Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.886/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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2C_886/2017            

 
 
 
Urteil vom 2. November 2017  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Gerichtsschreiber Kocher. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________ AG, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Steuerverwaltung des Kantons Thurgau, 8510 Frauenfeld Kant. Verwaltung. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau, Steuerperiode 2012, und
direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2012, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 6.
September 2017 (VG.2017.110/E). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die X.________ AG (nachfolgend: die Steuerpflichtige), deren einziges
Mitglied des Verwaltungsrates A.________ ist, hat steuerrechtlichen Sitz in
U.________/TG. In einem Verfahren, das die Staats- und Gemeindesteuern des
Kantons Thurgau sowie die direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2012, betrifft,
wies die Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 26. Juni
2017 eine Beschwerde der Steuerpflichtigen ab. Am 27. Juli 2017 (Postaufgabe)
erhob die Steuerpflichtige beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau
Beschwerde. Die zweite Seite der Eingabe war in einem der beiden Exemplare
nicht unterschrieben. Das andere Exemplar wies eine Unterschrift in Fotokopie
auf.  
 
1.2. Das Verwaltungsgericht machte die Steuerpflichtige am 28. Juli 2017 auf
den Mangel aufmerksam und forderte sie auf, zwei original unterzeichnete
Exemplare nachzureichen. Sie setzte hierzu eine nicht erstreckbare Nachfrist
bis zum 10. August 2017 an, dies unter Androhung des Nichteintretens im
Unterlassungsfall. Darüberhinaus verfügte das Verwaltungsgericht einen
Kostenvorschuss von Fr. 2'000.--, der ebenfalls bis zum 10. August 2017 zu
leisten war. Auch diese Anordnung stand unter der Androhung des Nichteintretens
im Unterlassungsfall.  
 
1.3. Die Steuerpflichtige holte die Verfügung vom 28. Juli 2017 auf der
Poststelle nicht ab. Gemäss "Track and Trace" der Schweizerischen Post
verstrich die siebentägige Abholfrist am 7. August 2017 ungenutzt. Mit
Entscheid VG.2017.110 vom 6. September 2017 trat das Verwaltungsgericht auf die
Beschwerde vom 27. Juli 2017 nicht ein.  
 
1.4. Mit Eingabe beim Bundesgericht vom 17. Oktober 2017 (Postaufgabe) erhebt
die Steuerpflichtige, handelnd durch das einzige Mitglied des Verwaltungsrates,
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt, das
Verwaltungsgericht habe auf die bei ihm eingereichte Beschwerde einzutreten.
Die Steuerpflichtige erklärt, das Mitglied des Verwaltungsrats habe in
Deutschland notfallmässige ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen und sei
aufgrund des gesundheitlichen Zustandes nicht in der Lage gewesen, vor Mitte
August 2017 an den Sitz der Steuerpflichtigen zurückzukehren. Zum Beweis legt
sie in Fotokopie das ärztliche Attest vom 17. Oktober 2017 eines in V.________
(DE) praktizierenden Facharztes für Innere Medizin bei. Daraus ergibt sich,
dass das Mitglied des Verwaltungsrates "hausärztlich betreut" worden und "aus
gesundheitlichen Gründen (...) von Mitte Juli bis Mitte August 2017 nicht
reisefähig" gewesen sei. Das Zeugnis lautet auf eine Adresse des
Verwaltungsratsmitglieds in V.________ (DE).  
 
1.5. Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR
173.110]) hat von Instruktionsmassnahmen abgesehen.  
 
I. Direkte Bundessteuer  
 
2.  
 
2.1. Die Steuerpflichtige macht im Wesentlichen geltend, ihr Mitglied des
Verwaltungsrates, der als einziger hätte handeln können, sei zur Reise unfähig
gewesen und habe erst nach erfolgter Rückkehr aus dem Ausland, als es bereits
zu spät gewesen sei, von der Zustellung der beiden Verfügungen vom 28. Juli
2017 erfahren. Dagegen bringt sie in ihrer kurzen Eingabe auch nicht sinngemäss
vor, die Vorinstanz habe beim Wissensstand, wie er ihr tatsächlich vorlag,
bundesrechtswidrig oder willkürlich entschieden. In der Sache geht es damit um
ein Gesuch um Wiederherstellung der am 28. Juli 2017 angesetzten Fristen zur
Leistung des Kostenvorschusses und zum Nachreichen zwei original
unterzeichneter Exemplare der Beschwerde.  
 
2.2. Direktsteuerlich sind Gesuche um Wiederherstellung der versäumten
Einsprachefrist gegen eine Veranlagungsverfügung bei der mit der Sache
befassten kantonalen Verwaltung für die direkte Bundessteuer (Art. 104 Abs. 1
DBG) - und nicht etwa bei der übergeordneten Rechtsmittelbehörde - einzureichen
(Art. 133 Abs. 3 DBG). Das Prinzip des  iudex a quo herrscht in gleicher Weise
in den daran anschliessenden kantonalen Steuerjustizverfahren (Art. 140 Abs. 4
bzw. Art. 145 Abs. 2 DBG; Urteil 2C_301/2013 / 2C_302/2013 vom 17. Dezember
2013 E. 7.1; HUGO CASANOVA/CLAUDE-EMMANUEL DUBEY, in: Yves Noël/Florence Aubry
Girardin [Hrsg.], Commentaire romand zum LIFD, 2. Aufl. 2017, N. 17a zu Art.
133 DBG; PETER LOCHER, Kommentar DBG, III. Teil, 2015, N. 28 zu Art. 133 DBG).
Es gilt im Übrigen auch vor Bundesgericht (Art. 50 Abs. 1 BGG).  
 
2.3. Mit Blick auf die dargelegte Rechtslage wäre das
Fristwiederherstellungsgesuch beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau
einzureichen gewesen. Das Bundesgericht ist unzuständig. Es kann in einem
solchen Fall aber von Amtes wegen zur Weiterleitung des Gesuchs an die
mutmasslich zuständige  kantonale Behörde schreiten (Art. 30 Abs. 2 BGG; Urteil
2C_486/2016 vom 31. Mai 2016 E. 2.7 mit Hinweisen; FLORENCE AUBRY GIRARDIN, in:
Bernard Corboz/Alain Wurzburger/Pierre Ferrari/Jean-Maurice Frésard/Florence
Aubry Girardin [Hrsg.], Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 13 zu Art. 30
BGG mit Hinweisen; ANDREAS GÜNGERICH, in: Hansjörg Seiler/Nicolas von Werdt/
Andreas Güngerich/ Niklaus Oberholzer, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2015, N.
3 zu Art. 30 BGG). Da die Steuerpflichtige nicht beabsichtigt hat, den
vorinstanzlichen Entscheid anzufechten, sondern vielmehr um Wiedereinsetzung in
den früheren Stand ersucht, erübrigt es sich, über die als "Beschwerde"
bezeichnete Eingabe zu entscheiden. Sie ist lediglich als
Fristwiederherstellungsgesuch entgegenzunehmen und zur weiteren Behandlung an
das in der Sache zuständige Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau zu
überweisen.  
 
II. Staats- und Gemeindesteuer des Kantons Thurgau  
 
3.   
Dem harmonisierten Recht der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14) lässt sich
zur Fristwiederherstellung keine eigenständige Bestimmung entnehmen, weshalb
das nicht harmonisierte kantonale Recht anwendbar ist. Das Gesetz über die
Staats- und Gemeindesteuern (des Kantons Thurgau) vom 14. September 1992 (StG/
TG; RB 640.1) sieht in § 164 Abs. 3 in Verbindung mit § 175 Abs. 3 und § 176
Abs. 3 eine Regelung vor, welche der direkten Bundessteuer (Art. 133 Abs. 3 in
Verbindung mit Art. 140 Abs. 4 und Art. 145 Abs. 2 DBG) entspricht. Es kann
daher in allen Teilen auf die Ausführungen zur direkten Bundessteuer verwiesen
werden. 
 
III. Kosten und Entschädigung  
 
4.   
Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens an sich der Steuerpflichtigen aufzuerlegen. Mit
Blick auf die besonderen Umstände kann aber davon abgesehen werden (Art. 66
Abs. 1 Satz 2 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Eingabe betreffend die direkte Bundessteuer und die Staats- und
Gemeindesteuer des Kantons Thurgau, Steuerperiode 2012, wird als
Fristwiederherstellungsgesuch entgegengenommen. 
 
2.   
Das Gesuch wird zur weiteren Behandlung an das Verwaltungsgericht des Kantons
Thurgau überwiesen. 
 
3.   
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Kosten erhoben. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Thurgau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich
mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. November 2017 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher 

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