Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.905/2017
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

2C_905/2017

Urteil vom 11. März 2019

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Seiler, Präsident,

Bundesrichter Zünd, Donzallaz, Stadelmann, Haag,

Gerichtsschreiber Brunner.

Verfahrensbeteiligte

1. A.A.________,

2. B.________,

Beschwerdeführer,

beide vertreten durch Penta Treuhand GmbH,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Zug.

Gegenstand

Direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2015,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug,
Abgaberechtliche Kammer,

vom 29. August 2017 (A 2017 2).

Sachverhalt:

A.

A.A.________ (Beschwerdeführer 1) ist Vater seines in erster Ehe geborenen
Sohnes C.A.________ (geboren am 30. Dezember 1997). Gestützt auf das
Scheidungsurteil des Kantonsgerichts Nidwalden vom 4. April 2007 ist er
verpflichtet, für seinen Sohn bis zum Eintritt in die volle Erwerbstätigkeit,
mindestens bis zum Erreichen der Volljährigkeit, monatlich im Voraus
Unterhaltsbeiträge von Fr. 1'500.-- zu leisten. Diese Unterhaltsbeiträge hat er
im Jahr 2015 jeweils zum Monatsersten an seine Ex-Frau D.A.________ überwiesen.

In der Steuererklärung für die Steuerperiode 2015 brachte A.A.________ sowohl
für die Staats- und Gemeindesteuer als auch für die direkte Bundessteuer die
geleisteten Unterhaltsbeiträge zum Abzug; gleichzeitig beanspruchte er die
Gewährung des Kinderabzugs.

B.

Mit definitiver Steuerveranlagung vom 9. November 2016 liess die kantonale
Steuerverwaltung die geltend gemachten Unterhaltsbeiträge zum Abzug zu;
hingegen verweigerte sie den Kinderabzug. Gegen diese Veranlagung erhob
A.A.________ zusammen mit seiner gemeinsam veranlagten zweiten Ehefrau
B.________ Einsprache. Mit Entscheid vom 14. Dezember 2016 wies die kantonale
Steuerverwaltung die Einsprache ab und hielt an ihrer ursprünglichen
Veranlagung sowohl für die Staats- und Gemeindesteuer als auch für die direkte
Bundessteuer fest.

Das Verwaltungsgericht des Kantons Zug wies die daraufhin erhobene Beschwerde
mit Urteil vom 29. August 2017 ab.

C.

Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 29. August 2017
führen A.A.________ und B.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten. Sie beantragen die Feststellung, dass für C.A.________ in der
Steuerperiode 2015 Anspruch auf einen Kinderabzug gemäss Art. 35 Abs. 1 lit. a
DBG sowie auf den entsprechenden Versicherungsprämienabzug bestehe und die
Gewährung des Kinderabzugs einschliesslich Versicherungsprämienabzugs beim
alimentenzahlenden Kindsvater. Was die Staatssteuer betrifft, verzichten sie
ausdrücklich auf eine Anfechtung des Urteils des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zug vom 29. August 2017.

Die kantonale Steuerverwaltung, das Verwaltungsgericht des Kantons Zug und die
Eidgenössische Steuerverwaltung beantragen die Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten sind gegeben (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs.
1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG in
Verbindung mit Art. 146 DBG [SR 642.11]).

1.2. Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1
BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.5 S. 157) und mit uneingeschränkter (voller)
Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 141 V 234 E. 2 S. 236).

1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG).

2.

Streitgegenstand bildet vorliegend die Gewährung des Kinderabzugs bei getrennt
besteuerten Elternteilen im Recht der direkten Bundessteuer; ausdrücklich nicht
angefochten ist der vorinstanzliche Entscheid hingegen, soweit er den
Kinderabzug nach kantonalem Steuergesetz betrifft.

2.1. Gemäss dem einschlägigen Art. 35 Abs. 1 lit. a DBG werden für "jedes
minderjährige oder in der beruflichen Ausbildung stehende Kind, für dessen
Unterhalt die steuerpflichtige Person sorgt", Fr. 6'500.-- vom Einkommen
abgezogen. Bezüglich der Frage, welchem Elternteil der Kinderabzug bei
getrennter Besteuerung zusteht, sind im Wesentlichen die folgenden drei
Konstellationen auseinanderzuhalten:

2.1.1. In Art. 35 Abs. 1 lit. a DBG ausdrücklich erwähnt ist der Fall, dass das
(minderjährige) Kind unter gemeinsamer elterlicher Sorge steht und keine
Unterhaltsbeiträge nach Art. 33 ?bs. 1 lit. c DBG für das Kind geltend gemacht
werden. Für diese Konstellation sieht das Gesetz die hälftige Aufteilung des
Kinderabzugs auf beide Elternteile vor. Die einschränkende Voraussetzung, dass
keine Unterhaltsbeiträge geltend gemacht werden dürfen, dient dazu, der
systemwidrigen doppelten Entlastung einer steuerpflichtigen Person durch
Kinderabzug und Abzug von Unterhaltsleistungen vorzubeugen (vgl. Kreisschreiben
Nr. 30 der ESTV vom 21. Dezember 2010 betreffend Ehepaar- und
Familienbesteuerung nach dem DBG, S. 20; zum Verbot der Kumulation von
Kinderabzug und Alimentenabzug vgl. BAUMGARTNER/EICHENBERGER, in: Basler
Kommentar zum DBG, 3. Aufl. 2017, N. 32a zu Art. 35 DBG sowie RICHNER/FREI/
KAUFMANN/MEUTER, Handkommentar zum DBG, 3. Aufl. 2016, N. 27 zu Art. 35 DBG).

2.1.2. Anders zu beurteilen ist der Fall, in welchem der eine Elternteil für
die minderjährigen Kinder Unterhaltsbeiträge an den anderen Elternteil leistet.
Nach gesetzlicher Vorschrift können solche Unterhaltsbeiträge vom Leistenden
vom Einkommen abgezogen werden (Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG); hingegen kann er
keinen Kinderabzug geltend machen, zumal der andere Elternteil die erhaltenen
Alimente als Einkommen versteuern muss (Art. 23 lit. f DBG). Diese
steuersystematische Umverteilung von Ressourcen (vgl. BGE 133 II 305 E. 6.5 S.
311, übersetzt in Pra 2008 265; ferner Urteil 2C_437/2010 vom 11. Oktober 2010
E. 2.2 und 2.3) hat zur Folge, dass der unterhaltsberechtigte Elternteil, der
zur Hauptsache für den Unterhalt des Kindes sorgt, Anspruch auf den Kinderabzug
hat (vgl. auch Urteile 2C_1145/2013 vom 20. September 2014 E. 3.2 und 2C_1008/
2013 vom 6. Juni 2014 E. 2.3.2).

2.1.3. Von Interesse ist schliesslich die steuerliche Behandlung von
Unterhaltsbeiträgen, die dem volljährigen Kind geleistet werden. Solche
Unterhaltsbeiträge können vom unterhaltsverpflichteten Elternteil als
"Leistungen in Erfüllung anderer familienrechtlicher Unterhaltspflichten" (Art.
33 Abs. 1 lit. c DBG in fine) nicht vom Einkommen abgezogen werden; vielmehr
werden sie steuerlich seinem eigenen Einkommen zugerechnet, woraus umgekehrt zu
schliessen ist, dass er für den Unterhalt des mündigen Kindes sorgt und
insofern auch den Kinderabzug (Art. 35 Abs. 1 lit. a DBG) geltend machen kann
(Kreisschreiben Nr. 30 der ESTV vom 21. Dezember 2010 betreffend Ehepaar- und
Familienbesteuerung nach dem DBG, S. 22). Leisten beide Elternteile
Unterhaltsbeiträge an das volljährige Kind, kommt derjenige Elternteil in den
Genuss des Kinderabzugs, der den höheren Beitrag leistet; der andere Elternteil
kann dann nach der bundesgerichtlich bestätigten Praxis der Eidgenössischen
Steuerverwaltung den Unterstützungsabzug nach Art. 35 Abs. 1 lit. b DBG geltend
machen (vgl. Urteil 2C_436/2010 vom 16. September 2010 E. 5.1.2; Kreisschreiben
Nr. 30 der ESTV vom 21. Dezember 2010 betreffend Ehepaar- und
Familienbesteuerung nach dem DBG, S. 22; kritisch zu dieser Praxis ERICH
BOSSHARD, Familienbesteuerung im Umbruch, ASA 69, S. 757 ff., S. 769 und
CHRISTINE JAQUES, in: Commentaire Romand Loi fédérale sur l'impôt fédéral
direct [LIFD], N. 32 zu Art. 35 DBG).

2.2. Die oben skizzierte unterschiedliche abzugsrechtliche Behandlung der
getrennt besteuerten Eltern minderjähriger Kinder einerseits und volljähriger
in Ausbildung stehender Kinder anderseits entspricht der gefestigten
steuerrechtlichen Praxis des Bundesgerichts und wird vorliegend von keiner
Seite in Frage gestellt.

Vom Bundesgericht ungeklärt ist bisher hingegen die Frage, welchem Elternteil
der Kinderabzug in jenem Jahr zu gewähren ist, in dem das Kind volljährig wird.

2.3. Massgebend für die Festsetzung der Sozialabzüge sind nach dem
Stichtagsprinzip (Urteil 2C_1145/2013 vom 20. September 2014 E. 2.2 und E. 2.3)
grundsätzlich die Verhältnisse am Ende der Steuerperiode (Art. 35 Abs. 2 DBG).
Da die Steuerperiode bei den natürlichen Personen mit dem Kalenderjahr
zusammenfällt (Art. 40 Abs. 1 DBG), gilt für die massgebenden persönlichen
Verhältnisse der 31. Dezember des entsprechenden Kalenderjahres als Stichtag
(vgl. ROMAN BLÖCHLIGER, Das Verhältnis vom Kinderabzug zum Unterstützungsabzug,
StR 3/2009, S. 154 ff., S. 165 f.).

Vorliegend steht nicht in Frage, dass der Sohn des Beschwerdeführers am
Stichtag der fraglichen Steuerperiode (31.12.2015) volljährig war und sich in
Ausbildung befand. Unbestritten ist auch, dass der Beschwerdeführer für seinen
Sohn gestützt auf das Scheidungsurteil vom 4. April 2007 monatlich Alimente in
Höhe von Fr. 1'500.-- (in der massgeblichen Steuerperiode gesamthaft Fr.
18'000.--) an die Mutter geleistet hat. Streitig ist hingegen, ob er damit auch
für den Unterhalt seines Sohnes gesorgt hat, was für eine Gewährung des
Kinderabzugs nach Art. 35 Abs. 1 lit. a DBG vorausgesetzt wäre.

2.4. Die Vorinstanz erwog diesbezüglich, dass der Sohn des Beschwerdeführers
erst am 30. Dezember 2015 volljährig geworden sei. Sämtliche vom
Beschwerdeführer jeweils zum Monatsersten an die Kindsmutter erbrachten
Unterhaltsleistungen habe dieser in Anwendung von Art. 33 lit. c DBG von seinem
Einkommen abziehen können, womit eine Ressourcenumverteilung an die Mutter
stattgefunden habe, die auch zur Besteuerung der Alimente in ihrem Einkommen
geführt habe. Der Vater habe deshalb steuerlich betrachtet keine Kosten des
Kinderunterhalts getragen und könne folglich auch den Kinderabzug nicht geltend
machen.

Hiergegen bringen die Beschwerdeführer vor, massgebend für die Beurteilung der
Abzugsvoraussetzungen gemäss Art. 35 Abs. 1 lit. a DBG sei das Stichtagsprinzip
(Art. 35 Abs. 2 DBG). Dieses Prinzip komme modifiziert auch dann zur Anwendung,
wenn es zu beurteilen gelte, ob ein Pflichtiger für den Unterhalt eines
volljährigen Kindes aufkomme. Die Beurteilung dieser Statusfrage erfordere die
Würdigung einer gewissen Zeitperiode, und es sei sachgerecht, auf jene
Zeitperiode abzustellen, in der die am Stichtag vorauszusetzenden
Statusmerkmale - hier namentlich die Mündigkeit und die Ausbildung des Sohnes
C.A.________ - vorhanden gewesen seien. Im konkreten Fall sei folglich nur zu
beurteilen, ob der Beschwerdeführer 1 in der Zeitspanne zwischen der
Volljährigkeit seines Sohnes C.A.________ und dem Stichtag - also am 30. und am
31. Dezember 2015 - für dessen Unterhalt gesorgt habe. Nicht entscheidend sei
demgegenüber, dass für die Zeitspanne vom 1. Januar bis zum 29. Dezember 2015
Alimente an die Kindsmutter geleistet worden seien, welche diese als Einkommen
versteuert habe. Die Beschwerdeführer stützen diese Rechtsauffassung auf ein
publiziertes Urteil des Verwaltungsgerichts St. Gallen aus dem Jahr 2008 (vgl.
SGE 2008 Nr. 1, insbesondere E. 2.3.2).

2.5. Die oben zusammengefassten Kriterien für die Zuordnung des Kinderabzugs
(vgl. E. 2.1.1-2.1.3) lassen den Kinderabzug grundsätzlich bei jenem Elternteil
zu, welcher die Einkünfte, aus denen der Unterhalt bestritten wird, auch als
Einkommen zu versteuern hat. Dies steht mit der gesetzgeberischen Wertung in
Einklang, dass die Sozialabzüge die Steuerbelastung zwischen verschiedenen
Gruppen von Steuerpflichtigen nach Massgabe der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit ausgleichen sollen (CHRISTINE JAQUES, in: Commentaire Romand
LIFD, N. 3 zu Art. 35 DBG). Solange in steuerrechtlicher Betrachtung der
gleiche Elternteil während der massgeblichen Steuerperiode für den Unterhalt
aufgekommen ist, führt die Anwendung des Stichtagsprinzips in dieser Hinsicht
nicht zu Problemen. Dem Grundsatz, dass Kinderabzug und Abzug der
Kinderalimente nicht kumuliert werden dürfen (vgl. Kreisschreiben Nr. 30 der
ESTV vom 21. Dezember 2010 betreffend Ehepaar- und Familienbesteuerung nach dem
DBG, S. 20), wird durch die oben dargelegte Praxis (vgl. E. 2.1.1-2.1.3)
vorbehaltlos Rechnung getragen.

2.6. Im Jahr der Volljährigkeit des Kindes würde die Anwendung des
Stichtagsprinzips (Art. 35 Abs. 2 DBG) jedoch angesichts des Systemwechsels von
der einkommensrechtlichen Besteuerung des Unterhalts beim
unterhaltsberechtigten Elternteil (vgl. oben, E. 2.1.2) hin zur
Berücksichtigung des Unterhalts beim unterhaltleistenden Elternteil (vgl. oben,
E. 2.1.3) in gewissen Fallkonstellationen zu einem Wertungswiderspruch führen:
Weil sich der Abzug von Unterhaltsleistungen für das minderjährige Kind
grundsätzlich nach den tatsächlichen Aufwendungen bemisst (vgl. HUNZIKER/
MAYER-KNOBEL, in: Basler Kommentar zum DBG, N. 3 zu Art. 33), im Bereich der
pauschal bemessenen Sozialabzüge hingegen das Stichtagsprinzip zur Anwendung
gelangt, käme es - je nach Geburtsdatum des Kindes - zu einer mehr oder minder
starken doppelten steuerrechtlichen Privilegierung des unterhaltleistenden
Elternteils: Dieser könnte in Anwendung von Art. 33 lit. c DBG und Art. 35 Abs.
1 lit. a DBG in Verbindung mit Art. 35 Abs. 2 DBG nämlich nicht nur die an den
anderen Elternteil geleisteten Unterhaltsbeiträge von seinem Einkommen
abziehen, sondern sich auch noch auf den Kinderabzug berufen (BOSSHARD, a.a.O.,
S. 767 ff.).

Dieses vom Beschwerdeführer anvisierte Ergebnis ist zwar vom Gesetzeswortlaut
gedeckt; es würde aber mit dem Kumulationsverbot von Kinderabzug und
Alimentenabzug kollidieren. Zudem stünde es in einem Spannungsverhältnis zum
Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art.
127 Abs. 2 BV), zumal der Beschwerdeführer einen Sozialabzug zugesprochen
erhielte, obwohl er während eines Grossteils des Jahres steuerrechtlich
betrachtet nicht für den Unterhalt seines Sohnes aufgekommen ist; die
Kindsmutter, die wirtschaftlich betrachtet für den Unterhalt während der
massgeblichen Steuerperiode gesorgt hat, käme hingegen nicht in den Genuss des
Abzugs.

2.7. Wohl in Anbetracht dieses Wertungswiderspruchs verfolgen die Kantone bei
der Zuordnung des Kinderabzugs im Volljährigkeitsjahr des Kindes getrennt
besteuerter Eltern verschiedene Ansätze: Einige Kantone lassen den Kinderabzug
in wörtlicher Auslegung von Art. 35 Abs. 1 lit. a und Art. 35 Abs. 2 DBG beim
alimentezahlenden Elternteil zu (vgl. Weisung der Finanzdirektion des Kantons
Zürich vom 7. April 2015 über Sozialabzüge und Steuertarife, N. 25; Luzerner
Steuerbuch § 42 Nr. 3; Steuerbuch des Kantons St. Gallen, Ziff. 2.3.1 und 4)
und nehmen damit für eine Steuerperiode in Kauf, dass dieser bevorteilt, der
(vormals) alimenteerhaltende Elternteil hingegen benachteiligt wird (so
ausdrücklich Baselbieter Steuerbuch 34 Nr. 1, Ziff. 5; für diese Lösung auch
BLÖCHLIGER, a.a.O., S. 156). Nach der Praxis anderer Kantone steht der
Kinderabzug im Jahr der Volljährigkeit des in Ausbildung stehenden Kindes jenem
Elternteil zu, der die Kinderalimente zur Hauptsache als Einkommen versteuert
(Steuerverwaltung des Kantons Bern, Merkblatt 12 zur Besteuerung von Familien,
S. 2; Weisung der Staatssteuerkommission des Kantons Appenzell Ausserrhoden vom
21. Oktober 2010, Ziff. 5.1.3 und 6); dieser Ansatz dient offensichtlich dazu,
eine doppelte Privilegierung durch Gewährung des Kinderabzugs als auch des
Alimentenabzugs zu verhindern, steht aber seinerseits in Widerspruch zum
Stichtagsprinzip (Art. 35 Abs. 2 DBG), zumal der Kinderabzug unter Umständen
dem Elternteil zugesprochen wird, der am 31. Dezember nicht (mehr) für den
Unterhalt des Kindes aufkommt. Verschiedene weitere Kantone haben auf die
Veröffentlichung einer ausdrücklichen Weisung verzichtet (vgl. Direction
générale de l'Administration Fiscale Cantonale de Genève, Information No. 2/
2011 du 16 février 2011 concernant l'Imposition de la Famille, Annexe 3;
Steuerbuch des Kantons Solothurn § 43 Nr. 2; Steuerpraxis des Kantons Thurgau
36 Nr. 6; Merkblatt des Kantons Schwyz zur steuerlichen Behandlung von
Unterhaltsbeiträgen und damit zusammenhängenden Sozialabzügen vom 20. September
2016; Praxisfestlegung der Steuerverwaltung Graubünden zu den Sozialabzügen vom
1. März 2013).

Eine bundesgerichtliche Klärung der Frage ist auch in Anbetracht dieser
divergierenden Praxis der kantonalen Steuerbehörden zum Kinderabzug im Recht
der direkten Bundessteuer angezeigt.

2.8. Die ESTV verlangt für die Gewährung des Kinderabzugs im Zusammenhang mit
Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, dass die vom Steuerpflichtigen
entrichteten Alimente zumindest die Höhe des gesetzlich vorgesehenen
Kinderabzugs erreichen (vgl. Kreisschreiben Nr. 30 der ESTV vom 21. Dezember
2010 betreffend Ehepaar- und Familienbesteuerung nach dem DBG, S. 20; GLADYS
LAFFELY MAILLARD, Le divorce et ses effets accessoires sous l'angle fiscal, in:
Fountoulakis/Jungo [Hrsg.], Patrimoine de la famille - Entretien, régimes
matrimoniaux, deuxième pilier et aspects fiscaux, 2016, S. 177 ff., S. 189;
RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, a.a.O., N. 44 zu Art. 35 DBG). Das Bundesgericht
hat diese an den gesetzlichen Wortlaut der Regelung des Unterstützungsabzugs
(Art. 35 Abs. 1 lit. b DBG) angelehnte Praxis der ESTV zu den Voraussetzungen
des Kinderabzugs bei volljährigen Kindern geschützt (vgl. Urteil 2C_516/2013
vom 4. Februar 2014 E. 2.1).

Würde man unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung im Jahr des
Volljährigwerdens des Kindes getrennt besteuerter Eltern für die Zuordnung des
Kinderabzugs in Befolgung des klaren Gesetzeswortlauts (Art. 35 Abs. 2 DBG) auf
das Stichtagsprinzip abstellen, führte dies unweigerlich zu Resultaten, die im
Lichte des Normzwecks von Art. 35 Abs. 1 lit. a DBG (vgl. dazu oben, E. 2.5)
unhaltbar erscheinen. Auf die gesetzgeberisch nicht beabsichtigte
Ungleichbehandlung des alimenteleistenden und des (vormals)
alimenteempfangenden Elternteils wurde bereits hingewiesen (vgl. oben, E. 2.6).
Unter dem Gesichtspunkt der Gleichmässigkeit der Besteuerung (Art. 127 Abs. 2
BV) noch stärker ins Gewicht fällt der Umstand, dass der Kinderabzug auch dem
alimenteleistenden Elternteil nur dann zugesprochen werden könnte, wenn der von
ihm bis zum Stichtag (Art. 35 Abs. 2 DBG) aus eigenem Einkommen (Art. 33 Abs. 1
lit. c DBG) bestrittene Unterhalt für das volljährig gewordene Kind die
Schwelle des Kinderabzugs (gegenwärtig Fr. 6'500.--) erreicht oder übersteigt
(vgl. auch BOSSHARD, a.a.O., S. 768). Gerade bei Kindern, die in der zweiten
Jahreshälfte geboren sind, führte dies regelmässig zum Resultat, dass dem
alimenteleistenden Elternteil kein Kinderabzug zustünde. Eine kompensatorische
Zuordnung des Kinderabzugs an den (vormals) alimenteempfangenden Elternteil
fiele ausser Betracht, weil dieser die Unterhaltsleistungen im Zeitpunkt des
Stichtags steuerrechtlich betrachtet nicht mehr erbringt (Art. 35 Abs. 2 DBG).
In solchen Fällen würde der Kinderabzug also weder dem alimenteleistenden noch
dem (vormals) alimenteempfangenden Elternteil zustehen. Die getrennt
besteuerten Eltern würden damit anders behandelt, als gemeinsam besteuerte
Eltern, denen der Kinderabzug bei gleichen Unterhaltszahlungen ohne Weiteres
gewährt wird; noch stossender wäre aber die Ungleichbehandlung im Vergleich mit
jenen getrennt besteuerten Eltern, bei denen der alimenteleistende Elternteil
nach der Volljährigkeit des Kindes angesichts des frühen Geburtstages bis zum
Stichtag noch Alimente in Höhe von Fr. 6'500.-- leisten "konnte" und daher den
Kinderabzug zugesprochen erhielte. Insbesondere für die zuletzt genannte
Differenzierung zwischen getrennt besteuerten Eltern mit (in Jahressicht) früh
geborenen Kindern und solchen mit spät geborenen Kindern besteht kein
sachlicher Grund, zumal die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, welche durch
die Sozialabzüge mitberücksichtigt werden soll, nicht einmal im Ansatz von
diesem Kriterium abhängt.

2.9. Eine Lücke im Gesetz besteht, wenn sich eine Regelung als unvollständig
erweist, weil sie jede Antwort auf die sich stellende Rechtsfrage schuldig
bleibt oder eine Antwort gibt, die als sachlich unhaltbar angesehen werden
muss. Hat der Gesetzgeber eine Rechtsfrage nicht übersehen, sondern
stillschweigend - im negativen Sinn - mitentschieden (qualifiziertes
Schweigen), bleibt kein Raum für richterliche Lückenfüllung. Eine echte
Gesetzeslücke liegt vor, wenn der Gesetzgeber etwas zu regeln unterlassen hat,
was er hätte regeln sollen, und dem Gesetz diesbezüglich weder nach seinem
Wortlaut noch nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt eine Vorschrift
entnommen werden kann. Von einer unechten oder rechtspolitischen Lücke ist
demgegenüber die Rede, wenn dem Gesetz zwar eine Antwort, aber keine
befriedigende, zu entnehmen ist. Echte Lücken zu füllen, ist dem Gericht
aufgegeben, unechte zu korrigieren, ist ihm grundsätzlich verwehrt (BGE 143 IV
49 E. 1.4.2 S. 54 f.; 141 V 481 E. 3.1 S. 485; 139 II 404 E. 4.2 S. 417; 138 II
1 E. 4.2 S. 3 f.; 136 III 96 E. 3.3 S. 99 f.; 135 III 385 E. 2.1 S. 386; 135 V
279 E. 5.1 S. 284).

Weder in den Botschaften (vgl. BBl 1983 III 1, S. 73 ff., S. 175; BBl 2011
3593, S. 3598 f.), noch in den parlamentarischen Beratungen wurde die
kinderabzugsrechtlich spezielle Konstellation getrennt besteuerter Eltern im
Jahr des Volljährigwerdens des Kindes diskutiert. Es ist folglich nicht davon
auszugehen, dass der Gesetzgeber die dargelegte Ungleichbehandlung getrennt
besteuerter Eltern (vgl. oben, E. 2.8) in Bezug auf den Kinderabzug anvisiert
oder auch nur in Kauf genommen hat. Das Fehlen dokumentierter Verlautbarungen
lässt vielmehr den Schluss zu, dass die spezielle abzugsrechtliche Situation
getrennt besteuerter Eltern im Jahr der Volljährigkeit des Kindes vom
Gesetzgeber nicht bedacht worden ist und entsprechend keine Regelung erfahren
hat. Es liegt mithin eine echte Lücke vor, welche das Gericht in Anwendung des
allgemeinen Rechtsgrundsatzes von Art. 1 Abs. 2 ZGB zu schliessen hat. Dabei
hat das Gericht nach der Regel zu entscheiden, die es als Gesetzgeber
aufstellen würde, wobei sich hier anbietet, von analogen gesetzlich bereits
geregelten Tatbeständen auszugehen (BGE 129 V 345 E. 4.1 S. 346; 118 II 139 E.
1a S. 141) :

Art. 35 Abs. 2 und 3 DBG regeln neben dem Stichtagsprinzip den Fall, dass die
Steuerpflicht nicht für die ganze Steuerperiode bestanden hat. In dieser
Konstellation gewährt das Gesetz die Sozialabzüge nach den Verhältnissen am
Ende der Steuerpflicht (Art. 35 Abs. 2 DBG), wobei die Abzüge nach dem
Verhältnis der Dauer der Steuerpflicht zur Steuerperiode gekürzt werden (vgl.
BAUMGARTNER/EICHENBERGER, in: Basler Kommentar zum DBG, N. 36 zu Art. 35 DBG).
In der vorliegend interessierenden Konstellation besteht nun zwar die
Steuerpflicht für sämtliche Beteiligten bis zum Ende der Steuerperiode fort,
was eine direkte Anwendung der Bestimmung ausschliesst; während der
Steuerperiode kommt es jedoch - wie dargelegt (vgl. oben, E. 2.6) - zu einem
Systemwechsel, der unter dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit eine analoge
Lösung nahelegt: Während der Leistende die für das Kind gezahlten
Unterhaltsbeiträge bis zu dessen Volljährigkeit von seinem Einkommen abziehen
kann und der andere Elternteil sich die Beiträge als Einkommen anrechnen lassen
muss, werden die Unterhaltsbeiträge nach Erreichen der Volljährigkeit des
Kindes einkommenssteuerlich beim Alimentenleistenden erfasst.
Steuersystematisch betrachtet kommt damit bis zum Volljährigwerden des Kindes
der unterhaltsberechtigte Elternteil für den Unterhalt des Kindes auf, nach dem
Volljährigwerden des Kindes hingegen der unterhaltleistende Elternteil. Dieser
Systemwechsel rechtfertigt es, den Kinderabzug im Jahr des Volljährigwerdens
des Kindes getrennt besteuerter Eltern pro rata temporis auf die beiden
Elternteile zu verteilen (vgl. für diese Lösung inhaltlich auch BOSSHARD,
a.a.O., S. 769), zumal die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit damit am besten
abgebildet wird und jedenfalls der Fall ausgeschlossen ist, dass überhaupt kein
Kinderabzug gewährt wird. Hinzu kommt, dass die kantonalen Steuerbehörden im
Falle unterjähriger Steuerpflicht bereits nach bisherigem Recht eine
pro-rata-Abgrenzung der Sozialabzüge vornehmen mussten, die gefundene Lösung
also auch praxistauglich sein dürfte.

2.10. Die Frage, welchem der getrennt besteuerten Elternteile der Kinderabzug
in jenem Jahr zu gewähren ist, in dem das Kind volljährig wird, ist nach dem
Gesagten wie folgt zu beantworten: Bis zum Tag des Volljährigwerdens des Kindes
hat der alimenteempfangende Elternteil Anspruch auf den Kinderabzug, ab diesem
Tag hingegen der alimenteleistende Elternteil. Dies gilt freilich nur unter der
Voraussetzung, dass die während des ganzen Jahres geleisteten Alimente den
Betrag von Fr. 6'500.-- übersteigen.

3.

Nach dem oben Ausgeführten sind die Vorinstanzen im vorliegenden Fall zu
Unrecht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer den Kinderabzug überhaupt
nicht geltend machen kann. Zutreffend ist, dass er für die Zeit zwischen dem 1.
Januar 2015 und dem 29. Dezember 2015 keinen Kinderabzug beanspruchen kann,
weil er steuerrechtlich betrachtet nicht für den Unterhalt seines Sohnes
C.A.________ aufgekommen ist. Anders gestaltet sich die Rechtslage hingegen für
die Zeitdauer zwischen dem 30. und dem 31. Dezember 2015: Für diese Periode
steht ihm der Kinderabzug nach Art. 35 Abs. 1 lit. a DBG im Umfang von 2/365
zu. Die Steuerverwaltung Zug ist folglich anzuweisen, dem Beschwerdeführer
einen entsprechenden Kinderabzug zu gewähren.

4.

Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Es ist auf die Begehren abzustellen (SEILER/VON WERDT/
GÜNGERICH/OBERHOLZER, BGG Handkommentar, 2. Aufl. 2016, N. 13 zu Art. 66 BGG).
Die Beschwerdeführer haben die Gewährung des Kinderabzugs beim
alimentenzahlenden Kindsvater beantragt, obsiegen jedoch lediglich im
vernachlässigbaren Umfang von 2/365 des Kinderabzugs. Entsprechend haben sie
die Verfahrenskosten zu tragen. Anspruch auf Parteientschädigung haben sie
nicht (Art. 68 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen, das Urteil
des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 29. August 2017 wird aufgehoben und
die Sache zur neuen Entscheidung an die Steuerverwaltung des Kantons Zug sowie
zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen für das vorinstanzliche
Verfahren an das Verwaltungsgericht des Kantons Zug zurückgewiesen.

2.

Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden den
Beschwerdeführern auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zug, Abgaberechtliche Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. März 2019

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Brunner