Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.847/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_847/2017  
 
 
Urteil vom 25. Mai 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiberin Mayhall. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch lic. iur. Yassin Abu-Ied, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 23.
August 2017 (VB.2017.00285). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (Jahrgang 1956) ist algerischer Staatsangehöriger. Er reiste im
September 1991 in die Schweiz ein, worauf ihm gestützt auf die im selben Jahr
mit einer Schweizerin geschlossenen Ehe eine Aufenthaltsbewilligung und später
eine Niederlassungsbewilligung erteilt wurde. Die Ehe, aus welcher die zwei
mittlerweile volljährigen Söhne B.________ und C.________ hervorgingen, wurde
im Januar 2005 geschieden. Im März 2009 heiratete A.________ die ukrainische
Staatsangehörige D.________ (Jahrgang 1984). Am 6. Juli 2009 wurde der
gemeinsame Sohn E.________ geboren. Die Eltern leben spätestens seit dem 8.
Januar 2015 getrennt. Gemäss der Trennungsvereinbarung hat E.________ seinen
formellen Wohnsitz beim Vater, wobei jedoch beide Eltern sorge- und
obhutsberechtigt bleiben und die Betreuung von E.________ etwa hälftig
übernehmen: Die Mutter betreut E.________ jeweils vom Sonntagmorgen bis
Montagabend, vom Mittwochmittag bis Donnerstagmorgen, jeweils am zweiten Tag
der Doppelfeiertage Weihnachten und Neujahr sowie während sechseinhalb Wochen
Ferien jährlich. In der übrigen Zeit wird E.________ von seinem Vater betreut. 
A.________ musste mehrmals strafrechtlich verurteilt werden: 
 
- Mit Urteil des Bezirksgerichts vom 25. Mai 1993 zu vier Wochen Gefängnis
wegen versuchten Diebstahls; 
- Mit Urteil des Appellationsgerichts Basel-Stadt vom 19. April 1996 zu 45
Tagen Gefängnis wegen versuchten Diebstahls; 
- Mit Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 18. November 1996 zu 30
Tagen Gefängnis wegen vollendeten und versuchten Diebstahls, unter Widerruf der
bedingten Vollziehbarkeit der Strafe gemäss Urteil des Bezirksgerichts Zürich
vom 25. Mai 1993; 
- Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 11. Juli 1997 zu vier Monaten
Gefängnis wegen Diebstahls; 
- Mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 29. November 2002 zu zwei Monaten
Gefängnis wegen einfacher Körperverletzung und mehrfacher Drohung; 
- Mit Strafbefehl der Bezirksanwaltschaft Zürich vom 10. Dezember 2004 zu drei
Monaten Haft wegen mehrfacher Verletzung der Verkehrsregeln; 
- Mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 12. Oktober 2006 zu
fünf Tagen Haft wegen Verletzung der Verkehrsregeln; 
- Mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 7. Februar 2012 zu 30 Monaten
Freiheitsstrafe sowie Busse im Betrag von Fr. 500.-- teilweise als Zusatzstrafe
zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 12. Oktober 2006 wegen
Verbrechen im Sinne des Bundesgesetzes vom 3. Oktober 1951 über die
Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (BetmG; SR 812.121), Gewalt und
Drohung gegen Behörde und Beamte sowie Hinderung einer Amtshandlung; 
- Mit Strafbefehl des Statthalteramtes des Bezirks Zürich vom 13. März 2013 zu
einer Busse im Betrag von Fr. 520.-- wegen fahrlässigen Überschreitens der
Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h innerorts; 
- Mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 13. November 2013 zu
einer Verlängerung der Probezeit des mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom
7. Februar 2012 bedingt ausgesprochenen Strafurteils um ein Jahr sowie 120
Tagessätze Geldstrafe im Betrag von je Fr. 30.-- wegen mehrfachen Diebstahls
und Hinderung einer Amtshandlung; 
- Mit Strafbefehl des Statthalteramts des Bezirks Zürich vom 15. Mai 2014 zu
einer Busse im Betrag von Fr. 550.-- wegen geringfügigen Diebstahls; 
- Mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 21. April 2015 zu 60
Tagessätzen Geldstrafe zu je Fr. 30.-- unter gleichzeitiger Androhung des
Vollzugs des mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 7. Februar 2012 bedingt
ausgesprochenen Strafurteils für den Fall erneuter Delinquenz während der
Probezeit wegen Diebstahls; 
- Mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 30. August 2016 zu 110
Tagessätzen Geldstrafe im Betrag von je Fr. 30.-- als Teilzusatzstrafe zu der
mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 12. Oktober 2006 bedingt
ausgefällten Haftstrafe, als Zusatzstrafe zu der mit Urteil des Bezirksgerichts
Zürich vom 7. Februar 2012 teilbedingt ausgefällten Freiheitsstrafe sowie als
Zusatzstrafe zu den mit Strafbefehlen der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom
13. November 2013 und vom 21. April 2015 unbedingt ausgefällten Geldstrafen
wegen (Sozialhilfe-) Betrugs. 
Seit 2011 ging A.________ kaum mehr einer Erwerbstätigkeit nach. Die Familie
A.________-D.________ wurde per Stichtag 20. April 2016 mit Leistungen aus der
Sozialhilfe im Betrag von rund Fr. 280'000.-- unterstützt, wobei die
Unterstützung für den Sohn E.________ fortdauert. 
Nach vorgängig mit Verfügungen vom 8. Oktober 1993, vom 30. November 1998 und
vom 11. Februar 2004 ausgesprochenen Verwarnungen widerrief das Migrationsamt
des Kantons Zürich mit Verfügung vom 29. April 2016 die
Niederlassungsbewilligung von A.________, ordnete seine Wegweisung an und
setzte ihm zum Verlassen der Schweiz eine Ausreisefrist bis 28. Juni 2016. 
 
B.  
Die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich wies einen von A.________ gegen die
Verfügung des kantonalen Migrationsamtes vom 29. April 2016 erhobenen Rekurs
mit Entscheid vom 5. April 2017 in der Hauptsache ab und setzte eine neue
Ausreisefrist an. Mit Urteil vom 23. August 2017 wies das Verwaltungsgericht
des Kantons Zürich die von A.________ dagegen geführte Beschwerde ebenfalls ab
und setzte eine neue Ausreisefrist an. 
 
C.  
Mit Beschwerde vom 2. Oktober 2017 an das Bundesgericht beantragt A.________,
Dispositivziffer 1, 2, 3, 4 und 5 des Urteils des Verwaltungsgerichts Zürich
vom 23. August 2017 seien kostenfällig aufzuheben und es sei ihm die
Niederlassungsbewilligung zu belassen. Eventualiter sei ihm eine
Jahresaufenthaltsbewilligung zu erteilen. Der Beschwerdeführer ersucht um
Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Ausrichtung einer angemessenen
Parteientschädigung. 
Die Vorinstanz und die kantonale Sicherheitsdirektion haben auf eine
Vernehmlassung verzichtet. Der Beschwerdeführer reicht unaufgefordert weitere
Unterlagen ein. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wurde unter
Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG)
eingereicht und richtet sich gegen einen Endentscheid einer letzten oberen
kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG; Art. 90 BGG) in einer
Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG).  
 
1.2. Nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide über
ausländerrechtliche Bewilligungen ausgeschlossen, auf deren Erteilung weder das
Bundes- noch das Völkerrecht einen Rechtsanspruch einräumen. Der
Beschwerdeführer hat grundsätzlich einen Anspruch auf Fortbestand der erteilten
Niederlassungsbewilligung, was für das Eintreten auf das eingereichte
Rechtsmittel ausreicht (Art. 83 lit. c Ziff. 2 e contrario BGG); ob die
Voraussetzungen für den Fortbestand der Bewilligung vorliegen, ist Gegenstand
der materiellen Beurteilung (BGE 136 II 177 E. 1.1 S. 179 f.; Urteil 2C_575/
2013 vom 7. Februar 2014 E. 1.1). Die Beschwerde ist, soweit sie sich gegen den
Widerruf der Niederlassungsbewilligung richtet, zulässig und der
Beschwerdeführer, der mit seinen Anträgen im vorinstanzlichen Verfahren
unterlegen ist, dazu legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Gegen den
Wegweisungsentscheid würde grundsätzlich die subsidiäre Verfassungsbeschwerde
offenstehen (Art. 83 lit. c Ziff. 4, Art. 113 BGG; Urteil 2C_926/2011 vom 12.
Oktober 2012 E. 1, nicht publiziert in BGE 139 I 31). Mangels klar und
detailliert erhobener Rügen der Verletzung verfassungsmässiger Rechte
(qualifizierte Rügepflicht, Art. 106 Abs. 2, Art. 116, Art. 117 BGG; BGE 139 I
229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254) kann
das eingereichte Rechtsmittel jedoch nicht als subsidiäre Verfassungsbeschwerde
gegen die angeordnete Wegweisung entgegengenommen werden.  
 
1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine
Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und Abs. 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern
allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE
138 I 274 E. 1.6 S. 280 mit Hinweis). Die Verletzung von Grundrechten sowie von
kantonalem und interkantonalem Recht untersucht es in jedem Fall nur insoweit,
als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden
ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S.
246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254; Urteil 2C_124/2013 vom 25. November 2013 E.
1.6).  
 
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zu Grunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei
offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von 
Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig festgestellt ist
ein Sachverhalt, wenn er willkürliche Feststellungen beinhaltet (BGE 137 I 58
E. 4.1.2 S. 62). Die dem Bundesgericht durch Art. 105 Abs. 2 BGG eingeräumte
Befugnis, die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz zu berichtigen oder zu
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
von Art. 95 BGG beruht, entbindet den Beschwerdeführer nicht von seiner Rüge-
und Substantiierungspflicht (BGE 133 IV 286 E. 6.2 S. 288). Die betroffene
Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der festgestellte
Sachverhalt in diesem Sinne mangelhaft erscheint und die Behebung des Mangels
für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). In die Beweiswürdigung
des Sachgerichts greift das Bundesgericht nur ein, wenn diese willkürlich ist (
BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteil 4A_56/2013 vom 4. Juni 2013 E. 2), was
insbesondere dann der Fall ist, wenn das Sachgericht offensichtlich unhaltbare
Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche willkürlich ausser
Acht lässt (vgl. BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Wegen der
fehlenden freien Kognition in Tatfragen (BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445) und der
Beschränkung der Überprüfung der vorinstanzlichen Beweiswürdigung auf Willkür (
BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9), reicht es nicht aus, in einer Beschwerdeschrift dem
Bundesgericht einfach die eigene Sichtweise über das Geschehene darzulegen oder
die eigene Beweiswürdigung zu erläutern (BGE 137 II 353 E. 5.1 S. 356; Urteile
8C_616/2014 vom 25. Februar 2015 E. 1.2; 9C_779/2010 vom 30. September 2011 E.
1.1.2, nicht publ. in: BGE 137 V 446, aber in: SVR 2012 BVG Nr. 11 S. 44); rein
appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung und an der Beweiswürdigung
genügt den Begründungs- bzw. Rügeanforderungen nicht (vgl. BGE 139 II 404 E.
10.1 S. 445 mit Hinweisen).  
 
2.  
 
2.1. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil vom 23. August 2017 erwogen,
der Beschwerdeführer habe mit der Verurteilung zu 30 Monaten Freiheitsstrafe
einen Grund für den Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung gesetzt, der
jedoch nicht automatisch zum Widerruf führe. Ein solcher Widerruf könne nur
erfolgen, wenn er unter der Berücksichtigung der persönlichen und familiären
Situation des Beschwerdeführers als verhältnismässig erscheine, was vorliegend
zu bejahen sei: Das Verschulden des Beschwerdeführers wiege deswegen schwer,
weil er im Zeitraum zwischen 2006 und 2011 mindestens 96,2 Gramm reines Kokain
verkauft und damit einen Umsatz von mehr als Fr. 23'000.-- erzielt habe. Zudem
habe er versucht, sich am 2. März 2011 nach Entgegennahme von 112,12 Gramm
reinen Kokain-Hydrochlorids durch Flucht und Gewaltanwendung seiner Verhaftung
zu entziehen. Erschwerend komme hinzu, dass der Beschwerdeführer in den Jahren
1993 bis 2016 insgesamt zwölf weitere Straferkenntnisse erwirkt, wiederholt
noch während des Laufs der strafrechtlichen Probezeit wieder delinquiert und
sich auch durch drei ausländerrechtliche Verwarnungen, die Einleitung eines
Widerrufsverfahrens und der Verantwortung gegenüber seinen Kindern nicht von
der Begehung weiterer Straftaten habe abbringen lassen. Auch unter präventiven
Gesichtspunkten bestehe ein gewichtiges öffentliches Interesse daran, die
Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers zu widerrufen, welches auch
durch das private Interesse an einem weiteren Verbleib in der Schweiz nicht
aufgewogen werde. Der Beschwerdeführer, der erst im Alter von 35 Jahren in die
Schweiz gelangt sei, habe die prägenden Kinder- und Jugendjahre in Algerien
verbracht, wo er die Schule besucht und eine Ausbildung zum CAP-Mechaniker
absolviert habe. Vor diesem Hintergrund erscheine eine Rückkehr selbst
angesichts der langen Aufenthaltsdauer in der Schweiz als zumutbar, zumal sich
der Beschwerdeführer weder privat noch beruflich sehr intensiv in der Schweiz
integriert habe: Zu seinen älteren Söhnen unterhalte er keinen Kontakt mehr und
die Familie sei per Stichtag 20. April 2016 mit Leistungen aus der Sozialhilfe
im Betrag von rund Fr. 280'000.-- unterstützt worden. Zweifelsohne würde den
Beschwerdeführer jedoch eine räumliche Trennung von seinem jüngsten Sohn
E.________ hart treffen. Das Kindsinteresse, wenn möglich mit beiden
Elternteilen in der Schweiz aufwachsen zu können, vermöge jedoch in der
Interessenabwägung nur zu überwiegen, wenn im wesentlichen Gründe der
Zuwanderungssteuerung den privaten Interessen anwesenheitsberechtigter Personen
gegenüberstehen würden, nicht jedoch, wenn es zusätzlich darum gehe, die
öffentliche Sicherheit und Ordnung vor der Gefahr weiterer (gewichtiger)
Straftaten zu schützen. Der Beschwerdeführer habe es folglich aufgrund seiner
Delinquenz hinzunehmen, wenn er die Beziehung zu seinem Sohn nur noch unter
erschwerten Bedingungen, das heisst mittels gegenseitiger Kurzbesuche oder über
moderne Kommunikationsmittel, leben könne. Im Übrigen erwog die Vorinstanz,
dass einer Ausreise des Beschwerdeführers auch keine gesundheitlichen Probleme
entgegen stehen würden, sei doch nicht bekannt, ob er sich derzeit in
ärztlicher Behandlung befinde, und Herz- und Kreislaufbeschwerden grundsätzlich
auch in Algerien behandelt werden könnten.  
 
2.2. Der Beschwerdeführer rügt in seiner dem Bundesgericht eingereichten
Beschwerdeschrift, er sei die hauptsächliche Bezugsperson für den Sohn
E.________, weswegen seine Rückkehr nach Algerien das Kindeswohl gefährden
würde. Durch diese Rückkehr würden angesichts der Gefährdung des Kindeswohls
Art. 80 sowie Art. 30 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005
über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20) verletzt. Des Weiteren
sei ein Anspruch auf Privat- und Familienleben im Sinne von Art. 8 EMRK bzw. 
Art. 13 BV zu bejahen, was die auf das strafrechtliche Verhalten des
Beschwerdeführers fokussierte Vorinstanz zu berücksichtigen unterlassen habe;
eine umfassende Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse und den
überwiegenden Interessen des Beschwerdeführers und seines Sohnes im Falle einer
Ausschaffung nach Algerien sei gar nicht getroffen worden. Der Entscheid der
Vorinstanz sei unverhältnismässig (Verletzung von Art. 5 Abs. 2 BV und Art. 96
AuG). In Übereinstimmung mit der publizierten Minderheitenmeinung der
Vorinstanz (§ 71 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Zürich vom 24.
Mai 1959 in Verbindung mit § 124 des Gesetzes über die Gerichts- und
Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess vom 10. Mai 2010) sei davon
auszugehen, dass die  unterinstanzliche Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich
 die Umstände des Einzelfalles zu wenig berücksichtigt habe, die Dauer der
Anwesenheit des Beschwerdeführers von 29 Jahren und die Familiengründung für
einen Verbleib des Beschwerdeführers in der Schweiz sprechen würden, eine
mangelhafte Integration des Beschwerdeführers sich nicht belegen lasse, der
Beschwerdeführer sich während seines langen Aufenthalts in der Schweiz von
seinem Heimatstaat Algerien entfremdet habe, eine Unterstützung durch die
Geschwister im Falle einer Rückkehr zweifelhaft und Erwerbsmöglichkeiten
angesichts seines Alters und seines Gesundheitszustandes fraglich seien,
weshalb das Wohl des Kindes E.________ sowohl angesichts der zu erwartenden
finanziellen Situation wie auch durch den Entzug eines Elternteils gefährdet
werde.  
 
2.3. Die nachfolgende rechtliche Überprüfung dieses angefochtenen Urteils des
Verwaltungsgerichts Zürich vom 23. August 2017 ergeht gestützt auf den
vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt (Art. 105 Abs. 1 BGG). Mit der
eigenen Sachverhaltsdarstellung des Beschwerdeführers in der Beschwerdeschrift,
die im angefochtenen Urteil keine Stütze findet, erhebt der Beschwerdeführer
keine Sachverhaltsrüge im Sinne von Art. 97 BGG, sondern übt eine durch das
Bundesgericht nicht zu hörende, rein appellatorische Kritik an der
vorinstanzlichen Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung (ausführlich oben,
E. 1.4), weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist. Ebenfalls nicht
berücksichtigt werden können die erstmals im bundesgerichtlichen Verfahren ins
Recht gelegten Beweismittel (Novenverbot, Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
3.  
 
3.1. Nach Art. 63 Abs. 1 lit. a (in Verbindung mit Art. 62 lit. b) und Art. 63
Abs. 2 AuG (in der am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Fassung) kann die
Niederlassungsbewilligung auch nach einem - wie hier - länger als 15 Jahre
dauernden ununterbrochenen und ordnungsgemässen Aufenthalt in der Schweiz
widerrufen werden, wenn der Ausländer zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe
verurteilt wurde. Als längerfristig gilt nach der gefestigten Rechtsprechung
eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr (BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 379
ff.), wobei mehrere unterjährige Strafen bei der Berechnung nicht kumuliert
werden dürfen (BGE 139 I 31 E. 2.1 S. 32). Mit seiner Verurteilung zu einer
Freiheitsstrafe von 30 Monaten wegen Betäubungsmitteldelikten hat der
Beschwerdeführer einen Widerrufsgrund gesetzt, was er in der dem Bundesgericht
eingereichten Beschwerdeschrift nicht bestreitet.  
 
3.2. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung muss zudem verhältnismässig
sein (Art. 5 Abs. 2 BV; Art. 96 AuG). Massgebliche Kriterien sind die Schwere
des Delikts, wobei besonders ins Gewicht fällt, ob diese Taten als Jugendlicher
oder als Erwachsener begangen wurden und ob es sich dabei um Gewaltdelikte
handelte, das Verschulden des Betroffenen, der seit der Tat vergangene Zeitraum
und das Verhalten des Betroffenen während diesem, der Grad seiner Integration
bzw. die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufenthaltsstaat
und zum Heimatstaat, die Dauer der bisherigen Anwesenheit, die ihm und seiner
Familie drohenden Nachteile, insbesondere unter gesundheitlichen Aspekten,
sowie die mit der aufenthaltsbeendenden Massnahme verbundene Dauer der
Fernhaltung (BGE 139 I 16 E. 2.2.1 S. 19, E. 2.2.2 S. 20; 139 I 31 E. 2.3.1 S.
33, E. 2.3.3 S. 34 f.). Generalpräventive Gesichtspunkte dürfen berücksichtigt
werden, sofern die ausländische Person vom Anwendungsbereich des
Freizügigkeitsabkommens (FZA; SR 0.142.112.681) ausgenommen ist (BGE 136 II 5
E. 4.2 S. 20; 130 II 176 E. 3.4.1 S. 183; je zum FZA). Die Prüfung der
Verhältnismässigkeit der staatlichen Anordnung des Widerrufs (Art. 5 Abs. 2 BV;
Art. 96 AuG) entspricht inhaltlich jener, welche bei eröffnetem Schutzbereich
für die rechtmässige Einschränkung der konventionsrechtlichen Garantie gemäss 
Art. 8 Ziff. 2 EMRK vorausgesetzt wird (vgl. BGE 139 I 16 E. 2.2.1 S. 19, E.
2.2.2 S. 20; 139 I 31 E. 2.3.1 S. 33, E. 2.3.3 S. 34 f.). In Übereinstimmung
mit der Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) stuft
das Bundesgericht Drogendelikte aus rein finanziellen Motiven als schwere
Straftaten und das damit verbundene öffentliche Interesse an einer Wegweisung
des Straftäters als hoch ein (BGE 139 I 31 E. 2.3.2 S. 34). Bei
Betäubungsmitteldelikten (ohne Konsum) überwiegt, falls keine besonderen
persönlichen oder familiären Bindungen im Aufenthaltsstaat bestehen,
regelmässig das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts; ist
die betroffene Person ledig und kinderlos, setzt sich tendenziell das
öffentliche Fernhalteinteresse durch, sofern das Strafmass drei Jahre
Freiheitsstrafe erreicht oder wesentliche weitere Delikte hinzukommen (BGE 139
I 16 E. 2.2.2 S. 20). Bei Verurteilungen zu Freiheitsstrafen in dieser
Grössenordnung für Betäubungsmitteldelikte hat das Bundesgericht den
Bewilligungswiderruf selbst dann geschützt, wenn der betroffene Ausländer in
der Schweiz Ehefrau und Kinder hatte (vgl. ausführlich BGE 139 I 16 E. 2.2.3 S.
21 f.).  
 
3.3. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift hat die Vorinstanz das
öffentliche Interesse an der Ausreise des Beschwerdeführers seinem privaten
Interesse an einem Verbleib in der Schweiz gegenübergestellt und unter
Berücksichtigung des Kindeswohls umfassend gegeneinander abgewogen. Dass der
Widerruf der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers oder das diesen
Widerruf bestätigende Urteil unverhältnismässig wären, ist unzutreffend.
Auszugehen ist davon, dass der Beschwerdeführer bei der Familiengründung mit
D.________ im Jahr 2009 bereits strafrechtlich verurteilt war und die Familie
somit nicht ohne Weiteres davon ausgehen konnte, ihr Familienleben in der
Schweiz zu pflegen; diese Konstellation steht nach der Rechtsprechung einer
Berufung auf das Privat- und Familienleben im Sinne von Art. 8 EMRK regelmässig
entgegen (Urteil des EGMR  Khan gegen Grossbritannien vom 12. Januar 2010 [Nr.
47486/06] § 46 f.,  M.E. gegen Dänemark vom 8. Juli 2014 [Nr. 58363/10] § 81).
Für den Fall, dass sich der Beschwerdeführer dessen ungeachtet auf Art. 8 EMRK
bzw. Art. 13 BV berufen könnte, wäre der Eingriff in das konventions- und
verfassungsrechtlich geschützte Privat- und Familienleben vorliegend in der
räumlichen Trennung des Beschwerdeführers von seinem Sohn zu erblicken; das
Aufenthaltsrecht des niederlassungsberechtigten, noch minderjährigen Sohnes
E.________ wird durch die aufenthaltsbeendende Massnahme grundsätzlich deswegen
nicht berührt, weil er weiterhin bei seiner sorge- und obhutsberechtigten
Mutter in der Schweiz bleiben kann. Der Beschwerdeführer übersieht jedoch, dass
die Gerichte angesichts der fatalen Auswirkungen, welche Betäubungsmittel auf
das Leben von zahlreichen Menschen zeitigen, Härte gegenüber denjenigen an den
Tag legen, welche sich an der Inverkehrsetzung dieser Betäubungsmittel
beteiligen (Urteil des EGMR  Salem gegen Dänemark vom 1. Dezember 2016 [Nr.
77036/11] § 66; ebenso die bundesgerichtliche Rechtsprechung, vgl. oben, E.
3.2). Der in der räumlichen Trennung liegende Eingriff beruht auf einer
genügenden gesetzlichen Grundlage (oben, E. 3.1) und ist angesichts der Schwere
des begangenen Betäubungsmitteldelikts - Verurteilung zu 30 Monaten
Freiheitsstrafe für den Verkauf von reinem Kokain-Hydrochlorid im Umfang von
96,2 Gramm bzw. der Entgegennahme von 112,12 Gramm reinen Kokain-Hydrochlorids
- sowie der jahrelangen Delinquenz des Beschwerdeführers, die zu insgesamt
dreizehn strafrechtlichen Verurteilungen führte (zur Gewichtung der Schwere und
der Häufigkeit der Delinquenz vgl. Urteil des EGMR  Joseph Grant gegen
Grossbritannien vom 8. Januar 2009 [Nr. 10606/07] § 39; Entscheid des EGMR,
Fünfte Sektion,  Shala gegen Deutschland vom 22. Januar 2013 [Nr. 15620/09] §§
28, 34; zu einer differenzierten Beurteilung bei weniger schwer wiegender
Straffälligkeit vgl. Urteil des EGMR  M.P.E.V gegen Schweiz vom 8. Juli 2014
[Nr. 3910/13] § 54 ff.) und des massiven Sozialhilfebezugs im Betrag von Fr.
280'000.-- als verhältnismässig zu qualifizieren, weshalb sich der Eingriff als
rechtmässig erweist (Art. 8 Ziff. 2 EMRK bzw. Art. 13 in Verbindung mit Art. 36
BV). Aufgrund des vorinstanzlich festgestellten Sachverhalts hat als erstellt
zu gelten, dass der Sohn E.________ zu etwa gleichen Teilen vom
Beschwerdeführer und von seiner Mutter betreut wird; dass der Beschwerdeführer
die hauptsächliche Bezugsperson von E.________ wäre, ist gerade nicht erstellt,
zumal der Beschwerdeführer sich wegen seiner Delikte zeitweise auch in
(Untersuchungs-) Haft befand. Der zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn
E.________ unzweifelhaft bestehende, während rund dreieinhalb Tagen pro Woche
ausgeübte enge Kontakt kann über elektronische Kommunikationsmittel und
gegenseitige Besuche aufrechterhalten werden (vgl. zit. Urteil  Grant, § 40,
zit. Urteil  Shala, § 31). Des Weiteren erscheint es als unwahrscheinlich, dass
dem Beschwerdeführer, der in Algerien geboren, aufgewachsen und dort seine
Ausbildung absolviert hat, sein Heimatstaat während seines Aufenthalts in der
Schweiz so fremd geworden wäre, als dass ihm eine Rückreise als nicht mehr
zumutbar erschiene (vgl. auch zit. Urteil  Grant, § 40 f.). Gesundheitliche
Probleme, welche einer Rückreise entgegenstehen könnten, wurden im
vorinstanzlichen Verfahren nicht erstellt, was im bundesgerichtlichen Verfahren
nicht rechtsgenüglich beanstandet wurde (oben, E. 2.3). Die Beschwerde erweist
sich hinsichtlich einer Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. von Art. 13 BV als
vollumfänglich unbegründet.  
 
3.4. Inwiefern das angefochtene vorinstanzliche Urteil Art. 80 AuG oder Art. 30
Abs. 1 lit. b AuG verletzen sollte, wird in der Beschwerde nicht sachbezogen
begründet (Art. 42 Abs. 2 BGG), weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.
Ebenfalls nicht einzugehen ist auf die weiteren, sich auf den
unterinstanzlichen Entscheid der kantonalen Sicherheitsdirektion vom 29. April
2016 beziehenden Rügen, kann dieser Entscheid doch vor Bundesgericht nicht
angefochten werden (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG).  
 
4.  
Dem Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege des bedürftigen
Beschwerdeführers wird gutgeheissen, konnte doch die dem Bundesgericht
eingereichte Beschwerde angesichts der abweichenden Meinung einer Minderheit
der Gerichtspersonen der Vorinstanz nicht zum Vornherein als aussichtslos
bezeichnet werden (Art. 64 Abs. 1 BGG). Entsprechend ist auf die Erhebung von
Gerichtskosten zu verzichten. Nicht beantragt wurde die Bestellung eines
unentgeltlichen Rechtsvertreters (Art. 64 Abs. 2 BGG), weshalb darauf nicht
weiter einzugehen ist. Angesichts des Verfahrensausgangs kann keine
Parteientschädigung ausgerichtet werden (Art. 68 Abs. 1 e contrario BGG).  
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 
 
3.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 25. Mai 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Zünd 
 
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall 

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