Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.770/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_770/2017  
 
 
Urteil vom 11. September 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, Stadelmann, 
Gerichtsschreiberin Petry. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Staatssekretariat für Migration, 
Quellenweg 6, 3003 Bern, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
A.________, 
Beschwerdegegner. 
vertreten durch Nora Niederer, 
 
Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt, Spiegelgasse 12, 4051 Basel. 
 
Gegenstand 
Ausschaffungshaft, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt
als Verwaltungsgericht, Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht,
vom 26. Juli 2017 (AUS.2017.56). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (geb. 1991) ist irakischer Staatsbürger. Nachdem er mehrmals
erfolglos in der Schweiz um Asyl ersucht hatte, hielt er sich mehrere Jahre
lang illegal im Land auf. Mit Verfügung vom 17. März 2017 wurde gegen ihn eine
bis zum 27. März 2020 gültige schengenweite Einreisesperre verhängt. Nach
Verbüssung diverser Strafen wurde er am 28. März 2017 im Rahmen des
Rückübernahmeabkommens mit Italien dorthin ausgeschafft. Italien hatte ihm
zuvor subsidiären Schutz gewährt (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
Am 23. Juli 2017 wurde A.________ in Basel einer Personenkontrolle unterzogen
und nach Rücksprache mit dem Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt (hiernach:
Migrationsamt) vorläufig festgenommen. 
 
B.  
Am 24. Juli 2017 wies das Migrationsamt A.________ aus der Schweiz weg und
ordnete eine zweimonatige Ausschaffungshaft an. Mit Strafbefehl vom 25. Juli
2017 wurde A.________ wegen rechtswidriger Einreise und rechtswidrigen
Aufenthalts zu einer Freiheitsstrafe von 120 Tagen verurteilt. Das
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht stellte mit
Urteil der Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht vom 26. Juli
2017 fest, die angeordnete Ausschaffungshaft sei unzulässig, und ordnete an,
A.________ aus der Haft zu entlassen. 
 
C.  
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) erhebt mit Eingabe vom 14. September
2017 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht
mit dem Antrag, das Urteil des Appellationsgerichts sei aufzuheben. 
Das Appellationsgericht hält an seinen Ausführungen fest. A.________ reicht
innert erstreckter Frist keine Stellungnahme ein. Das Migrationsamt lässt sich
nicht vernehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit bzw. die Zulässigkeit eines
Rechtsmittels gemäss Art. 29 Abs. 1 BGG von Amtes wegen und mit freier
Kognition (BGE 138 I 475 E. 1 S. 476; 138 III 46 E. 1, 471 E. 1 S. 475; BGE 137
III 417 E. 1). Der Beschwerdeführer hat darzulegen, dass die gesetzlichen
Legitimationsvoraussetzungen gegeben sind. Soweit diese nicht ohne Weiteres
ersichtlich sind, ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, anhand der Akten
oder weiterer, noch beizuziehender Unterlagen nachzuforschen, ob und inwiefern
der Beschwerdeführer zur Beschwerde zuzulassen ist. In Zweifelsfällen beschlägt
die dem Beschwerdeführer obliegende Begründungspflicht gemäss Art. 42 Abs. 2
BGG grundsätzlich auch die Eintretensvoraussetzungen; die massgeblichen Aspekte
müssen diesfalls vom Beschwerdeführer aufgezeigt werden (vgl. BGE 134 II 45 E.
2.2.3 S. 48; 133 II 249 E. 1.1 S. 251, 353 E. 1 S. 356, 400 E. 2 S. 404; s.
auch BGE 138 III 46 E. 1.2 S. 47). 
 
2.  
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) ist im Bereich der
ausländerrechtlichen Zwangsmassnahmen zur Behördenbeschwerde legitimiert, falls
es um die Klärung einer den Einzelfall betreffenden Rechtsfrage geht (vgl. Art.
89 Abs. 2 lit. a BGG in Verbindung mit Art. Art. 14 Abs. 2der
Organisationsverordnung für das EJPD vom 17. November 1999 [OV-EJPD; SR
172.213.1]). Die Behördenbeschwerde darf nicht der Behandlung einer vom
konkreten Fall losgelösten abstrakten Frage des objektiven Rechts dienen. Sie
hat sich vielmehr auf konkrete Probleme eines tatsächlich bestehenden
Einzelfalls zu beziehen; zudem muss sie für diesen von einer gewissen
Aktualität und (wenigstens potentiellen) Relevanz sein (BGE 135 II 338 E. 1.2.1
S. 342; vgl. Urteil 2C_228/2017 vom 21. Juli 2017 E. 1.4.2). Das Bundesgericht
verzichtet ausnahmsweise auf das Erfordernis des aktuellen praktischen
Interesses, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen
Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im
Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren
grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt (BGE 136 II 101 E.
1.1 S. 103; BGE 135 I 79 E. 1.1 S. 81). 
 
3.  
Am 26. Juli 2017 ordnete das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt an,
den Beschwerdegegner aus der Ausschaffungshaft zu entlassen. In seiner
Beschwerde vom 14. September 2017 beantragt das SEM lediglich die Aufhebung des
angefochtenen Urteils. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich jedoch, dass es
die Anordnung der Ausschaffungshaft durch das kantonale Migrationsamt bestätigt
sehen will. 
 
3.1. Rechtsprechungsgemäss soll die Ausschaffungshaft den Vollzug der
Entfernungsmassnahme sicherstellen und muss ernsthaft geeignet erscheinen,
diesen Zweck innert einer dem konkreten Fall angemessenen Zeit zu erreichen (
BGE 130 II 56 E. 4.1.1 S. 59 f.; Urteil 2C_79/2017 vom 13. Februar 2017 E.
3.2). Voraussetzung für die Anordnung von Ausschaffungshaft ist damit
insbesondere, dass sich die betroffene Person nach wie vor in der Schweiz
aufhält.  
 
3.2. Ob sich der Beschwerdegegner noch in der Schweiz aufhält bzw. im Zeitpunkt
der Einreichung der Beschwerde hier aufgehalten hat, lässt sich der
Beschwerdeschrift nicht entnehmen. Auch das zur Vernehmlassung eingeladene
kantonale Migrationsamt hat sich dazu nicht geäussert. Somit ist unklar, ob im
Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung überhaupt noch ein aktuelles öffentliches
Interesse an der Anordnung von ausländerrechtlichen Zwangsmassnahmen bestand.
Diese Frage ist jedoch entscheidend, um über die Zulässigkeit der Beschwerde zu
befinden, muss doch ein aktuelles Interesse an der Anordnung von
Ausschaffungshaft verneint werden, wenn sich der Betroffene gar nicht mehr im
Land befindet.  
 
3.3. Es ist folglich nicht ohne Weiteres ersichtlich, dass im vorliegenden Fall
die Legitimationsvoraussetzungen für eine Beschwerde an das Bundesgericht
erfüllt sind. Unter diesen Umständen oblag es dem SEM, in der Beschwerdeschrift
darzulegen, dass nach wie vor ein aktuelles schutzwürdiges Interesse an der
Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils besteht. Die Beschwerdeschrift lässt
aber jede Auseinandersetzung mit dieser Problematik vermissen und führt auch
keine Gründe an, die eine Ausnahme vom Erfordernis des aktuellen Interesses
rechtfertigen würden. Damit erfüllt die Beschwerde die in Art. 42 Abs. 2 BGG
gestellten Begründungsanforderungen nicht. Auf die Beschwerde ist deshalb nicht
einzutreten.  
 
3.4. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind keine Kosten zu erheben (Art. 66
Abs. 4 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (vgl. Art. 68 BGG).
 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Appellationsgericht des
Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Einzelrichterin für
Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 11. September 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Petry 

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