Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.755/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
2C_755/2017  
 
 
Urteil vom 23. März 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, Stadelmann, 
Gerichtsschreiber Errass. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokat Dr. Alex Hediger, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt, 
Spiegelgasse 12, 4051 Basel, 
Justiz- und Sicherheitsdepartement 
des Kantons Basel-Stadt, 
Bereich Recht, Spiegelgasse 6, 4001 Basel. 
 
Gegenstand 
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung und 
Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt
als Verwaltungsgericht, 
Dreiergericht, vom 27. Juli 2017 (VD.2017.14). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
A.________ (Serbe; 1988), gegen den wegen illegalen Aufenthalts in Basel seit
2010 ein Einreiseverbot für den ganzen Schengenraum ausgesprochen wurde,
heiratete in Serbien am 11. Dezember 2010 die in der Schweiz
niederlassungsberechtigte serbische Staatsangehörige B.________ (1981). Am 16.
Juli 2011 wurde er erneut in Basel angetroffen und nach Serbien zurückgeführt;
ein neues Einreiseverbot wurde bis zum 19. Juli 2014 verhängt. Am 5. April 2012
ist B.________ vom Kanton Wallis in den Kanton Basel-Stadt gezogen. Am 11.
Januar 2013 erhielt A.________ eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei
seiner Ehefrau. Die zuvor gegen ihn ausgesprochene Einreisesperre wurde dabei
aufgehoben. 
Am 13. Januar 2013 gebar B.________ ihren Sohn C.________. Am 8. April 2014
wurde die Vaterschaft des A.________ auf dessen Anfechtung hin aufgehoben,
woraufhin am 10. Juni 2014 D.________ das Kind als Vater anerkannte. Am 7.
Februar 2015 gebar die Ehefrau ihre Tochter E.________ und am 13. Juli 2016 die
Tochter F.________. Mit Entscheid des Zivilgerichts vom 15. März 2017 wurde das
Getrenntleben der Ehegatten festgestellt. 
Nachdem bei Wohnungskontrollen der Sozialhilfe und der Kantonspolizei
Basel-Stadt jeweils bloss die Ehefrau, D.________ sowie die beiden Kinder
angetroffen, weitere Abklärungen vorgenommen und das rechtliche Gehör gewährt
worden waren, verlängerte das Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt
(Migrationsamt) am 23. November 2015 die Aufenthaltsbewilligung des A.________
nicht mehr und wies ihn aus der Schweiz weg. Das Justiz- und
Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt (JSD) wies den Rekurs dagegen
ab. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht wies
mit Urteil vom 27. Juli 2017 den Rekurs gegen diesen Entscheid ebenfalls ab. 
Vor Bundesgericht beantragt A.________, die Verfügung des Migrationsamts
Basel-Stadt vom 23. November 2016 bzw. der Entscheid des JSD vom 1. November
2016 und das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 27. Juli 2017 aufzuheben und
die dem Beschwerdeführer erteilte Aufenthaltsbewilligung antragsgemäss und
angemessen zu verlängern. 
Die Akten wurden ohne Vernehmlassung beigezogen. 
Mit Verfügung vom 12. September 2017 erteilte der Präsident der II.
öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde
aufschiebende Wirkung. 
 
2.  
Die als öffentlich-rechtliche Beschwerde entgegenzunehmende Beschwerde erweist
sich als offensichtlich unbegründet, weswegen sie im vereinfachten Verfahren
nach Art. 109 Abs. 2 lit. a i.V.m. Abs. 3 BGG mit summarischer Begründung und
unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid zu erledigen ist. Nicht
einzutreten ist auf die Beschwerde, soweit der Beschwerdeführer die Aufhebung
der Verfügung des Migrationsamtes und der Entscheid des JSD beantragt, denn
diese wurden durch das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ersetzt
(Devolutiveffekt); sie gilt jedoch als inhaltlich mitangefochten (BGE 134 II
142 E. 1.4 S. 144 mit Hinweis). 
 
2.1. Nach Art. 43 Abs. 1 AuG hat ein ausländischer Ehegatte einer Person mit
einer Niederlassungsbewilligung Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung, wenn er mit dieser zusammenwohnt. Massgebend ist somit
die gelebte Haushaltsgemeinschaft, unmassgeblich hingegen der formelle
Weiterbestand der Ehe (BGE 136 II 113 E. 3.2 S. 117). Nach Art. 49 AuG besteht
das Erfordernis des Zusammenwohnens u.a. nach Art. 43 nicht, wenn für getrennte
Wohnorte wichtige Gründe geltend gemacht werden und die Familiengemeinschaft
weiter besteht. Die Ansprüche nach Art. 43 AuG erlöschen, wenn sie
rechtsmissbräuchlich geltend gemacht werden, namentlich um Vorschriften dieses
Gesetzes und seiner Ausführungsbestimmungen über die Zulassung und den
Aufenthalt zu umgehen (Art. 51 Abs. 2 lit. a AuG).  
 
2.2. Ob eine Scheinehe geschlossen wurde, entzieht sich in der Regel dem
direkten Beweis und kann nur durch Indizien erstellt werden (BGE 135 II 1 E.
4.2 S. 9 f.). Solche Indizien können äussere Begebenheiten sein wie eine
drohende Wegweisung, das Fehlen einer Wohngemeinschaft, ein erheblicher
Altersunterschied, Schwierigkeiten in der Kommunikation, fehlende Kenntnisse
über den Ehepartner und dessen Familie oder die Bezahlung einer Entschädigung.
Die Indizien können aber auch psychische Vorgänge betreffen (tatsächlicher
Wille). In beiden Fällen handelt es sich um tatsächliche Feststellungen, welche
das Bundesgericht nur auf offensichtliche Unrichtigkeit oder Rechtsverletzungen
hin überprüft (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 128 II 145 E. 2.3 S. 152). In die
vorinstanzliche Beweiswürdigung greift es nur ein, wenn diese willkürlich ist
(Urteile 2C_752/2016 vom 16. September 2016 E. 3.2; 2C_1141/2015 vom 18. Juli
2016 E. 2.2; zur Willkür in der Beweiswürdigung vgl. BGE 142 II 433 E. 4.4 S.
444). Frei zu prüfen ist dagegen die Rechtsfrage, ob die festgestellten
Tatsachen (Indizien) darauf schliessen lassen, die Berufung auf die Ehe sei
rechtsmissbräuchlich oder bezwecke die Umgehung fremdenpolizeilicher
Vorschriften (BGE 128 II 145 E. 2.3 S. 152).  
Eine Umgehungsehe liegt umgekehrt nicht bereits dann vor, wenn auch
ausländerrechtliche Motive die Fortdauer der Lebensgemeinschaft beeinflusst
haben. Erforderlich ist, dass der Wille zur Führung der Lebensgemeinschaft im
Sinn einer auf Dauer angelegten wirtschaftlichen, körperlichen und spirituellen
Verbindung zumindest bei einem der Ehepartner fehlt (BGE 121 II 97 E. 3b S.
102). Grundsätzlich muss die Migrationsbehörde nachweisen, dass die Ehe nur
noch formell besteht. Dass die Ehe nur zum Schein fortgeführt wird, darf dabei
nicht leichthin angenommen werden (BGE 135 II 1 E. 4.2 S. 10). Die Behörden
müssen den Sachverhalt von Amtes wegen möglichst zuverlässig abklären; indessen
wird der Untersuchungsgrundsatz durch die Mitwirkungspflicht der Parteien
relativiert (vgl. Art. 90 AuG). Diese kommt naturgemäss bei Tatsachen zum
Tragen, die eine Partei besser kennt als die Behörden und die ohne ihre
Mitwirkung gar nicht oder nicht mit vertretbarem Aufwand erhoben werden können
(BGE 138 II 465 E. 8.6.4 S. 496 f.). Das gilt insbesondere, wenn bereits
gewichtige Hinweise für eine Scheinehe sprechen; dann wird von den Eheleuten
erwartet, dass sie von sich aus Umstände vorbringen und belegen, um den echten
Ehewillen glaubhaft zu machen (Urteil 2C_1019/2016 vom 9. Mai 2017 E. 2.3). 
 
2.3. Die Vorinstanz hat die verschiedenen Anhaltspunkte detailliert dargelegt
sowie überzeugend und stringent ausgeführt, weshalb von einer Scheinehe
auszugehen ist: Der Beschwerdeführer konnte wegen seines Einreiseverbots ohne
die strittige Ehe nicht in die Schweiz einreisen und hier arbeiten. Über die
Hintergründe der Eheschliessung in Serbien haben sich beide Ehegatten nicht
geäussert, voreheliche Beziehungen fehlen. Ein weiteres Indiz liegt auch darin,
dass die Vaterschaft des Beschwerdeführers zum ersten Kind auf seine Anfechtung
hin aufgehoben wurde. Weiter führt die Vorinstanz an, dass die Ehegatten gar
keine Wohngemeinschaft aufgenommen hätten: Trotz Beteuerungen, dass die
Ehegatten auch nach dem "Seitensprung" sich lieben und zusammenleben würden,
fand sich an der Wohnungstüre neben ihrem Namen derjenige von D.________, also
des Vaters des ersten Kindes. Diese Feststellung stimmt auch mit den
Situationen bei den Leistungsabklärungen der Sozialhilfe überein: Bei deren
Besuchen wurde nicht der Beschwerdeführer, sondern D.________ angetroffen. Die
Vorinstanz hat sich auch einlässlich mit dem Argument des Beschwerdeführers
auseinandergesetzt, wonach er die Wohnung D.________, also dem ehemaligen
Partner seiner Ehefrau, für das Besuchsrecht überlassen habe. Die Ehefrau gab
sodann an, wieder von D.________ schwanger zu sein, was sie in der Folge
allerdings wieder dementierte. Nur einmal traf die Sozialhilfe den
Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Ehefrau an, ansonsten war D.________
zugegen. Dass keine Wohngemeinschaft bestand, ergibt sich auch aus einem
Abklärungsbericht der Kantonspolizei vom 5. März 2015. Dabei traf diese nicht
den Beschwerdeführer, sondern um 06.30 Uhr wiederum D.________ an. Diesen
Umstand bestätigen auch die gefundenen Kleider und weitere persönliche
Gegenstände. Fotos in der Wohnung zeigten nicht den Beschwerdeführer, sondern
D.________ mit den Kindern. Schliesslich führt die Vorinstanz aus, dass vom 1.
Oktober 2012 bis 31. Januar 2015 die Ehefrau alleine und nicht zusammen mit dem
Beschwerdeführer durch die Sozialhilfe unterstützt wurde, obwohl der
Beschwerdeführer gearbeitet und genügend verdient hat.  
 
2.4. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, vermag nicht zu überzeugen:
Das Zutreffen der einzelnen Indizien stellt er nicht in Abrede. Er bringt indes
vor, dass die einzelnen Indizien nicht gegen eine Wohngemeinschaft sprechen
würden, da nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung es einer Kombination
verschiedener Indizien bedürfe. Diesbezüglich übersieht er, dass die Vorinstanz
unzählige von einander unabhängige Indizien zusammengetragen und gestützt
darauf zu Recht eine Scheinehe angenommen hat. Auch der Umstand, dass der
Beschwerdeführer rechtlich der Vater zweier Kinder seiner Ehefrau ist, spricht
nicht gegen eine Scheinehe. Wie im vorinstanzlichen Urteil dargestellt, wurde
die Frage, ob das zweite Kind vom Beschwerdeführer sei, von ihm und auch von
seiner Ehefrau schon anders gesehen.  
 
2.5. Die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen sind nicht willkürlich,
und der darauf gestützte vorinstanzliche Entscheid, dass eine Scheinehe
vorliegt, verletzt kein Bundesrecht. Für alles Weitere kann auf diesen
Entscheid verwiesen werden.  
 
3.  
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten für das bundesgerichtliche Verfahren (
Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 BGG
). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Appellationsgericht des
Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Dreiergericht, und dem
Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 23. März 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Errass 

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