Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.274/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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8C_274/2017            

 
 
 
Urteil vom 11. September 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiberin Hofer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft AG, Direktion Bern,
Bundesgasse 35, 3011 Bern, vertreten durch Advokat Andrea Tarnutzer-Münch, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. A.________ AG, 
 
2. B.________, 
    beide vertreten durch Rechtsanwalt Arthur Schilter, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungs-gerichts des Kantons Graubünden
vom 9. März 2017. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
B.________ war seit dem 1. Oktober 2008 bei der A.________ AG angestellt. Mit
Zuweisungsverfügung der Ersatzkasse UVG vom 10. Juni 2009 wurde die
Gesellschaft der Schweizerischen Mobiliar Versicherungsgesellschaft AG
(nachfolgend: Mobiliar) zugewiesen. Am 29. Dezember 2014 verunfallte B.________
beim Training auf der Rennpiste. Dabei zog er sich einen Kreuzbandriss am
linken Knie zu. Die Mobiliar kam für die Heilbehandlung auf und richtete
Taggelder aus. Mit Verfügung vom 1. Juni 2015 teilte sie B.________ mit, dass
sie die Taggeldleistungen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne
Präjudiz bis längstens 30. April 2015 erbringe. Weitere Taggelder lehnte sie
ab, da für die Tätigkeit als Skirennfahrer kein Versicherungsschutz der
obligatorischen Unfallversicherung bestehe. Die A.________ AG sei laut
Handelsregistereintrag eine reine Beratungsfirma, während die
Skirennfahrertätigkeit eine private Tätigkeit von B.________ darstelle, die
nicht unter den obligatorischen Unfallversicherungsschutz falle. Gleichzeitig
hob die Mobiliar die obligatorische Unfallversicherung gemäss UVG per 30. April
2015 auf. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 28. Januar 2016 fest. 
 
B.   
Die von B.________ und der A.________ AG dagegen erhobene Beschwerde hiess das
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden mit Entscheid vom 9. März 2017 gut,
soweit es darauf eintrat. Es hob den Einspracheentscheid auf und verpflichtete
die Mobiliar, B.________ für die Folgen des Unfallereignisses vom 29. Dezember
2014 über den 30. April 2015 hinaus Versicherungsleistungen nach UVG zu
erbringen. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt die Mobiliar die
Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und die Bestätigung des
Einspracheentscheids beantragen. 
B.________ und die A.________ AG schliessen auf Abweisung der Beschwerde,
soweit darauf einzutreten ist. Das kantonale Gericht beantragt unter Hinweis
auf den angefochtenen Entscheid Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten ist. Das Bundesamt für Gesundheit hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist
folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht
der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend
gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich
sind.  
 
1.2. Im Streit, ob für ein Unfallereignis Versicherungsdeckung besteht, kommt
die Ausnahmeregelung des Art. 105 Abs. 3 (in Verbindung mit Art. 97 Abs. 2) BGG
ungeachtet dessen, dass von der Beurteilung der Streitfrage auch Ansprüche auf
Geldleistungen der obligatorischen Unfallversicherung abhängen können, nicht
zur Anwendung. Das Bundesgericht kann somit die vorinstanzlichen
Sachverhaltsfeststellungen nur im Rahmen von Art. 105 Abs. 1 und 2 (in
Verbindung mit Art. 97 Abs. 1) BGG überprüfen (BGE 135 V 412). Demnach legt es
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (
Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG) und wenn
die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Nach Art. 1a Abs. 1 UVG sind die in der Schweiz beschäftigten Arbeitnehmer
- nebst anderen, hier nicht interessierenden Personenkategorien - obligatorisch
nach den Bestimmungen des UVG versichert. Als Arbeitnehmer gemäss dieser
Gesetzesbestimmung gilt nach Art. 1 UVV, wer eine unselbstständige
Erwerbstätigkeit im Sinne der Bundesgesetzgebung über die Alters- und
Hinterlassenenversicherung (AHV) ausübt. Die Rechtsprechung hat im Sinne
leitender Grundsätze als Arbeitnehmer gemäss UVG bezeichnet, wer um des Erwerbs
oder der Ausbildung willen für einen Arbeitgeber, mehr oder weniger
untergeordnet, dauernd oder vorübergehend tätig ist, ohne hiebei ein eigenes
wirtschaftliches Risiko tragen zu müssen (BGE 115 V 55 E. 2d S. 58 f.; ebenso
SVR 2012 UV Nr. 9 S. 32, 8C_503/2011 E. 3.4). Aus diesen Grundsätzen allein
lassen sich indessen noch keine einheitlichen, schematisch anwendbaren Lösungen
ableiten. Die Arbeitnehmereigenschaft ist daher jeweils unter Würdigung der
gesamten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen (SVR 2016 UV   Nr. 40 S. 135,
8C_176/2016 E. 2).  
 
2.2. In der Schweiz wohnhafte Selbstständigerwerbende und ihre nicht
obligatorisch versicherten mitarbeitenden Familienglieder können sich
freiwillig versichern (Art. 4 UVG). Eine freiwillige Versicherung kann auch
abschliessen, wer teilweise als Arbeitnehmer tätig ist (Art. 134 Abs. 1 UVV).
Der Versicherer kann in begründeten Fällen, namentlich bei bestehenden
erheblichen und dauernden Gesundheitsschädigungen sowie bei Vorliegen einer
besonderen Gefährdung im Sinne von Art. 78 Abs. 2 der Verordnung über die
Unfallverhütung, den Abschluss der Versicherung ablehnen (Art. 134 Abs. 3 UVV;
vgl. dazu BGE 137 V 193).  
 
2.3. Findet ein Arbeitgeber, der nicht in den Zuständigkeitsbereich der Suva
fällt, keinen Versicherer, der bereit ist, sein Personal zu versichern, weist
ihn die Ersatzkasse einem Versicherer gemäss Art. 68 UVG zu (Art. 73 Abs. 2 UVG
; BGE 137 V 193 E. 5.3.1 S. 197).  
 
3.   
Der in Art. 9 BV verankerte Grundsatz von Treu und Glauben statuiert ein Verbot
widersprüchlichen Verhaltens und verleiht einer Person Anspruch auf Schutz des
berechtigten Vertrauens in behördliche Zusicherung oder sonstiges, bestimmte
Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden (BGE 141 V 530 E. 6.2 S. 538;
131 II 627    E. 6.1 S. 636). Die Voraussetzung für eine Berufung auf
Vertrauensschutz, die unter bestimmten Voraussetzungen eine vom materiellen
Recht abweichende Behandlung der Rechtsuchenden gebieten kann, ist erfüllt; 1.
wenn die Behörde in einer konkreten Situation mit Bezug auf bestimmte Personen
gehandelt hat; 2. wenn sie für die Erteilung der betreffenden Auskunft
zuständig war oder wenn die rechtsuchende Person die Behörde aus zureichenden
Gründen als zuständig betrachten durfte; 3. wenn die Person die Unrichtigkeit
der Auskunft nicht ohne weiteres erkennen konnte; 4. wenn sie im Vertrauen auf
die Richtigkeit der Auskunft Dispositionen getroffen hat, die nicht ohne
Nachteil rückgängig gemacht werden können, und 5. wenn die gesetzliche Ordnung
seit der Auskunftserteilung keine Änderung erfahren hat. Der unrichtigen
Auskunft gleichgestellt ist die Unterlassung einer behördlichen Auskunft, die
gesetzlich vorgeschrieben oder nach den im Einzelfall gegebenen Umständen
geboten war. Die dritte Voraussetzung lautet diesfalls: wenn die Person den
Inhalt der unterbliebenen Auskunft nicht kannte oder deren Inhalt so
selbstverständlich war, dass sie mit einer anderen Auskunft nicht hätte rechnen
müssen (BGE 131 V 472 E. 5 S. 480). 
 
4.   
Das kantonale Gericht hat erwogen, der Versicherte habe am          12. August
2010 in einem Trainingslager einen Unfall erlitten. Dabei habe er sich beim
Fussballspielen am linken Sprunggelenk verletzt. Das Unfallereignis sei der
Mobiliar am 7. September 2010 gemeldet worden. Diese habe dafür Leistungen aus
der obligatorischen Unfallversicherung erbracht. Sie habe die Heilungskosten
übernommen und für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit während 17 Tagen Taggelder
ausgerichtet. In der Folge habe die Mobiliar weiterhin Versicherungsprämien
eingefordert. Am 13. September 2011 habe sie die Versicherungspolice erneuert.
Der Versicherte habe gestützt auf das vorbehaltlose Erbringen von
Versicherungsleistungen darauf vertrauen dürfen, dass das Skirennfahren von der
bestehenden Versicherungsdeckung erfasst werde. Von der Ersatzkasse UVG sei er
der Mobiliar zugewiesen worden, weil zuvor mehrere Unfallversicherer nicht
bereit gewesen seien, das aus dieser Tätigkeit resultierende
Nichtberufsunfallrisiko zu übernehmen. Folglich habe der Versicherte in guten
Treuen davon ausgehen dürfen, auch die Skirennfahrertätigkeit sei von der
obligatorischen Unfallversicherung bei der Mobiliar gedeckt. Die nachteilige
Disposition liege darin begründet, dass er es gestützt auf das
vertrauensbegründende Verhalten der Mobiliar unterlassen habe, sich anderweitig
nach einem Versicherungsschutz umzusehen. Die Unterlassung sei insofern nicht
ohne Nachteil wieder gutzumachen, als für das zur Diskussion stehende
Unfallereignis nicht nachträglich noch eine Unfalldeckung bei einer anderen
Versicherungsgesellschaft abgeschlossen werden könne. Gewichtige öffentliche
Interessen, welche die privaten Interessen überwiegen und einer Anwendung des
Vertrauensschutzes entgegenstehen würden, seien nicht ersichtlich. Der
Vertrauensschutz bezieht sich laut Vorinstanz nur auf den die
Skirennfahrertätigkeit umfassenden Versicherungsschutz als solchen, nicht aber
auf einzelne Aspekte der Leistungserbringung. Sie verpflichtete die Mobiliar,
dem Versicherten aus dem Unfallereignis vom 29. Dezember 2014 über den 30.
April 2015 hinaus bis zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit Leistungen
auszurichten. 
 
5.  
 
5.1. Die Mobiliar macht geltend, die Vorinstanz verkenne mit ihrer
Argumentation das Konzept der obligatorischen und der freiwilligen
Unfallversicherung sowie die Differenzierung zwischen Berufs- und
Nichtberufsunfällen. Aufgrund der Anstellung bei der A.________ AG sei der
Beschwerdegegner unter anderem gegen Nichtberufsunfälle versichert. Für die
Verletzung beim Fussballspielen vom 12. August 2010 habe sie NBU-Leistungen
erbracht. Damals habe für sie kein Grund bestanden, Versicherungsleistungen zu
verweigern oder den Vertrag aufzulösen. Beim Ereignis vom 29. Dezember 2014
handle es sich explizit um einen nicht versicherten Unfall als professioneller
Skirennfahrer. Dabei gehe es um eine selbstständigerwerbende Tätigkeit. Es
liege daher kein bei ihr versicherter Nichtberufsunfall vor. Nach Ansicht der
Beschwerdeführerin konnten die Beschwerdegegner gestützt auf das Erbringen von
Versicherungsleistungen im Rahmen des Unfalls vom 12. August 2010 nicht darauf
vertrauen, dass auch die Skirennfahrertätigkeit versichert sei. Gestützt auf
die Leistungserbringung für einen Nichtberufsunfall könnten keine Schlüsse auf
andersartige Berufs- und Nichtberufsrisiken gezogen werden. Aus der Tatsache,
dass sich der Unfall vom 12. August 2010 während eines Trainingslagers ereignet
habe, könne kein Vertrauensschutz abgeleitet werden. Falls die Beschwerdegegner
die Skirennfahrertätigkeit als Berufsunfall hätten versichern wollen, hätten
sie dies im Versicherungsantrag vom 12. Juni 2009 bei der Betriebsbeschreibung
erwähnen müssen. Dort hätten sie das Risiko mit "Beratung im Skibereich"
beschrieben. Aufgrund dieser Tätigkeitsumschreibung hätten sie sich im Klaren
darüber sein müssen, dass lediglich für die Beratungstätigkeit
Versicherungsschutz anbegehrt werde. Für die Tätigkeit als Skirennfahrer hätte
der Beschwerdegegner eine freiwillige Unfallversicherung abschliessen können.
In der Unfallmeldung zum Ereignis vom 29. Dezember 2014 habe er mit
"Skirennfahrer" eine Berufsbezeichnung genannt, die mit den
Beratungsdienstleistungen nicht mehr zu vereinbaren sei. Weiter hält die
Beschwerdeführerin fest, es bestehe ein grosses öffentliches Interesse daran,
dass nur für berechtigte Ansprüche Versicherungsleistungen ausgerichtet würden.
Ein vertrauensbegründendes Verhalten, das die Unterlassung des Abschlusses
eines anderweitigen Versicherungsvertrages rechtfertigen würde, liege nicht
vor.  
 
 
5.2. Der Beschwerdeführerin ist darin beizupflichten, dass der Umstand, dass
sie dem Versicherten für das Ereignis im Jahre 2010 vorübergehende Leistungen
in Form von Heilbehandlung und Taggeld zugesprochen hat, für sich allein
genommen kein berechtigtes Vertrauen auf künftige Leistungen zu begründen
vermag. Auch wenn die Leistungserbringung einen Unfall beim Fussballspiel im
Trainingslager betraf, kann daraus nicht geschlossen werden, es bestehe auch
Anspruch auf Leistungen im Zusammenhang mit einem Unfall beim Training auf der
Skirennpiste. Dem Unfallversicherer ist es grundsätzlich nicht versagt,
bezüglich späterer Ansprüche besserer Einsicht folgend seine Leistungspflicht
abzulehnen. Es liegt im Wesen der vorübergehenden Versicherungsleistungen, dass
dieser die Möglichkeit erhält, bei einem neuen Versicherungsfall jeweils eine
Neubeurteilung aller Voraussetzungen vorzunehmen. Ein einmal gewährter
Taggeldanspruch führt bei einem künftigen ähnlich gelagerten Unfallereignis
nicht zwingend zum gleichen Ergebnis. Darin liegt kein widersprüchliches
Verhalten. Leistungserbringungen für ein bestimmtes Ereignis können keine
Zusicherung für künftige Versicherungsleistungen sein, weil sie sich
ausschliesslich auf den betreffenden Unfall beziehen. Aus abweichenden
Beurteilungen in der Vergangenheit könnten die Beschwerdegegner höchstens dann
etwas zu ihren Gunsten ableiten, wenn der Unfallversicherer ausdrücklich
Zusicherungen abgegeben hat und die weiteren Voraussetzungen für den Schutz des
Vertrauens darin erfüllt sind. Dies ist mit Bezug auf den Beschwerdegegner
nicht der Fall und wird von diesem auch nicht geltend gemacht. Auch die
Entgegennahme der Prämien durch die Mobiliar kann nicht als Vertrauensgrundlage
gewertet werden. In Ermangelung einer massgeblichen Vertrauenslage kann offen
bleiben, ob und inwiefern die übrigen Voraussetzungen des Vertrauensschutzes
erfüllt wären. Mit der Annahme, die Versicherungsdeckung für die
Skirennfahrertätigkeit sei als vertrauensschutzrechtlich zustande gekommen zu
betrachten, verletzt der vorinstanzliche Entscheid Bundesrecht.  
 
6.  
 
6.1. Die Mobiliar hat ihre Leistungspflicht ab Ende April 2015 für das Ereignis
vom 29. Dezember 2014 mit der Begründung verneint, es bestehe kein
Versicherungsschutz der obligatorischen Unfallversicherung gemäss UVG für die
Tätigkeit als Skirennfahrer. Diese werde von der Versicherungspolice nicht
erfasst. Grundlage des Versicherungsabschlusses zwischen der A.________ AG und
der Mobiliar habe ausschliesslich die beratende Tätigkeit im Skibereich
gebildet. Die Skirennfahrertätigkeit habe der Beschwerdegegner nicht bei seiner
beruflichen Tätigkeit als Angestellter der A.________ AG ausgeübt. Ein
Berufsunfall liege somit nicht vor. Das Fahren von Skirennen stelle eine
selbstständigerwerbende Tätigkeit dar. Das Risiko sei daher durch die
Versicherungspolice zwischen der Mobiliar und der A.________ AG nicht als
Nichtberufsunfall mitversichert. Weiter weist die Beschwerdeführerin darauf
hin, dass das Ereignis vom 29. Dezember 2014 einen besonders schweren Fall
eines Wagnisses darstelle. Selbst wenn dieses als Nichtberufsunfall zu
qualifizieren wäre, könnten die Versicherungsleistungen verweigert oder
zumindest um die Hälfte resp. massiv gekürzt werden.  
 
6.2. Ob Versicherungsdeckung besteht, ist - als Vorfrage zu prüfende -
Voraussetzung jedes Leistungsanspruchs. Da die Voraussetzungen für eine
Berufung auf den Vertrauensschutz nicht erfüllt sind, ist zu prüfen, ob der
Beschwerdegegner als obligatorisch versicherter Arbeitnehmer zu qualifizieren
ist und die Skirennfahrertätigkeit von der Versicherungspolice erfasst wird.
Dazu hat das kantonale Gericht keine Feststellungen getroffen. Die Sache ist
aus Rechtsschutzgründen (kein Verlust der ersten und einzigen Instanz mit
freier Beweiswürdigung) an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie sich zu
dieser streitigen Fragen äussere und hernach erneut über die Leistungspflicht
der Mobiliar für das Unfallereignis vom 29. Dezember 2014 über den 30. April
2015 hinaus bis zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit befinde.  
 
7.  
 
7.1. Die Mobiliar hat die obligatorische Unfallversicherung gemäss UVG per 30.
April 2015 aufgehoben, da der Beschwerdegegner der einzige Angestellte der
A.________ AG sei und in dieser Gesellschaft keine operative Tätigkeit im Sinne
des im Handelsregister aufgeführten Firmenzwecks ausübe. Den Erwägungen des
angefochtenen Entscheids ist zu entnehmen, dass der Beschwerdegegner diversen
Medienberichten zufolge den Rücktritt vom professionellen Skirennsport erklärt
hat und seine Erfahrung fortan unter anderem als Berater weiterzugeben gedenke.
Daraus schloss das kantonale Gericht, die tatsächlichen Verhältnisse hätten
sich damit insofern verändert, als davon ausgegangen werden könne, dass die
Beschwerdegegnerin inskünftig einen zu versichernden Arbeitnehmer beschäftigen
werde, der eine operative Geschäftstätigkeit im Sinne des Firmenzwecks ausübe.
Es liege im Ermessen der Mobiliar, ob der Versicherungsvertrag unter den
geänderten Umständen weitergeführt oder gegebenenfalls neu aufgesetzt werden
soll. Ob dies in der Vergangenheit auch der Fall war, liess die Vorinstanz
offen. Im Dispositiv hob sie den Einspracheentscheid vom 28. Januar 2016
vollumfänglich auf.  
 
7.2. Die Beschwerdeführerin macht zu Recht geltend, dem angefochtenen Entscheid
sei nicht schlüssig zu entnehmen, ob mit der Aufhebung des Einspracheentscheids
auch die von ihr ausgesprochene Vertragsaufhebung mitumfasst werde. Dispositiv
und Erwägungen stehen diesbezüglich in einem gewissen Widerspruch zueinander.
Damit bleibt das Schicksal des Versicherungsvertrages unklar. Die Vorinstanz
wird daher auch darüber im Rahmen des neu zu erlassenden Entscheids zu befinden
haben.  
 
8.   
Die Rückweisung der Sache an die Verwaltung oder an die Vorinstanz zu erneuter
Abklärung (mit noch offenem Ausgang) gilt für die Frage der Auferlegung der
Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im
Sinne von Art. 66 Abs. 1 Satz 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG, unabhängig
davon, ob sie beantragt oder ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im
Eventualantrag gestellt wird (BGE 132 V 215 E. 6.1 S. 235; 8C_279/2015
vom         27. August 2015 E. 4.1 mit Hinweisen). Demgemäss sind die
Gerichtskosten den unterliegenden Beschwerdegegnern zu überbinden       (Art.
66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, Kammer 2 als Versicherungsgericht,
vom 9. März 2017 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die
Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden den Beschwerdegegnern auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden,
Kammer 2 als Versicherungsgericht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich
mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 11. September 2017 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Hofer 

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