Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.127/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
8C_127/2017        

Urteil vom 13. Juni 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Durizzo.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich, Zürcherstrasse 8, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Arbeitslosenversicherung (Beitragszeit),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 12. Dezember 2016.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1965, arbeitete zuletzt vom 1. Januar bis 31. März 2016 bei
der B.________ GmbH vollzeitlich als Chauffeur und Umzugshelfer. Am 4. April
2016 meldete er sich bei der Arbeitslosenversicherung zur Arbeitsvermittlung an
und erhob am 10. Mai 2016 Anspruch auf Arbeitslosentaggelder ab 1. April 2016.
Mit Verfügung vom 26. Mai 2016 verneinte die Arbeitslosenkasse des Kantons
Zürich einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung wegen fehlender
Beitragzeit. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 21. September 2016
fest.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich mit Entscheid vom 12. Dezember 2016 ab.

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids und des
Einspracheentscheids vom 21. September 2016, die Zusprechung von
Arbeitslosenentschädigung ab 4. April 2016. Eventualiter sei die Sache an die
Verwaltung zurückzuweisen, damit diese neu darüber verfüge.
Sämtliche Verfahrenbeteiligten verzichten auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.

2.1. Der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. e
AVIG setzt unter anderem voraus, dass die versicherte Person die Beitragszeit
erfüllt hat. Die Beitragszeit hat laut Art. 13 Abs. 1 AVIG erfüllt, wer
innerhalb der dafür vorgesehenen zweijährigen Rahmenfrist (Art. 9 Abs. 1, 2 und
3 AVIG) während mindestens zwölf Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung
ausgeübt hat. Bei der Ermittlung der Beitragszeit ist nach Art. 11 Abs. 1 AVIV
als Beitragsmonat jeder volle Kalendermonat zu zählen, in welchem der
Versicherte beitragspflichtig ist. Abs. 2 derselben Bestimmung sieht vor, dass
Beitragszeiten, die nicht einen vollen Kalendermonat umfassen, zusammengezählt
werden (Satz 1), wobei je dreissig Kalendertage als ein Beitragsmonat gelten
(Satz 2). Da für die Ermittlung der Beitragszeit somit nicht die Beitragstage -
also die Tage, an welchen die versicherte Person tatsächlich einer
beitragspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist -, sondern die Kalendertage
massgebend sind, müssen Erstere in Kalendertage umgerechnet werden, wozu
praxisgemäss ein Umrechnungsfaktor von 1,4 verwendet wird (BGE 122 V 256 E. 2a
S. 258 f. mit Hinweisen). Die Beitragszeit von Teilzeitbeschäftigten wird laut
Art. 11 Abs. 4 AVIV nach den gleichen Regeln ermittelt wie bei Arbeitnehmern
mit Vollzeitbeschäftigung (Satz 1).

2.2. Nach der Rechtsprechung ist für die Bestimmung der Beitragsmonate die
formale Dauer des Arbeitsverhältnisses entscheidend. Erbringt die versicherte
Person im Rahmen eines sich über mehrere Monate erstreckenden
Arbeitsverhältnisses regelmässig oder unregelmässig eine Arbeitsleistung, so
gilt jeder Kalendermonat, in dem Arbeit geleistet wird, als Beitragsmonat,
während jene Kalendermonate innerhalb dieses Arbeitsverhältnisses ausser
Betracht fallen, in denen die versicherte Person an gar keinem Tag gearbeitet
hat (BGE 121 V 165 E. 2c/bb S. 170 mit Hinweis). Entscheidend für die
Ermittlung der Anzahl Beitragsmonate ist somit, ob eine Arbeitsleistung, welche
sich auf mehrere in zeitlichem Abstand voneinander erbrachte Einsätze verteilt,
im Rahmen eines einzigen (Teilzeit-) Arbeitsverhältnisses oder von
Einzeleinsätzen mit je neuem Arbeitsvertrag erbracht wurde (Urteile 8C_335/2016
vom 23. August 2016 E. 3.2; C 254/01 vom 28. August 2002 E. 3.2 mit Hinweisen).
Nicht entscheidend ist, ob die geleisteten Arbeitsstunden tatsächlich einen
vollen Arbeitstag ergeben (BGE 122 V 256 E. 4c/bb S. 263, 121 V 165 E. 2c/bb S.
170). Dies gilt auch im Rahmen des Zwischenverdienstes von teilzeitlich
Erwerbstätigen, wo es nicht angeht, nur die einzelnen Beschäftigungstage zu
berücksichtigen (BGE 122 V 249).

3. 
Es ist unbestritten, dass die relevante Rahmenfrist für die Beitragszeit vom 4.
April 2014 bis 3. April 2016 lief. Unbestritten ist weiter, dass der
Versicherte vom 4. April bis 31. Mai 2014 bei der C.________ angestellt gewesen
war und eine Beitragszeit von 1,887 Monaten generierte. Ebenfalls einig sind
sich die Parteien darüber, dass der Beschwerdeführer bei der B.________ GmbH
auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 7. Dezember 2015 vom 1.
Januar bis 31. März 2016 beschäftigt war, was zu einer Beitragszeit von drei
Monaten führte. Fest steht zudem, dass er in einem Anstellungsverhältnis auf
Abruf bei der D.________ GmbH stand und am 15., 16. und 17. Juni, am 3., 10.,
16. und 21. Juli sowie am 18., 21. und 22. August 2014 Arbeitseinsätze
leistete. Streitig ist hingegen die Ermittlung der Beitragszeit anlässlich der
bei der D.________ GmbH vom 15. Juni bis 22. August 2014 sowie bei der
B.________ GmbH vom 20. August bis 31. Dezember 2015 geleisteten
Arbeitseinsätze auf Abruf im Rahmen mündlicher Vereinbarungen. Uneinig sind
sich die Verfahrensbeteiligten insbesondere bezüglich der Frage nach dem Beginn
dieser Arbeitsverhältnisse.

4. 

4.1. Die Vorinstanz ging hinsichtlich der Beschäftigung bei der D.________ GmbH
im Sommer 2014 davon aus, das Arbeitsverhältnis habe mit dem ersten Einsatz am
15. Juni 2014 begonnen. In nicht zu beanstandender Weise würdigte das kantonale
Gericht die Aktenlage und kam in Anwendung der Rechtsprechung zu den
Arbeitsverhältnissen auf Abruf zum Schluss, dass das Arbeitsverhältnis mit dem
ersten Einsatz begründet wurde. Die erneuten Einwendungen in der
Beschwerdeschrift, wonach eine Bestätigung im Recht liege, die den
Arbeitsbeginn auf den 1. Juni 2014 belege, vermögen eine offensichtlich
unrichtige oder auf andere Weise rechtswidrige Beweiswürdigung der Vorinstanz
nicht darzutun, erläuterte diese doch nachvollziehbar, weshalb diese
Bestätigung vom 7. August 2016, die somit zwei Jahre nach dem Einsatz erstellt
und erst im Einspracheverfahren eingereicht wurde, nicht glaubhaft sei. Offen
liess sie die Frage nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Nachdem hierzu
keine vorinstanzlichen Feststellungen vorliegen, ist das Bundesgericht befugt,
den entsprechenden Sachverhalt frei zu prüfen (Art. 105 Abs. 2 BGG).
Angesichts der Zwischenverdienstbescheinigung vom 24. August 2014 für denselben
Monat, worin die D.________ GmbH angab, die versicherte Person werde auf
unbestimmte Zeit weiter beschäftigt, ist davon auszugehen, dass das
Arbeitsverhältnis erst am 31. August 2014 endete. Dass die Arbeitgeberin
überdies anmerkte, es habe nie einen Arbeitsvertrag gegeben, ändert hieran
nichts. Daraus lässt sich einzig schliessen, dass lediglich ein mündlicher
Arbeitsvertrag und keine schriftliche Vereinbarung bestand. Aus dem
Arbeitsverhältnis bei der D.________ GmbH ergibt sich demnach eine Beitragszeit
von 2,533 Monaten.

4.2. Bei der B.________ GmbH dauerte die Beschäftigung auf Abruf mit mündlicher
Vereinbarung bis 31. Dezember 2015. Bezüglich des Beginns dieses
Arbeitsverhältnisses hielt das kantonale Gericht die eingereichte Bestätigung
der Arbeitgeberin ebenfalls nicht für glaubwürdig, führte jedoch an, die
Möglichkeit des Arbeitsbeginns am 10. anstatt am 20. August 2015 lasse "sich
zwar nicht gänzlich ausschliessen". Bei seiner Begründung stützte es sich
hauptsächlich auf den Umstand, dass die Bestätigung rund zwei Jahre nach dem
ersten Arbeitseinsatz erstellt worden sei, weshalb es nicht glaubhaft sei, dass
sich die Arbeitgeberin nach so langer Zeit noch an das genaue Datum des Beginns
des Arbeitsverhältnisses erinnern könne. Nachdem der erste Einsatz bei der
B.________ GmbH am 20. August 2015 erfolgte und die Einsprache vom 10. August
2016 datiert, mit welcher die Bestätigung eingereicht wurde, basieren diese
Ausführungen der Vorinstanz auf einer offensichtlich falschen
Tatsachenfeststellung, weshalb das Bundesgericht nicht daran gebunden ist (E.
1).

4.3. Den Akten lässt sich entnehmen, dass der Beschwerdeführer beim zuständigen
Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) gemäss E-Mail vom 10. Juli 2015
zwei Wochen Ferien ab 25. Juli 2015 beantragte. Der Ferienbezug und ein
möglicher Arbeitsbeginn am Montag, 10. August 2015, sind - wie beschwerdeweise
dargestellt wird - somit schlüssig erstellt. Verwandtschaftliche Beziehungen,
wie bei der D.________ GmbH, bestehen überdies diesfalls nicht, weshalb die
schriftliche Bestätigung der Arbeitgeberin, der Beschwerdeführer sei in der
Zeit vom 10. August bis 31. Dezember 2015 auf Abruf in einem unbefristeten
Arbeitsverhältnis gestanden, nicht als Gefälligkeit gegenüber dem Versicherten
zu werten ist. Es ist daher aufgrund der Aktenlage überwiegend wahrscheinlich,
dass das Arbeitsverhältnis am 10. August 2015 begann. Daraus resultiert eine
Beitragszeit von 4,746 Monaten.

4.4. In der Rahmenfrist für die Beitragszeit generierte der Beschwerdeführer
demnach folgende Beitragszeiten: C.________, 1,887 Monate, D.________ GmbH,
2,533 Monate, sowie B.________ GmbH, 4,746 und 3 Monate, woraus insgesamt
12,166 Beitragsmonate resultieren. Damit ist die Mindestbeitragszeit von zwölf
Monaten erfüllt. Sofern die übrigen Voraussetzungen (Art. 8 Abs. 1 AVIG)
gegeben sind, hat der Beschwerdeführer folglich innerhalb der vom 4. April 2016
bis 3. April 2018 dauernden Leistungsrahmenfrist Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung.

5. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4
lit. a BGG) von der Arbeitslosenkasse als unterliegender Partei zu tragen (Art.
66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Zürich vom 12. Dezember 2016 und der Einspracheentscheid der
Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich vom 21. September 2016 werden aufgehoben.
Der Beschwerdeführer hat, sofern die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt
sind, Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab 4. April 2016.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 13. Juni 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Durizzo

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