Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.196/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
8C_196/2017        

Urteil vom 28. Juli 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Frésard, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione,
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.

Verfahrensbeteiligte
Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft, Richtiplatz 1, 8304 Wallisellen,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Tomas Kempf,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Unfallversicherung (Taggeld; Integritätsentschädigung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 10. Januar 2017.

Sachverhalt:

A. 
A.________ ist seit 1. Juli 2000 bei der B.________ GmbH als Geschäftsführer
tätig und in dieser Eigenschaft bei der Allianz Suisse
Versicherungs-Gesellschaft AG (nachfolgend: Allianz) gegen die Folgen von
Unfällen versichert. Am 20. Juli 2007 zog er sich eine Schulterprellung zu
(Unfallmeldung vom 8. September 2007). Mit Verfügung vom 30. November 2010
stellte die Allianz ihre Leistungen per 31. Dezember 2009 ein. Infolge der von
A.________ dagegen erhobenen Einsprache holte die Allianz bei der
Gutachterstelle für interdisziplinäre Begutachtungen C.________ das Gutachten
vom 29. Februar 2012 ein. Nachdem das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich eine Rechtsverzögerungsbeschwerde von A.________ am 21. Januar 2016
gutgeheissen hatte, erliess die Allianz am 30. März 2016 ihren
Einspracheentscheid, mit welchem sie ihre Leistungseinstellung bestätigte.

B. 
Das Sozialversicherungsgericht hiess die dagegen erhobene Beschwerde teilweise
gut und änderte den Einspracheentscheid vom 30. März 2016 dahingehend ab, dass
die Leistungen per 30. April 2010 einzustellen seien und A.________ Anspruch
auf eine Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von 6.66 %
habe. Dabei berücksichtigte das Gericht auch das im Auftrag der
Invalidenversicherung erstattete polydisziplinäre Gutachten des Swiss Medical
Assessment- and Business-Center (SMAB AG), Bern, vom 7. März 2016.

C. 
Die Allianz führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und der
Einspracheentscheid vom 30. März 2016 zu bestätigen; eventualiter sei die Sache
an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der Anweisung, ein auf die
Kausalitätsfrage beschränktes Gutachten einzuholen.
A.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Das Bundesamt für
Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Streitig ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzt hat, indem es den
Zeitpunkt der Leistungseinstellung über den 31. Dezember 2009 hinaus auf den
30. April 2010 verschob und dem Beschwerdegegner im Übrigen eine
Integritätsentschädigung (bei einer entsprechenden Einbusse von 6.66%)
zusprach.

3. 
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Unfallbegriff (Art.
4 ATSG; BGE 134 V 72 E. 2.2 S. 74; 129 V 402 E. 2.1 S. 404) und die
Leistungsvoraussetzung des natürlichen Kausalzusammenhangs (BGE 129 V 177 E.
3.1 S. 181 mit Hinweisen), namentlich bei krankhaften Vorzuständen (RKUV 1992
Nr. U 142 S. 75 E. 4b) und bei Dahinfallen der kausalen Bedeutung einer
unfallbedingten Ursache (RKUV 2000 Nr. U 363 S. 45; 1994 Nr. U 206 S. 326 E.
3b; vgl. auch Urteil 8C_637/2013 vom 11. März 2014 E. 2.3), zutreffend
dargelegt. Dasselbe gilt für die allgemeinen beweisrechtlichen Anforderungen an
einen ärztlichen Bericht (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352),
speziell bei versicherungsinternen Ärzten (BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 469) sowie
bei Aktengutachten (SVR 2010 UV Nr. 17 S. 63 E. 7.2, 8C_239/2008). Darauf wird
verwiesen.

4.

4.1. Bezüglich des Ereignisses vom 20. Juli 2007 finden sich in den Akten
verschiedene geschilderte Abläufe.

4.1.1. Gemäss Unfallmeldung vom 8. September 2007, welche vom Versicherten in
seiner Funktion als Geschäftsführer unterzeichnet wurde, habe er am 20. Juli
2007 bei der Arbeit im Lager Ordner verstauen wollen, sei dabei auf einem
Ordner ausgerutscht und mit der Schulter gegen die Mauer geprallt; dabei habe
er sich eine Prellung zugezogen.

4.1.2. Dr. med. D.________, Facharzt für Allgemeine Medizin, bei welchem sich
der Versicherte am 22. August 2007 in Erstbehandlung begab, hielt am 26.
September 2007 als Unfallhergang einen Sturz mit Kontusion Schulter links mit
zunehmenden bewegungsabhängigen Schmerzen fest, äusserte den Verdacht einer
Zerrung der Supraspinatussehne links und verneinte eine Arbeitsunfähigkeit. Am
18. November 2008 hielt Dr. med. D.________ fest, er habe bis anhin nie eine
Arbeitsunfähigkeit wegen des Unfalls bescheinigt und sei anlässlich der
heutigen Kontrolle vom Versicherten gebeten worden, dies nachzuholen; nach
dessen Angaben habe vom 20. Juli 2007 bis 15. Januar 2008 eine
Arbeitsunfähigkeit von 30-40 % bestanden.

4.1.3. Frau Dr. med. E.________, Fachärztin für Physikalische Medizin und
Rehabilitation, gab in ihrem Bericht vom 14. Februar 2008 den vom Versicherten
geschilderten Unfallhergang wie folgt wieder: Der Versicherte sei am 20. Juli
2007 auf den Ellbogen gestürzt und es sei zu einer axialen Stauchung des
Oberarms in die Schulter gekommen; seither würden Schmerzen bei Abduktion ab
ca. 80 ° und bei Arbeiten über der Schulterebene persistieren. Ihren Berichten
vom 21. April 2008 und 9. Juli 2008 sind keine Angaben über den Unfallhergang
zu entnehmen.

4.1.4. Dr. med. F.________, Klinik G.________, hielt am 11. September 2008
fest, der Versicherte sei am 20. Juli 2007 ausgerutscht und auf den linken
Ellbogen gefallen; dabei sei eine Stauchung nach oben erfolgt. Wegen immer noch
vorhandener Schmerzen habe zwei Monate später ein erster Arztkontakt
stattgefunden.

4.1.5. Der Bericht des Prof. Dr. med. H.________, Chefarzt, Radiologie,
Universitätsklinik I.________, vom 12. September 2008 enthält keine Angaben
über den Unfallhergang. Dies gilt auch für seine späteren Berichte.

4.1.6. Prof. Dr. med. J.________, Ärztlicher Direktor, Orthopädie,
Universitätsklinik I.________, berichtete am 5. November 2011 dem
Vertrauensarzt der Allianz, ohne jedoch einen Ablauf des Unfalls zu erwähnen.
Dasselbe gilt für seine Berichte vom 19. Januar 2010 und vom 28. April 2010.

4.1.7. Dr. med. K.________, Facharzt für orthopädische Chirurige, Orthopädie
Klinik L.________, legte seinem Gutachten vom 12. Juli 2010 den Unfallhergang
gemäss Schilderung im Bericht des erstbehandelnden Arztes, Dr. med. D.________,
zugrunde.

4.1.8. Dr. med. M.________, Facharzt für orthopädische Chirurgie, konstatierte
in seinem Gutachten vom 12. Oktober 2010 bezüglich des geschilderten
Unfallhergangs, der Versicherte sei am 20. Juli 2007 von der drittuntersten
Sprosse einer Leiter auf die linke Seite gestürzt und primär mit dem linken
Ellbogen auf dem Boden aufgeschlagen; es sei zu einem axialen Stoss auf die
linke Schulter und beim weiteren nach links Fallen sekundär zu einer Kontusion
der linken Schulter gekommen.

4.1.9. Das polydisziplinäre Gutachten der Gutachterstelle C.________ vom 29.
Februar 2012, welches sich auch zur Heckkollision vom 22. August 2009 äusserte,
führte folgenden Unfallhergang an (S. 50) :

"Am 20.07.2007 wollte der Patient einen Ordner versorgen. Er sei dazu auf eine
Leiter gestiegen, dabei ausgerutscht und mit der linken Schulter gegen eine
Mauer geprallt. Danach sei er gestürzt und habe den Sturz auf die linke
Körperseite mit dem linken Arm auffangen wollen. Auf dem Boden sei er mit der
linken Schulter aufgeschlagen."
Die ihm zugrundeliegenden Teilgutachten enthalten ihrerseits mehrere Varianten,
wobei bei zweien statt von Ordnern von Bohren an der Decke die Rede war (vgl.
S. 25, 28, 32, 36 und 39 des Gutachtens sowie die vorinstanzliche E. 5.1).

4.1.10. Frau Dr. med. N.________, Fachärztin für Orthopädische Chirurgie und
Traumatologie des Bewegungsapparates, ging bei ihrer Beurteilung vom 3. Februar
2016 davon aus, dass ein Sturz mit Prellung der Schulter gegen die Wand, ohne
axiale Krafteinwirkung des Oberarmknochens in die Schulter hinein sowie ohne
plötzliche Zugwirkung oder Schulterluxation, erfolgt sei.

4.1.11. Das von der IV-Stelle des Kantons Zürich eingeholte polydisziplinäre
SMAB-Gutachten vom 7. März 2016 enthielt keine Schilderung des Versicherten zum
Unfallereignis. Es wird von einer Schulterprellung links ausgegangen; durch die
weitere Diagnostik habe eine Rissbildung mit geringer Fragmentation des Labrums
und eine mögliche SLAP-Läsion Grad I (Labrum-Bizepssehnen-Komplex) durch eine
degenerative Auffaserung der Supraspinatussehne nachgewiesen werden können.

4.2. Die Verwaltung als verfügende Instanz und - im Beschwerdefall - das
Gericht dürfen eine Tatsache nur dann als bewiesen annehmen, wenn sie von ihrem
Bestehen überzeugt sind. Im Sozialversicherungsrecht gilt, soweit das Gesetz
nicht etwas Abweichendes vorsieht, der Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 353 E. 5b S. 360). Bei sich widersprechenden
Angaben der versicherten Person über den Unfallhergang ist auf die Beweismaxime
hinzuweisen, wonach die sogenannten spontanen "Aussagen der ersten Stunde" in
der Regel unbefangener und zuverlässiger sind als spätere Darstellungen, die
bewusst oder unbewusst von nachträglichen Überlegungen versicherungsrechtlicher
oder anderer Art beeinflusst sein können. Wenn die versicherte Person ihre
Darstellung im Laufe der Zeit wechselt, kommt den Angaben, die sie kurz nach
dem Unfall gemacht hat, meistens grösseres Gewicht zu als jenen nach Kenntnis
einer Ablehnungsverfügung des Versicherers (BGE 121 V 45 E. 2a S. 47 mit
Hinweisen). Der Grundsatz, wonach die ersten Aussagen nach einem schädigenden
Ereignis in der Regel unbefangener und zuverlässiger sind als spätere
Darstellungen, stellt eine im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu
berücksichtigende Entscheidungshilfe dar. Sie kann nur zur Anwendung gelangen,
wenn von zusätzlichen Abklärungen keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind
(RKUV 2004 Nr. U 524 S. 546 f., U 236/03 E. 3.3.4; Urteil 8C_637/2016 vom 13.
Dezember 2016 E. 3.2 mit weiteren Hinweisen).

4.3. Bei einer Gesamtbetrachtung der wiedergegebenen Abläufe des Ereignisses
vom 20. Juli 2007 fällt auf, dass diese im Vergleich zu dem in der
Unfallmeldung geschilderten Hergang mit der Zeit immer ausführlicher und
schwerwiegender dargestellt werden. Insbesondere werden ursprünglich weder ein
Sturz auf den Ellenbogen noch eine Leiter erwähnt. Bei beidem geht es jedoch um
derart augenfällige Umstände, dass sie vom Versicherten erwähnt worden wären,
hätten sie beim Ereignis eine Rolle gespielt. Gestützt auf die dargelegte
Rechtsprechung zu den "Aussagen der ersten Stunde" ist somit auf die
Schilderung des Ereignisses vom 20. Juli 2007 in der Unfallmeldung vom 8.
September 2007 abzustellen. Diese hat vorliegend umso mehr Gewicht, als sie vom
Versicherten in seiner Funktion als Geschäftsführer selbst unterzeichnet wurde,
so dass Missverständnisse bei der Formulierung auszuschliessen sind. Der
zunehmend dramatischer geschilderte Ablauf steht auch in Kontrast zum Umstand,
dass der Versicherte erst über einen Monat nach dem Ereignis erstmals einen
Arzt aufsuchte.

4.4. Nach dem Gesagten ist der in der Unfallmeldung vom 8. September 2007
dargelegte Ablauf der massgebende. Damit können auch nur jene ärztlichen
Beurteilungen massgebend sein, welche ihrer medizinischen Beurteilung diesen
Geschehensablauf zugrunde gelegt haben.

5.

5.1. Das SMAB-Gutachten vom 7. März 2016 berücksichtigt sämtliche
gesundheitliche Beeinträchtigungen, welche der Versicherte sich über die Jahre
zugezogen hatte. Da es im Auftrag der Invalidenversicherung erstellt wurde,
unterscheidet es bezüglich der Auswirkungen auf die zumutbare Arbeitsfähigkeit
nicht zwischen den verschiedenen Ursachen (Krankheit, Degeneration, Unfall), so
dass sich daraus keine massgeblichen Angaben zu Beantwortung der hier
strittigen Frage (Kausalität) ergeben. Im Übrigen basiert es auf einem nicht
massgeblichen Sachverhalt und äussert sich fast ausschliesslich zum
Gesundheitszustand im Erstellungszeitpunkt, nicht aber zu der hier umstrittenen
Zeitspanne (2009/2010).
Die Experten der Gutachterstelle C.________ stellten in ihrem Gutachten vom 29.
Februar 2012 darauf ab, dass der Versicherte am 20. Juli 2007 von einer Leiter
gefallen sei, sich den linken Ellenbogen an der Wand angestossen und dadurch
einen Stoss in die linke Schulter erlitten habe (vgl. E. 4.1.9). Somit legten
sie ihrer medizinischen Beurteilung einen anderen als den vorliegend
massgeblichen Sachverhalt zugrunde, so dass ihre Schlussfolgerungen im Weiteren
unbeachtlich sind.
Das Gutachten des Dr. med. M.________ vom 12. Oktober 2010 beruht ebenfalls auf
der Annahme, der Versicherte sei von einer Leiter gefallen und mit dem linken
Ellenbogen am Boden aufgeschlagen. Demnach kann auch dieser medizinischen
Würdigung nicht gefolgt werden.
Dr. med. K.________ geht in seinem Gutachten vom 12. Juli 2010 vom Sachverhalt
gemäss Unfallmeldung vom 8. September 2007 aus. Damit sind die darin
enthaltenen Aussagen unter Berücksichtigung des massgeblichen Sachverhalts
erfolgt. Dieses Gutachten ist demnach bei der weiteren Beurteilung
miteinzubeziehen.
Das von Frau Dr. med. N.________ als Konsiliarärztin der Allianz erstellte
Aktengutachten vom 3. Februar 2016 legt der medizinischen Beurteilung den in
der Unfallmeldung geschilderten und somit massgeblichen Sachverhalt zugrunde.
Folglich ist diese medizinische Beurteilung ebenfalls zu berücksichtigen.
Sowohl den Berichten des Prof. Dr. med. H.________ wie auch jenen des Prof. Dr.
med. J.________ sind keine Schilderungen des Unfallereignisses zu entnehmen, so
dass unklar ist, auf welchen Sachverhalt sie sich bei ihrer medizinischen
Würdigung beziehen.
Dr. med. F.________ und Frau Dr. med. E.________ gehen bei ihren medizinischen
Einschätzungen davon aus, dass der Versicherte am 20. Juli 2007 auf seinen
Ellenbogen stürzte, was nicht dem massgeblichen Sachverhalt entspricht. Ihre
Ausführungen sind deshalb im Weiteren unbeachtlich.

5.2. Dr. med. K.________ diagnostizierte in seinem Gutachten vom 12. Juli 2010
den Status nach Schulterkontusion links am 20. Juli 2007 bei Impingement wegen
engem Subakromealraum, den Status nach arthroskopischer LBS-Tenodese (lange
Bizepssehne) und Supraspinatussehnen Reinsertion, persistierende
Funktionseinschränkung der linken oberen Extremität mit hälftiger Reduktion der
ROM (Beweglichkeit) und hälftiger Abschwächung der rohen Kraft bei Adipositas
und Status nach HWS-Distorsion (unfallfremd). Angesichts des Vergleichs der
beiden MRI der Schulter vom 22. Januar 2008 und vom 12. September 2008 bejahte
er unfallfremde Faktoren. Als einzig sicher nachvollziehbare Unfallfolge nannte
er die Schulterkontusion bei vorbestehendem Engpasssyndrom und chronischer
Bursitis. Er ging davon aus, dass die am 4. November 2008 operierte
Supraspinatuspartialruptur anlässlich der MRI noch nicht vorhanden gewesen sei.
Seiner Ansicht nach führte das Ereignis vom 20. Juli 2007 zu einer
vorübergehenden Verschlechterung eines vorbestehenden Zustandes, wobei der
Vorzustand spätestens Ende 2009 wieder erreicht gewesen sei. Abschliessend
verneinte er einen Integritätsschaden.
Frau Dr. med. N.________ schloss in ihrem Aktengutachten vom 3. Februar 2016
darauf, dass die SLAP-Läsionen und die Partialruptur der Supraspinatussehne
ausschliesslich degenerativer Natur seien. Sie begründete dies damit, dass bei
einer traumatisch bedingten SLAP-Läsion eine sofortige Einstellung der Arbeit
erfolge, da durch die Art der Verletzung grosse Schmerzen verursacht würden.
Zurückhaltung sei auch angezeigt, wenn die Beschwerden diffus geschildert
würden, das Unfallereignis fraglich sei und kein enger Zusammenhang zwischen
"Unfall", ärztlicher Behandlung und Arthroskopie bestehe. Im konkreten Fall sei
zunächst ein Sturz mit Prellung der Schulter gegen die Wand gemeldet worden; es
sei aber weder zu einer axialen Krafteinwirkung des Oberarmknochens in die
Schulter hinein noch zu einer plötzlichen Zugwirkung gekommen. Auch sei die
Schulter nicht luxiert worden. Die berufliche Tätigkeit sei fortgesetzt worden
und die diagnostischen Abklärungen seien erst Monate später erfolgt. Weiter
hielt Frau Dr. med. N.________ fest, den Ausführungen des Dr. med. K.________
könne sie so nicht folgen, da durch das Ereignis vom 20. Juli 2007 nur eine
Schulterprellung ausgelöst und der Vorzustand spätestens sechs Wochen nach dem
Ereignis erreicht worden sei.

5.3. Sowohl Dr. med. K.________ als auch Frau Dr. med. N.________ gehen davon
aus, dass der Vorzustand spätestens Ende Dezember 2009 erreicht worden war. Das
Gutachten des Vertrauensarztes Dr. med. K.________ entspricht den Anforderungen
der Rechtsprechung (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352),
weshalb darauf abgestellt werden kann. Es werden denn auch von den Parteien
keine Gründe vorgebracht, die daran zweifeln liessen. Soweit sich der
Versicherte auf Missachtung seiner Verfahrensrechte in Zusammenhang mit dem
Gutachten der Frau Dr. med. N.________ beruft, kann ihm nicht gefolgt werden.
Für seinen Einwand, es handle sich um ein Gefälligkeitsgutachten, fehlen
jegliche Anhaltspunkte. Daran ändert auch der Hinweis auf die Äusserung der
Allianz im Rahmen des Verfahrens um Rechtsverzögerung vor Vorinstanz nichts,
wonach "eine erste Sichtung der noch offenen Fragen mit Dr. med. N.________
bereits zustande gekommen" sei; denn es ist nicht ersichtlich, inwiefern die
Klärung der zu beantwortenden Fragen auf eine Absprache der Antworten
schliessen lässt. Ebenso unbehelflich - da nicht einschlägig - ist in diesem
Zusammenhang der Hinweis auf BGE 136 V 113 E. 5.4 S. 116, da es sich bei den
Fragen an Frau Dr. med. N.________ nicht um Ergänzungsfragen im Rahmen eines
verwaltungsexternen Gutachtens handelt. Zudem wurde dem Versicherten vor Erlass
des Einspracheentscheids das rechtliche Gehör bezüglich dieses
verwaltungsinternen Aktengutachtens (wie auch der übrigen aufgelaufenen Akten)
gewährt (vgl. Schreiben der Allianz vom 17. Februar 2016) und er hat mit
Stellungnahme vom 8. März 2016 einlässlich davon Gebrauch gemacht. An der
Massgeblichkeit der Würdigung durch Dr. med. N.________ ändert auch nichts,
dass sie ein Aktengutachten erstellte (SVR 2010 UV Nr. 17 S. 63 E. 7.2, 8C_239/
2008); denn ihre Einschätzung erging in Kenntnis sämtlicher Akten, ist in der
Beantwortung der gestellten Frage (Kausalität der SLAP-Läsionen und die
Partialruptur der Supraspinatussehne) nachvollziehbar und begründet. Ob mit
Frau Dr. med. N.________ bereits eine frühere Leistungseinstellung
gerechtfertigt wäre, braucht angesichts von Art. 107 Abs. 1 BGG nicht weiter
geprüft zu werden. Jedenfalls ist der Fallabschluss per Ende 2009 gemäss
Einspracheentscheid nicht zu beanstanden.

5.4. Nach dem Gesagten erfolgte die Leistungseinstellung durch die Allianz zu
Recht per 31. Dezember 2009. Die Vorinstanz hat gestützt auf das - nicht
massgebliche (vgl. oben E. 4 und 5.1) - Gutachten der Gutachterstelle
C.________ vom 29. Februar 2012 eine Integritätsentschädigung zugesprochen. Da
die Gutachter der Gutachterstelle C.________ bei ihrer medizinischen
Beurteilung von einem nicht massgeblichen Sachverhalt ausgingen, kann ihnen
auch bezüglich der festgestellten Integritätseinbusse nicht gefolgt werden.
Demnach ist auch keine Integritätsentschädigung geschuldet. Der vorinstanzliche
Entscheid ist somit aufzuheben und der Einspracheentscheid der Allianz vom 30.
März 2016 zu bestätigen.

6. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Der unterliegende Versicherte hat die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Allianz hat keinen Anspruch
auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Zürich vom 10. Januar 2017 wird aufgehoben und der
Einspracheentscheid der Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft vom 30. März
2016 bestätigt.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 28. Juli 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Frésard

Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold

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