
September 2013 veranlasst worden waren. Ebenfalls stillschweigend anerkannte
der Beschwerdeführer die gestützt auf Art. 42 MV bundesrechtskonform erbrachten
und mit rechtskräftiger Verfügung vom 5. November 2013 erläuterten Leistungen
der Suva-MV.  
 
4.3.3. Zusammenfassend ist nicht zu beanstanden, dass die Beschwerdegegnerin
erst nach vollständigem Abschluss der medizinischen Abklärungen im Juli 2014
auf einen stabilen Gesundheitszustand schloss (vgl. E. 4.2 hievor). Erst ab
diesem Zeitpunkt musste die Suva-MV davon ausgehen, dass angesichts des
erreichten stabilen Zustandes von weiteren Heilbehandlungsmassnahmen endgültig
keine Verbesserung der gesundheitlichen Verhältnisse mehr zu erwarten war. Bis
dahin hat die Beschwerdegegnerin dem Versicherten die gesetzlichen Leistungen
gestützt auf Art. 42 MVG erbracht. Die revisionsweise Erhöhung der
Invalidenrente bei einem neuen Invaliditätsgrad von 100% ab 1. August 2014 ist
bundesrechtskonform. Was der Beschwerdeführer im Übrigen hiegegegen vorbringt,
ist unbegründet.  
 
5.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Der unterliegende Beschwerdeführer hat die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem
Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 19. September 2017 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Hochuli 

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben