Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.901/2017
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Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

               

2C_901/2017

Urteil vom 9. August 2019

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Seiler, Präsident,

Bundesrichterin Aubry Girardin,

Bundesrichter Stadelmann,

Gerichtsschreiber Kocher.

Verfahrensbeteiligte

A.________,

Beschwerdeführer,

vertreten durch G + S Treuhand AG,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Bern.

Gegenstand

Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Bern sowie direkte Bundessteuer,
Steuerperioden 2003 und 2004,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, Einzelrichterin, vom 20. September 2017
(100.2017.105/106U).

Sachverhalt:

A. 

A.________ (nachfolgend: der Steuerpflichtige) hatte in den hier
interessierenden Steuerperioden 2003 und 2004 Wohnsitz in U.________/BE. Er
hielt als Alleinaktionär die B.________ AG, (nachfolgend: die beherrschte
Gesellschaft), deren Sitz sich in V.________/BE befindet und als deren
Präsident des Verwaltungsrats er wirkte. Am 20. August 2013 leitete die
Steuerverwaltung des Kantons Bern (KSTV/BE) gegen den Steuerpflichtigen
hinsichtlich der direkten Bundessteuer und der Staats- und Gemeindesteuern des
Kantons Bern, Steuerperioden 2003 und 2004, je ein Nachsteuer- und
Steuerstrafverfahren ein. Anlass hatten mutmassliche geldwerte Leistungen der
beherrschten Gesellschaft an den Steuerpflichtigen gebildet. Bereits zuvor -
der Steuerpflichtige spricht vom 7. Oktober 2009 - hatte die KSTV/BE
gleichartige Verfahren gegen die beherrschte Gesellschaft eröffnet.

B. 

Am 16. Dezember 2013 stellte eine Arbeitnehmerin der beherrschten Gesellschaft
namens des Steuerpflichtigen der KSTV/BE eine Vollmacht zu. Die Vollmacht
lautete auf C.________, Mitglied des Verwaltungsrates der D.________ AG,
W.________/BE (nachfolgend: der Treuhänder). Ihr zufolge war dieser ermächtigt,
"Steuererklärung, Veranlagungen, Einspracheentscheide, Steuerrechnung und
Korrespondenz" entgegenzunehmen.

C. 

Am 9. Januar 2014 ersuchte der Treuhänder die KSTV/BE telefonisch um Zustellung
eines Berichts zur amtlichen Bewertung sowie um Gewährung einer
Fristverlängerung. Die KSTV/BE versandte den Bericht am folgenden Tag
wunschgemäss an den Treuhänder. Einer Aktennotiz der KSTV/BE zufolge, welche
die Veranlagungsperson am 10. Januar 2014 erstellte, soll der Treuhänder im
Telefongespräch ausgeführt haben, die Vollmachten vom Dezember 2013 könnten
"anschliessend vernichtet werden". Die Mitarbeiterin der beherrschten
Gesellschaft habe "wohl etwas falsch verstanden". Am 4. März 2014 trat der
Treuhänder namens und auftrags des Steuerpflichtigen an die KSTV/BE heran.
Diese liess dem Steuerpflichtigen am 11. November 2014 die provisorische
Berechnung der Nachsteuern und Bussen (wegen fahrlässiger Steuerhinterziehung)
zukommen, wobei sie um Gegenbemerkungen innerhalb von 30 Tagen ersuchte, auf
die Möglichkeit einer mündlichen Anhörung hinwies und ankündigte, dass die
Verfügungen erlassen würden, falls keine Gegenbemerkungen ergingen. Im
Anschluss daran ersuchte der Treuhänder um eine Fristverlängerung. Mit
Verfügung vom 12. Dezember 2014, auch diese an den Steuerpflichtigen
adressiert, entsprach die KSTV/BE dem Gesuch und setzte sie die Frist neu auf
den 31. März 2015 an. Ferner wiederholte sie, die Verfügungen würden nach
Fristablauf eröffnet.

D. 

Mit eingeschrieben versandten, an den Steuerpflichtigen adressierten
Verfügungen vom 15. April 2015 schloss die KSTV/BE die den Steuerpflichtigen
betreffenden Nachsteuer- und Hinterziehungsverfahren, Steuerperioden 2003 und
2004, ab. Die Post nahm am 16. April 2015 beim Steuerpflichtigen einen
Zustellversuch vor, der fehlschlug, weshalb die Post das Couvert an die KSTV/BE
retournierte. Der Steuerpflichtige bestreitet, eine Abholungseinladung erhalten
zu haben. In der Folge nahm die KSTV/BE einen zweiten Versand vor, diesmal mit
normaler Briefpost.

E. 

Mit Schreiben vom 14. August 2015, das am 17. August 2015 bei der KSTV/BE
einging, machte der Steuerpflichtige geltend, erst aufgrund der Mahnung vom 30.
Juli 2015 (nunmehr im Bezugsverfahren) Kenntnis von den Verfügungen vom 15.
April 2015 erhalten zu haben. Von der KSTV/BE zur Stellungnahme eingeladen,
erklärte und wiederholte er in Eingaben vom 23. März 2016 und 11. Mai 2016,
beim Versand der Verfügungen vom 15. April 2015 unverändert durch seinen
Treuhänder vertreten gewesen zu sein. Entsprechend wären, folgerte er, die
Verfügungen an den Treuhänder zu richten gewesen. Mit Einspracheentscheiden vom
26. Juli 2016 trat die KSTV/BE auf die als Einsprachen entgegengenommenen
Stellungnahmen zufolge versäumter Frist nicht ein.

F. 

Die vom Steuerpflichtigen angerufenen kantonalen Gerichtsbehörden wiesen die
Rechtsmittel ab (Entscheide der Steuerrekurskommission des Kantons Bern vom 14.
März 2017, und einzelrichterlicher Entscheid 100.2017.105 / 100.2017.106 des
Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 20.
September 2017).

Das Verwaltungsgericht erwog hauptsächlich, die Vollmacht vom 16. Dezember 2013
sei zwar knapp gehalten, es lasse sich ihr aber unschwer entnehmen, dass der
Treuhänder zur Entgegennahme der "üblichen Steuerunterlagen" berechtigt sei. Ob
die Aktennotiz vom 10. Januar 2014, wonach die Vollmacht mündlich widerrufen
worden sein soll, inhaltlich zutreffe, lasse sich nicht mehr klären. Tatsache
sei immerhin, dass die KSTV/BE auch nach dem Telefongespräch vom 9. Januar 2014
auf die Eingaben des Treuhänders eingegangen sei. Dies deute darauf hin, dass
die KSTV/BE der Meinung gewesen sei, die Mandatierung bestehe fort. Die
weiteren Eingaben des Treuhänders seien nicht aus den Akten gewiesen worden.

Konsequenterweise wären die Verfügungen, so das Verwaltungsgericht, an den
Treuhänder zu richten gewesen. Wenn die Verfügungen vom 15. April 2015 vor
diesem Hintergrund dennoch an den Steuerpflichtigen adressiert worden seien,
begründe dies einen Eröffnungsmangel. Da der Steuerpflichtige aber mit der an
ihn gerichteten Zustellung der Verfügungen habe rechnen müssen und trotzdem
untätig geblieben sei (weder Beanstandung der falschen Adressierung noch
Gewährleistung des Empfangs der zu erwartenden Verfügungen), habe er sich
treuwidrig verhalten. Dies vermöge den Eröffnungsmangel zu heilen. Aufgrund des
durch die Post nachgewiesenen Zustellversuchs während des hängigen
Prozessrechtsverhältnisses komme die Praxis zur Zustellungsfiktion zur
Anwendung. Die Verfügungen hätten am 23. April 2015 als zugestellt zu gelten.
Am 26. Mai 2015 sei die Frist ungenutzt verstrichen.

G. 

Mit Eingabe vom 11. Oktober 2017 (Postaufgabe: 19. Oktober 2017) erhebt der
Steuerpflichtige beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und
die KSTV/BE anzuweisen, die Einsprachen materiell zu behandeln. Die Begründung
geht hauptsächlich dahin, der Steuerpflichtige habe sich durch den Treuhänder
vertreten lassen, weil er sich im Bereich der geldwerten Leistungen nicht
ausgekannt und im Verfahren überfordert gefühlt habe. Die Eröffnung der
Verfügungen vom 15. April 2015 sei folglich mangelhaft erfolgt. Daraus dürfe
dem Steuerpflichtigen kein Rechtsnachteil entstehen, zumal er die
Abholungseinladung nie erhalten habe. Der Eröffnungsmangel lasse sich durch die
Zustellfiktion nicht heilen. Aus dem blossen Hinweis, dass die Verfügungen nach
Ablauf der Frist eröffnet würden, könne nichts abgeleitet werden. Der
Steuerpflichtige habe im erstmöglichen Zeitpunkt reagiert, nämlich nach Eingang
der Mahnung vom 30. Juli 2015. Er habe keinerlei Interesse daran haben können,
die Abholungseinladung zu negieren, was sich auch darin zeige, dass er im Fall
der beherrschten Gesellschaft Rechtsmittel ergriffen habe. Er habe seiner
Mitwirkungspflicht vollauf genügt, während das Verhalten der KSTV/BE als
treuwidrig zu bezeichnen sei. Die Verfügungen müssten neu eröffnet werden.

H. 

Die Vorinstanz, die KSTV/BE und die ESTV schliessen auf Abweisung der
Beschwerde. Der Steuerpflichtige dupliziert und hält an den gestellten Anträgen
fest.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten sind gegeben (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs.
1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG in Verbindung
mit Art. 146 DBG [SR 642.11] und Art. 73 StHG [SR 642.14]). 

1.2. Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1
BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2 S. 62) und mit uneingeschränkter (voller) Kognition
(Art. 95 lit. a BGG; BGE 145 III 91 E. 2 S. 93).

1.3. Die Verletzung von verfassungsmässigen Individualrechten (einschliesslich
der Grundrechte) und des rein kantonalen Rechts prüft das Bundesgericht nur,
soweit eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend
begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit gemäss
Art. 106 Abs. 2 BGG). In der Beschwerde ist daher klar und detailliert anhand
der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, dass und inwiefern
verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 145 II 32
E. 5.1 S. 41). Rein appellatorische Kritik entspricht diesen Anforderungen
nicht (BGE 145 I 121 E. 2.1 S. 133).

1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 145 I 26 E. 1.5 S. 31).
Die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen können von Amtes wegen oder auf
Rüge hin berichtigt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig sind oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und wenn die Behebung
des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2
und Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 145 IV 154 E. 1.1 S. 155). "Offensichtlich
unrichtig" ist mit "willkürlich" gleichzusetzen (BGE 144 IV 35 E. 2.3.3 S. 42
f.). Tatfrage ist auch die Beweiswürdigung (BGE 144 V 111 E. 3 S. 112). Die
Anfechtung der vorinstanzlichen Feststellungen unterliegt der qualifizierten
Rüge- und Begründungsobliegenheit (BGE 144 V 50 E. 4.1 S. 52 f.; vorne E. 1.3).

II. Direkte Bundessteuer

2.

2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz haltbar zum Schluss kam, das
als Einsprache entgegengenommene Schreiben vom 14. August 2015 (Sachverhalt,
lit. E) sei verspätet erfolgt.

2.2.

2.2.1. Verfügungen und Entscheide gelten als eröffnet, sobald sie
ordnungsgemäss zugestellt sind und die betroffene Person davon Kenntnis nehmen
kann. Dass sie davon tatsächlich Kenntnis nimmt, ist nicht erforderlich (BGE
142 III 599 E. 2.4.1 S. 603; 122 I 139 E. 1 S. 143). Für die ordnungsgemässe
Zustellung ist die Verwaltungs- bzw. Gerichtsbehörde beweisbelastet. Bei
eingeschriebener Briefpost und beim Verfahren "A-Post Plus" ("Courrier A Plus",
"Posta A Plus") erbringt ein "Track & Trace"-Auszug zwar keinen Beweis für das
Eintreffen der Sendung im Empfangsbereich des Empfängers, aber dafür, dass
durch die Post ein entsprechender Eintrag in ihrem Erfassungssystem vorgenommen
wurde. Im Sinne eines Indizes lässt sich aus dem Eintrag ableiten, dass die
Abholungseinladung oder Sendung in den Briefkasten oder in das Postfach des
Adressaten gelangte (BGE 142 III 599 E. 2.2 S. 601).

2.2.2. Ganz allgemein ist eine fehlerhafte Postzustellung nicht zu vermuten,
sondern nur anzunehmen, wenn sie aufgrund der Umstände plausibel erscheint. Auf
die Darstellung des Adressaten, dass eine fehlerhafte Postzustellung vorliege,
ist (nur) abzustellen, wenn seine Darlegung der Umstände nachvollziehbar ist
und einer gewissen Wahrscheinlichkeit entspricht, wobei sein guter Glaube zu
vermuten ist (BGE 142 III 599 E. 2.4.1 S. 604). Rein hypothetische Überlegungen
und die nie auszuschliessende Möglichkeit von Zustellfehlern genügen für sich
allein nicht, um die Vermutung umzustossen. Vielmehr müssen konkrete Anzeichen
für einen Fehler vorhanden sein (BGE 142 IV 201 E. 2.3 S. 204 f.; zum Ganzen
Urteil 2C_16/2019 vom 10. Januar 2019 E. 3.2.2).

2.2.3. Versendet eine Verwaltungsbehörde ein Schriftstück durch eingeschriebene
Briefpost und wird die Postsendung nicht entgegengenommen bzw. abgeholt, so
gilt die Zustellung am siebenten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch
als erfolgt (Zustellungsfiktion). Vorauszusetzen ist, dass der Empfänger mit
der Zustellung zu rechnen hatte. Das Bundesgericht erachtet eine
Aufmerksamkeitsdauer von bis zu einem Jahr seit der letzten
verfahrensrechtlichen Handlung der Behörde als vertretbar (Urteil 6B_110/2016
vom 27. Juli 2016 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 142 IV 286; YVES DONZALLAZ, La
notification en droit interne suisse, Bern 2002, S. 501). Das relevante
Prozessrechtsverhältnis setzt mit der Rechtshängigkeit der Streitsache ein.

2.2.4. Aus der mangelhaften Eröffnung eines amtlichen Schriftstücks dürfen den
Parteien keine Nachteile erwachsen. Diese Regel entspricht einem allgemeinen
Rechtsgrundsatz, der den verfassungsmässigen Vertrauensschutz (Art. 5 Abs. 3
und Art. 9 BV) sowie Art. 29 Abs. 1 und 2 BV konkretisiert (Urteil 6B_315/2019
vom 5. Juli 2019 E. 1.4.4, zur Publ. vorgesehen).

Eine Berufung auf diesen Grundsatz setzt voraus, dass ein Eröffnungsmangel
(beispielsweise eine fehlerhafte Adressierung) vorliegt, dass die betroffene
Person den Mangel nicht erkannte und bei gebührender Aufmerksamkeit auch nicht
hätte erkennen können (BGE 139 IV 228 E. 1.3 S. 231 f.; 138 I 49 E. 8.3.2 S. 53
f.), was treuwidriges Verhalten ausschliesst, und dass die betroffene Person
durch die fehlerhafte Eröffnung tatsächlich einen Nachteil erleidet. Kein
Rechtsnachteil besteht, wenn die fehlerhafte Eröffnung ihren Zweck trotz des
Mangels erreicht hat.

Daher ist im individuell-konkreten Fall zu prüfen, ob die betroffene Person
durch den gerügten Eröffnungsmangel tatsächlich irregeführt und dadurch
benachteiligt worden ist. Richtschnur ist auch hier der Grundsatz von Treu und
Glauben, an welchem die Berufung auf Formmängel in jedem Fall ihre Grenze
findet (BGE 144 II 401 E. 3.1 S. 405; Urteil 2C_309/2018 vom 10. September 2018
E. 4.1). Mit den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit
ist nicht zu vereinbaren, dass ein Verwaltungsakt wegen mangelhafter Eröffnung
jederzeit weitergezogen werden kann; vielmehr muss ein solcher Verwaltungsakt
innerhalb einer vernünftigen Frist in Frage gestellt werden (BGE 111 V 149 E.
4c S. 150).

2.2.5. Mithin sind fehlerhafte amtliche Verfahrenshandlungen in der Regel nur
anfechtbar und werden durch Nichtanfechtung rechtsgültig. Sie sind einzig dann
nichtig, wenn der ihnen anhaftende Mangel besonders schwer ist, wenn er sich
als offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar erweist und die
Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet
wird (BGE 144 IV 362 E. 1.4.3 S. 368).

2.3.

2.3.1. Die Vorinstanz hat in für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlicher
Weise festgestellt (Art. 105 Abs. 1 BGG; vorne E. 1.4), die Schweizerische Post
habe am 16. April 2015 beim Steuerpflichtigen einen Zustellversuch vorgenommen.
Dieser sei misslungen, weshalb der Briefträger eine Abholungseinladung in den
Briefkasten gelegt habe, aus welcher die bis zum 23. April 2015 laufende
Abholfrist hervorgegangen sei. Der Steuerpflichtige sei der Einladung nicht
nachgekommen. In der Folge habe die KSTV/BE die Verfügungen mit normaler
Briefpost versandt (Sachverhalt, lit. D).

2.3.2. Der Steuerpflichtige bestreitet den Versand mit eingeschriebener
Briefpost nicht, er macht aber geltend, der Briefträger habe ihm keine
Abholungseinladung zugestellt bzw. er habe in seinem Briefkasten keine solche
vorgefunden. Sein guter Glaube ist zu vermuten, was nach dem Dargelegten nichts
daran ändert, dass nachvollziehbar und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit
vorgebracht werden müsste, die Abholungseinladung sei nicht ins Postfach
gelangt (vorne E. 2.2.2). Diesen Nachweis tritt der Steuerpflichtige nicht an.

2.3.3. Die Vorinstanz stellte zudem fest, dass die Steuerverwaltung die
Verfügung anschliessend mit normaler Post ein zweites Mal zugestellt hatte.
Diese zweite Zustellung wird vom Steuerpflichtigen nicht bestritten. Ein Blick
in die Akten, die hierzu beigezogen werden dürfen (Art. 105 Abs. 2 BGG; vorne
E. 1.4), zeigt, dass das Schreiben das Datum vom 7. Mai 2015 trägt. Mithin darf
angenommen werden, dass die Zustellung im Verlauf der folgenden Woche erfolgte,
womit die Verfügung vom 15. April 2015 eröffnet wurden. Zwar war der
Steuerpflichtige durch einen Treuhänder vertreten, so dass die Eröffnung der
Veranlagungsverfügung an sich an diesen hätte erfolgen müssen (vgl. Urteil
2C_737/2018 vom 20. Juni 2019 E. 5.2). Insoweit litt die Eröffnung an einem
Mangel. Nach Treu und Glauben wäre vom Steuerpflichtigen jedoch zu erwarten
gewesen, dass er entweder seinen Treuhänder informiert und um Kontaktnahme mit
der Veranlagungsbehörde ersucht hätte oder dies selber tut, um auf den
Eröffnungsmangel hinzuweisen. Dies hätte innert "vernünftiger Frist" geschehen
müssen (vorne E. 2.2.4). Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz
dauerte es indessen bis zum 14. August 2015 (Sachverhalt, lit. E), bis der
Steuerpflichtige an die Veranlagungsbehörde gelangte. Mithin verstrichen
zwischen der Zustellung des nicht eingeschriebenen Briefes und dem Schreiben
vom 14. August 2015 rund drei Monate. Entsprechend durfte die Vorinstanz
verfassungsrechtlich haltbar und bundesrechtskonform erwägen, dass die Berufung
auf den Eröffnungsmangel unter den gegebenen Umständen treuwidrig sei, zumal
die Steuerverwaltung gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen bereits zuvor
mehrere Mitteilungen und Verfügungen direkt an den Steuerpflichtigen gerichtet
hatte, der diese an den Treuhänder weiterleitete (vgl. E. 4.3 des angefochtenen
Urteils). Entsprechend war auf seine verspätete Einsprache nicht einzutreten.

2.3.4. In tatsächlicher Hinsicht bringt der Steuerpflichtige weiter vor, die
Vorinstanz habe übersehen, dass das angeblich undatierte Schreiben (Posteingang
bei der KSTV/BE vom 17. August 2015; vorne lit. E) in Wahrheit datiert gewesen.
Die Vorinstanz hat in ihrer Vernehmlassung eingeräumt, dass das Versanddatum
(14. August 2015) übersehen worden sei. Weitere Rechtserheblichkeit kommt
dieser Rüge nicht zu.

2.3.5. Schliesslich verweist der Steuerpflichtige auf den Ausgang der
Parallelverfahren im Nachsteuer- und Steuerstrafpunkt gegenüber der
beherrschten Gesellschaft. Danach soll die KSTV/BE am 21. Dezember 2016 in
einer Verfügung nach Art. 71 des Gesetzes (des Kantons Bern) vom 23. Mai 1989
über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG/BE; BSG 155.21; sog. "neue Verfügung")
festgestellt haben, es sei keine geldwerte Leistung ergangen. Daraus will der
Steuerpflichtige ableiten, dass eine Aufrechnung auf Ebene des Anteilsinhabers
von vornherein ausgeschlossen sei. Streitig und zu prüfen ist im vorliegenden
Verfahren bloss die Rechtzeitigkeit der Einsprache. Materiellrechtliche Fragen
- wie der fehlende Aufrechnungsautomatismus im zweidimensionalen Verhältnis -
liegen ausserhalb des Streitgegenstandes, weshalb darauf nicht einzugehen ist.

2.3.6. Die Beschwerde erweist sich damit, soweit die direkte Bundessteuer
betreffend, als unbegründet. Sie ist abzuweisen.

III. Staats- und Gemeindesteuer des Kantons Bern

3.

Das harmonisierte Steuerrecht von Kantonen und Gemeinden (StHG) entspricht im
hier interessierenden Bereich in allen Teilen dem Recht zur direkten
Bundessteuer (DBG). In der Folge stimmt das Steuergesetz (des Kantons Bern) vom
21. Mai 2000 (StG/BE; BSG 661.11) mit dem StHG überein, weshalb auf die
Ausführungen zur direkten Bundessteuer verwiesen werden kann. Die Beschwerde
ist auch im harmonisierten kantonalrechtlichen Bereich unbegründet und
abzuweisen.

IV. Kosten und Entschädigung

4.

Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens dem Steuerpflichtigen aufzuerlegen. Dem Kanton
Bern, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, steht keine Entschädigung
zu (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 

Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer wird abgewiesen.

2. 

Die Beschwerde betreffend die Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Bern wird
abgewiesen.

3. 

Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden dem
Beschwerdeführer auferlegt.

4. 

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und der Eidgenössischen
Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. August 2019

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung

des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Kocher