Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.771/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_771/2017  
 
 
Urteil vom 8. Februar 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiber Hugi Yar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.C.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Vedat Erduran, 
 
gegen  
 
Amt für Migration Basel-Landschaft, 
Parkstrasse 3, 4402 Frenkendorf, 
Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, Regierungsgebäude, Rathausstrasse
2, 4410 Liestal. 
 
Gegenstand 
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 31. Mai 2017 (810 16 69). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
 
A.a. A.C.________ (geb. 1987) stammt aus der Türkei. Sie heiratete am 30.
Dezember 2010 ihren in der Schweiz niederlassungsberechtigten Landsmann
B.C.________ (geb. 1982). Nachdem sie am 5. August 2011 in die Schweiz
eingereist war, erteilte ihr das Amt für Migration Basel-Landschaft eine
Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei ihrem Gatten.  
 
A.b. Am 1. Januar 2012 verliess A.C.________ die eheliche Wohnung und trat am
4. Januar 2012 in die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie (im Weiteren:
Psychiatrische Klinik) in U.________ ein, wo sie in der Folge (wiederholt)
stationär und ambulant behandelt wurde. Am 2. April 2012 erstattete
A.C.________ Strafanzeige gegen ihren Ehemann wegen mehrfacher Tätlichkeit,
mehrfacher Körperverletzung, Drohung und mehrfacher sexueller Nötigung. Am 3.
April 2012 wurde die Ehe gerichtlich getrennt und am 8. April 2014 geschieden.
Von Mai 2012 bis Oktober 2014 bezog A.C.________ Sozialhilfeleistungen im
Gesamtbetrag von Fr. 111'000.--. Seit Ende Juni 2014 arbeitet sie als
Produktionsmitarbeiterin.  
 
A.c. Am 3. Juni 2015 sprach das Strafgericht Basel-Landschaft B.C.________ von
allen Anklagepunkten frei (soweit sie nicht verjährt waren), namentlich von der
mehrfachen sexuellen Nötigung, der mehrfachen, teilweise versuchten
Vergewaltigung, der schweren Körperverletzung, der Aussetzung, der mehrfachen
Nötigung, eventuell der mehrfachen Freiheitsberaubung, der mehrfachen Drohung
sowie der mehrfachen Beschimpfung.  
 
B.   
Mit Verfügung vom 26. Oktober 2015 lehnte das Amt für Migration
Basel-Landschaft es ab, die Aufenthaltsbewilligung von A.C.________ zu
verlängern. Das Amt ging davon aus, dass es dieser nicht gelungen sei,
darzutun, dass sie in ausländerrechtlich relevanter Weise Opfer ehelicher
Gewalt geworden sei; sie habe sich diesbezüglich widersprüchlich verhalten und
ihre Anschuldigungen hätten sich im Strafverfahren in keiner Weise erhärten
lassen. Die hiergegen gerichteten kantonalen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg
(Entscheid des Regierungsrats des Kantons Basel-Landschaft vom 23. Februar 2016
und Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 31. Mai 2017). 
 
C.  
A.C.________ beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Kantonsgerichts vom
31. Mai 2017 aufzuheben und die Sache an das Amt für Migration zurückzuweisen
mit der Auflage, ihre Aufenthaltsbewilligung zu verlängern bzw. ihr eine
eigenständige Aufenthaltsbewilligung zu erteilen sowie auf ihre Wegweisung aus
der Schweiz zu verzichten. A.C.________ macht geltend, aufgrund der häuslichen
Gewalt eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten zu haben; sie stehe
seit vier Jahren in psychiatrischer Behandlung und nähme täglich Psychopharmaka
ein. Sie habe die eheliche Gewalt entgegen der Ansicht der kantonalen Behörden
hinreichend glaubhaft gemacht und mit ärztlichen Zeugnissen belegt. Die
kantonalen Behörden hätten die Beweise willkürlich gewürdigt und den ärztlichen
Attesten zu wenig Bedeutung beigemessen. 
Das Kantonsgericht Basel-Landschaft hat darauf verzichtet, sich vernehmen zu
lassen. Der Rechtsdienst von Regierungsrat und Landrat Basel-Landschaft
beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Vom Staatssekretariat für Migration (SEM)
ist keine Stellungnahme eingegangen. 
 
D.  
Mit Verfügung vom 19. September 2017 legte der Abteilungspräsident der Eingabe
antragsgemäss aufschiebende Wirkung bei. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide über
ausländerrechtliche Bewilligungen ausgeschlossen, auf deren Erteilung weder das
Bundes- noch das Völkerrecht einen Rechtsanspruch einräumen. Eingetreten wird
auf Beschwerden, die sich gegen die Nichtverlängerung einer
Aufenthaltsbewilligung richten, sofern die betroffene Person in vertretbarer
Weise einen Anspruch auf eine Verlängerung geltend macht; ob dieser tatsächlich
besteht, bildet Gegenstand der materiellen Beurteilung (BGE 137 I 305 E. 2.5 S.
315; Urteil 2C_575/2013 vom 7. Februar 2014 E. 1.1). Die Beschwerdeführerin
behauptet in vertretbarer Weise, während ihrer Ehe Opfer häuslicher Gewalt
geworden zu sein, weshalb ein nachehelicher Härtefall vorliege und ihr gestützt
auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG (SR 142.20) ein Anspruch auf Verlängerung ihrer
Aufenthaltsbewilligung zustehe. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten ist zulässig und die Beschwerdeführerin zu dieser legitimiert (
Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf ihre Eingabe ist einzutreten (vgl. Art. 82 lit. a
i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 89 Abs. 1, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG).  
 
1.2.  
 
1.2.1. Das Bundesgericht prüft unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und
Begründungspflicht nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern die rechtlichen
Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
Bezüglich des Sachverhalts ist es an die Feststellungen der Vorinstanz gebunden
(Art. 105 Abs. 1 BGG); es kann diese nur berichtigen oder ergänzen, falls sie
sich in einem entscheidwesentlichen Punkt als offensichtlich falsch oder
unvollständig erweisen (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S.
254 f.; 133 III 350 E. 1.3 S. 351 f.). Die betroffene Person muss ihrerseits
rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der festgestellte Sachverhalt in
einem grundlegenden Punkt klar und eindeutig mangelhaft ermittelt wurde, will
sie den Sachverhalt infrage stellen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E.
1.4.3 S. 254 f.; 133 III 350 E. 1.3, 393 E. 7.1, 462 E. 2.4). Sie hat sich im
Übrigen in rechtlicher wie sachverhaltsmässiger Hinsicht mit den Ausführungen
im angefochtenen Entscheid im Einzelnen sachbezogen auseinanderzusetzen.  
 
1.2.2. Soweit die Darlegungen in der Beschwerdeschrift diesen Vorgaben nicht
genügen, die Beschwerdeführerin insbesondere einfach appellatorisch wiederholt,
was sie im kantonalen Verfahren vorgebracht hat, ohne sich mit der Begründung
der Vorinstanz zu ihren Einwänden zu befassen und darzulegen, dass und
inwiefern diese dabei Bundesrecht verletzt hat, ist auf ihre Kritik nicht
weiter einzugehen. Die Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem und
interkantonalem Recht prüft das Bundesgericht nur insoweit, als eine solche
Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und verfassungsbezogen begründet
wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S.
246). Soweit die Beschwerdeführerin in verschiedenen Punkten lediglich geltend
macht, der angefochtene Entscheid sei willkürlich, es indessen unterlässt, im
Einzelnen auszuführen, dass und  inwiefern dies der Fall ist, wird auf ihre
appellatorischen Ausführungen nicht weiter eingegangen.  
 
2.   
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung liegt keine Verletzung des
Anspruchs auf rechtliches Gehörs vor, wenn die Vorinstanz auf die Abnahme
beantragter Beweismittel verzichtet, weil sie aufgrund der bereits abgenommenen
Beweise ihre Überzeugung gebildet hat und sie, ohne in Willkür zu verfallen, in
vorweggenommener (antizipierter) Beweiswürdigung annehmen darf, dass ihre
Erkenntnisse auch durch weitere Erhebungen nicht mehr entscheidend beeinflusst
würden (BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236 f. mit Hinweisen; Urteil 2C_785/2015 vom
29. März 2016 E. 3.1). Von Willkür kann nicht bereits dann die Rede sein, wenn
eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erschiene oder sogar vorzuziehen wäre,
sondern nur, wenn die Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar ist, mit der
tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen
Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn
die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche
Beweismittel übersieht oder solche willkürlich ausser Acht lässt (BGE 129 I 8
E. 2.1 S. 9 mit Hinweisen). Dass der vom Gericht festgestellte Sachverhalt
nicht mit der Darstellung der beschwerdeführenden Person übereinstimmt,
begründet für sich allein noch keine Willkür (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266 mit
Hinweisen). 
 
3.  
 
3.1. Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die Beschwerdeführerin über einen
Aufenthaltsanspruch nach Art. 50 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 AuG verfügt.
Danach besteht der Bewilligungsanspruch nach einer gescheiterten Ehe fort, wenn
"wichtige persönliche Gründe" einen weiteren Aufenthalt der betroffenen Person
in der Schweiz "erforderlich" machen. Nach Art. 50 Abs. 2 AuG und der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung dazu (BGE 136 II 1 E. 5 S. 3 ff.) kann dies
namentlich der Fall sein, wenn die ausländische Person mit abgeleitetem
Aufenthaltsrecht Opfer ehelicher Gewalt geworden ist oder wenn ihre soziale
Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint. Hat der
Aufenthalt nur kürzere Zeit gedauert und wurden keine engen Beziehungen zur
Schweiz geknüpft, lässt sich ein Anspruch auf weiteren Verbleib nicht
begründen, wenn die erneute Integration im Herkunftsland keine  besonderen
 Probleme stellt (Botschaft AuG, BBl 2002 3709 Ziff. 1.3.7.6 S. 3754).
Entscheidend ist, ob die persönliche, berufliche und familiäre
Wiedereingliederung als stark gefährdet zu gelten hat und nicht, ob ein Leben
in der Schweiz einfacher wäre (vgl. Urteil 2C_216/2009 vom 20. August 2009 E.
3). Ein persönlicher, nachehelicher Härtefall setzt aufgrund der konkreten
Umstände eine erhebliche Intensität der Konsequenzen für das Privat- und
Familienleben der ausländischen Person voraus, die mit ihrer Lebenssituation
nach dem Dahinfallen der gestützt auf Art. 42 Abs. 1 bzw. Art. 43 Abs. 1 AuG
abgeleiteten Anwesenheitsberechtigung verbunden sind (BGE 137 II 345 E. 3.2.3
S. 350).  
 
3.2. Häusliche Gewalt bedeutet  systematische Misshandlung mit dem Ziel, Macht
und Kontrolle auszuüben und nicht eine einmalige Ohrfeige oder eine verbale
Beschimpfung im Verlauf eines eskalierenden Streits (vgl. BGE 136 II 1 E. 5 S.
3 ff. mit Hinweisen). Ein Anspruch nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG wird
praxisgemäss nicht bereits durch eine einmalige tätliche Auseinandersetzung
begründet, in deren Folge der Ausländer in psychischem Ausnahmezustand und mit
mehreren Kratzspuren im Gesicht einen Arzt aufsucht, zumal wenn anschliessend
eine Wiederannäherung der Eheleute stattfindet (Urteil 2C_690/2010 vom 25.
Januar 2011 E. 3.2). Das Gleiche gilt, wenn der Ehepartner den Ausländer nach
einem Streit aus der Wohnung weist, ohne dass das Opfer körperliche oder
psychische Schäden erleidet (Urteil 2C_358/2009 vom 10. Dezember 2009 E. 4.2
und 5.2). Nicht jede unglückliche, belastende und nicht den eigenen
Vorstellungen entsprechende Entwicklung einer Beziehung begründet bereits einen
nachehelichen Härtefall und ein weiteres Anwesenheitsrecht in der Schweiz. Die
anhaltende, erniedrigende Behandlung muss derart schwer wiegen, dass von der
betroffenen Person bei Berücksichtigung sämtlicher Umstände vernünftigerweise
nicht erwartet werden kann, dass sie einzig aus bewilligungsrechtlichen Gründen
die Ehe aufrechterhält und in einer ihre Menschenwürde und Persönlichkeit
verneinenden Beziehung verharrt. Eine glaubhaft gemachte oppressionsbedingte
Aufhebung der Hausgemeinschaft soll für die betroffene Person keine
ausländerrechtlichen Nachteile zur Folge haben, wenn sie durch das
Zusammenleben in ihrer Persönlichkeit ernsthaft gefährdet wäre und ihr eine
Fortführung der ehelichen Gemeinschaft bei objektiver Betrachtungsweise nicht
mehr zugemutet werden kann (BGE 138 II 229 E. 3.2.2 S. 233 f. mit Hinweisen).  
 
3.3. Die ausländische Person, welche geltend macht, Opfer ehelicher oder
häuslicher Gewalt geworden zu sein, trifft bei den Feststellungen des
Sachverhalts eine weitreichende Mitwirkungspflicht (vgl. hierzu 138 II 229 E.
3.2.3; 124 II 361 E. 2b S. 365). Sie muss die eheliche Gewalt bzw. häusliche
Oppression und deren Schwere in geeigneter Weise glaubhaft machen (Arztberichte
oder psychiatrische Gutachten, Polizeirapporte, Berichte/Einschätzungen von
Fachstellen [Frauenhäuser, Opferhilfe usw.], glaubwürdige Zeugenaussagen von
weiteren Angehörigen oder Nachbarn). In diesem Fall trifft die Bewilligungs-
bzw. die Beschwerdeinstanz im Rahmen der Untersuchungsmaxime eine eigenständige
Abklärungspflicht. Allgemein gehaltene Behauptungen oder Hinweise auf
punktuelle Spannungen genügen hierzu nicht; wird häusliche Gewalt in Form
psychischer Oppression behauptet, muss vielmehr die Systematik der Misshandlung
bzw. deren zeitliches Andauern und die daraus entstehende subjektive Belastung
objektiv nachvollziehbar konkretisiert und beweismässig unterlegt werden.
Dasselbe gilt, soweit damit verbunden geltend gemacht wird, bei einer Rückkehr
in die Heimat erweise sich die soziale Wiedereingliederung als stark gefährdet.
Auch hier genügen allgemeine Hinweise nicht; die befürchtete Beeinträchtigung
muss  im Einzelfall aufgrund der konkreten Umstände glaubhaft erscheinen (vgl.
BGE 138 II 229 E. 3.2.3).  
 
4.   
 
4.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Kantonsgericht habe durch "die
Vornahme einer falschen Beweiswürdigung zu Unrecht festgehalten", dass die
seitens ihres Ex-Manns während des ehelichen Zusammenlebens im Jahr 2011/2012
erlittene häusliche Gewalt (Konstanz und Intensität) nicht glaubhaft gemacht
sei. Das Kantonsgericht habe zu Unrecht erwogen, dass sie mit ihren Aussagen,
mit dem Bericht des Frauenhauses Frenkendorf, jenem ihrer Ärztin, den Berichten
der Kantonalen Psychiatrischen Klinik Basel-Landschaft, den Polizeirapporten
und den Zeugenaussagen das Vorliegen der häuslichen Gewalt nicht hinreichend
belegt habe. Sie habe gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG einen Anspruch
darauf, dass ihr eine Aufenthaltsbewilligung erteilt werde.  
 
4.2.  
 
4.2.1. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin sind nicht geeignet, die
Beweiswürdigung der kantonalen Instanzen als offensichtlich unhaltbar
erscheinen zu lassen (vgl. vorstehende E. 2) : Im kantonalen Verfahren wurde
nicht infrage gestellt, dass es in der Beziehung der Eheleute C.________ zu
Spannungen gekommen ist, die Ehe konfliktbeladen war und das Verhältnis der
Beschwerdeführerin zu ihrem Gatten und den Schwiegereltern von ihr zunehmend
als belastend empfunden wurde. Die Vorinstanz ging vielmehr davon aus, dass die
Beschwerdeführerin die Verhältnisse übertrieben dargestellt habe und sie nicht
in ausländerrechtlich relevanter Weise Opfer ehelicher Gewalt geworden sei.
Verbale Auseinandersetzungen und wechselseitige, untergeordnete Tätlichkeiten
schloss sie nicht aus. Zwar setzt die Anwendung von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG
praxisgemäss keine strafrechtliche Verurteilung voraus (vgl. BGE 138 II 229 E.
3.3.3 S. 237; Urteile 2C_221/2011 vom 30. Juli 2011 E. 2 und 2C_586/2011 vom
21. Juli 2011 E. 3.2), doch darf der Ausgang eines allfälligen Strafverfahrens
und der in diesem ermittelte Sachverhalt bzw. das jeweilige Aussageverhalten
bei der ausländerrechtlichen Beurteilung mitberücksichtigt werden, ob und in
welcher Form eheliche bzw. häusliche Gewalt ausgeübt worden ist oder nicht.  
 
4.2.2. Die kantonalen Behörden haben bei ihrer Beurteilung einerseits auf das
aufwändig ermittelte Beweisresultat im Strafverfahren und andererseits auf die
Würdigung ihrer eigenen Abklärungen und Anhörungen abgestellt und insofern den
Beweisanträgen der Beschwerdeführerin entsprochen. Im Rahmen des
Strafverfahrens ergab sich, dass diese erklärt hatte, ihren Mann zu lieben, und
ihn darum gebeten zu haben, sie in der Klinik zu besuchen, was dieser ablehnte.
Erst in den folgenden Gesprächen hat sie - so das Strafgericht - behauptet,
Opfer ehelicher Gewalt und sexueller Übergriff geworden zu sein. Weder in der
Strafanzeige noch in einer späteren Eingabe sei hiervon die Rede gewesen. Die
Psychiatrische Klinik habe das Verhalten der Privatklägerin ihrerseits als
"undurchsichtig" wahrgenommen, als die von ihr eingeleiteten rechtlichen
Schritte gegen den Ehegatten bekannt geworden seien. In der Gesamtbetrachtung
rechtfertigte diese aggravierende Entwicklung der Beschuldigungen und
insbesondere das späte Vorbringen der Tatvorwürfe hinsichtlich der sexuellen
Übergriffe "Zweifel" an deren Richtigkeit. Inhaltlich schildere - so das
Strafgericht - die Privatklägerin sehr weitgehende und zahlreich begangene
Übergriffe, wie sie in dieser Schwere selten anzutreffen seien. Trotz der
Möglichkeit, um Hilfe nachzusuchen (allenfalls auch durch nonverbale
Kommunikation) - die Beschwerdeführerin besuchte einen Deutschkurs und war
wiederholt in Kontakt mit Pflegepersonal und Polizeibeamten (zwei
Interventionen wegen verbaler Auseinandersetzungen) -, habe sie dies, obwohl
naheliegend, nicht getan. Die Angaben zur Häufigkeit der sexuellen Übergriffe
variierten im Übrigen stark und seien sehr allgemein gehalten; ihre Aussagen
hätten als "vage und pauschal" zu gelten. Tatsache sei, dass bei ihr am 2.
Januar 2012 "Bagatellverletzungen" (Hämatome), aber keine gravierenderen
Beeinträchtigungen festgestellt werden konnten, was erstaune: Wenn, wie von der
Betroffenen dargestellt, die Vergewaltigungen und Blutungen bis zuletzt
angedauert hätten, wäre zu erwarten gewesen, dass gewisse Spuren noch vorhanden
gewesen wären bzw. die Beschwerdeführerin zumindest ihrer Hausärztin gegenüber
hiervon berichtet hätte. Aus den Aussagen der Privatklägerin - so das
Strafgericht in seiner Zusammenfassung - ergäbe sich "eine selten vorkommende
massiv auftretende Zahl von fragwürdigen Elementen und Widersprüchen";
gleichzeitig bestehe mit dem Wunsch in der Schweiz bleiben zu können, "ein
plausibles Motiv für eine Falschbezichtigung". Hieran änderten - so das
Strafgericht abschliessend - auch "die aktenkundigen Therapieberichte nichts,
da diese massgeblich auf den Darstellungen der Privatklägerin beruhten" und
daher nicht geeignet seien, die Anklagevorwürfe zu objektivieren.  
 
4.2.3. Die kantonale Vorinstanz liess es nicht bei der rein strafrechtlichen
Beurteilung der Vorkommnisse bewenden, sondern nahm am 14. Dezember und 30. Mai
2017 zusätzlich eigene Abklärungen vor: Sie führte gestützt darauf aus, dass
der Kurzbericht der Psychiatrischen Klinik vom 29. März 2012 festhalte, dass
die Beschwerdeführerin als "relativ starke, psychisch wohl gesunde
Persönlichkeit" [...] "mit hohen intellektuellen und emotionalen Fähigkeiten"
zu gelten habe, was willkürfrei den Schluss der Vorinstanz zuliess, dass die
Beschwerdeführerin auch "fordernd" auftreten könne, was in einem gewissen
Widerspruch zu der von ihr geschilderten Opferrolle stehe. Das Kantonsgericht
fasste seine Schlüsse, die sich mit jenen aus dem Strafverfahren deckten, wie
folgt zusammen: "Auch nach den heutigen Befragungen der weiteren
Auskunftspersonen konnte nicht erhärtet werden, dass die Beschwerdeführerin -
entsprechend ihrer Behauptung - quasi als Gefangene ohne jegliche
Fluchtmöglichkeit gehalten worden wäre; vielmehr blieben erhebliche Zweifel
hinsichtlich der behaupteten häuslichen Gewalt bestehen". Im November 2011
hätten die Schwiegereltern ihr ein Flugticket für eine Reise in die Türkei
gekauft, doch habe die Beschwerdeführerin es abgelehnt, hiervon Gebrauch zu
machen. Angesichts der Schwere der von ihr erhobenen Vorwürfe - so die
Vorinstanz - sei es nicht nachvollziehbar, weshalb sie ihre bereits gebuchte
Reise nicht angetreten habe, hätte ihr dies doch erlaubt, dem geschilderten
"Martyrium" zu entfliehen. Es erscheine auch wenig glaubhaft, dass sich die
Beschwerdeführerin an keinerlei zeitlichen und sachlichen Details ihrer
angeblichen Misshandlungen mehr erinnern könne. Die diesbezüglichen
Ausführungen an der Einvernahme durch das Kantonsgericht vom 14. Dezember 2016
seien - so die Vorinstanz - widersprüchlich und teilweise nur schwer fassbar
gewesen; das entsprechende Protokoll bestätigt dies (dort S. 5 und 6). Die
erste Ehefrau von A.C.________ hat über keinerlei Gewalt in der Ehe berichtet,
was nach Ansicht der Vorinstanz dagegen sprach, dass dieser in seiner zweiten
Ehe "systematisch und derart gravierend", wie von der Beschwerdeführerin
geschildert, gewalttätig geworden wäre. Zusammenfassend hielt die Vorinstanz
fest, es seien auch nach ihren Befragungen keine objektivierten Hinweise
erkennbar, welche auf die Heftigkeit der von der Beschwerdeführerin geltend
gemachten "häusliche Gewalt schliessen" liessen. Vielmehr basierten "die
diesbezüglichen Behauptungen allesamt auf den nicht belegten Aussagen der
Beschwerdeführerin". Die ehelichen Spannungen und Auseinandersetzungen hätten
entgegen ihren Behauptungen somit nicht die im Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. b
AuG erforderliche Intensität erreicht, auch wenn die Ehe unglücklich verlaufen
sei und die Beschwerdeführerin sich in ihren Erwartungen getäuscht gesehen
habe.  
 
4.2.4. Diese Beweiswürdigung ist verfassungsrechtlich haltbar: Von Willkür kann
- wie dargelegt - nicht bereits dann die Rede sein, wenn eine andere Lösung
ebenfalls vertretbar erschiene oder sogar vorzuziehen wäre (vorstehende E. 2);
es ist im Übrigen nicht ersichtlich und wird von der Beschwerdeführerin auch
nicht weiter belegt, inwiefern die Vorinstanz bei der Würdigung der
Verhältnisse offensichtlich unhaltbare Schlüsse gezogen, erhebliche
Beweismittel übersehen oder solche willkürlich ausser Acht gelassen hätte (BGE
129 I 8 E. 2.1 S. 9 mit Hinweisen). Entgegen der Behauptung der
Beschwerdeführerin hat die Vorinstanz von den verschiedenen, nicht in allen
Punkten für sie sprechenden ärztlichen Zeugnissen Kenntnis genommen und diese
in ihre Beweiswürdigung miteinbezogen. Soweit die Beschwerdeführerin auf das
ärztliche Zeugnis vom 2. Januar 2012 verweist, attestiert dieses nur
untergeordnete körperliche Beeinträchtigungen. Im Übrigen ergaben die
verschiedenen Untersuchungen keine objektiv feststellbaren Verletzungen, was
bei den von der Beschwerdeführerin geschilderten brutalen Vergewaltigungen der
Fall gewesen wäre. Die Gutachter haben im Wesentlichen auf die Schilderungen
der Beschwerdeführerin abgestellt; die Zeugeneinvernahmen ergaben ihrerseits
kein klares Bild. In ihrer Eingabe an das Bundesgericht bestätigt die
Beschwerdeführerin selber, dass sie die Wohnung "offensichtlich" habe verlassen
könne, so etwa für ihren Deutschkurs; unter diesen Umständen ist es aber nicht
unhaltbar, wenn die kantonalen Instanzen es als nicht nachvollziehbar
bezeichneten, dass die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die von ihr
beschriebenen Grausamkeiten nicht um Hilfe nachgesucht hat. Zusammengefasst
ergibt sich, dass die Beweiswürdigung der Vorinstanz kein
Bundesverfassungsrecht verletzt und nicht als willkürlich gelten kann.  
 
4.2.5. Die Beschwerdeführerin macht zu Recht nicht mehr geltend, dass ihr eine
Rückkehr in die Heimat nicht zugemutet werden könne: Sie ist erst im Alter von
knapp 24 Jahren in die Schweiz gekommen und mit den heimatlichen Verhältnissen
noch bestens vertraut. Sie hat dort die persönlichkeitsprägenden Jugendjahre
verbracht. Die Beschwerdeführerin verfügt nach einem Universitätsstudium über
eine abgeschlossene Ausbildung als Buchhalterin und war vor ihrer Einreise als
solche bei einem Immobilienmakler in der Türkei tätig. Im Übrigen leben ihre
Eltern und ihr Bruder noch in der Heimat, womit sie dort über ein soziales
Beziehungsnetz verfügt, das es ihr erlauben wird, sich wieder eine Existenz
aufzubauen, zumal sie inzwischen auch über Grundkenntnisse der deutschen
Sprache verfügt. Die Ehe in der Schweiz hat nur wenige Monate gedauert. Ihre
gesundheitlichen Beeinträchtigungen, soweit sie fortbestehen sollten, können in
der Türkei behandelt werden. Ergänzend wird auf die Ausführungen der Vorinstanz
verwiesen.  
 
5.  
Die Beschwerde ist unbegründet und somit abzuweisen. Dem Ausgang des Verfahrens
entsprechend wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht
Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, sowie dem
Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. Februar 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar 

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