Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.126/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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8C_126/2017            

 
 
 
Urteil vom 5. September 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiber Krähenbühl. 
 
Verfahrensbeteiligte 
SWICA Versicherungen AG, 
Römerstrasse 37, 8400 Winterthur, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ronald E. Pedergnana, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Hilfsmittel), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St.
Gallen 
vom 6. Januar 2017. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ (Jg. 1966) erlitt am 21. Januar 2005 bei einem Betriebsunfall eine
offene mediale Malleolarfraktur rechts. Die Coop OE Versicherungen, SWICA
Dienstleistungszentrum (heute: SWICA Versicherungen AG, nachstehend: SWICA),
anerkannte ihre Leistungspflicht als Unfallversicherer und kam unter anderem
nach einem operativen Eingriff im Spital B.________ im März 2005 für eine aus
Symmetriegründen erfolgte Versorgung mit orthopädischen Schuheinlagen auf. Auch
in den folgenden Jahren scheint sie solche wiederholt gewährt zu haben. Mit
Schreiben vom 4. Dezember 2013 teilte sie unter Hinweis auf BGE 134 V 109 E.
4.3 S. 115 allerdings mit, sie könne sich angesichts der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung an den Kosten von Schuheinlagen nicht mehr beteiligen. Nach
einer Rückfallmeldung sprach sie am 10. April 2014 verfügungsweise eine
Entschädigung für eine 5%ige Integritätseinbusse zu und verneinte gleichzeitig
ihre Leistungspflicht für "weitere Behandlungsmassnahmen". Einspracheweise
liess A.________ nebst einer 10%igen Integritätsentschädigung die Vergütung der
Kosten für Schuheinlagen und deren Anpassung beantragen. Mit
Einspracheentscheid vom 29. Oktober 2014 bestätigte die SWICA die Verfügung vom
10. April 2014. 
 
B.   
In Gutheissung der dagegen gerichteten Beschwerde hob das Versicherungsgericht
des Kantons St. Gallen den angefochtenen Einspracheentscheid vom 29. Oktober
2014 mit Entscheid vom 6. Januar 2017 auf und verpflichtete die SWICA, die
Kosten für die benötigten orthopädischen Schuheinlagen zu vergüten. 
 
C.   
Die SWICA erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Begehren, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei der
Einspracheentscheid vom 29. Oktober 2014 zu bestätigen. 
A.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Das kantonale Gericht
sieht von einer Stellungnahme zur Sache ab. Das Bundesamt für Gesundheit
verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten         (Art. 82
ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben
werden. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder der Unfallversicherung ist das Bundesgericht -
anders als in den übrigen Sozialversicherungsbereichen (Art. 97 Abs. 1, Art.
105 Abs. 1 und 2 BGG) - nicht an die vorinstanzliche Feststellung des
rechtserheblichen Sachverhaltes gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3
BGG).  
Soweit indessen eine Heilbehandlung zur Diskussion steht, gilt das
Naturalleistungsprinzip (vgl. Jean-Maurice Frésard/ Margit Moser-Szeless,
Unfallversicherungsrecht, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], 3.
Aufl. 2016, S. 968 N. 196; Alfred Maurer, Schweizerisches
Unfallversicherungsrecht, 2. Aufl. 1989, S. 274 ff.). Dasselbe trifft nach Art.
14 ATSG bei Hilfsmitteln zu, bei welchen das Kostenvergütungsprinzip zum Tragen
kommt (vgl. Frésard/Moser-Szeless, a.a.O. S. 970 N. 202; Maurer, a.a.O., S. 275
f.). In beiden Fällen handelt es sich um Sachleistungen, womit die
Ausnahmeregelung in Art. 105 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 97 Abs. 2 BGG nicht
zur Anwendung gelangt. Bezüglich Sachverhaltsfeststellungen gilt deshalb hier
die eingeschränkte Kognition (BGE 135 V 412; Urteil 8C_191/2011 vom 16.
September 2011 E. 2 mit Hinweis). Das Bundesgericht kann demnach eine - für den
Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) -
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn
diese offensichtlich unrichtig ist oder aber auf einer Rechtsverletzung im
Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Ansonsten legt es
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (
Art. 105 Abs. 1 BGG). 
 
1.2. Des Weiteren wendet das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen an (Art.
106 Abs. 1 BGG) und ist weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden
Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S.
140). Unter Beachtung der Begründungspflicht in Beschwerdeverfahren (Art. 42
Abs. 1 und 2 BGG) prüft es indessen nur geltend gemachte Rügen, sofern
allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist
nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden Fragen,
also auch solche, die im letztinstanzlichen Verfahren nicht (mehr) aufgeworfen
werden, zu klären (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).  
 
2.   
 
2.1. Die Beschwerdeführerin - resp. ihre Rechtsvorgängerin - hat in der
Verfügung vom 10. April 2014 unter Berufung auf das bundesgerichtliche Urteil
8C_191/2011 vom 16. September 2011 festgehalten, dass für eine allfällige
weitere notwendige Behandlung die obligatorische Krankenversicherung
aufzukommen habe, sobald keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes mehr
zu erwarten ist. Da die Behandlung beim Beschwerdegegner abgeschlossen sei und
dieser Schuheinlagen lediglich noch zur Erhaltung des jetzigen
Gesundheitszustandes benötige, lehnte sie eine weitere Kostenbeteiligung ab und
verwies die Sache an die Krankenversicherung als nunmehr kompetente
Ansprechpartnerin. Dem Einspracheentscheid vom 29. Oktober 2014 ist zu
entnehmen, dass beim Fallabschluss die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch
nicht gegeben waren, weshalb gemäss BGE 134 V 109 E. 4.2 S. 115 die
obligatorische Krankenpflegeversicherung für die notwendige Heilbehandlung
aufzukommen habe. Des weiteren berief sich die Beschwerdeführerin auf das
Urteil 8C_591/2013 vom 29. Oktober 2013, wonach bei einem
rentenausschliessenden Fallabschluss der Unfallversicherer nicht mehr für
weitere Behandlungs- bzw. Pflegevorkehren zur Erhaltung der Erwerbsfähigkeit
und damit auch nicht mehr für die vom Versicherten beantragten Schuheinlagen,
welche Hilfsmittel im Sinne von Art. 11 UVG darstellten, aufzukommen habe. In
diesem Urteil komme das Bundesgericht zum Schluss, dass nach einem
rentenausschliessenden Fallabschluss weder Heilbehandlungen noch Hilfsmittel
vom Unfallversicherer zu übernehmen seien.  
 
2.2. Das kantonale Gericht betrachtete orthopädische Schuheinlagen ebenfalls
als Hilfsmittel. Es erkannte - im Ergebnis abweichend von der
Beschwerdeführerin - dass der Gesetzgeber mit Art. 21 Abs. 1 UVG den Anspruch
auf Hilfsmittel nicht einschränken wollte. Der Anspruch nach Abschluss der
medizinischen Eingliederung unterscheide sich von jenem vor diesem Abschluss
nicht. Für den Hilfsmittelanspruch erweise sich der Zeitpunkt des
Fallabschlusses folglich als irrelevant. Mit diesem Ergebnis stehe auch Art. 6
Abs. 2 der Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die
Unfallversicherung (HVUV; SR 832.205.12) in Einklang, wonach der Versicherer
die Kosten für Reparatur, Anpassung oder Erneuerung eines sorgfältig
verwendeten Hilfsmittels übernimmt, soweit nicht ein Dritter ersatzpflichtig
ist (vgl. nachstehende E. 3.3.1). Daraus schloss das Gericht, dass die
Beschwerdeführerin die Kosten notwendiger Hilfsmittel grundsätzlich auch nach
dem Fallabschluss zu übernehmen habe. Auch wenn der Anspruch nur teilweise als
unfallkausal qualifiziert wird, habe sie für die gesamten Kosten der
orthopädischen Einlagen aufzukommen. Gegen diese Auffassung setzt sich die
Beschwerdeführerin nunmehr zur Wehr.  
 
3.   
Zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht den Anspruch des Beschwerdegegners auf
orthopädische Schuheinlagen als Hilfsmittel für die Zeit nach dem ohne
Rentenzusprache erfolgten Fallabschluss zu Recht bejaht hat. 
 
3.1. Gemäss Art. 19 Abs. 1 UVG entsteht der Rentenanspruch, wenn von der
Fortsetzung der ärztlichen Behandlung keine namhafte Besserung des
Gesundheitszustandes des Versicherten mehr erwartet werden kann und allfällige
Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung abgeschlossen sind (Satz 1).
Mit dem Rentenbeginn fallen die Heilbehandlung und die Taggeldleistungen dahin
(Satz 2).  
 
3.1.1. In dieser Norm wird zunächst geregelt, wann ein Versicherungsfall zum
Abschluss zu bringen ist (BGE 134 V 109 E. 3.2 S. 113). Bezüglich der Dauer der
vor dem Fallabschluss gewährten vorübergehenden Leistungen wie Taggelder und
Heilbehandlung hat das Bundesgericht in Bestätigung der bis dahin geltenden
Rechtsprechung in BGE 134 V 109 festgehalten, dass der Unfallversicherer -
sofern allfällige Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung
abgeschlossen sind - diese nur so lange zu gewähren hat, als von der
Fortsetzung der ärztlichen Behandlung noch eine namhafte Besserung des
Gesundheitszustandes erwartet werden kann. Trifft dies nicht mehr zu, ist der
Fall unter Einstellung der vorübergehenden Leistungen mit gleichzeitiger
Prüfung des Anspruches auf eine Invalidenrente und/oder eine
Integritätsentschädigung abzuschliessen (BGE 134 V 109 E. 4.1 S. 113 f.).  
 
 
3.1.2. Im hier zur Diskussion stehenden Fall ist aufgrund der medizinischen
Aktenlage von einer weiteren ärztlichen Behandlung keine wesentliche Besserung
des Gesundheitszustandes mehr zu erwarten gewesen, weshalb es mit Verfügung vom
10. April 2014 zum Fallabschluss gekommen ist. Dabei wurde eine Entschädigung
aufgrund einer 5%igen Integritätseinbusse zugesprochen und die Gewährung einer
Invalidenrente abgelehnt. Letzteres ergab sich, weil von den Folgen des
Unfalles vom 21. Januar 2005 keine beeinträchtigenden Auswirkungen auf die
Arbeitsfähigkeit des Beschwerdegegners in dessen angestammter Tätigkeit mehr
ausgingen. Wie in vorstehender E. 3.1.1 dargelegt, hatte dieser Fallabschluss
zur Folge, dass auch die weitere Heilbehandlung - als vorübergehende Leistung -
einzustellen war, was in der Verfügung vom 10. April 2014 denn auch geschehen
und damit begründet worden ist, dass die ärztliche Behandlung abgeschlossen
sei.  
 
3.2. Neben Art. 19 Abs. 1 Satz 2 UVG ist für die hier interessierenden Belange
der gleichzeitigen Einstellung vorübergehender Leistungen mit dem Fallabschluss
Art. 21 UVG zu beachten. Nach dessen Abs. 1 werden dem Bezüger auch nach
Festsetzung der Rente unter bestimmten, in Abs. 1 lit. a-d dieser Norm
aufgeführten Fällen Pflegeleistungen und Kostenvergütungen (Art. 10-13 UVG)
gewährt. Vorgesehen ist dies, wenn er - immer nebst dem im Ingress erwähnten
Bezug einer Invalidenrente - an einer Berufskrankheit leidet (lit. a), unter
einem Rückfall oder Spätfolgen leidet und die Erwerbsfähigkeit durch
medizinische Vorkehren wesentlich verbessert oder vor wesentlicher
Beeinträchtigung bewahrt werden kann (lit. b), zur Erhaltung seiner
verbleibenden Erwerbsfähigkeit dauernd der Behandlung und Pflege bedarf (lit.
c) oder erwerbsunfähig ist und sein Gesundheitszustand durch medizinische
Vorkehren wesentlich verbessert oder vor wesentlicher Beeinträchtigung bewahrt
werden kann (lit. d).  
 
3.3.   
 
3.3.1. Gemäss Ziff. 4 der im Anhang zur HVUV stehenden Hilfsmittelliste (Art.
11 Abs. 1 Satz 1 UVG in Verbindung mit Art. 19 UVV) zählt orthopädisches
Schuhwerk zu den von der Unfallversicherung zu gewährenden Hilfsmitteln.
Darunter fallen laut Ziff. 4.03 auch Schuheinlagen. Hilfsmittel gleichen
körperliche Schädigungen oder Funktionsausfälle aus (Art. 11 Abs. 1 Satz 1 UVG
), müssen einfach und zweckmässig sein und werden zu Eigentum oder leihweise
abgegeben (Art. 11 Abs. 2 UVG). Die Kosten für deren trotz sorgfältiger
Verwendung notwendig gewordene Reparatur, Anpassung oder Erneuerung übernimmt
der Unfallversicherer laut Art. 6 Abs. 2 HVUV ebenfalls, soweit nicht ein
Dritter ersatzpflichtig ist. Von der Unfallversicherung nicht übernommen werden
laut Art. 6 Abs. 3 Satz 1 HVUV Kosten für Betrieb und Unterhalt von
Hilfsmitteln.  
 
3.3.2. Hilfsmittel können Teil der Heilbehandlung sein (vgl. Art. 10 Abs. 1
lit. e UVG) oder dem Ausgleich von körperlichen Schädigungen oder
Funktionsausfällen (vgl. Art. 11 Abs. 1 Satz 1 UVG) und insofern als Ergänzung
der Heilbehandlung dienen (BGE 141 V 30 E. 3.2.5 S. 36; FRÉSARD/MOSER-SZELESS,
a.a.O., S. 971 Rz. 203). Hier liegt die zweite Konstellation vor, da die
Gesundheitsschuhe die Schädigung am rechten Fuss ausgleichen sollen. Dadurch
kann die Arbeitsfähigkeit aufrechterhalten werden, ohne dass es dazu auch noch
einer zusätzlichen Heilbehandlung bedürfte. Richtigerweise haben damit die
Beschwerdeführerin (E. 2.1 hiervor) in ihrem Einspracheentscheid vom 29.
Oktober 2014 - anders als noch in der Verfügung vom 10. April 2014 - und das
kantonale Gericht (E. 2.2 hiervor) die Kostenübernahme für Schuheinlagen dem
Hilfsmittelanspruch im Sinne der in Art. 11 UVG und Art. 6 HVUV umschriebenen
Ausgestaltung (E. 3.3.1 hiervor) zugeordnet.  
 
4.  
 
4.1. In BGE 143 V 148 (Urteil 8C_527/2016 vom 8. Mai 2017) ging das
Bundesgericht der Frage nach, ob auch Hilfsmittel (Art. 11 UVG) zur
Heilbehandlung (Art. 10 UVG) zählen, welche nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 UVG mit
dem Fallabschluss dahinfällt. Speziell war im dortigen Fall die Pflicht zur
Kostenübernahme für eine Brille und damit zusammenhängende Visuskontrollen
fraglich, welche schon vor dem Fallabschluss nach Art. 19 Abs. 1 UVG gewährt
worden waren (BGE 143 V 148 E. 5 S. 154 ff. vgl. Urteil 8C_776/2016 vom 23. Mai
2017 E. 5.3). Auch hier ist die Kostenübernahme für ein Hilfsmittel streitig,
welches - unbestrittenermassen - bereits vor Abschluss des gemeldeten Rückfalls
gewährt worden ist. Dies wurde von der Beschwerdeführerin nicht in Frage
gestellt. Gleichermassen ist zudem auch vorliegend nicht strittig, dass der
Versicherte vor dem Unfall kein orthopädisches Schuhwerk oder Schuheinlagen
benötigt hatte und diese Hilfsmittel wegen der unfallbedingten Fussverletzung
notwendig geworden sind. Dass daneben auch krankheitsbedingte Ursachen in
Betracht gezogen wurden, ändert an der Leistungspflicht des Unfallversicherers
nichts, wie das kantonale Gericht unter Berufung auf   Art. 36 Abs. 1 UVG
zutreffend erkannt hat (E. 2.2 hiervor).  
 
4.2. Als Grundsatz hält Art. 19 Abs. 1 UVG in Satz 2 fest, dass mit dem
Rentenbeginn Heilbehandlung und Taggeldleistungen dahinfallen. Weil die Prüfung
eines allfälligen Rentenanspruches zusammen mit dem Fallabschluss erfolgt,
steht "Rentenbeginn" im Sinne von Art. 19 Abs. 1 Satz 2 UVG gleichsam als
Synonym für "Fallabschluss". Der Grundsatz, dass mit dem Fallabschluss
Heilbehandlung und Taggeldleistungen dahinfallen, wird in Art. 21 UVG für die
Heilbehandlung relativiert, indem nach Abs. 1 dieser Norm deren Gewährung über
den Fallabschluss resp. die Festsetzung der Rente hinaus unter gewissen, in
lit. a-d aufgelisteten Voraussetzungen als statthaft erklärt wird. Dies gilt
auch für die Heilbehandlung, welche in dem in der eingeschobenen
Klammerbemerkung mitenthaltenen Art. 10 UVG geregelt ist. Dass die
Heilbehandlung mit dem Fallabschluss dahinfällt, erscheint insofern denn auch
als logisch, als der Fallabschluss voraussetzt, dass von der Fortsetzung der
ärztlichen Behandlung keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes mehr zu
erwarten ist (vgl. BGE 143 V 148 E. 5.3.1 S. 156).  
 
4.3. Überdies wird unter den in lit. a-d von Art. 21 Abs. 1 UVG genannten
Voraussetzungen der Anspruch auf Leistungen nach den    Art. 11-13 UVG über den
Fallabschluss hinaus vorgesehen, also für Hilfsmittel (Art. 11 UVG), für
Sachschäden (Art. 12 UVG) sowie für Reise-, Transport- und Rettungskosten (Art.
13 UVG). Dies geschieht unabhängig von dem in Art. 19 Abs. 1 Satz 2 UVG
statuierten "Dahinfallen" von Leistungen, was sich damit erklären lässt, dass
es sich dabei nicht um Ansprüche handeln muss, die schon vor dem Fallabschluss
bestanden haben. Grundsätzlich können sie vielmehr auch erst nach diesem noch
entstehen, was bei Rückfällen und Spätfolgen in Art. 21 Abs. 1 lit. b UVG denn
auch ausdrücklich vorgesehen wird (BGE 143 V 148 E. 5.3.2 S. 156).  
In Art. 21 Abs. 1 UVG wird somit - auf Gesetzesstufe - einerseits für die
Heilbehandlung eine Ausnahme von dem zuvor in Art. 19 Abs. 1 UVG aufgestellten
Grundsatz geschaffen, wonach der Anspruch auf Heilbehandlung mit dem
Fallabschluss dahinfällt. Andererseits wird über die in Art. 10 UVG geregelte
Heilbehandlung hinaus auch für die in den Art. 11, 12 und 13 UVG vorgesehenen
Leistungen (Hilfsmittel, Sachschäden sowie Reise-, Transport- und
Rettungskosten) eine Leistungspflicht des Unfallversicherers nach dem
Fallabschluss statuiert, sofern - nebst dem im Ingress von Art. 21 Abs. 1 UVG
vorausgesetzten Rentenanspruch - eine der in lit. a-d dieser Bestimmung
genannten Voraussetzungen gegeben ist. Aus der Gesetzessystematik, insbesondere
dem Vergleich von Art. 19 und 21 UVG und dem Wortlaut dieser Bestimmungen ist
sodann zu schliessen, dass mit dem Fallabschluss nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 UVG
ausschliesslich Taggeldleistungen (Art. 16 f. UVG) und Heilbehandlung (Art. 10
UVG) dahinfallen. Die übrigen in den Art. 11-13 UVG vorgesehenen Leistungen
erfasst Art. 19 Abs. 1 Satz 2 UVG nicht. Auf diese kann gemäss Gesetzeswortlaut
ein Anspruch nach Festsetzung der Rente (bzw. nach dem Fallabschluss)
entstehen, wenn einer der in Art. 21 Abs. 1 UVG aufgezählten Tatbestände
gegeben ist (vgl. BGE 143 V 148      E. 5.3.3 S. 156 f.). 
 
4.4. Das Bundesgericht gelangt in BGE 143 V 148 zum Schluss, dass Hilfsmittel
im Begriff der Heilbehandlung, wie ihn Art. 19 Abs. 1 UVG verwendet, nicht
mitenthalten sind (E. 6 S. 159 f.). Das Dahinfallen einer Leistung ist in Art.
19 Abs. 1 Satz 2 UVG nur für Heilbehandlung und Taggelder vorgesehen. Diese
Regelung auf weitere Leistungsansprüche auszudehnen, besteht aufgrund der
gesetzlichen Systematik kein Anlass. Bei Hilfsmitteln handelt es sich denn auch
nicht um Leistungen, die typischerweise bloss vorübergehenden Charakter haben,
wie dies bei der Heilbehandlung und bei Taggeldern der Fall ist. Je nach
Ursache ihrer Zusprache bleibt der Anspruch auf sie häufig auch langfristig
bestehen - zu denken ist etwa an Rollstühle oder Beinprothesen - und es kann
immer wieder zu regelmässig oder auch nur sporadisch anfallenden Kosten kommen,
für die der Unfallversicherer einzustehen hat. Art. 6 Abs. 2 HVUV sieht denn
auch vor, dass bei einem Hilfsmittel, muss es, trotz sorgfältiger Verwendung,
repariert, angepasst oder erneuert werden, der Unfallversicherer die Kosten
übernimmt, soweit nicht ein Dritter ersatzpflichtig ist (BGE 143 V 148 E. 6.2
S. 159 f.).  
 
4.5. Bei den vorliegend in Frage stehenden Schuheinlagen handelt es sich um
Hilfsmittel, die schon vor dem Fallabschluss zusammen mit der Heilbehandlung
zugestanden worden sind. Weshalb eine entsprechende Leistungspflicht ab dem
Zeitpunkt des Fallabschlusses nicht mehr bestehen sollte, ist nicht
ersichtlich. Hier ist - analog zu BGE 143 V 148 E. 6.1 S. 159 - von einer
Besitzstandsgarantie über den Fallabschluss hinaus auszugehen. Vor diesem
Hintergrund hat die Beschwerdeführerin trotz Fallabschluss auch weiterhin für
das bisher gewährte orthopädische Schuhwerk resp. für Schuheinlagen
aufzukommen, solange ein entsprechender Bedarf besteht (vgl. Art. 19 Abs. 1 UVG
und BGE 141 V 30 E. 3.2.5 S. 36 mit Hinweisen).  
 
 
4.6. An diesem Ergebnis ändert nichts, dass nach dem Wortlaut von Art. 21 Abs.
1 UVG ein Versicherter, der keine Rente bezieht, auch keinen Anspruch auf
Kostenvergütungen gemäss den Art. 10-13 UVG - worunter auch Hilfsmittel (Art.
11 UVG) fallen - hat. Diese Regelung betrifft die (erstmalige) Zusprache einer
Leistung, nicht die Beibehaltung bereits gewährter Ansprüche nach dem
Fallabschluss. Soweit dem Urteil 8C_591/2013 vom 29. Oktober 2013, wo es um
orthopädische Schuhzurichtungen und Spezialschuhe ging, etwas anderes sollte
entnommen werden können, wäre daran nicht festzuhalten. Aus jenem Urteil ist
jedenfalls auch nicht ersichtlich, dass und gegebenenfalls ab wann solche
Hilfsmittel schon vor dem Fallabschluss gewährt worden wären. Für die Ansicht,
dass zum Anspruch auf bereits vor dem Fallabschluss gewährte Hilfsmittel auch
die Übernahme der Kosten für deren Reparatur und Erneuerung gehört, spricht
sich denn auch die Doktrin verschiedenenorts aus (FRÉSARD/MOSER-SZELESS,
a.a.O., S. 970 f., Rz. 203; MAURER, a.a.O., S. 317, N. 784) und sie hatte im
Übrigen auch schon unter aArt. 76 (Satz 2) KUVG Geltung (MAURER, Recht und
Praxis der schweizerischen obligatorischen Unfallversicherung, 1963, S. 232 N.
12; vgl. BGE 143 V 148 E. 6.3 S. 160).  
 
5.   
Die Gerichtskosten (Art. 65 Abs. 1 und 4 BGG) sind bei diesem Verfahrensausgang
von der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1
BGG), welche dem obsiegenden Beschwerdegegner überdies für das
bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung auszurichten hat (Art. 68
Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen, Abteilung III, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich
mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 5. September 2017 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Krähenbühl 

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