Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.752/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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2C_752/2017            

 
 
 
Urteil vom 14. September 2017  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Gerichtsschreiber Kocher. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A. und B.C.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Einwohnergemeinde Lohn-Ammannsegg, 
vertreten durch Rechtsanwalt Walter Keller, 
 
Kantonale Schätzungskommission. 
 
Gegenstand 
Anschlussgebühren, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des 
Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn 
vom 9. August 2017. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Gemeindeversammlung der Einwohnergemeinde Lohn-Ammannsegg/SO
verabschiedete am 30. November 2015 eine Teilrevision ihres Reglements über
Grundeigentümerbeiträge und -gebühren (nachfolgend: GBR/LA 2015). Gegenstand
bildete unter anderem der Übergang zur Gebührenbemessung nach der
zonengewichteten Fläche (ZGF; dazu namentlich § 12 und 17 GBR/LA). Nach dem GBR
/LA in der vorrevidierten Fassung vom 29. Oktober 2010 (nachfolgend: GBR/LA
2010) war hierfür die Grundstückfläche massgebend gewesen. Der Regierungsrat
des Kantons Solothurn erteilte am 17. Mai 2016 die Genehmigung, worauf die
Teilrevision rückwirkend auf den 1. Januar 2016 in Kraft trat.  
 
1.2. Die Eheleute A.C.________ und B.C.________ (nachfolgend: die
Abgabepflichtigen) sind Eigentümer des in Lohn-Ammannsegg gelegenen Grundstücks
Nr. xxxx. Am 12. Dezember 2015 erhielten sie von der örtlichen Bau- und
Werkkommission die Bewilligung zur Erstellung eines Einfamilienhauses, worauf
sie den Bau in Angriff nahmen. Den (technischen) Anschluss an die
Frischwasserversorgung bzw. Abwasserentsorgung stellten sie im Februar/März
2016 her. Die Wasseruhr wurde am 7. Oktober 2016 montiert. Am 1. Oktober 2016
hatten sie sich schriftenpolizeilich in Lohn-Ammannsegg angemeldet.  
 
1.3. Die Einwohnergemeinde Lohn-Ammannsegg verfügte am 19. August 2016
Anschlussgebühren von Fr. 7'056.-- (Frischwasser) bzw. Fr. 10'584.--
(Abwasser), wobei sie das GBR/LA 2015 zur Anwendung brachte. Dadurch ergaben
sich für die Abgabepflichtigen, verglichen mit dem GBR/LA 2010, merklich
erhöhte Abgaben. Die Abgabepflichtigen erhoben Einsprache, welche der
Gemeinderat mit Beschluss vom 4. Oktober 2016 abwies. Die Schätzungskommission
des Kantons Solothurn hiess die dagegen gerichtete Beschwerde mit Entscheid vom
23. Februar 2017 gut. Sie erwog, die Genehmigung des Reglements durch den
Regierungsrat sei konstitutiver Natur, weswegen das Reglement bis dahin in der
bisherigen Fassung weiterbestanden habe. Hinzu komme, dass Anschlussgebühren
vorbehältlich einer anderslautenden Bestimmung mit der Inanspruchnahme der
Erschliessungsanlage fällig würden (§ 116 Abs. 3 Satz 1 des Planungs- und
Baugesetzes [des Kantons Solothurn] vom 3. Dezember 1978 [PBG/SO; BGS 711.1]).
Der Anschluss an die Leitungsnetze sei im Februar/März 2016 hergestellt worden,
was zur Anwendbarkeit des GBR/LA 2010 führe.  
 
1.4. Die Einwohnergemeinde Lohn-Ammannsegg erhob Beschwerde an das
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn, welches diese mit Entscheid
VWBES.2017.102 vom 9. August 2017 guthiess. Das Verwaltungsgericht erwog im
Wesentlichen, weder § 116 Abs. 3 Satz 1 PBG/SO noch § 28 ff. der Verordnung
(des Kantons Solothurn) vom 3. Juli 1978 über Grundeigentümerbeiträge und
-gebühren (GBV/SO; BGS 711.41) sprächen sich ausdrücklich zum massgebenden
Zeitpunkt der Beitragsbemessung aus. Immerhin mache § 116 Abs. 3 Satz 1 PBG/SO
aber deutlich, dass die  Inanspruchnahme massgebend sei. Mit Blick auf die
Literatur seien Anschlussgebühren (erst) geschuldet, wenn der Anschluss an das
Leitungsnetz erfolgt und dessen Benutzung möglich sei (RENÉ A. RHINOW/BEAT
KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband zur
unveränderten 6. Aufl. von Max Imboden/René A. Rhinow, 1990, Nr. 110 B VII S.
341). Ausschlaggebend sei daher die tatsächliche Möglichkeit der
Inanspruchnahme, was mit dem Leitungsanschluss bzw., wenn dieser vorgängig
herbeigeführt wird, mit der späteren Erstellung des Gebäudes der Fall sei. In
aller Regel dürfte, so das Verwaltungsgericht weiter, die Inanspruchnahme mit
der Übergabe des Gebäudes an die Nutzer einhergehen. Im vorliegenden Fall könne
offenbleiben, ob auf den Einzug ins Haus, die Montage der Wasseruhr, die
Abnahme des Bauwerks oder auf ein anderes Ereignis abzustellen sei. In jedem
Fall zeige sich, dass der massgebende Zeitpunkt nach dem 17. Mai 2016
eingetreten sei, was zur Anwendung des GBR/LA 2015 führe.  
 
1.5. Mit Eingabe vom 6. September 2017 erheben die Abgabepflichtigen beim
Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie
beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, was sie mit der
willkürlichen Auslegung des kantonalen bzw. kommunalen Rechts begründen.  
 
1.6. Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR
173.110]) hat von Instruktionsmassnahmen abgesehen. Mit Blick auf die
offensichtliche Unbegründetheit der Beschwerde kann diese im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 Abs. 1 lit. a BGG entschieden werden.  
 
2.  
 
2.1. Die Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten liegen vor (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1
lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG). Auf die
Beschwerde ist einzutreten.  
 
2.2. Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1
BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.5 S. 157) und mit uneingeschränkter (voller)
Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 141 V 234 E. 2 S. 236). Abgesehen von hier
nicht gegebenen Voraussetzungen (Art. 95 lit. c und d BGG) kann das
Bundesgericht hingegen die Auslegung und Anwendung kantonalen (und kommunalen)
Verfassungs-, Gesetzes- oder Verordnungsrechts nicht als solche prüfen, sondern
lediglich daraufhin, ob dadurch Bundes-, Völker- oder interkantonales Recht
verletzt wird (Art. 95 lit. a, b und e BGG; BGE 142 II 369 E. 2.1 S. 372).
Dabei beschränkt die Überprüfung sich regelmässig auf die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte (BGE 142 V 94 E. 1.3 S. 96), insbesondere auf den
Aspekt der Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV; BGE 142 V 513 E. 4.2 S.
516). Die Verletzung von verfassungsmässigen Individualrechten prüft das
Bundesgericht in jedem Fall nur, soweit eine solche Rüge in der Beschwerde
überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (qualifizierte Rüge-
und Begründungsobliegenheit gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 I 99 E. 1.7.2
S. 106).  
 
2.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.3 S.
156).  
 
3.  
 
3.1. Streitig und zu prüfen ist der massgebende Realisationszeitpunkt der
Anschlussgebühren an das Frischwasser- und das Abwasserleitungsnetz der
Gemeinde Lohn-Ammannsegg/SO. Dabei handelt es sich um eine Rechtsfrage, deren
Grundlage im kantonalen (§ 116 PBG/SO, § 28 ff. GBV/SO) bzw. kommunalen Recht
(GBR/LA) niedergelegt ist. Entsprechend ist die Kognition des Bundesgerichts
auf die Verletzung von Bundesrecht beschränkt und herrscht, soweit eine
Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte vorgebracht wird, die
qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit (vorne E. 2.2). Demzufolge hat
die beschwerdeführende Person in detaillierter Auseinandersetzung mit dem
angefochtenen Entscheid aufzuzeigen, dass und inwiefern die Vorinstanz bei
Auslegung oder Anwendung des kantonalen oder kommunalen Rechts in
verfassungsmässige Individualrechte eingegriffen haben soll.  
 
3.2.  
 
3.2.1. Die Abgabepflichtigen werfen der Vorinstanz Willkür vor (Art. 9 BV), was
sie namentlich mit der anderslautenden, "im Kanton Solothurn vorherrschenden
Praxis" begründen. Eine eigentliche Auseinandersetzung der Abgabepflichtigen
mit dem angefochtenen Entscheid unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten,
wie dies die qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit gebietet,
unterlassen sie jedoch, bleibt die Kritik doch an der Oberfläche und erschöpft
sie sich weitgehend in appellatorischen Vorbringen. Es ist damit zumindest
zweifelhaft, ob auf die Beschwerde überhaupt einzutreten ist (Art. 42 Abs. 2
BGG). Die Beschwerde ist aber, wie zu zeigen bleibt, ohnehin unbegründet.  
 
3.2.2. Bei der Wendung "Inanspruchnahme der Erschliessungsanlage" (§ 116 Abs. 3
PBG/SO) handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, nachdem im
kantonalen Gesetzes- und Verordnungsrecht keinerlei nähere Umschreibung zu
finden ist und keine allgemein anerkannte Auffassung darüber herrscht, was
unter "Inanspruchnahme der Erschliessungsanlage" zu verstehen sei. Das
kommunale Recht (GBR/LA) schweigt sich hierzu aus. Die Vorinstanz ist in
Auslegung von § 116 Abs. 3 Satz 1 PBG/SO zum Schluss gelangt, von kantonalem
Recht wegen sei auf die  tatsächliche Möglichkeit der Inanspruchnahme des
Leitungsnetzes abzustellen.  
 
3.2.3. Die Abgabepflichtigen beziehen sich auf eine Reihe anderer
solothurnischer Einwohnergemeinden, die in ihren Reglementen eine ausdrückliche
bzw. von der vorinstanzlichen Lösung abweichende Bestimmung vorsehen sollen.
Wie es sich damit verhält, ist nicht näher zu prüfen, nachdem feststeht, dass
das GBR/LA keine eigenständige Norm enthält und damit das kantonale Recht
einschlägig bleibt. Entsprechend vermag es den angefochtenen Entscheid nicht
als willkürlich darzustellen, dass andernorts die Auffassung vertreten wird,
die Abgabepflicht trete mit der Erstellung des Rohbaus ein. Wann der Rohbau im
konkreten Fall erstellt war, lässt sich dem angefochtenen Entscheid ohnehin
nicht entnehmen und wird von den Abgabepflichtigen auch nicht vorgebracht.  
 
3.2.4. Zumindest bei grammatikalischer Auslegung spricht manches dafür, dass
die "Inanspruchnahme der Erschliessungsanlage" nicht etwa rein
technisch-mechanisch, sondern vielmehr  technisch-wirtschaftlich zu verstehen
ist. Es ist allgemein bekannt, dass Baustellen regelmässig durch das Anzapfen
von Hydranten mit Frischwasser versorgt werden, sodass der Hausanschluss noch
nicht beansprucht wird. Auch wenn der Hausanschluss schon vor Abnahme des
Bauwerks benutzt werden sollte, so geschieht dies doch in einer Weise, die mit
der eigentlichen Zweckbestimmung des Gebäudes (Wohnen, Gewerbe, Industrie etc.)
noch in keinem ursächlichen Zusammenhang steht. Die Auffassung der Vorinstanz,
dass die Abgabe erst, aber immerhin mit der abstrakten Möglichkeit, das Bauwerk
zweckgemäss zu nutzen realisiert wird, ist jedenfalls nicht willkürlich. Ein
Leerstand ändert daran nichts. Die Abgabepflichtigen führen sinngemäss aus, in
der Logik des angefochtenen Entscheids müsste der Realisationszeitpunkt auf die
tatsächliche Nutzung verschoben werden. Wird aber mit der Vorinstanz auf die
abstrakte Nutzungsmöglichkeit abgestellt, die ihrerseits von der
technisch-wirtschaftlichen Bereitstellung des Gebäudes abhängt, so geht dieser
Einwand fehl.  
 
3.2.5. Nichts daran ändert, dass die Anschlussgebühren im konkreten Fall
bereits am 19. August 2016 veranlagt wurden, zu einem Zeitpunkt also, als diese
abstrakte Möglichkeit aller Wahrscheinlichkeit nach noch ausstand. Die
Vorinstanz musste sich hierzu nicht äussern, da sie zur Ansicht gelangt war,
der massgebende Zeitpunkt sei so oder anders nach dem 17. Mai 2016 eingetreten.
Diese Auslegung und Anwendung des kantonalen Abgaberechts ist jedenfalls nicht
willkürlich und daher unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu
beanstanden, zumal eine hinreichende Rüge und Begründung der Beschwerde, wie
dargelegt, ohnehin ausgeblieben ist.  
 
3.3. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet, weshalb sie abzuweisen
ist, soweit auf sie einzutreten ist.  
 
4.  
Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens den Abgabepflichtigen aufzuerlegen. Diese tragen
die Kosten zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung (Art. 66 Abs. 5
BGG). Der Einwohnergemeinde Lohn-Ammannsegg, die in ihrem amtlichen
Wirkungskreis obsiegt, steht keine Entschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.   
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden den
Beschwerdeführern auferlegt. Diese tragen ihren Anteil zu gleichen Teilen und
unter solidarischer Haftung. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. September 2017 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher 

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