Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.888/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_888/2017  
 
 
Urteil vom 27. März 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, Donzallaz, 
Gerichtsschreiber Matter. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Steuerverwaltung des Kantons Bern, Brünnenstrasse 66, 3018 Bern, 
Einwohnergemeinde Bern, 
Steuerverwaltung, Bundesgasse 33, 3011 Bern. 
 
Gegenstand 
Festlegung des steuerrechtlichen Wohnsitzes für die Staats- und Gemeindesteuern
2014, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, 
vom 6. September 2017 (100.2016.220U). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ ist 1984 geboren und unverheiratet. Sie arbeitet seit dem Jahr
2009 als unselbständig Erwerbstätige in Bern (80%-Pensum seit 2013), war
schriftenpolizeilich aber in U.________/ZG angemeldet, wo sie aufgewachsen ist
und ihre Eltern leben, in deren Haus ihr ein Zimmer zur Verfügung stand. Dort
wurde sie für die Steuerperiode 2014 rechtskräftig veranlagt.  
 
1.2. Im Februar 2015 erging gegenüber A.________ auf Antrag der
Wochenaufenthaltergemeinde Bern eine Domizilverfügung der Steuerverwaltung des
Kantons Bern. Darin wurde festgestellt, dass der steuerrechtliche Wohnsitz der
Pflichtigen sich für die Periode 2014 in Bern befinde. Gegen diese Verfügung
erhob die Betroffene erfolglos Einsprache und ergriff dann die ihr im Kanton
zur Verfügung stehenden Rechtsmittel, ohne aber damit durchzudringen.  
 
1.3. Am 16. Oktober 2017 hat A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten beim Bundesgericht eingereicht. Sie beantragt, das kantonal
letztinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 6.
September 2017 aufzuheben. Es sei festzustellen, dass sich ihr
steuerrechtlicher Wohnsitz für 2014 nicht in der Gemeinde bzw. dem Kanton Bern
befinde. Eventuell sei die Sache zu neuer Beurteilung an das Verwaltungsgericht
zurückzuweisen.  
 
1.4. Es sind die vorinstanzlichen Akten beigezogen, aber keine Vernehmlassungen
eingeholt worden. Die Sache ist im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 109 BGG
zu beurteilen. Zur Begründung kann im Wesentlichen auf das angefochtene Urteil
verwiesen werden.  
 
2.  
 
2.1. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ein von einer kantonal
letztinstanzlich zuständigen Gerichtsbehörde erlassenes Urteil. Es enthält
einen Entscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, welcher unter
keinen Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG fällt und daher mit Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht angefochten werden
kann (Art. 82 lit. a BGG i.V.m. Art. 73 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14.
Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und
Gemeinden [StHG; SR 642.14], Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG).  
 
2.1.1. Auch auf dem Gebiet des Verbots der interkantonalen Doppelbesteuerung (
Art. 127 Abs. 3 BV) ist der Instanzenzug in einem Kanton vollständig zu
durchlaufen, ehe das Bundesgericht angerufen werden kann (Art. 86 Abs. 1 lit. d
i.V.m. Abs. 2 BGG). Trifft dies zu, kann zusammen mit dem noch nicht
rechtskräftigen letztinstanzlichen Entscheid des einen Kantons auch die bereits
rechtskräftige Veranlagungsverfügung oder der bereits rechtskräftige
Rechtsmittelentscheid eines weiteren Kantons bzw. mehrerer weiterer Kantone
angefochten werden. In Bezug auf diese Verfügungen und Entscheide aus einem
oder mehreren anderen Kantonen besteht praxisgemäss kein Erfordernis der
Letztinstanzlichkeit (vgl. u.a. BGE 133 I 300 E. 2.4 S. 307 bzw. 308 E. 2.4 S.
313).  
 
2.1.2. Die Beschwerdeführerin ist gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG in Verbindung
mit Art. 73 Abs. 2 StHG zur Beschwerde legitimiert. Auf ihre frist- und
formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 42 und 100 BGG).  
 
2.2. Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG
geltend gemacht werden. Fragen des Bundesrechts klärt das Bundesgericht mit
freier Kognition (vgl. u.a. das Urteil 2C_92/2012 vom 17. August 2012 E. 1.4,
in: StR 67/2012 S. 828 betreffend Art. 127 Abs. 3 BV). Es legt seinem Urteil
den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG). Deren tatsächliche Feststellungen können nur berichtigt werden, sofern
sie entweder offensichtlich unrichtig, d. h. willkürlich ermittelt worden sind
(Art. 9 BV; BGE 137 II 353 E. 5.1 S. 356; zum Willkürbegriff: BGE 138 I 49 E.
7.1 S. 51; 137 I 1 E. 2.4 S. 5) oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von 
Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 135 II 145 E. 8.1 S. 153). Die
Bindung des Bundesgerichts an den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt
(Art. 105 Abs. 1 BGG) und das Novenverbot (Art. 99 Abs. 1 BGG) gelten auch für
Beschwerden in Sachen der interkantonalen Doppelbesteuerung (vgl. u.a. BGE 133
I 300 E. 2.3 S. 306).  
 
3.  
 
3.1. Das Verwaltungsgericht hat sich auf Art. 4 des Steuergesetzes des Kantons
Bern vom 21. Mai 2000, auf Art. 3 StHG und auf Art. 127 Abs. 3 BV (zum Verbot
der interkantonalen Doppelbesteuerung) sowie auf die zu den genannten
Bestimmungen ergangene bundesgerichtliche Rechtsprechung gestützt (vgl. dazu
ausführlich und überzeugend E. 2 des vorinstanzlichen Urteils), um zutreffend
festzuhalten, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Beschwerdeführerin
sich während des Jahres 2014 in Bern befand. Das entspricht der allgemein
üblichen Situation einer 30-jährigen und unverheirateten Person, die schon
einige Jahre mit einem (sozusagen) vollständigen Pensum am selben Ort arbeitet.
In einem solchen Fall wird praxisgemäss davon ausgegangen, dass der
steuerrechtliche Wohnsitz sich in der Gemeinde des Wochenaufenthalts befindet
und nicht mehr am Ort des allfällig am Wochenende aufgesuchten Wohnorts der
Eltern oder an einem sonstigen Ort, es sei denn, es würden im konkreten Fall
besondere Einzelumstände überzeugend geltend gemacht (vgl. dazu eingehend insb.
E. 3.1 - 3.4 des angefochtenen Urteils).  
 
3.2. Hier hat die Beschwerdeführerin in keiner Weise solche Sonderumstände
vorbringen können, die es rechtfertigen würden, zu einem abweichenden Schluss
zu gelangen.  
 
3.2.1. Im Laufe des Verfahrens ist sie dazu übergegangen, nicht weiter zu
behaupten, ihr Wohnsitz befinde sich am Wohnort ihrer Eltern im Kanton Zug.
Nunmehr macht sie geltend, sie unterhalte ein gelebtes, eheähnliches Konkubinat
und bewohne in Luzern gemeinsam mit ihrem Freund eine Wohnung. Doch entgegen
ihren Ausführungen ist es keineswegs so, dass das Verwaltungsgericht dieses
Konkubinat als eheähnlich gefestigte Beziehung anerkannt hätte. Vielmehr hat
die Vorinstanz dieses Verhältnis (bzw. dessen angeblich vorrangiges Gewicht bei
der Bestimmung des Wohnsitzes) in Frage gestellt, nicht zuletzt aufgrund der
schriftenpolizeilichen Situation und wegen zumindest ungenügender Angaben zu
Dauer und Art des angeblichen Zusammenlebens (vgl. dazu insb. E. 3.3.1 des
angefochtenen Urteils).  
Dabei kann es nicht darum gehen, ob die unzweifelhaft häufigen Aufenthalte der
Beschwerdeführerin in Luzern gemäss den vom Verwaltungsgericht gewürdigten
Bankauszügen und Chatprotokollen (vgl. dazu E. 3.3.2 des angefochtenen Urteils)
als blosse Besuche bei ihrem Freund zu werten sind. Wesentlich ist vielmehr,
dass auch diese Elemente die Sachverhaltsermittlung der Vorinstanz in keiner
Weise als offensichtlich unrichtig oder die darauf gestützte rechtliche
Beurteilung als bundesrechtswidrig erscheinen lassen. 
Wenn die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht nun geltend macht, ihre Beziehung
zum Freund bestehe schon seit 2004, und bereits ab 2012 habe das Paar eine
"Wohnmöglichkeit" im Elternhaus des Freundes bewohnt, so handelt es sich um
Noven im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG, die unberücksichtigt bleiben müssen
(vgl. oben E. 2.2). 
 
3.2.2. Weder um willkürliche tatsächliche Feststellungen noch um eine
rechtswidrige Beurteilung handelt es sich schliesslich bei der Behandlung aller
anderen Umstände, auf welche die Vorinstanz sich sonst noch gestützt hat, z.B.
die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin seit August 2011 eine nicht möblierte
Dreizimmerwohnung in Bern allein bewohnt, was sicher mehr als ein bloss
behelfsmässiges pied-à-terre darstellt (vgl. E. 3.1 u. 3.4 des angefochtenen
Urteils) oder dass persönliche und gesellschaftliche Aktivitäten unklar
geblieben sind, mit Ausnahme einer Mitgliedschaft im Schwimmklub Bern (vgl.
ebenda E. 3.5).  
 
3.2.3. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht schliesslich eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs verneint (vgl. dort E. 3.6). Ebenso wenig ist ihm eine
solche anzulasten.  
 
4.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen
und wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (vgl. Art. 65 f. BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 27. März 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Matter 

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