Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.116/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
8C_116/2017        

Urteil vom 29. Mai 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterinnen Heine, Viscione,
Gerichtsschreiberin Polla.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

 Unia Arbeitslosenkasse,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Arbeitslosenversicherung (Beitragszeit),

Beschwerde gegen den Entscheid
des Kantonsgerichts Luzern vom 23. Dezember 2016.

Sachverhalt:

A. 
Der 1967 geborene A.________ meldete sich bei der Arbeitslosenversicherung zum
Leistungsbezug mit Anspruchserhebung ab 6. Juli 2015 an. Mit Verfügung vom 7.
September 2015 verneinte die Unia Arbeitslosenkasse einen Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung mangels Erfüllung der Mindestbeitragszeit. Gründe für
eine Befreiung von der Erfüllung der Beitragszeit seien nicht gegeben. Daran
hielt sie mit Einspracheentscheid vom 23. Dezember 2015 fest.

B. 
Die dagegen eingereichte Beschwerde wies das Kantonsgericht Luzern mit
Entscheid vom 23. Dezember 2016 ab.

C. 
A.________ beantragt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
im Wesentlichen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei ihm ab 6.
Juli 2015 Arbeitslosenentschädigung zuzusprechen. Es sei festzustellen, dass
die Menschenrechte (Art. 1 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 14 und Art. 38 EMRK) und
der Untersuchungsgrundsatz verletzt worden seien. Ferner stellt er Antrag auf
eine polydisziplinäre Begutachtung hinsichtlich seiner gesundheitlichen
Beeinträchtigungen. Sinngemäss beantragt er schliesslich eine Revision des
Urteils 8C_458/2014.
Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.

Erwägungen:

1.

1.1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (BGE 138 V 318 E. 6 S. 320 mit Hinweis.

1.2. Soweit der Versicherte eine Revision des Urteils 8C_458/2014 vom 16.
September 2014 gestützt auf Art. 122 BGG verlangt, ist darauf nicht
einzutreten. Da kein endgültiges Urteil des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte (EGMR) vorliegt, sind die Voraussetzungen hierzu bereits aus
diesem Grund nicht erfüllt (Art. 124 Abs. 1 lit. c BGG; vgl. Urteil 8C_458/2014
vom 16. September 2014 E. 1.1, worin dies dem Beschwerdeführer in Bezug auf
frühere Urteile bereits dargelegt wurde).

2. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann eine für den Ausgang
des Verfahrens entscheidende (Art. 97 Abs. 1 BGG) Sachverhaltsfeststellung von
Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105
Abs. 2 BGG).

3. 
Streitig ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, indem es den
Einspracheentscheid vom 23. Dezember 2015 bestätigte, worin die
Arbeitslosenkasse den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung verneinte, da der
Versicherte keine Beitragszeit vorweise und von der Erfüllung der Beitragszeit
nicht befreit sei.

4.

4.1. Art. 8 Abs. 1 AVIG zählt die für die Arbeitslosenentschädigung
massgeblichen Anspruchsvoraussetzungen auf. Danach ist unter anderem
erforderlich, dass die versicherte Person die Beitragszeit erfüllt hat oder von
der Erfüllung der Beitragszeit befreit ist (Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG). Nach
Art. 13 Abs. 1 AVIG erfüllt die Beitragszeit, wer innerhalb der dafür
vorgesehenen Rahmenfrist (Art. 9 Abs. 3 AVIG) während mindestens zwölf Monaten
eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat. Die Rahmenfrist für die
Beitragszeit beginnt zwei Jahre vor dem Tag, für den sämtliche
Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 9 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2
AVIG). Von der Erfüllung der Beitragszeit befreit sind gemäss Art. 14 Abs. 1
lit. b AVIG unter anderem Personen, die innerhalb der Rahmenfrist für die
Beitragszeit während insgesamt mehr als zwölf Monaten wegen Krankheit, Unfall
oder Mutterschaft nicht in einem Arbeitsverhältnis standen und deshalb die
Beitragszeit nicht erfüllen konnten, sofern sie während dieser Zeit Wohnsitz in
der Schweiz hatten.

4.2. Nach dem klaren Wortlaut von Art. 14 Abs. 1 lit. b AVIG muss die
versicherte Person durch einen der in dieser Bestimmung aufgeführten Gründe an
der Ausübung einer beitragspflichtigen Beschäftigung gehindert worden sein.
Zwischen dem Befreiungsgrund und der Nichterfüllung der Beitragszeit muss ein
Kausalzusammenhang bestehen. Dabei muss das Hindernis während mehr als zwölf
Monaten bestanden haben (BGE 131 V 279 E. 1.2 S. 280; 126 V 384 E. 2b S. 387).
Denn bei kürzerer Verhinderung bleibt der versicherten Person während der
zweijährigen Rahmenfrist genügend Zeit, um eine ausreichende beitragspflichtige
Beschäftigung auszuüben. Da eine Teilzeitbeschäftigung mit Bezug auf die
Erfüllung der Beitragszeit einer Vollzeitbeschäftigung gleichgestellt ist,
liegt die erforderliche Kausalität zudem nur vor, wenn es der versicherten
Person aus einem der in Art. 14 Abs. 1 lit. a bis c AVIG genannten Gründe auch
nicht möglich und zumutbar war, ein Teilzeitarbeitsverhältnis einzugehen (BGE
126 V 384 E. 2b S. 387; vgl. auch BGE 130 V 229 E. 1.2.3 S. 232; Urteil 8C_516/
2012 vom 28. Februar 2013 E. 3.2).

5.

5.1. Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer während der Rahmenfrist für
die Beitragszeit vom 6. Juli 2013 bis 5. Juli 2015 nicht erwerbstätig gewesen
war.

5.2. Das kantonale Gericht erwog, dem Gutachten der Medizinischen
Abklärungsstelle (MEDAS) Zentralschweiz vom 23. November 2010 komme volle
Beweiskraft zu, was letztinstanzlich im Rahmen eines
invalidenversicherungsrechtlichen Verfahrens mit Urteil 8C_366/2013 vom 18.
Juni 2013 E. 3 entschieden worden sei. Gestützt hierauf sei der
Beschwerdeführer in einer leidensangepassten Tätigkeit ab 9. November 2009 zu
70 % arbeitsfähig. Aus den seither eingereichten medizinischen Berichten gehe
nicht hervor, dass er in der hier relevanten Zeitspanne vollständig
arbeitsunfähig gewesen sei, weshalb er während der Beitragsrahmenfrist
zumindest teilzeitlich hätte tätig sein können. Daher sei der von ihm
angerufene Befreiungstatbestand nach Art. 14 Abs. 1 lit. b AVIG nicht erfüllt.
Ein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung bestehe demzufolge nicht. Es machte
den Beschwerdeführer ferner darauf aufmerksam, es sei zumindest fraglich, ob
die Vermittlungsfähigkeit in subjektiver Hinsicht gegeben sei.

5.3. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, ist - soweit er nicht ohnehin
unzulässige appellatorische Kritik übt - nicht stichhaltig. Bei den
gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit
handelt es sich grundsätzlich um Fragen tatsächlicher Natur (vgl. E. BGE 132 V
393 E. 3.2 S. 397 ff.). Aufgrund seiner Ausführungen ist nicht erkennbar,
inwiefern die Vorinstanz den Sachverhalt willkürlich ermittelt oder in anderer
Weise gegen Bundesrecht (Art. 95 lit. a BGG) verstossen haben sollte. Sie
begründete mit Blick auf die medizinischen Unterlagen nachvollziehbar, weshalb
die seit der Verfügung der IV-Stelle des Kantons Luzern vom 27. Juni 2012
eingereichten Berichte keine überwiegend wahrscheinliche vollständige
Arbeitsunfähigkeit in der Zeitspanne vom 6. Juli 2013 bis 5. Juli 2015 zu
belegen vermögen. Auf die entsprechenden Erwägungen wird vollumfänglich
verwiesen. Ebenso wenig liegt eine Verletzung der EMRK vor. Bei der gegebenen
Aktenlage verstösst es auch nicht gegen den Untersuchungsrundsatz (Art. 43 Abs.
1 ATSG), wenn das kantonale Gericht in antizipierter Beweiswürdigung auf
weitere Beweismassnahmen im Sinne einer erneuten Begutachtung verzichtete.
Liegt keine willkürliche Beweiswürdigung der Vorinstanz vor, hat es mit dem
angefochtenen Entscheid sein Bewenden.

6. 
Da das Revisionsgesuch offensichtlich unzulässig und die Beschwerde
offensichtlich unbegründet ist, wird das Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a
und Abs. 3 BGG angewendet.

7. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf das Revisionsgesuch wird nicht eingetreten.

2. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und
dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 29. Mai 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Polla

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