Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.2/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
8C_2/2017          

Urteil vom 16. August 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Bundesrichterin Viscione,
Gerichtsschreiber Krähenbühl.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Krapf,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zug, Baarerstrasse 11, 6300 Zug,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Einkommensvergleich, Parallelisierung der
Vergleichseinkommen),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 24.
November 2016.

Sachverhalt:

A. 
Mit Verfügung vom 8. Juni 2016 sprach die IV-Stelle des Kantons Zug A.________
bei einem Invaliditätsgrad von 42 % rückwirkend ab 1. Januar 2015 eine
Viertelsrente zu.

B. 
Die dagegen mit dem Antrag auf Zusprechung einer ganzen, eventuell einer halben
Invalidenrente erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug
mit Entscheid vom 24. November 2016 ab. Abweichend von der IV-Stelle ging es
zwar davon aus, dass A.________ ein unterdurchschnittliches Einkommen erzielen
würde, wäre er nicht invalid geworden. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen,
nahm es bei der Invaliditätsbemessung mittels Einkommensvergleichs eine
Parallelisierung der Vergleichseinkommen vor, gelangte aber auch dabei zum
Schluss, dass der für einen Anspruch auf eine halbe Invalidenrente
erforderliche Invaliditätsgrad von 50 % nicht erreicht werde.

C. 
A.________ lässt dagegen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
führen mit dem Begehren, es sei ihm in Abänderung des angefochtenen Entscheides
ab 1. Januar 2015 eine halbe Invalidenrente zuzusprechen.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das kantonale Gericht
verweist auf den angefochtenen Entscheid, ohne sich zur Sache nochmals
materiell zu äussern. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf
eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann eine - für den Ausgang des
Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - vorinstanzliche
Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
(Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.

2.1. Gerügt wird in der Beschwerdeschrift einzig der vorgenommene
Einkommensvergleich. Beanstandet wird dabei die von der Vorinstanz - anders als
von der Verwaltung - konkret zur Anwendung gebrachte Rechtsprechung zur
Parallelisierung der Vergleichseinkommen (vgl. die dazu publizierten Urteile in
BGE 141 V 1, 140 V 41, 139 V 592,135 V 297, 134 V 322). Insoweit hat das
kantonale Gericht die für die Beurteilung des streitigen Rentenanspruches (Art.
28 Abs. 1 IVG) - namentlich die Ermittlung des Invaliditätsgrades bei
Erwerbstätigen nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG) -
massgebenden gesetzlichen Bestimmungen zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen.

2.2.

2.2.1. Anders als die mit der Invaliditätsbemessung betraute IV-Stelle ist das
kantonale Gericht - wie der Beschwerdeführer auch - zum Schluss gelangt, dass
die ohne gesundheitliche Beeinträchtigung mutmasslich erzielten Einkünfte
(Valideneinkommen) deutlich unter den branchenüblichen Ansätzen bei
Bauarbeitern liegen, so dass beim Einkommensvergleich eine Parallelisierung der
Vergleichseinkommen vorzunehmen ist. Dies ist von der Verwaltung zu Unrecht
ausser Acht gelassen worden. Festgestellt hat die Vorinstanz, dass der
Beschwerdeführer im Gesundheitsfall einen Jahreslohn von Fr. 56'104.-
realisieren würde. Der vom Bundesamt für Statistik im Rahmen seiner periodisch
durchgeführten Lohnstrukturerhebung (LSE) ermittelte Tabellenwert betrug im
Baugewerbe im Jahr 2012 (LSE 2012) monatlich Fr. 5'430.-. Angepasst an eine
branchenübliche wöchentliche Arbeitszeit im Jahr 2014 von 41,5 Stunden und den
Lohnindex 2014 (2'220 gegenüber noch 2'188 im Jahr 2012) ergab sich somit ein
Monatslohn von Fr. 5'716.01 und ein Jahreslohn von Fr. 68'592.21. Bei der vom
Beschwerdeführer geltend gemachten Normalarbeitszeit von 41,9 Stunden wären es
jährlich Fr. 69'253.34. Das für den Beschwerdeführer als Zwischenresultat
vorerst ermittelte Valideneinkommen von jährlich Fr. 56'104.- liegt damit 18,20
% unter der branchenüblichen Entlöhnung von Fr. 68'592,21. Bei der geltend
gemachten Normalarbeitszeit von wöchentlich 41,9 Stunden betrüge die
Unterdurchschnittlichkeit 18,98 %.

2.2.2. Dies hat nach der Rechtsprechung zur Folge, dass entweder der trotz
gesundheitlicher Beeinträchtigung unbestrittenermassen zumutbare
Jahresverdienst von Fr. 32'602.- (Invalideneinkommen) um den 5 % übersteigenden
Prozentsatz der Unterdurchschnittlichkeit von 18,20 %, mithin um 13,20 % auf
Fr. 28'298.53 herabzusetzen ist. Ein Vergleich des Valideneinkommens von Fr.
56'104.- mit den Invalideneinkommen von Fr. 28'298.53 ergibt einen
Invaliditätsgrad von 49,56 %, mithin ein Ergebnis, das - nach Aufrundung (vgl.
BGE 130 V 121) - bei einem Invaliditätsgrad von 50 % die beantragte Gewährung
einer halben Invalidenrente rechtfertigt. Ginge man - wie der Beschwerdeführer
will - von einer Normalarbeitszeit von 41,9 Wochenstunden aus, wäre das
Invalideneinkommen um 13,98 % (18,98 % - 5 %) auf Fr. 28'044.24 herabzusetzen.
Verglichen mit dem Valideneinkommen von Fr. 56'104.- ergäbe sich ein
Invaliditätsgrad von 50,01 %, was wiederum zu einem Invaliditäsgrad von 50 %
und damit zu einem Anspruch auf eine halbe Invalidenrente führen würde.
Verglichen mit dem Valideneinkommen von Fr. 56'104.- ergibt sich also ein
Invaliditätsgrad von 49,56 %, gerundet somit 50 %. Damit ist die Beschwerde
gutzuheissen. Der Beschwerdeführer hat ab. 1. Januar 2015 Anspruch auf eine
halbe Invalidenrente. Es erübrigt sich, die umstrittene Normalarbeitszeit im
Baugewerbe im Jahre 2014 (E. 2.2.1 hiervor) genauer zu klären, da das Ergebnis
keine Auswirkungen auf den Ausgang des Verfahrens zeitigen würde. Ebenso
befasst sich das Bundesgericht nicht mit den vom Beschwerdeführer
vergleichsweise angeführten Berechnungsvarianten.

2.2.3. Wie die Rechtsprechung festgehalten hat, führt es zum selben Ergebnis,
wenn das Valideneinkommen von Fr. 56'104.- um die prozentuale
Unterdurchschnittllichkeit des Valideneinkommens gegenüber branchenüblichen
Löhnen (hier: 18,20 %) - soweit sie 5 % übersteigt (hier also 13,20 % ausmacht)
- angehoben wird (BGE 134 V 322 E. 4.1 S. 325 f.). Dies hat die Vorinstanz denn
auch gemacht. Allerdings ist ihr dabei ein Fehler unterlaufen. Sie hat das
Valideneinkommen von Fr. 56'104.- um 13,20 % erhöht, was - nach ihrer Rechnung
aufgerundet - Fr. 63'510.- (113,2 % von Fr. 56'104.-) ergab. Verglichen mit dem
Invalideneinkommen von Fr. 32'602.- resultierte so ein Invaliditätsgrad von
48,66 %, was für die Zusprache einer halben Invalidenrente nicht genügt.

Richtig betrachtet handelt es sich beim Betrag von Fr. 56'104.- indessen um den
bereits um die Unterdurchschnittlichkeit des Valideneinkommens - soweit sie 5 %
übersteigt - also um 13,20 % auf 86,80 % reduzierten Betrag. Die Fr. 56'104.-
sind deshalb im Zuge der Parallelisierung von 86,80 % auf 100 % zu erhöhen und
nicht - wie dies die Vorinstanz gemacht hat - von 100 % auf 113,2 %. Von 86,8 %
auf 100 % erhöht ergeben sich Fr. 64'635.94. Verglichen mit dem unbestrittenen
Invalideneinkommen von Fr. 32'602.- führt auch dies zu einem Invaliditätsgrad
von 49,56 %. Es resultiert also genau derselbe Invaliditätsgrad, der schon
mittels Herabsetzung des Invalideneinkommens ermittelt worden ist (E. 2.2.2
hiervor). Aufgerundet ergibt also auch diese Berechnung Anspruch auf eine halbe
Invalidenrente. Nicht beizupflichten ist demnach der Argumentation des
Beschwerdeführers, wonach es nicht zutreffe, dass die Parallelisierung der
Vergleichseinkommen - wie dies praxisgemäss geschieht - entweder auf Seiten des
Valideneinkommens durch eine entsprechende Heraufsetzung des effektiv erzielten
Einkommens, allenfalls durch Abstellen auf statistische Werte, oder aber auf
Seiten des Invalideneinkommens durch eine entsprechende Herabsetzung des
statistischen Wertes erfolgen könne. Dies trifft - wie gezeigt - zu.

3. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten (Art. 65 Abs. 1 und
Abs. 4 lit. a BGG) von der Beschwerdegegnerin als unterliegender Partei zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese hat dem obsiegenden Beschwerdeführer
überdies für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung
auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Für das kantonale Verfahren wird die
Vorinstanz die Kosten- und Entschädigungsfolgen entsprechend dem Ausgang des
letztinstanzlichen Prozesses neu festzusetzen haben (Art. 67 und 68 Abs. 5 Satz
2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zug, Sozialversicherungsrechtliche Kammer, vom 24. November 2016 und
die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Zug vom 8. Juni 2016 werden dahingehend
abgeändert, dass der Beschwerdeführer ab 1. Januar 2015 Anspruch auf eine halbe
Invalidenrente hat.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Zug,
Sozialversicherungsrechtliche Kammer, zurückgewiesen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem
Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 16. August 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Krähenbühl

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