Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.212/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_212/2017  
 
 
Urteil vom 1. Februar 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiber Grunder. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, 
vertreten durch Fürsprecher Thomas Tribolet, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
 Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG, Richtiplatz 1, 8304
Wallisellen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Invalidenrente; Revision), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 9.
Februar 2017 (200 16 300 UV). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ war seit 1. Februar 1992 bei der B.________ AG als Magaziner im
Warenlager angestellt und dadurch bei der Berner Allgemeine
Versicherungs-Gesellschaft (im Folgenden: Berner) obligatorisch gegen die
Folgen von Unfällen versichert. Am 24. März 1993 kollidierte ein nachfolgendes
Fahrzeug in das Heck des vom Versicherten gelenkten Personenwagens, der in das
davor stehende Auto katapuliert wurde (vgl. Rapport der Kantonspolizei Bern vom
26. März 1993). Die am nächsten Tag konsultierte Dr. med. D.________,
praktizierende Ärztin, diagnostizierte eine Kontusion der Halswirbelsäule (HWS;
Schleudertrauma) ohne radiologisch nachweisbare Fraktur (Bericht vom 13. April
1993). Die Berner erbrachte die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung;
Taggeld) und klärte den Sachverhalt in beruflicher und medizinischer Hinsicht
ab. Laut dem auf neurologischen, neuropsychologischen und rheumatologischen
Untersuchungen basierenden Gutachten der Rehabilitationsklinik E.________ vom
20. Juli 1995 litt der Versicherte an einem mässiggradigen Cervicalsyndrom,
posttraumatischen occipitalen Kopfschmerzen, mittelschweren
neuropsychologischen Funktionsstörungen und an einer reaktiven Depression. Eine
Bürostelle mit einfachen administrativen Aufgaben, ohne Zeitdruck und ohne
Anforderungen an die Geschwindigkeit und Präzision erfüllte die Bedingungen,
unter denen der Versicherte eine Arbeitsfähigkeit von 50 % bei einer zeitlichen
Beanspruchung von 6 Stunden täglich zu realisieren vermochte. Mit Verfügung vom
20. Januar 1997 sprach die Berner dem Versicherten unter anderem eine
Invalidenrente gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 50 % zu, welches
Ergebnis sie auf Einsprache hin bestätigte (Einspracheentscheid vom 10. März
1997). Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des
Kantons Bern mit Entscheid vom 15. März 2001 in dem Sinne gut, dass es die
Berner anwies, dem Versicherten ab 1. Januar 1996 eine Invalidenrente auf Basis
eines Invaliditätsgrades von 68 % auszurichten.  
 
A.b. Im Rahmen des mit Schreiben an den Versicherten vom 6. Mai 2014
eingeleiteten Revisionsverfahrens holte die nunmehr zuständige Allianz Suisse
Versicherungs-Gesellschaft AG (im Folgenden: Allianz) die auf psychiatrischen,
neuropsychologischen, neurologischen und orthopädisch-traumatologischen
Untersuchungen beruhende Expertise der ZIB (Zentrum für interdisziplinäre
Begutachtungen) vom 18. Dezember 2014 ein. Mit Verfügung vom 23. April 2015
stellte sie die Versicherungsleistungen per 30. April 2015 ein, nachdem sie
dies dem Versicherten bereits mit Schreiben vom 9. Februar 2015 per 31. März
2015 in Aussicht gestellt und ihm diesbezüglich Gelegenheit zur Stellungnahme
geboten hatte. Die vom Versicherten eingereichte Einsprache wies sie ab
(Einspracheentscheid vom 9. Februar 2016).  
 
B.   
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
ab (Entscheid vom 9. Februar 2017). 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids seien ihm weiterhin
die gesetzlichen Leistungen zu erbringen; eventualiter sei die Allianz zu
verpflichten, ihm während einer angemessenen Übergangsfrist weiterhin die
gesetzlichen Leistungen zu erbringen. 
Die Allianz schliesst auf Abweisung der Beschwerde, wozu A.________ eine
Stellungnahme abgeben lässt. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine
Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S.
280; vgl. auch BGE 141 V 234 E. 1 S. 236; 140 V 136 E. 1.1 S. 137 f.).  
 
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren
Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (
Art. 105 Abs. 2 BGG). Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder
Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung hingegen
ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des
rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG
).  
 
2.  
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob sich der Invaliditätsgrad seit Erlass des
vom kantonalen Gericht mit rechtskräftig gewordenen Entscheid vom 15. März 2001
abgeänderten Einspracheentscheids der Berner vom 10. März 1997 bis zu der von
der Allianz mit Einspracheentscheid vom 9. Februar 2016 vorgenommenen
Neuprüfung revisionsrechtlich erheblich verändert hat. Soweit der
Beschwerdeführer geltend zu machen scheint, hinsichtlich des
Vergleichszeitpunktes sei auf den vom kantonalen Gericht mit Entscheid vom 21.
November 2005 bestätigten Einspracheentscheid vom 22. September 2003
abzustellen, ist mit der Allianz darauf hinzuweisen, dass damals einzig der
Anspruch auf weitere Heilbehandlung der psychischen Beschwerden gemäss Art. 21
UVG (Heilbehandlung nach Festsetzung der Rente) und nicht der Rentenanspruch an
sich neu beurteilt wurde.  
 
2.2.  
 
2.2.1. Ändert sich der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines
Rentenbezügers erheblich, so wird die Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin
für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben (Art. 17 Abs.
1 ATSG). Anlass zur Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den
tatsächlichen Verhältnissen seit Zusprechung der Rente (zum massgeblichen
Vergleichszeitpunkt vgl. BGE 133 V 108 E. 5.4 S. 114), die geeignet ist, den
Invaliditätsgrad und damit den Anspruch zu beeinflussen. Insbesondere ist die
Rente bei einer wesentlichen Änderung des Gesundheitszustandes revidierbar.
Weiter sind, auch bei an sich gleich gebliebenem Gesundheitszustand, veränderte
Auswirkungen auf den Erwerbs- oder Aufgabenbereich von Bedeutung; dazu gehört
die Verbesserung der Arbeitsfähigkeit aufgrund einer Angewöhnung oder Anpassung
an die Behinderung. Hingegen ist die lediglich unterschiedliche Beurteilung
eines im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhalts im revisionsrechtlichen
Kontext unbeachtlich (BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 10 f. mit Hinweisen). Liegt in
diesem Sinne ein Revisionsgrund vor, ist der Rentenanspruch in rechtlicher und
tatsächlicher Hinsicht umfassend ("allseitig") zu prüfen, wobei keine Bindung
an frühere Beurteilungen besteht (BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 11 mit Hinweisen und E.
6.1 S. 13). Letztes gilt auch, wenn die Adäquanz eines natürlichen
Kausalzusammenhangs für die Zukunft aufgrund der im Zeitpunkt der
Leistungsanpassung gegebenen Verhältnisse neu zu prüfen ist (SVR 2017 UV Nr. 41
S. 141, 8C_833/2016 E. 5).  
 
2.2.2. Das kantonale Gericht hat die Grundsätze zum Beweiswert medizinischer
Unterlagen richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass
einer neuen ärztlichen Einschätzung, die sich nicht hinreichend darüber
ausspricht, inwiefern im Vergleich zur früheren Beurteilung eine effektive
Veränderung des Gesundheitszustands eingetreten ist, für die Belange der
Rentenrevision kein genügender Beweiswert zukommt (Urteil 9C_137/2017 vom 8.
November 2017 E. 3.1; Bestätigung von SVR 2012 IV Nr. 18 S. 81, 9C_418/2010
sowie des Urteils 9C_710/2014 vom 26. März 2015).  
 
3.  
 
3.1.  
 
3.1.1. Die Vorinstanz hat nach ausführlicher Darstellung der einschlägigen
medizinischen Akten erkannt, dass zur Beurteilung des Streitgegenstands auf das
in allen Teilen beweiskräftige polydisziplinäre Gutachten der ZIB vom 18.
Dezember 2014 abzustellen sei. Die Sachverständigen begründeten nachvollziehbar
und schlüssig, dass sich im Vergleich zum Gesundheitszustand, welcher dem
Rentenentscheid zugrunde gelegt worden sei, eine wesentliche Verbesserung
ergeben habe. Entgegen der Ansicht des Versicherten handle es sich nicht bloss
um eine andere Beurteilung eines an sich unverändert gebliebenen Zustands.
Namentlich lasse sich die ursprünglich rheumatologisch und neurologisch
begründete Diagnose eines Zervikalsyndroms heute nicht mehr aufrechterhalten.
Objektivierbare Befunde, wie sie im Jahre 1995 in Form einer verminderten
Kopfbeweglichkeit festgehalten worden seien, liessen sich anlässlich der
gutachterlichen Untersuchungen im Dezember 2012 (recte: 2014) nicht mehr
feststellen, so dass diesbezüglich objektiv betrachtet eine Verbesserung
ausgewiesen sei.  
Was die neuropsychologischen Defizite betreffe, hätten die Sachverständigen der
ZIB zwar keinen direkten Vergleich mit den Ergebnissen der Untersuchungen der
Rehabilitationsklinik E.________ von 1995 erstellen können, da diese damals
keiner Plausibilitätskontrolle unterzogen worden seien. Wohl möge zutreffen,
dass auch die neuen neuropsychologischen Testergebnisse den Eindruck schwerster
kognitiver Beeinträchtigungen erweckten. Wesentlich sei jedoch, dass sich diese
mit den objektivierbaren klinischen Befunden sowie mit dem geschilderten
Leistungsvermögen im Alltag nicht vereinbaren liessen. Würde von den anlässlich
der Testungen gezeigten Leistungen ausgegangen, müssten schwere
Hirnverletzungen oder eine Demenz angenommen und dem Patienten per sofort die
Fahreignung abgesprochen werden. Insgesamt sei daher von Selbstlimitierungen
auszugehen, die weit über das Ausmass eines blossen Verdeutlichungsverhaltens
hinaus zu interpretieren und als eigentliche Leistungsverweigerung zu
bezeichnen seien, was auf eine bewusstseinsnahe Verfälschung des
Leistungsvermögens anlässlich der Testungen und damit auf eine Aggravation
schliessen lasse. 
Weiter hat das kantonale Gericht gestützt auf das Gutachten der ZIB erwogen,
dass auch aus psychiatrischer Sicht ein direkter Vergleich mit der Expertise
der Rehabilitationsklinik E.________ vom 20. Juli 1995 nicht möglich sei, da
damals keine fachpsychiatrische Untersuchung durchgeführt worden sei.
Allerdings sei in Anbetracht des Umstands, dass der Unfall im Zeitpunkt der
neuen Begutachtung bereits mehr als zwanzig Jahre zurückgelegen habe, ohne
Weiteres nachvollziehbar, dass kein reaktives depressives Geschehen im Sinne
der für die Rentenzusprechung unter anderem massgeblich gewesenen Diagnose
(symptomatische [reaktive] Depression) mehr vorgelegen habe könne. 
Zusammenfassend hat die Vorinstanz erkannt, dass spätestens seit Dezember 2014
eine revisionsrechtlich erhebliche Verbesserung des Gesundheitszustands
ausgewiesen und damit der Rentenanspruch ex nunc et pro futuro ohne Bindung an
frühere Beurteilungen zu prüfen sei. 
 
3.1.2. Abschliessend hat das kantonale Gericht erwogen, dass die aktuell
geklagte Beschwerdesymptomatik nicht (mehr) mit dem Beweisgrad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 24. März 1993 zurückgeführt
werden könne und der Status quo sine spätestens im Zeitpunkt der erneuten
Begutachtung im Dezember 2014 eingetreten sei.  
 
3.2. Mit den zur Beurteilung des Streitgegenstands zentralen Erwägungen des
kantonalen Gerichts setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Er zeigt
nicht auf, welche vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen unter dem Aspekt der
Rechtsprechung zum Status quo sine vel ante unrichtig sein sollen. Vielmehr
beschränkt er sich darauf, geltend zu machen, der medizinische Sachverhalt sei
anhand der Praxis zur adäquaten Kausalität gemäss den Kriterien von BGE 117 V
359 (Schleudertrauma-Praxis) zu prüfen. Er übersieht dass die Vorinstanz mit
einlässlicher Begründung einen über die Renteneinstellung per 30. April 2015
hinausgehenden Anspruch mangels eines nicht mehr überwiegend wahrscheinlichen
natürlichen Kausalzusammenhangs auf Versicherungsleistungen mit den Folgen des
Unfalls vom 24. März 1993 verneint hat. Die Beschwerde ist daher im Hauptpunkt
des Rechtsbegehrens unter Hinweis auf den vorinstanzlichen Entscheid
abzuweisen.  
 
4.  
 
4.1. Zu prüfen ist weiter der Eventualantrag des Beschwerdeführers, die Allianz
sei zu verpflichten, ihm über den 30. April 2015 hinaus während einer
angemessenen Übergangsfrist weiterhin die gesetzlichen Leistungen zu
entrichten, um sich an die veränderten finanziellen Verhältnisse anpassen und
im Berufsleben neu Fuss fassen zu können.  
 
4.2.  
 
4.2.1. Das kantonale Gericht hat erwogen, im Gegensatz zur
Invalidenversicherung bestehe der Rentenanspruch im Bereich der obligatorischen
Unfallversicherung über das Erreichen des AHV-Alters hinaus bis zum Tod. Das
UVG sehe zum Schutze der Versicherten einzig vor, dass die Rente ab dem Monat,
in dem die berechtigte Person eine Altersrente der AHV beziehe, nicht mehr
revidiert werden könne (mit Hinweis auf Art. 22 UVG). Vor diesem Zeitpunkt sei
eine revisionsweise Aufhebung der UVG-Rente jederzeit möglich, weshalb der
Antrag auf Zusprechung einer Übergangsrente ohne Weiteres abzuweisen sei.  
 
4.2.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, nach der Rechtsprechung werde den
betroffenen Personen im Bereich der Krankentaggeldversicherung bei der
Einstellung der Leistungen grundsätzlich eine Einarbeitungs- oder Angewöhnungs-
bzw. Anpassungszeit von drei bis fünf Monaten ab Ansetzung der Frist, die
Stelle oder den Beruf zu wechseln, zugebilligt. Diese Frist sei nicht
schematisch, sondern aufgrund der Umstände des Einzelfalls festzulegen, wozu
beispielsweise auch das vorgerückte Lebensalter gehöre. Bei einer kurz vor der
Pensionierung stehenden Person könne dies dazu führen, dass gar keine Chance
auf eine neue Anstellung mehr bestehe und daher die Leistungen nicht
eingestellt werden dürften. Vorliegend habe die Allianz dem Beschwerdeführer am
9. Februar 2015 eröffnet, dass sie die Versicherungsleistungen per Ende März
2015 einstellen werde, also mit einer Frist von weniger als zwei Monaten. Er
sei damals etwa 61 1/2 Jahre alt gewesen und habe über 20 Jahre lang eine
UVG-Rente bezogen. Verliere er nun wenige Jahre vor der ordentlichen
Pensionierung die Rente, werde er aus dem System der beruflichen Vorsorge
katapultiert, denn er bleibe arbeitslos und verliere den Schutz der BVG-Säule.
 
 
4.3. Mit Blick auf das Alter des Beschwerdeführers und die lange Dauer seiner
Abwesenheit vom Arbeitsmarkt liegt zwar die Annahme nahe, dass ihm die
Wiedereingliederung in das Erwerbsleben keineswegs leicht fallen wird. Gemäss
Einschätzung der Gutachter, die ihm in dieser Hinsicht eine ungünstige Prognose
stellen, gründet dies jedoch nicht in den unfallbedingten medizinischen
Einschränkungen, sondern in seiner Selbsteinschätzung. Dafür hat die
Unfallversicherung, die dem Kausalitätsprinzip verpflichtet ist, nicht
einzustehen. Bestimmungen, die als Grundlage für die anbegehrte Übergangsfrist
in Frage kämen, kennt das UVG nicht. Weder enthält es eine Leistungskategorie
"Eingliederungsmassnahmen" (vgl. Maurer, Schweizerisches
Unfallversicherungsrecht, Bern 1985, S. 543 Fn. 1408), noch sind ihm
(vorbehältlich Art. 22 Abs. 1 UVG) spezifische Vorgaben zu entnehmen, die
namentlich im Falle der revisionsweisen Rentenaufhebung mit Blick auf deren
zeitliche Wirkung zu beachten wären (BGE 142 V 259 E. 3.2.1 S. 261 mit
Hinweisen). Ebenso wenig hat sich im Bereich der Unfallversicherung eine
Rechtsprechung etabliert, wonach die Unverwertbarkeit einer verbleibenden
medizinisch-theoretischen Restarbeitsfähigkeit wegen des fortgeschrittenen
Alters zu berücksichtigen wäre (Meyer/Reichmuth, Bundesgesetz über die
Invalidenversicherung [IVG], 3. Aufl. 2014, S. 294 Rz. 12; vgl. dazu
insbesondere Art. 28 Abs. 4 UVV sowie Urteil 8C_307/2017 vom 26. September 2017
E. 4.2.2). Schliesslich vermag auch der Hinweis in der Beschwerde auf die
Krankentaggeldversicherung und die dort gewährte Anpassungszeit (vgl. BGE 114 V
281 E. 5b S. 289 f.) nicht zu verfangen. Hier eine Analogie anzunehmen
verbietet sich nicht nur wegen des unfallversicherungsrechtlichen
Kausalitätsprinzips, sondern auch mit Blick auf den Zweck der Übergangsfrist
beim Krankentaggeld; dort wird dem betroffenen Arbeitnehmer bei dauernder
Arbeitsunfähigkeit in der angestammten Tätigkeit trotz zeitlicher Limitierung
seines Taggeldanspruchs ein Berufswechsel auferlegt, wozu ihm eine gewisse
Frist für die Stellensuche und Anpassung einzuräumen ist.  
Dem Beschwerdeführer war immerhin bereits ab Erhalt des Schreibens vom 9.
Februar 2015 bekannt, dass eine - letztlich per Ende April 2015 - verfügte
Aufhebung seines Rentenanspruchs im Raum stand. Nach dem Erwogenen kann der
Vorinstanz keine Verletzung von Bundesrecht vorgeworfen werden, wenn sie dem
Antrag auf weitere Rentenzahlungen während einer Übergangsfrist nicht
stattgegeben hat. 
 
5.   
Die Gerichtskosten für das bundesgerichtliche Verfahren sind dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und
dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 1. Februar 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Grunder 

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