Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.104/2017
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
8C_104/2017        

Urteil vom 13. Juni 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiber Jancar.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Simon Näscher,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Graubünden,
Ottostrasse 24, 7000 Chur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung
(Arbeitsunfähigkeit, Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden
vom 11. Oktober 2016.

Sachverhalt:

A. 
Der 1957 geborene A.________ war vom 22. Mai 2000 bis 30. April 2008 bei der
B.________ AG angestellt. Am 23. Juni 2008 meldete er sich bei der IV-Stelle
des Kantons Graubünden wegen Rückenschmerzen und Beschwerden am rechten
Unterschenkel zum Leistungsbezug an. Sie holte u.a. ein Gutachten der Klinik
C.________ vom 31. Oktober 2010 ein. Mit Verfügung vom 21. März 2011 verneinte
sie den Rentenanspruch, da der Invaliditätsgrad nur 30 % betrage. Am 3. Oktober
2011 meldete sich der Versicherte erneut bei der IV-Stelle zum Leistungsbezug
an. Am 26. September 2012 wurde er im Spital D.________ an der linken Schulter
operiert. Die IV-Stelle holte u.a. ein polydisziplinäres (internistisches und
rheumatologisches) Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS)
Zentralschweiz vom 27. September 2013 ein; dieses gründete unter anderem auf
Konsilien des Psychiaters pract. med. E.________ und des Rheumatologen Dr. med.
F.________ vom 15. Mai 2013. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2013 forderte die
IV-Stelle den Versicherten gestützt auf die Empfehlung des pract. med.
E.________ und Art. 21 Abs. 4 ATSG auf, sich zwecks Schadensminderung bzw.
Steigerung der Erwerbsfähigkeit sechs Monate lang psychiatrisch behandeln zu
lassen und monatliche Blutspiegelkontrollen durchzuführen. Er habe sich bis
spätestens 17. Januar 2014 für diese Massnahme anzumelden, ansonsten er mit
einer ganzen oder teilweisen Leistungsverweigerung rechnen müsse. Am 8. Januar
2014 teilte der Versicherte mit, er werde von Dr. med. G.________ psychiatrisch
behandelt; die Blutspiegelkontrollen führe Dr. med. H.________ durch. Die
IV-Stelle holte bei ihrem Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) einen
Untersuchungsbericht des Psychiaters Dr. med. I.________ vom 19. Juni 2014 ein.
Am 22. Juli 2014 gab Frau pract. med. J.________, Physikalische Medizin und
Rehabilitation, RAD, eine Stellungnahme ab. Mit Verfügung vom 13. August 2015
verneinte die IV-Stelle den Rentenanspruch mangels Verschlechterung des
Gesundheitszustands.

B. 
Hiergegen erhob der Versicherte beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
Beschwerde. Er reichte Laborberichte vom 5. und 26. Januar sowie 2. März 2015,
Berichte des Spitals D.________, Departement Chirurgie, vom 11. Februar, 19.
Juni und 18. August 2015 sowie einen MRI-Bericht betreffend die linke Schulter
vom 26. Juni 2015 ein. Die IV-Stelle legte eine Stellungnahme der Frau pract.
med. J.________ vom 8. Oktober 2015 auf. Mit Entscheid vom 11. Oktober 2016
wies das kantonale Gericht die Beschwerde ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt der
Versicherte, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei ihm ab 16. Juli 2011
mindestens eine Viertelsrente auszurichten; eventuell seien mindestens ein
psychiatrisches und rheumatologisches Obergutachten sowie ein orthopädisches
Gutachten einzuholen.
Vorinstanz und IV-Stelle schliessen auf Abweisung der Beschwerde, Erstere
soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Sozialversicherungen
verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Gründe für das beantragte (teilweise) Nichteintreten auf die Beschwerde werden
von der Vorinstanz nicht genannt und sind auch nicht ersichtlich.

2. 
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine
Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet
das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es -
offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten
Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat
(Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art.
105 Abs. 2 BGG). Rechtsfragen sind die vollständige Feststellung erheblicher
Tatsachen, die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes bzw. der
Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG und der Anforderungen an den
Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Bei den aufgrund
dieser Berichte getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur
Arbeitsfähigkeit und bei der konkreten Beweiswürdigung geht es um
Sachverhaltsfragen (nicht publ. E. 1 des Urteils BGE 141 V 585; zur
Unterscheidung von Tat- und Rechtsfragen bei somatoformen Schmerzstörungen oder
vergleichbaren psychosomatischen Leiden vgl. BGE 141 V 281 E. 7 S. 308).

3. 
Das kantonale Gericht hat die rechtlichen Grundlagen betreffend den Beweiswert
von Arztberichten im Allgemeinen (BGE 135 V 465, 134 V 231 E. 5.1 S. 232, 125 V
351 E. 3a S. 352) und von RAD-Berichten im Besonderen (Art. 59 Abs. 2 und 2 ^
bis IVG; Art. 49 IVV; BGE 137 V 210 E. 1.2.1 S. 219) richtig dargelegt.
Zu ergänzen ist, dass bei einer Neuanmeldung der versicherten Person nach
früherer Leistungsverweigerung die Revisionsregeln analog anwendbar sind (Art.
17 Abs. 1 ATSG; BGE 134 V 131 E. 3 S. 132, 117 V 198 E. 3a). Anlass zur
Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen
Verhältnissen, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Anspruch zu
beeinflussen. Liegt in diesem Sinne ein Revisionsgrund vor, ist der
Rentenanspruch in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht umfassend
("allseitig") und ohne Bindung an frühere Beurteilungen zu prüfen (BGE 141 V 9
E. 2.3 S. 10).

4. 
Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte,
indem es die am 7. November 2014 verfügte Verneinung eines Rentenanspruchs
bestätigte.
Grundlage der rentenablehnenden Verfügung vom 21. März 2011 war das
polydisziplinäre (allgemein-medizinische, rheumatologische und psychiatrische)
Gutachten der Klinik C.________ vom 31. August 2010. Hierin wurden folgende
Diagnosen mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit gestellt: 1. Chronisches
thorako/lumbospondylogenes Syndrom (ICD-10 M54.6, 54.4); 2. Aktiver Morbus
Paget Tibia rechts sowie fraglich LWK3 (ICD-10 M88.86); 3. Chronische
Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10 F45.41).
Somatischerseits sei dem Versicherten eine leichte wechselbelastende Tätigkeit
bei ganztägiger Arbeitsplatzpräsenz mit um 30 % reduzierter Leistungsfähigkeit
möglich. Aus psychiatrischer Sicht bestehe in der zuletzt ausgeübten bzw. in
einer somatisch angepassten Tätigkeit keine relevante Beeinträchtigung der
Arbeitsfähigkeit, die über das rein somatisch Begründbare hinausreiche. Dem
Versicherten sei eine Einarbeitungszeit von drei bis sechs Monaten
zuzubilligen.

5. 
Umstritten ist als Erstes die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit aus somatischer
Sicht.

5.1. Diesbezüglich erwog die Vorinstanz im Wesentlichen, die IV-Stelle habe die
rentenablehnende Verfügung vom 13. August 2015 auf die Stellungnahme der Frau
pract. med. J.________ vom 22. April 2014 gestützt, die ihrerseits auf die
Beurteilung des Rheumatologen Dr. med. F.________ zu Handen der MEDAS vom 15.
Mai 2013 abgestellt habe. Danach sei der Beschwerdeführer in leidensangepasster
Tätigkeit zu 70 % arbeitsfähig gewesen, also in gleichem Masse wie gemäss dem
Gutachten der Klinik C.________ vom 31. August 2010. Entgegen dem
Beschwerdeführer habe das Spital D.________ im Bericht vom 18. August 2015
aufgrund der MRI-Untersuchung der linken Schulter vom 26. Juni 2015 keine
wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes festgehalten. Sodann habe
Frau pract med. J.________ in der Stellungnahme vom 8. Oktober 2015 ausgeführt,
hinsichtlich der zunehmenden Arthrose an der linken Schulter sei seitens der
Bildgebung zwar eine Verschlechterung eingetreten; jedoch liege parallel dazu
klinisch keine solche erhebliche Funktionseinschränkung des linken
Schultergelenks vor, dass die bisher attestierte quantitative Arbeitsfähigkeit
in Frage zu stellen sei. Diese Stellungnahme leuchte ein und sei schlüssig,
zumal sie unter Berücksichtigung der vorgelegten medizinischen Unterlagen
(Berichte des Spitals D.________ vom 11. Februar, 19 und 26. Juni sowie 18.
August 2015) ergangen sei. Damit sei weiterhin von einer 30%igen
Arbeitsunfähigkeit auszugehen.

5.2. Der Beschwerdeführer wendet - wie schon vorinstanzlich - ein, Frau pract.
med. J.________ sei in physikalischer Medizin und Rehabilitation sowie
Sozialmedizin spezialisiert. Sie sei zur Beurteilung der Frage, ob sich die
Einschränkung seiner Arbeitsfähigkeit hinsichtlich der linken Schulter aufgrund
der MRI-Abklärung vom 26. Juni 2015 erhöht habe, mangels eines Facharzttitels
in Rheumatologie nicht hinreichend qualifiziert.
Das kantonale Gericht hat mit Blick auf das Urteil 9C_82/2009 vom 9. Oktober
2009 E. 5.2 richtig dargelegt, dass diesem Einwand nicht gefolgt werden kann.
Der Beschwerdeführer bringt keine Gründe vor, welche diesen Schluss zu
entkräften vermögen. Dies gilt auch für seinen Verweis auf die Urteile I 42/07
vom 20. November 2007 und 9C_865/2009 vom 3. Dezember 2009.

5.3. Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, ein Rheumatologe hätte um so mehr
herangezogen werden müssen, als der Bericht des Spitals D.________ vom 18.
August 2015, auf welchen Frau pract. med. J.________ abgestellt habe, keine
Angaben zur Arbeitsfähigkeit enthalten habe. Für die Beantwortung der Frage,
wie hoch die Einschränkung der zukünftigen Arbeitsfähigkeit sei, könne auf ihre
Beurteilung nicht abgestellt werden. Denn das Spital D.________ habe am 18.
August 2015 eine Infiltration glenohumeral als nötig angesehen, wobei Frau
pract. med. J.________ keinen weiteren Verlaufsbericht eingeholt habe.
Hierzu ist festzuhalten, dass die Beurteilung der Ärztin des RAD vom 8. Oktober
2015 die Beweisanforderungen an eine medizinische Aktenstellungnahme erfüllt
(vgl. SVR 2010 UV Nr. 17 S. 63,    8C_239/ 2008 E. 7.2; RKUV 1993 Nr. U 167 S.
95 E. 5d). Sie hat ihre Einschätzung der Arbeitsfähigkeit in erster Linie
bezogen auf den massgebenden Zeitpunkt der Verfügung vom 13. August 2015
abgegeben (vgl. BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220). Soweit sie ausführte, die laut
dem Bericht des Spitals D.________ vom 18. August 2015 prinzipiell mögliche
Versorgung mit einer Schulter-Endoprothese würde nur eine drei- bis
viermonatige Arbeitsunfähigkeit ergeben, kann der Versicherte daraus nichts zu
seinen Gunsten ableiten. Denn falls sich sein somatischer Gesundheitszustand
bzw. seine Arbeitsfähigkeit nach dem Verfügungserlass am 13. August 2015
dauerhaft verschlechtert haben sollte, bleibt es ihm unbenommen, sich bei der
Invalidenversicherung neu anzumelden (Art. 87 Abs. 2 f. IVV; BGE 130 V 64 E.
5.2.5 S. 69; Urteil 8C_288/2015 vom 26. Mai 2015 E. 3.4).
Insgesamt bestehen keine Anhaltspunkte, die auch nur geringe Zweifel an der
Einschätzung der Frau pract. med. J.________ begründen (vgl. BGE 139 V 225 E.
5.2 S. 229). Da in somatischer Hinsicht von weiteren medizinischen Abklärungen
keine entscheidrelevanten Ergebnisse mehr zu erwarten sind, verzichtete die
Vorinstanz darauf zu Recht (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3
S. 236). Damit liegt in diesem Zusammenhang weder eine offensichtlich
unrichtige Abklärung des Sachverhalts noch eine sonstige Verletzung von
Bundesrecht vor.

6. 
Strittig ist weiter die Arbeitsfähigkeit in psychischer Hinsicht.

6.1. Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, der RAD-Psychiater Dr. med.
I.________ sehe im Bericht vom 19. Juni 2014 klar eine Verbesserung im
Vergleich zur Beurteilung durch den psychiatrischen Teilgutachter Dr. med.
K.________, Klinik C.________, vom 31. August 2010. Denn laut Ersterem habe der
Beschwerdeführer nur am Rande und zweitrangig von körperlichen Ängsten
berichtet, weshalb die von pract. med. E.________ im Gutachten vom 7. August
2013 postulierte Verschlechterung nicht nachvollziehbar sei. Dr. med.
I.________ habe zudem überzeugend dargelegt, dass entgegen pract. med.
E.________ nicht hypochondrische Ängste, sondern IV-fremde psychosoziale
Schwierigkeiten viel Raum im Denken des Versicherten einnähmen. Zudem führe
pract. med. E.________ nicht aus, welche notwendigen Kriterien erfüllt sein
müssten und welche allfälligen Tests bzw. Abklärungen er bezüglich der von ihm
festgestellten schweren hypochondrischen Störung getätigt habe. Im Übrigen
benenne er auch die Symptome, die zu der von ihm diagnostizierten leichten
Depression führten, nicht weiter. Der Bericht des Dr. med. I.________ vermöge
das teilweise unschlüssige Gutachten des pract. med. E.________ zu erschüttern
und könne als Grundlage für die Ermittlung der Arbeitsfähigkeit des
Versicherten dienen. Der Bericht des behandelnden Psyhiaters Dr. med.
G.________ vom 17. Dezember 2014 vermöge keine Zweifel am Bericht des Dr. med.
I.________ zu wecken. Aus psychischer Sicht sei somit keine Störung mit
Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit resp. keine Verschlechterung ausgewiesen.
Somit erübrigten sich Ausführungen zu der von der IV-Stelle behaupteten
Verletzung der Schadenminderungspflicht durch den Versicherten.

6.2. Pract. med. E.________ diagnostizierte im Gutachten vom 7. August 2013
eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte depressive Episode
(ICD-10 F33.0), und eine hypochondrische Störung (ICD-10 F45.2) mit Auswirkung
auf die Arbeitsfähigkeit. Weiter stellte er fest, der Versicherte sei in
jeglicher Tätigkeit zu 60 % arbeitsfähig, wobei die hypochondrische Störung
relevanter sei. Damit ging er von einer wesentlichen Verschlechterung der
Arbeitsfähigkeit seit dem Gutachten der Klinik C.________ vom 31. Oktober 2010
aus (vgl. E. 4 hiervor). Dr. med. I.________ verneinte im Bericht vom 19. Juni
2014 Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit. Ohne Auswirkung auf
diese seien eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert
(ICD-10 F33.4), und akzentuierte Persönlichkeitszüge (ängstlich-histrionisch;
ICD-10 Z73). Er führte aus, seit dem Gutachten der Klinik C.________ vom 31.
August 2010 bestehe ein im Wesentlichen unveränderter Gesundheitszustand und
der Versicherte sei zu 100 % arbeitsfähig.
Dieser offenkundige Widerspruch zwischen den Einschätzungen des pract. med.
E.________ und des RAD-Psychiaters Dr. med. I.________ hätte, da die Expertise
des Ersteren gemäss Vorinstanz nicht aus anderen Gründen ohnehin als
beweisuntauglich eingestuft wurde, zumindest zu Rückfragen an den
Administrativ-Gutachter führen müssen (vgl. BGE 137 V 210 E. 1.2.1 S. 220 a.E.
und E. 6.2.2 S. 269; Urteil 9C_139/2014 vom 6. Oktober 2014 E. 5.2).
Weiter ist zu beachten, dass der Beschwerdeführer seit April 2013 regelmässig
beim Psychiater Dr. med. G.________ in ambulanter Behandlung war. Nach der
Aufforderung der IV-Stelle vom 10. Dezember 2013, er müsse sich zwecks
Schadensminderung psychiatrisch therapieren lassen, teilte er ihr am 8. Januar
2014 mit, er werde vom besagten Arzt behandelt, was auch Dr. med. I.________
bekannt war. Wenn Letzterer ausdrücklich bemerkte, Stellungnahmen von
behandelnden Psychiatern fänden sich nicht in den Akten, und zudem davon
ausging, die Behandlung bei Dr. med. G.________ sei nicht ausreichend gewesen,
wäre von ihm zu erwarten gewesen, dass er bei diesem fremdanamnestische
Auskünfte eingeholt hätte (vgl. auch Urteil 9C_519/2014 vom 14. Oktober 2015 E.
2.4).
Mitzuberücksichtigen ist unter den gegebenen Umständen, dass Dr. med.
G.________ im Bericht vom 17. Dezember 2014 eine rezidivierende depressive
Störung, gegenwärtig mittelschwere depressive Episode (ICD-10 F33.11), und eine
schwere hypochondrische Störung (ICD-10 F45.2) diagnostizierte. Weiter legte er
dar, der Beschwerdeführer sei nicht in der Lage, einer Arbeitstätigkeit
nachzugehen. Auch wenn dieser Bericht äusserst knapp begründet ist, ist nicht
auszuschliessen, dass sich bis zum massgebenden Zeitpunkt der Verfügung vom 13.
August 2015 eine Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustandes ergeben
hat, zumal der Bericht des Dr. med. I.________ vom 19. Juni 2014 relativ lange
zurückliegt. Die Einschätzung des Dr. med. G.________ kann für sich allein
nicht massgebend sein, da behandelnde Arztpersonen mitunter aufgrund ihrer
auftragsrechtlichen Vertrauensstellung in Zweifelsfällen eher zugunsten ihrer
Patienten aussagen, weshalb ihre Berichte mit Vorbehalt zu würdigen sind (BGE
135 V 465 E. 4.5. S. 470).

Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz den rechtserheblichen Sachverhalt in
psychischer Hinsicht unvollständig und in Verletzung von Bundesrecht
festgestellt (Art. 105 Abs. 2 BGG. Die Sache ist daher an sie zurückzuweisen,
damit sie weitere Abklärungen treffe bzw. erforderlichenfalls ein
psychiatrisches Gerichtsgutachten einhole (vgl. auch Urteil 8C_903/2015 vom 12.
Mai 2016 E. 4.3). Danach hat sie über die Beschwerde neu zu entscheiden.

7. 
Die unterliegende IV-Stelle trägt die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1, Art. 68
Abs. 2 BGG; BGE 141 V 281 E. 11.1 S. 312).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 11. Oktober 2016 wird
aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz
zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 13. Juni 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Jancar

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben