Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.834/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_834/2017  
 
 
Urteil vom 4. September 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Gerichtsschreiberin Genner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.C.________, 
2. B.C.________, 
Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Pascal Seeberger, 
 
gegen  
 
Kantonales Steueramt Zürich, 
Dienstabteilung Recht, Bändliweg 21, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuer des Kantons Zürich 2004, 2006-2009, 2011-2016
betreffend Steuersicherung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2.
Abteilung, vom 23. August 2017 (SR.2017.00018 / SR.2017.00021). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Eheleute A.C.________ und B.C.________ haben steuerrechtlichen Wohnsitz in
U.________/ZH. Aufgrund nicht bezahlter Staats- und Gemeindesteuern des Kantons
Zürich in den Steuerjahren 2004, 2006-2009 und 2011-2016 forderte das Steueramt
der Gemeinde U.________ (nachfolgend: Gemeindesteueramt) die Eheleute
C.________ am 28. April 2017 auf, zur Deckung dieser Ausstände samt Zinsen und
Kosten den Betrag von Fr. 186'129.-- (zuzügl. Verfahrenskosten und Zins)
sicherzustellen. 
 
B.  
Gegen die Sicherstellungsverfügung vom 28. April 2017 erhoben die Eheleute
C.________ am 31. Mai 2017 Rekurs beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
und beantragten, die angefochtene Verfügung aufzuheben und das Betreibungsamt
anzuweisen, den darauf gestützten Arrest aufzuheben. Das Verwaltungsgericht
eröffnete das Verfahren SR.2017.00018. Auf Vernehmlassung des
Gemeindesteueramts vom 20. Juni 2017 hin reichten die Eheleute C.________ am
30. Juni 2017 unaufgefordert eine Stellungnahme ein und verlangten die
Zustellung der Vernehmlassungsbeilagen. Am 3. Juli 2017 stellte ihnen das
Verwaltungsgericht die Beilagen zur Rekursantwort vom 20. Juni 2017 zu und
setzte ihnen Frist "zur freigestellten Stellungnahme" bis am 20. Juli 2017. Die
Frist verstrich ungenutzt. 
Am 31. Mai 2017 hatte das Gemeindesteueramt auf dem Weg der Wiedererwägung eine
weitgehend gleichlautende Sicherstellungsverfügung als Ersatz für die Verfügung
vom 28. April 2017 erlassen mit dem einzigen Unterschied, dass B.C.________ neu
als "solidarhaftend" bezeichnet wurde. Gegen die Sicherstellungsverfügung vom
31. Mai 2017 erhoben die Eheleute C.________ am 3. Juli 2017 ebenfalls Rekurs
beim Verwaltungsgericht mit den Anträgen, die angefochtene Verfügung aufzuheben
und das Betreibungsamt anzuweisen, den Arrest aufzuheben. Das
Verwaltungsgericht eröffnete das Verfahren SR.2017.00021 und setzte dem
Gemeindesteueramt eine Frist von zehn Tagen zur Einreichung einer
Rekursantwort, ansonsten Verzicht angenommen werde. Das Gemeindesteueramt liess
sich nicht mehr vernehmen. 
Mit Urteil vom 23. August 2017 vereinigte das Verwaltungsgericht die beiden
Verfahren. Auf den Rekurs im Verfahren SR.2017.00018 trat es nicht ein. Den
Rekurs im Verfahren SR.2017.00021 wies es ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.  
Die Eheleute C.________ erheben am 27. September 2017 Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht mit den Anträgen, das
angefochtene Urteil aufzuheben; eventuell sei die Sache im Sinn der Erwägungen
zu neuem Entscheid an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. 
Das Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. Das Kantonale Steueramt Zürich hat sich nicht vernehmen
lassen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat auf eine Vernehmlassung
verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich entscheidet in
Sicherstellungsfällen als einzige kantonale Gerichtsbehörde (§ 181 Abs. 3 des
Steuergesetzes des Kantons Zürich vom 8. Juni 1997 [StG/ZH; LS 631.1]). Gegen
den Entscheid einer letzten kantonalen Gerichtsinstanz in einer Angelegenheit
des öffentlichen Rechts steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten grundsätzlich offen (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und
Art. 86 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführer sind als Steuerpflichtige zur
Erhebung des Rechtsmittels legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde
ist einzutreten.  
 
1.2. Der verfahrensabschliessende Entscheid über eine Sicherstellungsverfügung
des kantonalen Steuerrechts ist ein Endentscheid im Sinn von Art. 90 BGG (BGE
134 II 349 E. 1.3 und 1.4 S. 351), zugleich aber auch ein Entscheid über eine
vorsorgliche Massnahme gemäss Art. 98 BGG (BGE 134 II 349 E. 3 S. 351; Urteile
2C_669/2016 / 2C_670/2016 vom 8. Dezember 2016 E. 1.2.2; 2C_235/2013 vom 26.
Oktober 2013 E. 1.2). Aufgrund der Anwendbarkeit von Art. 98 BGG ist die
Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts auf die Frage beschränkt, ob der
angefochtene Entscheid verfassungsmässige Rechte des Bundesrechts oder des
kantonalen Rechts verletze (zu den Gründen der eingeschränkten Kognition vgl.
BGE 138 III 728 E. 2.3).  
 
1.3. Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten (einschliesslich der
Grundrechte) prüft das Bundesgericht in jedem Fall nur, falls eine solche Rüge
in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet worden ist
(qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG).
Unterbleibt dies, kann das Bundesgericht eine Beschwerde selbst dann nicht
gutheissen, wenn eine Verfassungsverletzung tatsächlich vorliegt (BGE 142 I 99
E. 1.7.2 S. 106). In der Beschwerde ist daher klar und detailliert anhand der
Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern
verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 140 II 141 E. 8 S.
156; 134 I 83 E. 3.2 S. 88; 134 II 349 E. 3 S. 352; 133 III 393 E. 6 S. 37).  
 
2.  
Die Beschwerdeführer macheneine Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 29
Abs. 2 BV geltend. Aufgrund der formellen Natur dieses Anspruchs ist die Rüge
vorab zu behandeln (BGE 142 I 188 E. 3 S. 190; 138 I 232 E. 5.1 S. 237). 
 
2.1. Als Teilgehalt des rechtlichen Gehörs gelte - so die Beschwerdeführer -
das Recht der Parteien auf vorgängige Orientierung über die wesentlichen
Verfahrensschritte. Der Vorinstanz habe bei der Frage, ob die beiden Verfahren
SR.2017.00018 und SR.2017.00021 zu vereinigen seien, ein Ermessen zugestanden.
Die Übernahme von Argumenten, welche das Gemeindesteueramt im ersten
Rekursverfahren vorgetragen habe, in das zweite Rekursverfahren habe sich für
sie - die Beschwerdeführer - zum Nachteil auswirken können. Deswegen hätte
ihnen die Vorinstanz ihre Absicht, die beiden Verfahren zu vereinigen,
vorgängig mitteilen müssen. Diese Notwendigkeit zeige sich insbesondere darin,
dass das Gemeindesteueramt lediglich in der Rekursantwort des Verfahrens
SR.2017.00018 vorgebracht habe, es lägen Verlustscheine vor. Die diesem
Verfahren zugrunde liegende Sicherstellungsverfügung sei zurückgezogen und eine
neue Sicherstellungsverfügung sei erlassen worden. Sie - die Beschwerdeführer -
hätten somit davon ausgehen dürfen, dass das Verfahren SR.2017.00018 hinfällig
geworden sei. Deswegen hätten sie keinen Anlass gehabt, sich zu den Eingaben
des Gemeindesteueramts im Verfahren SR.2017.00018 noch zu äussern. Sie hätten
nicht damit rechnen müssen, dass die Vorinstanz die Argumente der
Rekursgegnerschaft unbesehen und ohne Mitteilung an sie - die Beschwerdeführer
- übernehmen würde.  
 
2.2. Den Beschwerdeführern kann nicht gefolgt werden. Sie übersehen, dass die
Vorinstanz ihnen die Frist zur Stellungnahme bis zum 20. Juli 2017 nicht
abgenommen hat. Somit hat die Vorinstanz zu Recht erwogen, dass sich die
Beschwerdeführer zur Frage der Steuergefährdung wegen offener Verlustscheine
trotz Fristansetzung bis zum 20. Juli 2017 nicht haben vernehmen lassen.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer war das Verfahren SR.2017.00018 im
Zeitpunkt der Fristansetzung am 3. Juli 2017 noch hängig. Die Hängigkeit eines
Rechtsmittels bestimmt sich nicht danach, ob ein taugliches Anfechtungsobjekt
vorhanden ist, sondern danach, ob das Verfahren - sei es durch Sachentscheid,
Nichteintretensentscheid oder Abschreibungsentscheid - erledigt worden ist. Es
ist nicht erkennbar, inwiefern den Beschwerdeführern ein Nachteil daraus
entstanden sein soll, dass die Vorinstanz die beiden Verfahren am Ende
vereinigt hat, lauteten doch die beiden Sicherstellungsverfügungen mit Ausnahme
des Zusatzes "solidarhaftend" in Bezug auf die steuerpflichtige Ehefrau genau
gleich und beanstandeten die Beschwerdeführer diese Qualifizierung nicht. Es
leuchtet daher nicht ein, weshalb die Vorinstanz auf die Vernehmlassung des
Gemeindesteueramts vom 20. Juni 2017 nicht hätte abstellen dürfen, nachdem sie
den Rekurrenten die verlangten Vernehmlassungsbeilagen zugestellt und ihnen
eine Frist zur Replik gesetzt hatte. Die Vorinstanz hat die Instruktion der
Rekurse korrekt vorgenommen und das rechtliche Gehör der Beschwerdeführer nicht
verletzt. Auch in der Verfahrensvereinigung, welche erst mit dem Urteil vom 23.
August 2017 erfolgte, kann keine Gehörsverletzung erblickt werden.  
 
3.  
Hat der Steuerpflichtige keinen Wohnsitz in der Schweiz oder erscheint die
Bezahlung der von ihm geschuldeten Steuer als gefährdet, kann das
Gemeindesteueramt oder das kantonale Steueramt auch vor der rechtskräftigen
Einschätzung die Sicherstellung des mutmasslich geschuldeten Steuerbetrags
verlangen. Die Sicherstellungsverfügung gibt den sicherzustellenden Betrag an
und ist sofort vollstreckbar (§ 181 Abs. 1 erster und zweiter Satz StG/ZH). Die
Sicherstellungsverfügung gilt als Arrestbefehl nach Art. 274 des Bundesgesetzes
über Schuldbetreibung und Konkurs. Der Arrest wird durch das zuständige
Betreibungsamt vollzogen (§ 182 Abs. 1 StG/ZH). 
 
4.  
Die Beschwerdeführererblicken eine willkürliche Rechtsanwendung im Umstand,
dass die Vorinstanz die beiden Rekursverfahren ohne vorgängige Mitteilung
vereinigt hat. 
 
4.1. Nach der ständigen Praxis des Bundesgerichts liegt Willkür in der
Rechtsanwendung vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar
ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm
oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender
Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen
Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das
Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder
gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 141 IV 305 E. 1.2 S. 308 f.; 140
III 167 E. 2.1 S. 168; 138 I 305 E. 4.3 S. 319; 138 I 49 E. 7.1 S. 51; 137 I 1
E. 2.4 S. 5; 136 I 316 E. 2.2.2 S. 318 f.).  
 
4.2. Es ist nicht ersichtlich, welcher konkrete Nachteil aus der
Verfahrensvereinigung resultiert haben soll. Weder die Verfahrensführung durch
die Vorinstanz noch das Ergebnis des angefochtenen Entscheids ist willkürlich
im Sinn von Art. 9 BV.  
 
5.  
Die übrigen Vorbringen der Beschwerdeführer beziehen sich nicht auf
verfassungsmässige Rechte im Sinn von Art. 98 BGG. Namentlich ist auf die Rüge
der Beschwerdeführer, die Anordnung der Sicherstellung sei nicht
verhältnismässig, nicht einzugehen. Das Verhältnismässigkeitsprinzip nach Art.
5 Abs. 2 BV ist kein verfassungsmässiges Recht im Sinn von Art. 98 BGG (BGE 134
I 153 E. 4 S. 156 ff.), sondern ein allgemeiner Verfassungsgrundsatz, der im
Zusammenhang mit der Anwendung von kantonalem Recht vom Bundesgericht nur unter
dem Blickwinkel der Willkür geprüft wird (Urteil 8C_502/2017 vom 30. November
2017 E. 7, nicht publ. in BGE 144 I 11). 
 
6.  
Nach dem Gesagten erweist sich die Bestätigung der Sicherstellungsverfügung als
rechtmässig, soweit dies im Rahmen der eingeschränkten Kognition gemäss Art. 98
BGG zu prüfen war. Für eine Rückweisung der Sache im Sinn des Eventualantrags
besteht kein Anlass. 
 
7.  
Die Beschwerde ist abzuweisen. Die unterliegenden Beschwerdeführer haben die
Gerichtskosten unter solidarischer Haftung zu tragen (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG
). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftung auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 2. Abteilung, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung
schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. September 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Zünd 
 
Die Gerichtsschreiberin: Genner 

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