Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.14/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_14/2017

Urteil vom 15. März 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterinnen Heine, Viscione,
Gerichtsschreiberin Polla.

Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle des Kantons St. Gallen,
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin
Filiz-Félice Aydemir Séquin,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 30. November 2016.

Sachverhalt:

A.

A.a. Der 1951 geborene A.________ meldete sich im November 2009 wegen
Kniearthrosen bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nachdem die
IV-Stelle des Kantons St. Gallen erwerbliche und medizinische Abklärungen
vorgenommen, dabei ein durch den Krankenversicherer veranlasstes
interdisziplinäres Gutachten des medizinischen Instituts B.________ vom 15.
November 2010 zu den Akten genommen und eine neurologische Begutachtung bei
Frau Dr. med. C.________, Fachärztin für Neurologie FMH (Gutachten vom 20. Juli
2011), sowie eine cranio-cerebrale Vergleichskernspintomographie vom 7.
September 2011 veranlasst hatte, verneinte sie mit Verfügung vom 19. Dezember
2011 den Anspruch auf eine Invalidenrente. Das Verwaltungsgericht des Kantons
St. Gallen hob mit Entscheid vom 17. Januar 2014 die rentenabweisende Verfügung
auf und wies die Sache zu weiteren medizinischen Abklärungen an die Verwaltung
zurück.

A.b. Die IV-Stelle gab daraufhin eine psychiatrische Begutachtung bei der
Abklärungsstelle D.________ (Gutachten vom 8. Oktober 2014) in Auftrag. Nach
durchgeführtem Vorbescheidverfahren verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom
24. Februar 2016 bei einem Invaliditätsgrad von 33 % erneut einen Anspruch auf
eine Invalidenrente.

B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen mit Entscheid vom 30. November 2016 teilweise gut und sprach A.________
ab 1. Juni 2010 eine ganze Rente der Invalidenversicherung zu.

C. 
Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten und beantragt, der vorinstanzliche Entscheid vom 30. November
2016 sei aufzuheben und die Verfügung vom 24. Februar 2016 zu bestätigen. Zudem
sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Während die Vorinstanz auf eine Vernehmlassung verzichtet, lässt A.________
Abweisung der Beschwerde beantragen und es sei dem Gesuch um Erteilung der
aufschiebenden Wirkung nicht stattzugeben.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2
BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf diese Kognitionsregelung ist
aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde ans Bundesgericht zu prüfen, ob der
angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell-
und beweisrechtlichen Grundlagen (u.a.) Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a
BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften
Tatsachenfeststellung (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz zu Recht die rentenverneinende
Verfügung vom 24. Februar 2016 aufhob und ein ganze Rente der
Invalidenversicherung zusprach.

3.

3.1. Die Vorinstanz hielt unbestritten fest, gemäss Gutachten des medizinischen
Instituts B.________ vom 15. November 2010 und Entscheid vom 17. Januar 2014
bestehe aus somatischer Sicht eine Arbeitsunfähigkeit von 20 %. Weiter sei im
psychiatrischen Gutachten der Abklärungsstelle D.________ vom 8. Oktober 2014
eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige depressive
Episode, diagnostiziert worden, die zu einer 100%igen Arbeitsunfähigkeit führe.
Insgesamt sei wegen des psychischen Leidens die attestierte vollständige
Arbeitsunfähigkeit überzeugend. Liege ein Krankheitsbild mit Auswirkung auf die
Arbeitsfähigkeit vor, sei der Einfluss von sozialen,
invalidenversicherungsfremden Faktoren unerheblich. Schliesslich könne von
einem 63-jährigen Versicherten keine konsequente geeignete psychotherapeutische
Behandlung mehr verlangt werden, weshalb ihm die fehlende Therapie nicht
angelastet werden dürfe. Damit habe der Beschwerdegegner Anspruch auf eine
ganze Invalidenrente ab 1. Juni 2010.

3.2. Beschwerdeweise wird die Qualifikation des kantonalen Gerichts der im
Gutachten der Abklärungsstelle D.________ vom 8. Oktober 2014 diagnostizierten
rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode mit
somatischem Syndrom (ICD-10 F33.1), als invalidisierenden Gesundheitsschaden
bemängelt. Insbesondere räume die Vorinstanz invalidenversicherungsfremden
Faktoren zu viel Bedeutung ein. Ferner sei ihre Schlussfolgerung, wonach eine
therapeutische Behandlung bei einer 63-jährigen Person nicht mehr verlangt
werden könne, unhaltbar. Insgesamt habe die Vorinstanz die gefestigte
Rechtsprechung des Bundesgerichts verletzt. Vielmehr sei festzustellen, dass zu
keinem Zeitpunkt eine adäquate psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung
stattgefunden habe, weshalb keine Therapieresistenz vorliege und somit auch
kein invalidisierendes depressives Leiden.

4.

4.1. Die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit anhand der normativ vorgegebenen
Kriterien ist sowohl Aufgabe der begutachtenden Ärzte als auch der Organe der
Rechtsanwendung. Beide prüfen die Arbeitsfähigkeit je aus ihrer Sicht. Zunächst
erfolgt eine Folgenabschätzung aus medizinischer Sicht. Diese bildet
anschliessend wichtige Grundlage für die juristische Beurteilung, welche
Arbeitsleistung der versicherten Person noch zugemutet werden kann (BGE 141 V
281 E. 5.2.1). Die Rechtsanwender prüfen dabei die medizinischen Angaben frei,
insbesondere darauf hin, ob die Ärzte sich an die massgebenden normativen
Rahmenbedingungen gehalten haben. Das heisst, ob sie ausschliesslich
funktionelle Ausfälle berücksichtigt haben, welche Folgen der gesundheitlichen
Beeinträchtigung sind (Art. 7 Abs. 2 ATSG), und ob die
versicherungsmedizinische Zumutbarkeitsbeurteilung auf objektivierter Grundlage
erfolgt ist (Art. 7 Abs. 2 ATSG). Auf diese Weise wird eine einheitliche und
rechtsgleiche Einschätzung der Arbeitsfähigkeit gesichert (BGE 141 V 281 E.
5.2.2).

4.2. Bei depressiven Störungen im mittelgradigen Bereich ist die
invalidisierende Wirkung besonders sorgfältig zu prüfen. Es darf nicht
unbesehen darauf geschlossen werden, eine solche Störung vermöchte eine
voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde (teilweise)
Erwerbsunfähigkeit zu bewirken (Urteile 9C_125/2015 vom 18. November 2015 E.
7.2.1; 9C_484/2012 vom 26. April 2013 E. 4.3.2.2). Bei leichten bis
mittelschweren Störungen aus dem depressiven Formenkreis, seien sie im
Auftreten rezidivierend oder episodisch, wird praxisgemäss angenommen, dass -
aufgrund der nach gesicherter psychiatrischer Erfahrung regelmässig guten
Therapierbarkeit - hieraus keine invalidenversicherungsrechtlich relevante
Einschränkung der Arbeitsfähigkeit resultiert (statt vieler: BGE 140 V 193 E.
3.3; SVR 2016 IV Nr. 52 S. 176, 9C_13/2016). Gemäss E. 4.3.1.2 des BGE 141 V
281 gelten Behandlungserfolg oder -resistenz bei somatoformen Schmerzstörungen
und vergleichbaren psychosomatischen Leiden konsequenterweise als wichtige
Schweregradindikatoren. Den hier interessierenden leichten bis mittelschweren
depressiven Erkrankungen fehlt es dementsprechend, solange sie therapeutisch
angehbar sind, an einem hinreichenden Schweregrad der Störung, um diese als
invalidisierend anzusehen. Nur in der - seltenen, gesetzlich verlangten
Konstellation mit Therapieresistenz - ist den normativen Anforderungen des Art.
7 Abs. 2 zweiter Satz ATSG für eine objektivierende Betrachtungs- und
Prüfungsweise Genüge getan (BGE 141 V 281 E. 3.7.1 bis 3.7.3 S. 295 f.). Ein
solcher Sachverhalt muss überwiegend wahrscheinlich und darf nicht lediglich
nicht auszuschliessen sein. Zudem muss die Therapie in dem Sinne konsequent
gewesen sein, als die aus fachärztlicher Sicht indizierten zumutbaren
(ambulanten und stationären) Behandlungsmöglichkeiten in kooperativer Weise
optimal und nachhaltig ausgeschöpft worden sind (BGE 140 V 193 E. 3.3, 137 V 64
E. 5.2; vgl. BGE 141 V 281 E. 3.7.1 bis 3.7.3 S. 295 f.). Zusammenfassend ist
nochmals festzuhalten, dass psychische Störungen der hier interessierenden Art
nur als invalidisierend zu werten sind, wenn sie schwer und therapeutisch nicht
(mehr) angehbar sind, was voraussetzt, dass keine therapeutische Option mehr
und somit eine Behandlungsresistenz besteht (vgl. BGE 141 V 281 E. 4.3.1.2 S.
299 f.). An dieser bundesgerichtlichen Praxis, hat BGE 141 V 281 nichts
geändert.

5.

5.1. Zu Recht unbestritten ist die im Gutachten der Abklärungsstelle D.________
vom 8. Oktober 2014 diagnostizierte rezidivierende depressive Störung,
gegenwärtig mittelgradige Episode mit somatischem Syndrom (ICD-10 F33.11). Wie
die Vorinstanz ausführte, ist das Gutachten vollständig und nachvollziehbar.
Insbesondere erklärten die Experten die Diagnosestellung gestützt auf die beim
Versicherten vorhandenen Kriterien, wie depressive Stimmung, Verlust von
Interesse oder Freude und erhöhte Ermüdbarkeit. Ebenfalls wird durch die
Schilderungen und die Untersuchung vor allem das Symptom der verminderten
Konzentration und Aufmerksamkeit veranschaulicht. Die hierdurch erlebten
Einschränkungen im Alltag veranlassten die Gutachter, dem Versicherten eine
100%ige Arbeitsunfähigkeit zu attestieren. Aufgrund des langjährigen Verlaufs
ohne "suffiziente pharmakotherapeutische und psychotherapeutische Behandlung",
bewerteten sie die Prognose als schlecht.

5.2. Entgegen der Würdigung des kantonalen Gerichts enthalten die Akten
keinerlei Hinweise auf eine seit mehreren Jahren und trotz adäquater Therapie
behandlungsresistenten, invalidisierenden Depression. Selbst die Gutachter
erachteten eine Verbesserung unter der Voraussetzung einer
psychotherapeutischen - am ehesten verhaltenstherapeutischen - Behandlung in
Kombination mit einer antidepressiven Medikation, wobei die Einnahme des
zuletzt verabreichten Medikaments Venlafaxin als nicht suffizient erachtet
wurde, durchaus als möglich. Hinweise auf eine aufgrund seines Alters oder aus
einem andern Grund unzumutbare Depressionstherapie finden sich in den
medizinischen Akten keine. Weshalb eine solche namentlich altersbedingt
unzumutbar sein soll, ist denn auch nicht ersichtlich. Nachdem sich der
Versicherte zu keinem Zeitpunkt einer im Rahmen der Schadenminderungspflicht
durchaus zumutbaren, adäquaten psychotherapeutischen Therapie mit
antidepressiver Medikation (BGE 127 V 294 E. 4b/cc S. 297) unterzogen hatte,
kann nicht gesagt werden, er habe bisher die ambulanten und stationären
Behandlungsmöglichkeiten in kooperativer Weise stets nachhaltig ausgeschöpft
und es liege Therapieresistenz vor. Die Vorinstanz verletzte Bundesrecht, indem
sie ausführte, aufgrund des Alters sei ihm eine Behandlung nicht zumutbar und
die attestierte 100%ige Arbeitsunfähigkeit ohne Anwendung der normativen
Rahmenbedingungen übernahm. Eine invalidenversicherungsrechtlich relevante
Einschränkung der Arbeitsfähigkeit liegt nicht vor.

5.3. Zu korrigieren sind weiter die Ausführungen der Vorinstanz, wonach bei
einem diagnostizierten Leiden mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit das
Vorliegen von sozialen und invalidenversicherungsfremden Faktoren unerheblich
sei. Fälschlicherweise nimmt das Gericht Bezug auf BGE 139 V 547 E. 3.2.2,
worin lediglich die Rechtsprechung wiedergegeben wird. Das hierzu zu beachtende
Urteil ist BGE 127 V 294 E. 5a: Damit ein invaliditätsrelevanter
Gesundheitsschaden vorliegt, bedarf es nach ständiger und konstanter
Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht nur eines medizinischen Substrats, das
fachärztlich festgestellt wurde und welches die Arbeitsfähigkeit wesentlich
beeinträchtigt, sondern auch einer sorgfältigen Prüfung durch die
rechtsanwendenden Behörden, ob die ärztliche Einschätzung der
Arbeitsunfähigkeit zudem invaliditätsfremde Gesichtspunkte (insbesondere
psychosoziale und soziokulturelle Belastungsfaktoren) mitberücksichtigt, die
vom invaliditätsrechtlichen Standpunkt aus unbeachtlich sind (vgl. BGE 140 V
193; 130 V 352 E. 2.2.5 S. 355 f.; Urteil 9C_146/2015 vom 19. Januar 2016 E.
3.1). Das Beschwerdebild mitprägende psychosoziale und soziokulturelle
Belastungsfaktoren, soweit sie unmittelbar (direkt) die Symptomatik
beeinflussen und nicht bloss mittelbar eine (verselbstständigte)
Gesundheitsschädigung aufrechterhalten oder ihre (unabhängig von den
invaliditätsfremden Elementen bestehenden) Folgen verschlimmern, sind als nicht
invalidisierende und damit nicht versicherte Faktoren auszuscheiden (BGE 141 V
281 E. 3.4.2.1 S. 293 und E. 4.3.1.1 S. 298; Urteil 9C_140/2014 vom 7. Januar
2015 E. 3.3). Ein invalidisierender psychischer Gesundheitsschaden kann nur
gegeben sein, wenn das klinische Beschwerdebild nicht einzig in psychosozialen
und soziokulturellen Umständen seine Erklärung findet, sondern davon
psychiatrisch unterscheidbare Befunde umfasst. Auch bei einer diagnostizierten
Depressionsstörung sind daher das Beschwerdebild prägende psychosoziale
Belastungsfaktoren - entgegen den Darlegungen im angefochtenen Entscheid - bei
der Beurteilung, ob ein invalidisierender Gesundheitsschaden vorliegt, zu
beachten und auszuklammern. Die rechtsanwendenden Behörden haben demnach mit
besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob die ärztliche Einschätzung der
Arbeitsunfähigkeit auch invaliditätsfremde Gesichtspunkte (insbesondere
psychosoziale und soziokulturelle Belastungsfaktoren) mitberücksichtigt, die
vom sozialversicherungsrechtlichen Standpunkt aus unbeachtlich sind (vgl. BGE
140 V 193; 130 V 352 E. 2.2.5 S. 355 f.). Wo psychosoziale Einflüsse das Bild
prägen, ist bei der Annahme einer rentenbegründenden Invalidität Zurückhaltung
geboten (BGE 141 V 281 E. 4.3.3 S. 303; 127 V 294 E. 5a S. 299 f.; Urteile
8C_746/2015 vom 3. Februar 2016 E. 2.2 und 9C_146/2015 vom 19. Januar 2016 E.
3.1 mit Hinweisen). Wie es sich damit im konkreten Fall verhält, kann offen
gelassen werden, da nach dem Gesagten (E. 5.2) ohnehin kein invalidisierender
psychischer Gesundheitsschaden vorliegt.

5.4. Indem das kantonale Gericht, sowohl die Rechtsprechung des Bundesgerichts
zu den leichten bis mittelschweren depressiven Störungen, insbesondere die
Frage der Therapierbarkeit der vorliegenden Depression, und auch die
Rechtsprechung zu den psychosozialen und soziokulturellen Belastungsfaktoren
ausser Acht liess, verletzte es Bundesrecht.

6.

6.1. Die somatisch bedingte Einschränkung der Arbeitsfähigkeit beträgt nach den
vorinstanzlichen Feststellungen 20 %, wobei der Beschwerdegegner in der Lage
ist, leichte, bis höchstens mittelschwere Tätigkeiten, vorwiegend sitzend und
wechselbelastend, mit ganztägiger Präsenzzeit auszuüben. Zur
Invaliditätsbemessung durch Einkommensvergleich äusserte sich die Vorinstanz
nicht. Das Bundesgericht ist daher frei, die hiefür notwendigen
Sachverhaltsfeststellungen selber zu treffen (vgl. oben E. 1).

6.2. Für den Einkommensvergleich sind die Verhältnisse im Zeitpunkt des
Rentenbeginns (hier: 1. Juni 2010) massgebend. Validen- und Invalideneinkommen
sind auf zeitidentischer Grundlage zu erheben; allfällige rentenwirksame
Änderungen der Vergleichseinkommen müssen bis zum Verfügungszeitpunkt
berücksichtigt werden (BGE 129 V 222 E. 4.1 und 4.2 S. 223 f.; Urteil 9C_22/
2014 vom 18. Februar 2014 E. 4.3).

6.3. Unbestrittenermassen ist hinsichtlich des Valideneinkommens von einem im
Jahr 2009 gemäss Arbeitgeberfragebogen vom 9. Dezember 2009 erzielten Verdienst
von Fr. 71'235.- auszugehen. Bei einer Nominallohnentwicklung von 4 % für
Männer im Jahr 2010 resultiert ein Valideneinkommen von Fr. 74'084.40. Zur
Bemessung des Invalideneinkommens ist die vom Bundesamt für Statistik
herausgegebene Lohnstrukturerhebung (LSE) 2010 für den Zeitpunkt des
Rentenbeginns heranzuziehen. Auszugehen ist vom Durchschnittseinkommen für
Männer im Anforderungsniveau 4 von Fr. 4'901.- (LSE 2010, Tabelle TA 1, Zeile
"Total"). Für das Jahr 2010 ergibt sich - unter Berücksichtigung der
betriebsüblichen Wochenarbeitszeit von 41.7 Stunden und einer Arbeitsfähigkeit
von 80 % ein Wert von Fr. 49'049.20 (Fr. 4'901.- x 12 : 40 x 41.7 x 0.8). Mit
der IV-Stelle ist dieser Betrag nicht unter dem Titel des sog. leidensbedingten
Abzugs weiter herabzusetzen (vgl. BGE 129 V 472 E. 4.2.3 S. 481; 126 V 75). Ein
solcher kommt unter anderem dann in Frage, wenn sich das ärztlich definierte
Anforderungsprofil selbst in leidensangepassten Tätigkeiten einschränkend
auswirkt. Vorliegend sind - entgegen den Ausführungen des Beschwerdegegners -
keine Umstände gegeben, welche nach der Rechtsprechung einen Abzug vom
Tabellenlohn rechtfertigen könnten. Namentlich wurde den gutachterlich
ausgewiesenen behinderungsbedingten Einschränkungen bereits mit der
Verminderung der Leistungsfähigkeit von 20 % hinreichend Rechnung getragen und
praxisgemäss rechtfertigt eine Leistungseinschränkung bei einer ganztags
ausübbaren Verweisungstätigkeit keinen Abzug vom Tabellenlohn. Da Hilfsarbeiten
auf dem hypothetisch ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 16 ATSG)
altersunabhängig nachgefragt werden (vgl. statt vieler Urteile 8C_469/2016 vom
7. September 2016 E. 4.3.3, 9C_380/2015 vom 17. November 2015 E. 3.2.4 und
8C_672/2013 vom 20. Februar 2014 E. 3.3 mit Hinweisen), wirkt sich auch der
Faktor Alter nicht (zwingend) lohnsenkend, sondern bei einfachen und
repetitiven Tätigkeiten im Anforderungsniveau 4 (seit LSE 2012: Tätigkeiten
körperlicher oder handwerklicher Art, Kompetenzniveau 1) sogar lohnerhöhend aus
(Urteil 9C_380/2015 vom 17. November 2015 E. 3.2.4 mit Hinweis). Bei der
Gegenüberstellung von Validen- und Invalideneinkommen resultiert eine
Erwerbseinbusse von 33.4 %, die zu keinem Rentenanspruch führt. Die Beschwerde
ist begründet.

7.

7.1. Mit dem Urteil in der Hauptsache wird das Gesuch der Beschwerdeführerin um
Gewährung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos.

7.2. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten vom
unterliegenden Beschwerdegegner zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des
Kantons St. Gallen vom 30. November 2016 wird aufgehoben und die Verfügung der
IV-Stelle des Kantons St. Gallen vom 24. Februar 2016 wird bestätigt.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
zurückgewiesen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 15. März 2017
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Polla

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