Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.170/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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8C_170/2017            

 
 
 
Urteil vom 13. Oktober 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiberin Hofer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Holger Hügel, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, 
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau, 
Beschwerdegegnerin, 
 
Pensionskasse B.________, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Isabelle
Vetter-Schreiber, 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Neuanmeldung; Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau 
vom 31. Januar 2017 (VBE.2016.546). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1963 geborene A.________ meldete sich im September 2004 wegen Fibromyalgie
und Nackenschmerzen bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die
IV-Stelle des Kantons Aargau holte unter anderem das interdisziplinäre
Gutachten der Ärztliches Begutachtungsinstitut GmbH (ABI) vom 8. Februar 2008
ein. Mit Verfügung vom 17. Juli 2008 wies sie das Rentengesuch ab. Die
Verfügung blieb unangefochten. 
Am 4. Oktober 2011 meldete sich A.________ erneut zum Leistungsbezug an. Die
IV-Stelle holte nebst anderen medizinischen Unterlagen das polydisziplinäre
Gutachten der Swiss Medical Assessment- and Business Center AG (SMAB), vom 21.
Dezember 2012 ein, das am 4. März 2013 ergänzt wurde. Zudem zog sie den Bericht
des Spitals C.________ über die ambulante Behandlung vom 3. Dezember 2013 bei.
Der Versicherte reichte das von der Gemeinde D.________ in Auftrag gegebene
rheumatologische Gutachten des Spitals E._______ vom 23. April 2015 ein. Mit
Verfügung vom 28. Juli 2016 verneinte die IV-Stelle den Rentenanspruch erneut. 
 
B.   
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies die Beschwerde mit Entscheid
vom 31. Januar 2017 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Rechtsbegehren, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids seien
ihm die gesetzlichen Leistungen, insbesondere eine Invalidenrente zuzusprechen.
Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Überdies wird um unentgeltliche Rechtspflege ersucht. 
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht
durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine
Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet
das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es -
offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren beanstandeten
Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (
Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1,
Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist zunächst, ob Vorinstanz und Verwaltung das
Neuanmeldungsgesuch des Versicherten zu Recht abgewiesen haben. Zu prüfen ist
dabei insbesondere, ob sich in der Zeit zwischen dem 17. Juli 2008 (Zeitpunkt
der ersten Verfügung) und dem 28. Juli 2016 (Datum der den Rentenanspruch
erneut abweisenden Verfügung) eine rentenbegründende Änderung des Sachverhalts
ergeben hat. Unbestritten ist dabei, dass sich der Gesundheitszustand aus
orthopädischer Sicht nicht wesentlich verändert hat. Streitig ist hingegen, ob
eine anspruchserhebliche psychische Veränderung ausgewiesen ist. 
Das kantonale Gericht hat unter Hinweis auf Art. 87 Abs. 3 in Verbindung mit
Abs. 2 IVV und Art. 17 Abs. 1 ATSG richtig dargelegt, dass die Verwaltung im
Fall des Eintretens auf eine Neuanmeldung analog zu einer Rentenrevision zu
prüfen hat, ob sich die tatsächlichen Verhältnisse seit der ursprünglichen
Verfügung in einer für den Anspruch erheblichen Weise geändert haben.
Zutreffend wiedergegeben hat das kantonale Gericht sodann die Bestimmungen über
den Anspruch auf eine Invalidenrente und deren Höhe (Art. 28 Abs. 1 und 2 IVG)
und die Grundsätze zum Beweiswert ärztlicher Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S.
232; 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis). Darauf wird verwiesen. 
 
3.   
Die Vorinstanz hat die Abweisung des erneuten Rentengesuchs durch die
Beschwerdegegnerin mit folgender Begründung bestätigt: Gemäss Gutachten der
SMAB vom 21. Dezember 2012 leide der Versicherte mindestens seit Februar 2008
an einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Aus diesem Grund
sei ihm vom psychiatrischen Gutachter, Dr. med. F.________, eine seit 2007
bestehende volle Arbeitsunfähigkeit für jegliche Tätigkeit attestiert worden.
Davon gehe auch Dr. med. G.________, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin,
vom Regionalen Ärztlichen Dienst, in der Stellungnahme vom 15. März 2013 aus.
In zeitlicher Hinsicht falle die Diagnose in die Zeit des ABI-Gutachtens vom 8.
Februar 2008. Im psychiatrischen Teilgutachten des ABI habe Dr. med. H.________
in Kenntnis der subjektiven und anamnestischen Angaben des Beschwerdeführers
und der Berichte der behandelnden Ärzte das Vorliegen einer PTBS ausdrücklich
verneint. Den Ausführungen der Gutachter der SMAB in der ergänzenden
Stellungnahme vom 4. März 2013, wonach die behandelnden Ärzte der Klinik
I.________ im Jahre 2006 ähnliche Diagnosen wie die ABI-Gutachter gestellt,
jedoch eine PTBS übersehen hätten, hält die Vorinstanz entgegen, die Gutachter
hätten eine PTBS nicht übersehen, sondern deren Vorliegen geprüft und verneint.
Bei den ohne Nachweis einer erheblichen Veränderung des Gesundheitsschadens vom
ABI-Gutachten abweichenden Schlussfolgerungen der SMAB handle es sich um eine
unter revisionsrechtlichen Gesichtspunkten unerhebliche unterschiedliche
medizinische Beurteilung eines im Wesentlichen unverändert gebliebenen
Sachverhalts. Diese sei auf eine unterschiedliche Ausübung des ärztlichen
Ermessens zurückzuführen. Wenn der Gutachter der SMAB eine Verschlechterung des
Gesundheitszustandes seit dem Jahre 2008 beschreibe und dem Versicherten ab dem
Jahre 2007 eine hundertprozentige Erwerbsunfähigkeit attestiere, sei dies nicht
nachvollziehbar. Hinzu komme, dass Dr. med. F._______ die PTBS im Wesentlichen
gestützt auf die subjektiven Angaben des Versicherten und dessen anamnestischen
Schilderungen diagnostiziert habe, ohne sich jedoch mit dessen Angaben kritisch
auseinanderzusetzen. Die PTBS werde von Dr. med. F.________ als Reaktivierung
der traumatischen Ereignisse im Libanonkrieg durch das Unfallereignis im Jahre
2003 gesehen. Die Diagnose sei beim Beschwerdeführer jedoch erst im Jahre 2007
durch Dr. med. J.________ erstmals gestellt worden. Mit Blick auf die grosse
Latenzzeit und den Umstand, dass der Versicherte seit seiner Einreise in die
Schweiz im Jahre 1989 eine Ehe eingegangen sei, sich habe scheiden lassen,
seither in einer Partnerschaft lebe und während Jahren einer Erwerbstätigkeit
nachgegangen sei, erachtete die Vorinstanz die Ausführungen des Dr. med.
F.________ als nicht geeignet, die fundierten Einschätzungen des ABI in Zweifel
zu ziehen. Überdies fänden sich in den Akten keine Hinweise dafür, dass sich
der Versicherte zwischen 1989 und 2003 in psychiatrische Behandlung begeben
hätte. Insgesamt erscheine die diagnostizierte schwere PTBS laut Vorinstanz
weder schlüssig noch nachvollziehbar begründet. 
 
4.   
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 17 Abs. 1 ATSG sowie des
Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c ATSG) durch die Vorinstanz. Der
psychiatrische Gutachter des ABI habe eine leichte depressive Episode
(ICD-10:F32.0) und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10:F45.4)
diagnostiziert und eine Arbeitsfähigkeit von 80 Prozent in einer angepassten
Tätigkeit attestiert. Dr. med. F.________ von der SMAB sei dagegen von einer
schweren PTBS (ICD-10:F43.1) ausgegangen, die den Versicherten daran hindere
eine wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistung zu erbringen. Somit ergebe der
Vergleich der beiden Gutachten bezüglich der erhobenen Diagnosen wie auch
hinsichtlich der Leistungsfähigkeit eine offensichtliche Verschlechterung des
Gesundheitszustandes. Dr. med. F.________ stütze seine Einschätzung des
Gesundheitsschadens und die daraus folgende Invalidität nicht bloss auf
subjektive Angaben des Versicherten. Vielmehr habe er eine Anamnese
vorgenommen, eigene Untersuchungen durchgeführt und wissenschaftliche
Erkenntnisse für die Diagnosestellung herangezogen. Zudem führe er konkrete,
die Diagnose unterstützende Beobachtungen an. Die überzeugenden Ausführungen
des Dr. med. F.________ seien überdies ohne weiteres geeignet, die
gutachterlichen Einschätzungen des Dr. med. H.________ in Zweifel zu ziehen. 
 
5.  
 
5.1. Ändert sich der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines
Rentenbezügers erheblich, so wird die Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin
für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben (Art. 17 Abs.
1 ATSG). Anlass zur Anpassung der Rente gibt jede tatsächliche Änderung, die
sich auf den Invaliditätsgrad und damit auf den Umfang des Anspruchs (ein
Viertel, ein Zweitel, drei Viertel, ganze Rente; Art. 28 Abs. 2 IVG) auswirkt (
BGE 134 V 131 E. 3 S. 132). Ein Revisionsgrund in diesem Sinne betrifft
Änderungen in den persönlichen Verhältnissen der versicherten Person (BGE 133 V
545 E. 7.1 S. 548). Dazu gehört namentlich der Gesundheitszustand (vgl. Urteil
9C_896/2011 vom 31. Januar 2012 E. 3.1, in: SVR 2012 IV Nr. 36 S. 140; Urteil
9C_410/2015 vom 13. November 2015 E. 2). Dabei ist nicht die Diagnose
massgebend, sondern in erster Linie der psychopathologische Befund und der
Schweregrad der Symptomatik (Urteil 9C_634/2015 vom 15. März 2016 E. 6.1, in:
SVR 2017 IV Nr. 5 S. 10; vgl. auch BGE 136 V 279 E. 3.2.1 S. 281). Aus einer
anderen Diagnose oder einer unterschiedlichen Einschätzung der Arbeitsfähigkeit
aus medizinischer Sicht allein kann somit nicht auf eine für den
Invaliditätsgrad erhebliche Tatsachenänderung geschlossen werden (vgl. Urteile
9C_213/2015 vom 5. November 2015 E. 4.4.2; 9C_330/2014 vom 23. Juli 2014 E.
5.2,). Umgekehrt ist - bei an sich gleich gebliebenem Gesundheitszustand - eine
Angewöhnung oder Anpassung an die Behinderung, welche zu einer Verbesserung der
Arbeitsfähigkeit führt, revisionsrechtlich von Bedeutung (BGE 141 V 9 E. 2.3 S.
11 mit Hinweisen).  
 
5.2. Wegen des vergleichenden Charakters des revisionsrechtlichen Beweisthemas
und des Erfordernisses, erhebliche faktische Veränderungen von bloss
abweichenden Bewertungen abzugrenzen, muss deutlich werden, dass die Fakten,
mit denen die Veränderung begründet wird, neu sind oder dass sich vorbestandene
Tatsachen in ihrer Beschaffenheit oder ihrem Ausmass substantiell verändert
haben. Die Feststellung über eine seit der früheren Beurteilung eingetretene
tatsächliche Änderung ist genügend untermauert, wenn die ärztlichen
Sachverständigen aufzeigen, welche konkreten Gesichtspunkte in der
Krankheitsentwicklung und im Verlauf der Arbeitsunfähigkeit zu ihrer neuen
diagnostischen Beurteilung und Einschätzung des Schweregrades der Störungen
geführt haben (Urteil 9C_418/2010 vom 29. August 2011 E. 4.3, in: SVR 2012 IV
Nr. 18 S. 81).  
 
5.3. Da neue Diagnosen nicht per se einen Revisionsgrund darstellen (BGE 141 V
9 E. 5.2 S. 12; 385 E. 4.2 S. 391), braucht die Frage nach dem Vorliegen der im
SMAB-Gutachten gestellten Diagnose einer PTBS (vgl. dazu BGE 142 V 342) nicht
beantwortet zu werden. Ebenso erübrigen sich Ausführungen dazu, dass
Konstellationen, in denen die Symptomatik einer PTBS erst mit mehrjähriger
Verzögerung auftritt, invalidenversicherungsrechtlich ausser Betracht bleiben
müssen (Urteil 9C_228/2013 vom 26. Juni 2013 E. 4.2, in: SVR 2014 IV Nr. 1 S.
1).  
 
5.4. Nach Feststellung der Vorinstanz hat sich der Gesundheitszustand des
Versicherten bzw. dessen Auswirkung auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit im
massgebenden Zeitraum seit der ersten rentenabweisenden Verfügung vom 17. Juli
2008 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht wesentlich verändert.  
 
5.4.1. Jener Verfügung lag das ABI-Gutachten vom 8. Februar 2008 zugrunde. Laut
Dr. med. H.________ litt der Versicherte unter depressiven Verstimmungen.
Deswegen werde er von Dr. med. J.________ psychiatrisch-psychotherapeutisch
behandelt. Die verordneten Antidepressiva habe er im Zeitpunkt der Untersuchung
jedoch nicht eingenommen. Es bestehe eine leichte depressive Episode mit
leichten depressiven Verstimmungen, nächtlichen Schlafschwierigkeiten und
Antriebsstörung. Der Gutachter attestierte aus psychiatrischer Sicht eine
Einschränkung der Arbeitsfähigkeit von 20 Prozent. Diese bestehe seit der
Aufgabe der Erwerbstätigkeit im Oktober 2003. Die Arbeitsfähigkeit werde durch
die leichte depressive Episode und die anhaltende somatoforme Schmerzstörung
eingeschränkt. Eine schwere psychische Störung liege nicht vor. Der Explorand
sei nicht suizidal. Es fänden sich keine deutlichen Konzentrationsstörungen.
Hinweise auf unbewusste Konflikte seien nicht vorhanden, und ein primärer
Krankheitsgewinn sei nicht gegeben. Aus psychiatrischer Sicht sei dem
Versicherten trotz der geklagten Beschwerden zuzumuten, einer seinen
körperlichen Einschränkungen angepassten Tätigkeit zu 80 Prozent nachzugehen.
Im idealsten Fall sei dies in einem ganztägigen Pensum mit der Möglichkeit
vermehrter Pausen möglich. Dr. med. H.________ nahm ausdrücklich auch zur
Diskrepanz der Einschätzung des Dr. med. J.________ gemäss Bericht vom 10.
Februar 2007 Stellung, wonach der Versicherte an einer PTBS leide und deswegen
zu 100 Prozent arbeitsunfähig sei. Diese Auffassung konnte er nicht teilen,
weil er im Rahmen der Untersuchung die dafür typischen Merkmale nicht vorfinden
konnte.  
 
5.4.2. Die Gutachter der SMAB halten dazu fest, obwohl die Diagnose PTBS im
Vorfeld diskutiert worden sei, habe im Rahmen des ABI-Gutachtens dazu keine
explizite Befragung stattgefunden. Entgegen der Beurteilung der ABI-Gutachter
liessen sich jedoch deutliche Hyperarousal, Flashbacks, Albträume und
Einschränkungen der allgemeinen Belastbarkeit und Konzentration nachweisen.
Aufgrund der vorhandenen, deutlich ausgeprägten Symptomatik sei der Versicherte
derzeit nicht in der Lage, wirtschaftlich verwertbare Arbeit zu leisten. Die
Arbeitsunfähigkeit bestehe seit dem Jahr 2007. Damals habe Dr. med. K.________
(vgl. Bericht des Dr. med. J.________ vom 10. Februar 2007) ausführlich über
die Symptomatik berichtet und eine hundertprozentige Arbeitsunfähigkeit
attestiert. Seither habe die Symptomatik zugenommen. Das ABI-Gutachten gehe
nicht auf die Möglichkeit einer PTBS ein, da es diese offenbar verkannt habe.  
 
5.5. Im Ergebnis diagnostiziert die Expertise der SMAB trotz im Wesentlichen
unverändert gebliebenem Gesundheitszustand eine PTBS und schätzt die
Arbeitsfähigkeit anders ein. Sie attestiert eine seit 2007 bestehende volle
Arbeitsunfähigkeit auch für eine leidensangepasste Tätigkeit. Darin ist nicht
eine relevante Gesundheitsverschlechterung, sondern eine abweichende Würdigung
bereits bekannter Tatsachen zu erblicken. In der ergänzenden Stellungnahme vom
4. März 2013 führen die Gutachter überdies aus, ihre Einschätzung liege nicht
weit von jener der Klinik I.________ (vgl. Austrittsbericht vom 27. Oktober
2006) entfernt. Die Schlussfolgerung der Vorinstanz, es liege keine Grundlage
für eine Rentenzusprechung im Rahmen der Neuanmeldung vor, verletzt daher kein
Bundesrecht.  
 
6.  
 
6.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, mit dem SMAB-Gutachten liege ein neues
Beweismittel vor, das aufzeige, dass der der Verfügung vom 17. Juli 2008
zugrunde gelegene medizinische Sachverhalt ungenügend festgestellt worden sei.
Die Vorinstanz habe Bundesrecht verletzt, indem sie jene Verfügung mit Blick
auf diese Expertise nicht gemäss Art. 53 Abs. 1 ATSG in Revision gezogen habe.
Des Weitern macht er einen Verstoss gegen den Untersuchungsgrundsatz nach Art.
61 lit. c ATSG geltend.  
 
6.2. Im Verfahren vor Bundesgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur
soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass
gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Neue Begehren sind unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG).
 
 
6.3. Neue Tatsachen und Beweismittel im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG sind
Tatsachen, die weder im vorangegangenen Verfahren vorgebracht noch von der
Vorinstanz festgestellt worden sind. Eine Tatsache, die sich aus den
vorinstanzlichen Akten ergibt, ist nicht neu. Das gilt auch dann, wenn die
Vorinstanz diese Tatsache in ihrem Entscheid nicht ausdrücklich festgestellt
hat, wäre andernfalls doch die Rüge von vornherein unzulässig, die Vorinstanz
habe den Sachverhalt unter Missachtung vorhandener Akten festgestellt (BGE 136
V 362 E. 3.3.1 S. 364 f. mit Hinweisen).  
In diesem Sinne ist die sachverhaltliche Basis für das Ersuchen des
Beschwerdeführers, es sei auf die rechtskräftige Verfügung vom 17. Juli 2008
zurückzukommen, kein unzulässiges Novum. Die für die erstmalige Rentenablehnung
entscheidrelevanten Unterlagen befinden sich in den IV-Akten. 
 
6.4. Fraglich ist indessen, ob ein unzulässiges neues Begehren im Sinne von 
Art. 99 Abs. 2 BGG vorliegt.  
 
6.4.1. Ein Rückkommen auf die am 17. Juli 2008 rechtskräftig verfügte
Verneinung des Rentenanspruchs unter dem Rechtstitel von Art. 53 Abs. 1 ATSG
war bis anhin nicht Gegenstand des Verfahrens, obwohl dies der Rechtsvertreter
des Beschwerdeführers im Schreiben vom 26. April 2013 beantragt hatte.  
 
6.4.2. Die Neuheit eines Begehrens bezieht sich auf den Streitgegenstand.
Dieser kann vor Bundesgericht nur noch eingeschränkt (minus), aber nicht
ausgeweitet (plus) oder geändert (aliud) werden (BGE 136 V 362 E. 3.4.2 S. 365
mit Hinweisen). Der vorinstanzlich beurteilte Streitgegenstand bestimmt sich
dabei durch das Dispositiv des angefochtenen Entscheids. Im Falle der
Verneinung des Rentenanspruchs ist Streitgegenstand die Versicherungsleistung
als solche. Wird deren Nichtgewährung beanstandet, muss dies auch unter
Rechtstiteln möglich sein, die bisher nicht thematisiert worden sind. Damit
findet keine Veränderung des Streitgegenstands statt, sondern es handelt sich
um ein anderes rechtliches Argument im Rahmen desselben (BGE 136 V 362 E. 3.4.3
und 3.4.4 S. 365 f. mit Hinweisen).  
 
6.5. Neue rechtliche Begründungen sind vor Bundesgericht im Rahmen des
Streitgegenstands zulässig (Art. 95 lit. a und Art. 106 Abs. 1 BGG). Da das
Bundesgericht seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt
zugrunde legt (Art. 105 Abs. 1 BGG), wird die Zulässigkeit neuer rechtlicher
Argumentation grundsätzlich an die Voraussetzung geknüpft, dass sie sich auf
einen im angefochtenen Urteil festgestellten Sachverhalt stützt. Das
Bundesgericht kann aber als Ausnahme von der Bindung an den vorinstanzlich
festgestellten Sachverhalt auch selber eine Sachverhaltsfeststellung ergänzen (
Art. 105 Abs. 2 BGG), dies namentlich dann, wenn die Vorinstanz einen
Sachverhalt mangels Relevanz gar nicht zu beurteilen hatte, dieser aber infolge
einer anderen rechtlichen Betrachtung des Bundesgerichts rechtserheblich wird.
Unzulässig ist dies nur, wenn dazu neue Tatsachen im Sinne von Art. 99 Abs. 1
BGG festgestellt werden müssten. Hingegen kann eine neue rechtliche Begründung
jedenfalls dann erfolgen, wenn sie sich auf aktenkundige Tatsachen stützt (BGE
136 V 362 E. 4.1 S. 366 f. mit diversen Hinweisen).  
 
6.6. Die Neuheit eines Begehrens bemisst sich im Verhältnis zu den
vorinstanzlich gestellten Begehren (BGE 136 V 362 E. 4.2 S. 367 mit Hinweisen).
Der Beschwerdeführer hatte vor der Vorinstanz um Aufhebung der Verfügung der
Beschwerdegegnerin vom 28. Juli 2016 und Zusprechung einer ganzen Rente ab 1.
März 2012 ersucht. Wenn er vor Bundesgericht ein Rückkommen auf die Verfügung
vom 17. Juli 2008 unter dem Titel der prozessualen Revision ersucht, so liegt
darin keine Veränderung des Streitgegenstands und kein unzulässiges neues
Begehren, sondern eine andere rechtliche Begründung für das vorinstanzlich
gestellte Begehren (BGE 136 V 362 E. 4.2 S. 367 mit Hinweis). Der auf
aktenkundige Tatsachen gestützte Antrag des Beschwerdeführers, es seien die
gesetzlichen Leistungen, insbesondere eine Invalidenrente zuzusprechen, ist
deshalb zulässig.  
 
7.  
 
7.1. Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide müssen nach 
Art. 53 Abs. 1 ATSG in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person
oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen
entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich
war. Der Begriff "neue Tatsachen oder Beweismittel" ist bei der (prozessualen)
Revision gleich auszulegen wie bei der Revision eines kantonalen
Gerichtsentscheids gemäss Art. 61 lit. i ATSG oder bei der Revision eines
Bundesgerichtsurteils gemäss Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG (vgl. Urteil 9C_764/
2009 vom 26. März 2010 E. 3.1, in: SVR 2010 IV Nr. 55 S. 169; Urteil 9C_955/
2012 vom 13. Februar 2013 E. 3.1).  
Neu sind demnach Tatsachen, die sich vor Erlass der formell rechtskräftigen
Verfügung oder des Einspracheentscheides verwirklicht haben, jedoch dem
Revisionsgesuchsteller trotz hinreichender Sorgfalt nicht bekannt waren. Die
neuen Tatsachen müssen erheblich sein, d.h. sie müssen geeignet sein, die
tatbeständliche Grundlage des zur Revision beantragten Entscheids zu verändern
und bei zutreffender rechtlicher Würdigung zu einer andern Entscheidung zu
führen. Neue Beweismittel haben entweder dem Beweis der die Revision
begründenden neuen erheblichen Tatsachen oder dem Beweis von Tatsachen zu
dienen, die zwar im früheren Verfahren bekannt gewesen, aber zum Nachteil des
Gesuchstellers unbewiesen geblieben sind (vgl. BGE 134 III 669 E. 2.1 S. 670;
127 V 353 E. 5b S. 358; Urteil 8C_434/2011 vom 8. Dezember 2011 E. 7.1, in: SVR
2012 UV Nr. 17 S. 63). 
 
7.2. Betrifft der Revisionsgrund eine materielle Anspruchsvoraussetzung, deren
Beurteilung massgeblich auf Schätzung oder Beweiswürdigung beruht, auf
Elementen also, die notwendigerweise Ermessenszüge aufweisen, so ist eine
vorgebrachte neue Tatsache als solche in der Regel nicht erheblich. Ein
(prozessrechtlicher) Revisionsgrund fällt demnach überhaupt nur in Betracht,
wenn bereits im ursprünglichen Verfahren der untersuchende Arzt und die
entscheidende Behörde das Ermessen wegen eines neu erhobenen Befundes zwingend
anders hätten ausüben und infolgedessen zu einem anderen Ergebnis hätten
gelangen müssen. An diesem prozessualrevisionsrechtlich verlangten Erfordernis
fehlt es, wenn sich das Neue im Wesentlichen in (differenzial-) diagnostischen
Überlegungen erschöpft, also auf der Ebene der medizinischen Beurteilung
anzusiedeln ist.  
 
7.3. Neue medizinische Expertisen, die im Verfahren, das zur früheren Verfügung
geführt hat, keine gravierende und unvertretbare Fehldiagnose feststellen,
erfüllen das Kriterium der Erheblichkeit nicht. Aufgrund der Symptome lassen
sich Krankheiten oft nicht klar voneinander abgrenzen. Es wäre nicht sinnvoll,
wenn jede im Nachhinein korrigierte Diagnose eine Revision begründen könnte,
zumal der erhobene Krankheitsbefund nicht grundlegend für das Mass der Arbeits
(un) fähigkeit und damit die Beurteilung des Invaliditätsgrades ist. Das
geltend gemachte Übersehen der Diagnose einer PTBS im ABI-Gutachten stellt
keine revisionserhebliche neue Tatsache dar. Die Gutachter hatten damals das
Vorhandensein einer PTBS diskutiert und explizit verneint. Im Übrigen beruhen
medizinische Gutachten meist auf ärztlichem Ermessen. Insbesondere bei der
Festsetzung der Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG) verfügt der Gutachter über
einen beachtlichen Ermessensspielraum. Die Einschätzung der Arbeitsfähigkeit
basiert massgebend auf Schätzung oder Würdigung der erfragten und entdeckten
Symptome. Die Tatsache, dass Dr. med. F.________ im neusten Gutachten dem
Versicherten für den Zeitpunkt der ersten Verfügung eine höhere
Arbeitsunfähigkeit attestiert als Dr. med. H.________ in der früheren
Expertise, ist revisionsrechtlich irrelevant. Die prozessuale Revision der
Verfügung vom 17. Juli 2008 ist somit weder aufgrund einer allfälligen
fehlerhaften Diagnose noch wegen einer anderen Einschätzung der
Arbeitsunfähigkeit im Vergleich zum ABI-Gutachten möglich.  
 
8.   
Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG
). Die unentgeltliche Rechtspflege kann ihm gewährt werden (Art. 64 BGG). Er
hat der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn er später dazu in der Lage
ist (Art. 64 Abs. 4 BGG). 
 Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und
Rechtsanwalt Holger Hügel wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes
vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen. 
 
4.   
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird aus der Bundesgerichtskasse eine
Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Parteien, der Pensionskasse B.________, dem
Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 13. Oktober 2017 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Hofer 

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