Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.189/2017
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
8C_189/2017        

Urteil vom 19. Juni 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterinnen Heine, Viscione,
Gerichtsschreiber Nabold.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Josef Ulrich,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Beitragspflicht, Abgrenzung selbstständige und
unselbstständige Erwerbstätigkeit),

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern vom 9. Februar 2017.

Sachverhalt:

A. 
Der 1957 geborene A.________ ist seit einigen Jahren als Taxifahrer tätig; seit
dem 1. August 2015 arbeitet er mit anderen Chauffeuren unter dem Label
X.________ zusammen. Mit Verfügung vom 17. März 2016 und Einspracheentscheid
vom 27. September 2016 stellte die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt
(Suva) fest, dass seine Tätigkeit als Taxifahrer ab 1. Juli 2016 als
unselbstständige Erwerbstätigkeit zu betrachten sei.

B. 
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht mit
Entscheid vom 9. Februar 2017 ab.

C. 
Mit Beschwerde beantragt A.________, es sei unter Aufhebung des Einsprache- und
des kantonalen Gerichtsentscheides festzustellen, dass er auch über den 1. Juli
2016 hinaus als selbstständig erwerbstätiger Taxifahrer zu qualifizieren sei.
Während die Suva auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).

1.2. Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen
nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu
Anlass gibt      (Art. 99 Abs. 1 BGG).
Die beschwerdeführende Partei, welche die Sachverhaltsfeststellungen der
Vorinstanz anfechten will, muss substanziiert darlegen, inwiefern die
Voraussetzungen einer Ausnahme gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind und das
Verfahren bei rechtskonformer Ermittlung des Sachverhalts anders ausgegangen
wäre; andernfalls kann ein Sachverhalt, der vom im angefochtenen Entscheid
festgestellten abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1
S. 18 mit Hinweisen).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem
sie die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Taxifahrer als unselbstständige
Erwerbstätigkeit und damit den Beschwerdeführer als Arbeitnehmer von B.________
qualifiziert hat.

3. 
Die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen für die Beantwortung der Frage, ob
der Beschwerdeführer bezüglich seiner Tätigkeit als Taxichauffeur als
selbstständig oder als unselbstständig Erwerbstätiger zu betrachten ist -
wonach sich unter anderem die sozialversicherungsrechtliche Beitragspflicht
richtet (vgl. Art. 1a Abs. 1 UVG; Art. 10 ATSG; Urteil 8C_357/2014 vom 17. Juni
2014 E. 2) - hat das kantonale Gericht im angefochtenen Entscheid richtig
wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden. Es betrifft dies namentlich die
von der Rechtsprechung herangezogenen Kriterien für die Abgrenzung
selbstständig von unselbstständig ausgeübter Erwerbstätigkeit (BGE 123 V 161 E.
1 S. 162 f., 122 V 169 E. 3a und 3c S. 171 ff., je mit Hinweisen; vgl. auch Rz.
1013 ff. der Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherungen über den
massgebenden Lohn in der AHV, IV und EO [WML]). Zutreffend ist insbesondere,
dass sich das Beitragsstatut regelmässig nach der äusseren Erscheinungsform
wirtschaftlicher Sachverhalte und nicht nach allfällig davon abweichenden
internen Vereinbarungen der Beteiligten oder der Rechtsnatur des
Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien beurteilt, was jeweils unter
Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu geschehen hat (BGE 123 V
161 E. 1 S. 162 f., 119 V 161 E. 2 S. 161 f. und E. 3c S. 164 f.; Urteil 8C_97/
2013 E. 2.2, je mit Hinweisen, vgl. auch Rz. 1016 WML). Zutreffend ist im
Weiteren der Hinweis, dass nach der Wegleitung Taxifahrer im Allgemeinen auch
dann als unselbstständig Erwerbstätige gelten, wenn sei ein eigenes Fahrzeug
benutzen. Sie gelten als selbstständigerwerbend, wenn sie ein Unternehmerrisiko
tragen und arbeitsorganisatorisch nicht in besonderem Masse von den
Auftraggebenden abhängig sind (Rz. 4120 ff. WML).

4. 

4.1. Das kantonale Gericht hat in umfassender Würdigung der Akten für das
Bundesgericht grundsätzlich verbindlich festgestellt, dass der Beschwerdeführer
als Taxifahrer erwerbstätig ist. Dabei besteht eine gewisse vertragliche
Verbindung mit B.________, welcher mindestens als Koordinator von X.________
auftritt. Das vom Beschwerdeführer benutzte Fahrzeug ist mit der Werbung
X.________ und der einheitlichen Telefonnummer "076 350 10 10" beschriftet. Das
Fahrzeug gehört dem Beschwerdeführer, er hat dieses im Jahr 2015 für Fr.
2'000.- gebraucht erworben. Weitere Investitionen musste der Beschwerdeführer
nicht tätigen, er beschäftigt selber kein Personal. X.________ gewährleistet
seinen Kunden einen 24h-Service. Bei Schichtwechsel wird die gemeinsame
Telefonnummer jeweils auf das Telefon des übernehmenden Fahrers umgeschaltet.
Sind gleichzeitig mehrere Taxis unter dem Label X.________ unterwegs, was vor
allem samstagnachts der Fall ist, so übernimmt in der Regel B.________ die
Koordination. Gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen besteht zwar nicht
rechtlich, wohl aber faktisch, ein fester Arbeitsplan, wobei der
Beschwerdeführer von Donnerstag bis Montag jeweils vom frühen Abend bis zum
frühen Morgen des Folgetags unterwegs ist. Der Beschwerdeführer zahlt
B.________ monatlich pauschal Fr. 1'500.-; dieser übernimmt die Service- und
Reparaturarbeiten am Fahrzeug des Beschwerdeführers in seiner eigenen
Werkstatt. Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was diese vorinstanzlichen
Feststellungen als offensichtlich unrichtig oder sonstwie bundesrechtswidrig
erscheinen lassen würde.

4.2. Die Vorinstanz hat aufgrund der gesamten Umstände auf eine
unselbstständige Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers geschlossen und ihn als
sozialversicherungsrechtlichen Arbeitnehmer von B.________ betrachtet. Was der
Beschwerdeführer dagegen vorbringt, vermag keine andere Sichtweise zu
begründen. Insbesondere ist es für die Qualifikation einer Erwerbstätigkeit als
selbst- oder unselbstständig unerheblich, ob der Beschwerdeführer
privatrechtlich betrachtet in einem Arbeitsverhältnis steht. Entsprechend
durfte die Vorinstanz in zulässiger antizipierter Beweiswürdigung (vgl. BGE 136
I 229 E. 5.3 S. 236) auf die Einvernahme des B.________ als Zeugen verzichten.
Für eine unselbstständige Tätigkeit spricht vorliegend einerseits der Umstand,
dass der Beschwerdeführer kein eigentliches Betriebsrisiko trägt, hat er doch
nur geringe Investitionen tätigen müssen und fallen bei ausbleibenden Kunden,
mit Ausnahme der Zahlungen an B.________, keine grösseren Fixkosten an.
Andererseits fällt die Tatsache ins Gewicht, dass er sich gemäss den
verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen jedenfalls faktisch an den
Einsatzplan zu halten hat und damit in die Organisation des X.________
eingebunden erscheint. Dass der Beschwerdeführer seine gesamten Einnahmen (nach
Abzug der Betriebskosten und der Pauschale an B.________) für sich behält,
spricht zwar tendenziell für eine selbstständige Erwerbstätigkeit, ist aber nur
von untergeordneter Bedeutung. Aufgrund dieser Ausgestaltung des
Vertragsverhältnisses mit B.________ greift das Argument, er sei auch
ausserhalb von X.________ berechtigt, Aufträge anzunehmen, zu kurz.

4.3. Überwiegen demnach die Elemente, welche für eine unselbstständige
Erwerbstätigkeit sprechen, jene, welche die Tätigkeit eher als selbstständig
erscheinen lassen, so hat die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, als sie in
Bestätigung des Einspracheentscheides der Suva den Beschwerdeführer als
Arbeitnehmer im Sinne von Art. 1a Abs. 1 UVG qualifizierte. Entsprechend ist
die Beschwerde abzuweisen.

5. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und
dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 19. Juni 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Nabold

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben