Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.255/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_255/2017  
 
 
Urteil vom 18. Dezember 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin, 
Gerichtsschreiber Nabold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Philip Stolkin, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 14. Februar 2017 (IV.2016.00067). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ war zuletzt als Pressesprecher und PR-Beauftragter der B.________ AG
erwerbstätig gewesen, als er sich am 27. November 2012 unter Hinweis auf einen
am 1. Juni 2012 erlittenen Unfall bei der IV-Stelle des Kantons Zürich zum
Leistungsbezug anmeldete. Nach medizinischen Abklärungen und Durchführung des
Vorbescheidverfahrens sprach die IV-Stelle dem Versicherten mit Verfügung vom
27. November 2015 für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 30. November 2013 ein ganze
Rente, für die Zeit vom 1. Dezember 2013 bis 28. Februar 2014 eine
Dreiviertelsrente, für die Zeit vom 1. März 2014 bis 31. Mai 2014 eine halbe
Rente und für die Zeit ab 1. Juni bis 30. Juni 2014 eine Viertelsrente der
Invalidenversicherung zu. Für die Zeit ab 1. Juli 2014 verneinte die IV-Stelle
einen Rentenanspruch des Versicherten. 
 
B.   
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde hiess das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 14. Februar
2017 in dem Sinne teilweise gut, als es dem Versicherten in Abänderung der
Verfügung für die Zeit von Dezember 2013 bis Juli 2014 eine Dreiviertelsrente
und für die Zeit von Juli bis September 2014 eine halbe Rente der
Invalidenversicherung zusprach. 
 
C.   
Mit Beschwerde beantragt A.________ sinngemäss, ihm sei unter Anpassung der
Verfügung und des kantonalen Gerichtsentscheides ab 2013 eine ganze Rente der
Invalidenversicherung zuzusprechen. Gleichzeitig stellt A.________ ein Gesuch
um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht
durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen
nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu
Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
Die beschwerdeführende Partei, welche die Sachverhaltsfeststellungen der
Vorinstanz anfechten will, muss substanziiert darlegen, inwiefern die
Voraussetzungen einer Ausnahme gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind und das
Verfahren bei rechtskonformer Ermittlung des Sachverhalts anders ausgegangen
wäre; andernfalls kann ein Sachverhalt, der vom im angefochtenen Entscheid
festgestellten abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1
S. 18 mit Hinweisen). 
 
2.   
Der Beschwerdeführer verlangt "ab dem Jahr 2013 eine volle Rente". Die
Vorinstanz sprach ihm für die Zeit von 1. Juni 2013 bis 30. November 2013 eine
ganze Rente der Invalidenversicherung zu. Anschliessend besteht gemäss dem
kantonalen Entscheid vom 1. Dezember 2013 bis 30. Juni 2014 Anspruch auf eine
Dreiviertelsrente und vom 1. Juli bis 30. September 2014 Anspruch auf eine
halbe Rente. Ab 1. Oktober 2014 bestehe keinen Anspruch auf eine Rente mehr. Da
der Versicherte keine Argumente für einen Rentenanspruch vor dem 1. Juni 2013
vorbringt, ist vorliegend streitig und zu prüfen, ob er in der Zeit ab 1.
Dezember 2013 Anspruch auf eine höhere als die von der Vorinstanz zugesprochene
Rente der Invalidenversicherung hatte. 
 
3.  
 
3.1. Der Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung setzt unter anderem
voraus, dass die versicherte Person invalid oder von Invalidität unmittelbar
bedroht ist. Invalidität ist gemäss Art. 8 Abs. 1 ATSG die voraussichtlich
bleibende oder längere Zeit dauernde ganze oder teilweise Erwerbsunfähigkeit.  
 
3.2. Zur Bestimmung des Invaliditätsgrades wird gemäss Art. 16 ATSG das
Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der unfallbedingten
Invalidität und nach Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch
eine zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte
(sog. Invalideneinkommen), in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie
erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (sog. Valideneinkommen).
 
 
4.  
 
4.1. Das kantonale Gericht hat für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich
festgestellt, dass der Versicherte seit spätestens 12. Mai 2015 in der Lage
ist, eine angepassten Tätigkeit zu 100 % auszuüben. Dabei stellte es im
Wesentlichen auf das Gutachten des Zentrums für Medizinische Begutachtung
(ZMB), Basel, vom 12. Mai 2015 ab, erachtete jedoch die darin aus
psychiatrischer Sicht attestierte Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit als
invalidenversicherungsrechtlich nicht relevant.  
 
4.2. Bei den vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur
Arbeitsfähigkeit der versicherten Person handelt es sich grundsätzlich um
Entscheidungen über eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.), die das
Bundesgericht seiner Urteilsfindung zugrunde zu legen hat. Gleiches gilt für
die konkrete Beweiswürdigung (Urteil 9C_204/2009 vom 6. Juli 2009 E. 4.1, nicht
publ. in: BGE 135 V 254, aber in: SVR 2009 IV Nr. 53 S. 164). Dagegen ist die
Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln (BGE 132
V 393 E. 3.2 und 4 S. 397 ff.; Urteil I 865/06 vom 12. Oktober 2007 E. 4 mit
Hinweisen) wie auch die Frage nach der rechtlichen Relevanz einer attestierten
Arbeitsunfähigkeit (BGE 140 V 193) frei überprüfbare Rechtsfrage.  
 
4.3. Bei der Beurteilung der Arbeits (un) fähigkeit stützt sich die Verwaltung
und im Beschwerdefall das Gericht auf Unterlagen, die von ärztlichen und
gegebenenfalls auch anderen Fachleuten zur Verfügung zu stellen sind. Ärztliche
Aufgabe ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu
nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte
Person arbeitsunfähig ist. Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes
ist entscheidend, ob dieser für die streitigen Belange umfassend ist, auf
allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden
berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in
der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge sowie der medizinischen
Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen der Experten begründet sind
(BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis).  
 
4.4. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c ATSG) darf sich die
Verwaltung - und im Streitfall das Gericht - weder über die (den
beweisrechtlichen Anforderungen genügenden) medizinischen
Tatsachenfeststellungen hinwegsetzen noch sich die ärztlichen Einschätzungen
und Schlussfolgerungen zur (Rest-) Arbeitsfähigkeit unbesehen ihrer konkreten
sozialversicherungsrechtlichen Relevanz und Tragweite zu eigen machen. Die
medizinischen Fachpersonen und die Organe der Rechtsanwendung prüfen die
Arbeitsfähigkeit je aus ihrer Sicht (BGE 141 V 281 E. 5.2.1 S. 306 f.; 140 V
193 E. 3 S. 194 ff.; je mit Hinweisen). Die rechtsanwendenden Behörden haben
mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob die ärztliche Einschätzung der
Arbeitsunfähigkeit auch invaliditätsfremde Gesichtspunkte (insbesondere
psychosoziale und soziokulturelle Belastungsfaktoren) mitberücksichtigt, die
vom invaliditätsrechtlichen Standpunkt aus unbeachtlich sind (vgl. BGE 140 V
193; 130 V 352 E. 2.2.5 S. 355 f.; Urteil 8C_308/2017 vom 27. September 2017 E.
2.2).  
 
4.5. Ob das vorinstanzliche Abweichen vom Gutachten mit Blick auf die
dargelegten Grundsätzen vor Bundesrecht standhält, kann entgegen den
Ausführungen des Versicherten offen bleiben: Selbst wenn man mit den
ZMB-Gutachtern von einer bloss 80 %-igen Arbeitsfähigkeit in einer angepassten
Tätigkeit ausgehen würde, ergäbe sich - wie nachstehende Erwägungen zeigen -
kein rentenbegründender Invaliditätsgrad.  
 
5.  
 
5.1. Gemäss den Angaben der ehemaligen Arbeitgeberin des Versicherten hätte er
im Jahre 2012 ein Bruttoeinkommen von Fr. 122'000.- erzielt. Ausgehend von
diesem Wert ermittelte die Vorinstanz ein massgebendes Valideneinkommen von Fr.
122'978.-. Angesichts des Umstandes, dass der Versicherte seine bisherige
Stelle aus invaliditätsfremden Gründen verloren hat, erscheint die
vorinstanzliche Vorgehensweise, welche zu einem über dem Tabellenlohn führenden
Valideneinkommen führt, als grosszügig (vgl. etwa Urteil 8C_526/2014 vom 10.
November 2014 E. 6.2). Jedenfalls bleibt kein Raum für die vom Beschwerdeführer
verlangte Anrechnung eines im Jahre 2011 für das Jahr 2010 ausbezahlten Bonus.
 
 
5.2. Gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen hat der Versicherte einen
Studienabschluss in Publizistik. Aufgrund dieser guten Ausbildung fallen die
Einschränkungen gemäss dem Zumutbarkeitsprofil der ZMB-Gutachter (sitzende
Tätigkeit; keine andauernd hohen Arbeitsspitzen mit entsprechenden
Stresssituationen) erwerblich kaum ins Gewicht. Entgegen seinen Ausführungen
ist jedenfalls nicht nachvollziehbar, weshalb er mit diesem Zumutbarkeitsprofil
kein seinem akademischen Hintergrund angemessenes berufliches Tätigkeitsfeld
mehr finden sollte (vgl. auch Urteil 8C_351/2017 vom 8. August 2017 E. 5).
Entsprechend ist das vorinstanzliche Abstellen auf den Tabellenlohn für
akademische Berufe als Juristen, Sozialwissenschaftler oder in Kulturberufen
nicht zu beanstanden. Bei einer 100 %-igen Arbeitsfähigkeit in einer
angepassten Tätigkeit ermittelte das kantonale Gericht ein Invalideneinkommen
von Fr. 113'915.-. Geht man demgegenüber zu Gunsten des Versicherten von einer
bloss 80 %-igen Tätigkeit aus (vgl. E. 4.5 hievor) und gewährt man ihm aufgrund
der Teilzeittätigkeit einen Abzug vom Tabellenlohn im Sinne von BGE 129 V 472
in der Höhe von 10 % (vgl. indessen Urteil 8C_805/2016 vom 22. März 2017 E. 3.2
mit weiteren Hinweisen, wonach ein solcher Abzug auch bei Männern mit
Teilzeittätigkeiten nicht mehr automatisch vorzunehmen ist), resultiert ein
Invalideneinkommen von Fr. 82'018.80. Bei einem Valideneinkommen von Fr.
122'978.- ergibt sich in dieser für den Versicherten günstigsten Rechnung ein
nicht rentenbegründender Invaliditätsgrad von 33 %.  
 
6.   
Was die Zeit vor Mai 2015 und damit die von der Vorinstanz vorgenommene
Abstufung der Rente und deren Wegfall ab Oktober 2014 betrifft, erfüllt die
Beschwerdeschrift nur knapp die Anforderungen gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG. Soweit
der Versicherte geltend macht, das kantonale Gericht habe seinen
Einschränkungen aus psychischen Gründen ungenügend Rechnung getragen, ist
Folgendes festzuhalten: Soweit ersichtlich, fehlt vor September 2014 jegliche
fachärztlich-psychiatrische Attestierung einer Einschränkung in der
Arbeitsfähigkeit, so dass für diese Zeit ein höherer Invaliditätsgrad aufgrund
eines psychischen Leidens nicht ernsthaft in Betracht fällt. Es trifft zwar im
Weiteren zu, dass Dr. med. C.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, in
seinem Bericht vom 15. Januar 2016 eine seit September 2014 anhaltende
Arbeitsunfähigkeit attestiert. Dieser Psychiater geht indessen entgegen den
überzeugenden Ausführungen im ZMB-Gutachten davon aus, dass der Versicherte an
einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Somit vermag dieser Bericht
die vorinstanzlichen Feststellungen nicht als bundesrechtswidrig erscheinen zu
lassen. Die Beschwerde des Versicherten ist demnach auch in diesem Punkt
abzuweisen. 
 
7.   
Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist, wird sie im Verfahren nach 
Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
im bundesgerichtlichen Verfahren ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art.
64 Abs. 1 BGG). Dem Beschwerdeführer sind demnach die Gerichtskosten
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 18. Dezember 2017 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Nabold 

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