Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.731/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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2C_731/2017            

 
 
 
Urteil vom 12. November 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Donzallaz, 
nebenamtlicher Bundesrichter Benz, 
Gerichtsschreiberin Mayhall. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________ und B.A.________, 
vertreten durch 
BDO AG, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Steueramt des Kantons Solothurn.  
 
Gegenstand 
Staatssteuer des Kantons Solothurn und 
direkte Bundessteuer 2013, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonalen 
Steuergerichts Solothurn vom 26. Juni 2017 (SGSTA.2016.90). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 1. Juni 2012 verkaufte A.A.________, wohnhaft in U.________, zusammen mit
vier weiteren Aktionären der nicht kotierten C.________ AG, V.________, mit
"Share Purchase Agreement" vom 1. Juni 2012 einen Aktienanteil von 81 % an der
C.________ AG für Fr. 28'630'000.-- an die D.________ mit Sitz in W.________
(Grossbritannien), die damit zur Alleinaktionärin wurde. 
In Ziff. 2.2.4 des "Share Purchase Agreement" vom 1. Juni 2012 wurde unter dem
Titel "Holdback for Sellers' Engagement" die Zahlung einer Summe von Fr.
3'102'750.-- an die fünf Verkäufer vereinbart, dies unter der Bedingung, dass
diese weiterhin bei der C.________ AG tätig sein werden. 30 % der Summe wurden
nach 18 Monaten fällig (1. Dezember 2013) und 70 % nach 36 Monaten (1. Juni
2015). Sollte das Arbeitsverhältnis mit einem der Veräusserer infolge
Arbeitsunfähigkeit oder aufgrund gegenseitiger Vereinbarung aufgelöst werden,
sah der Kaufvertrag eine sofortige anteilsmässige Auszahlung an den
entsprechenden Veräusserer vor. Das Arbeitsverhältnis zwischen A.A.________ und
der C.________ AG wurde mit "Mutual Termination Agreement" vom 18. November
2013 per Ende November 2013 beendet. Gestützt auf Ziff. 2.2.4 des "Share
Purchase Agreements" kam es zur vollständigen Auszahlung des vereinbarten
Holdbacks, wobei der auf A.A.________ entfallende Anteil am Holdback Fr.
854'003.-- betrug. 
Mit definitiver Veranlagung vom 29. Juni 2016 setzte die Veranlagungsbehörde
Solothurn das steuerpflichtige Einkommen der Eheleute A.A.________ und
B.A.________ unter Aufrechnung des Betrags von Fr. 854'003.-- als steuerbares
Einkommen auf Fr. 1'009'812.-- (Staatssteuer) bzw. Fr. 1'001'346.-- (direkte
Bundessteuer) fest. Die Steuerpflichtigen machten mit Einsprache vom 19. Juli
2016 geltend, dass es sich beim Holdback nicht um steuerbare Einkünfte der
Steuerpflichtigen, sondern um einen steuerfreien Kapitalgewinn handle. Mit
Entscheid vom 7. September 2016 wies die Veranlagungsbehörde Solothurn die von
den Steuerpflichtigen gegen die Veranlagung vom 29. Juni 2016 erhobene
Einsprache ab. 
 
B.  
Mit Urteil vom 26. Juni 2017 wies das Steuergericht des Kantons Solothurn den
Rekurs und die Beschwerde ab, welche die Steuerpflichtigen gegen den
Einspracheentscheid vom 7. September 2016 erhoben hatten. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 31. August 2017 führen die Steuerpflichtigen beim Bundesgericht
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragen, das
Urteil des Steuergerichts des Kantons Solothurn vom 26. Juni 2017 betreffend
die Staatssteuer 2013 sei aufzuheben und die Steuerpflichtigen seien neu auf
ein steuerbares Einkommen von Fr. 155'809.-- zu veranlagen. Des Weiteren sei
das Urteil des Steuergerichts des Kantons Solothurn vom 26. Juni 2017
betreffend die direkte Bundessteuer 2013 aufzuheben und die Steuerpflichtigen
seien neu auf ein steuerbares Einkommen von Fr. 147'343.-- zu veranlagen. 
Das Steueramt des Kantons Solothurn und die Vorinstanz schliessen auf
Beschwerdeabweisung, soweit Eintreten. Die Eidgenössische Steuerverwaltung
(ESTV) schliesst auf Abweisung der Beschwerde betreffend die direkte
Bundessteuer 2013. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid betreffend die
direkten Steuern des Kantons und des Bundes. Dagegen steht gemäss Art. 82 ff.
BGG in Verbindung mit Art. 73 ff. des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über
die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR
642.14) bzw. mit § 164 bis Abs. 1 des Gesetzes des Kantons Solothurn über die
Staats- und Gemeindesteuern (Steuergesetz; StG/SO; SR SO 614.11) sowie mit Art.
146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer
(DBG; SR 642.11) die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an
das Bundesgericht offen.  
 
1.2. Die Vorinstanz hat zulässigerweise die Verfahren betreffend Staatssteuer
und direkte Bundessteuer der Steuerperiode 2013 vereinigt und einen einzigen
Entscheid gefällt, welcher in der Begründung, jedoch nicht im Dispositiv
zwischen den beiden Steuerarten unterscheidet (BGE 135 II 260 E. 1.3.1 S. 262
f.). Der Beschwerdeführer ficht diesen Entscheid mit einer einzigen
Beschwerdeeingabe, enthaltend je einen Antrag in Sachen Staatssteuer und
direkte Bundessteuer, an. Das ist ebenfalls zulässig, weil in der Beschwerde
zwischen den beiden Steuerarten unterschieden wird und aus den Anträgen
hervorgeht, inwieweit diese angefochten sind und wie zu entscheiden ist (BGE
135 II 260 E. 1.3.2 S. 264 f.; 131 II 553 E. 4.2 S. 559). In der
Beschwerdeschrift sind die Ausführungen zur Staatssteuer zwar nicht räumlich
von denjenigen zur direkten Bundessteuer getrennt. Die Anträge und die
Beschwerdebegründung beziehen sich jedoch klar auf beide Aspekte des
angefochtenen Entscheids. Zudem werden bundesrechtliche und kantonale
Gesetzesbestimmungen genannt und fallbezogen diskutiert. Eine solche
Vorgehensweise steht einem vollumfänglichen Eintreten nicht entgegen (BGE 135
II 260 E. 1.3.2 S. 264).  
 
1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gerügt werden
kann namentlich die Verletzung von Bundesrecht und von kantonalen
verfassungsmässigen Rechten (Art. 95 Abs. 1 lit. a und lit. c BGG). Die
Beschwerdeführer rügen hinsichtlich der direkten Bundessteuer die Verletzung
von Art. 16 Abs. 3 DBG und damit von Bundesrecht. Hinsichtlich der Staatssteuer
rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung von § 21 Abs. 3 StG/SO, der
inhaltlich Art. 7 Abs. 4 lit. b StHG entspricht. Als spezialgesetzliche
Bestimmung ermöglicht Art. 73 StHG dem Bundesgericht nicht nur die Prüfung der
Vereinbarkeit der kantonalen Gesetzgebung mit den bundesrechtlichen Vorgaben
des Steuerharmonisierungsgesetzes mit freier Kognition (wozu es sich bereits
auf Art. 95 BGG stützen könnte), sondern, zur Herstellung der Konkordanz mit
dem DBG, auch die freie Überprüfung der Auslegung und Anwendung von
harmonisiertem kantonalem Gesetzesrecht. In den Bereichen, in denen das
Steuerharmonisierungsgesetz den Kantonen einen gewissen Gestaltungsspielraum
belässt oder keine Anwendung findet, beschränkt sich die Kognition des
Bundesgerichts auf Willkür (BGE 134 II 207 E. 2 S. 210; 130 II 202 E. 3.1 S.
205 f.; Urteile 2C_188/2015, 2C_189/2015 vom 23. Oktober 2015 E. 1.4; 2C_693/
2014 / 2C_694/2014 vom 4. März 2015 E. 2.1; 2C_153/2014 vom 4. September 2014
E. 1.2).  
 
2.  
Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, dass die Vorinstanz die
Begründungspflicht und die Beweislastregeln dadurch verletzt und eine formelle
Rechtsverweigerung begangen habe, dass sie ohne eigentliche
Sachverhaltsfeststellung und ohne Würdigung der Ausführungen der
Steuerpflichtigen den Holdback als Einkommensbestandteil taxiert habe. Sie
rügen, ein Kaufvertrag im Bereich des Privatvermögens begründe eine natürliche
Vermutung dafür, dass der gesamte Kaufpreis einen (steuerfreien) Kapitalgewinn
darstelle, weshalb der Nachweis dafür, dass die Gegenleistung ganz oder
teilweise keine Kaufpreisqualität besitze, den Steuerbehörden obliege. Das
"Share Purchase Agreement" vom 1. Juni 2012 sei kein gemischtes Rechtsgeschäft
in dem Sinn gewesen, dass der vereinbarte Holdback im Zusammenhang mit einer
Arbeitsleistung gestanden habe. Bei der verkauften Gesellschaft handle es sich
um eine Produktionsgesellschaft, wobei deren Goodwill über viele Jahre
angewachsen sei; der - im Verkaufspreis zum Ausdruck kommende - Kapitalgewinn
resultiere somit aus der langen Haltedauer. Der Beschwerdeführer sei des
Weiteren seit 1995 ununterbrochen bei der C.________ AG angestellt gewesen,
wobei sowohl er wie alle anderen Aktionäre für ihre Mitarbeit angemessene Löhne
bezogen hätten; sein Lohn sei nach dem Verkauf der Aktien mit Fr. 300'170.--
pro Jahr noch höher als zuvor ausgefallen. Der Holdback habe somit kausal mit
der Aktionärseigenschaft zusammen gehangen und nicht mit dem Arbeitsverhältnis.
Der vereinbarte Verkaufspreis habe dem Marktwert der Aktien entsprochen und
halte einem Drittvergleich ohne Weiteres stand, was sich aus den vorangehenden
Vertragsverhandlungen ergebe: Beim Verkaufspreis handle es sich um einen
Marktpreis unter unabhängigen Dritten, welchen zwei von einander völlig
unabhängige Unternehmen zu bezahlen bereit gewesen wären. Gegen das Vorliegen
eines Lohnbestandteiles spreche weiter, dass der Holdback proportional nach
Anzahl Aktien berechnet worden sei, ohne dass es auf die Funktion der Aktionäre
und die Höhe des Lohnes angekommen wäre. Die Vereinbarung eines Holdbacks für
den Fall, dass das Arbeitsverhältnis aufgelöst und mithin gerade keine Arbeit
geleistet werde, sei ein weiteres klares Indiz gegen das Vorliegen von
Erwerbseinkommen. Vielmehr handle es sich bei der Holdback-Klausel um das
Risiko der Aktionäre in ihrer Eigenschaft als Verkäufer der Kapitalanteile. 
 
2.1. Die Begründungspflicht soll verhindern, dass sich die Behörde von
unsachlichen Motiven leiten lässt, und dem Betroffenen ermöglichen, die
Verfügung gegebenenfalls sachgerecht anzufechten. Dies ist nur möglich, wenn
sowohl er wie auch die Rechtsmittelinstanz sich über die Tragweite des
Entscheids ein Bild machen können. In diesem Sinn müssen wenigstens kurz die
Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und
auf welche sich ihr Entscheid stützt. Dies bedeutet indessen nicht, dass sie
sich ausdrücklich mit jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem rechtlichen
Einwand auseinandersetzen muss. Vielmehr kann sie sich auf die für den
Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (BGE 133 I 270 E. 3.1 S. 277
betreffend die aus dem rechtlichen Gehör [Art. 29 Abs. 2 BV] abgeleitete
Begründungspflicht). Die Begründung des angefochtenen Urteils ermöglicht eine
sachgerechte Anfechtung, weshalb sich die Rüge der Verletzung der
verfassungsmässigen Begründungspflicht als unbegründet erweist.  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die
Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführer
rügen eine unter Verletzung von Beweislastregeln erfolgte, offensichtlich
unrichtige vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung. Die Vorinstanz habe zu
Unrecht einen tatsächlichen Parteiwillen dahingehend festgestellt, dass die
Parteien den Holdback als Entgelt für eine Arbeitsleistung und nicht als
Entgelt für den Verkauf von Aktien qualifiziert habe.  
Soweit die Auslegung des Share Purchase Agreement vom 1. Juni 2012 (dem
Unternehmenskaufvertrag) in Frage steht, gelten grundsätzlich die allgemeinen
obligationenrechtlichen Regeln der Vertragsauslegung (BGE 139 III 404 E. 7.1 S.
406). Ziel dieser Auslegung ist es in erster Linie, den übereinstimmenden
wirklichen Parteiwillen festzulegen (Art. 18 Abs. 1 OR). Diese subjektive
Vertragsauslegung beruht auf Beweiswürdigung. Sie ist also eine Tatfrage, auf
die das Bundesgericht nur unter den Voraussetzungen von Art. 97 Abs. 1 BGG
zurückkommen kann. Bleibt der tatsächliche Parteiwille unbewiesen, sind die
Erklärungen und Verhaltensweisen der Parteien nach dem Vertrauensprinzip so
auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie nach den
gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten. Das Bundesgericht
überprüft diese objektivierte Auslegung als Rechtsfrage frei. Es ist aber an
die Feststellungen der kantonalen Vorinstanz über die äusseren Umstände sowie
das Wissen und Wollen der Beteiligten grundsätzlich gebunden. Massgebend ist
der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Nachträgliches Parteiverhalten ist bei
der Auslegung nach dem Vertrauensprinzip nicht von Bedeutung; es kann
allenfalls auf einen tatsächlichen Willen der Parteien schliessen lassen (zum
Ganzen: BGE 142 III 239 E. 5.2.1 S. 253; 132 III 626 E. 3.1 S. 632 mit
Hinweisen). Die Rüge der Beschwerdeführer, die Vorinstanz habe den Sachverhalt
(zum tatsächlichen Willen der Vertragsparteien) willkürlich und unter
Verletzung der Beweisregeln festgestellt, ist, wie nachfolgend ausgeführt, für
den Verfahrensausgang unerheblich, weshalb sie nicht gehört werden kann (Art.
97 Abs. 1 e contrario BGG).  
 
I. Direkte Bundessteuer  
 
3.  
 
3.1. Im Bereich der Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen gilt das
Konzept der Reinvermögenszugangstheorie ("théorie de l'accroissement du
patrimoine" bzw. "imposition du revenu global net"). Demgemäss unterliegen
aufgrund der Generalklausel von Art. 16 Abs. 1 DBG und des nicht
abschliessenden Positivkatalogs (Art. 17-23 DBG) alle wiederkehrenden und
einmaligen Einkünfte der direkten Bundessteuer. Vorbehalten bleiben nach Art.
16 Abs. 3 DBG die Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen.
Insbesondere sind nach Art. 17 Abs. 1 DBG alle Einkünfte aus privatrechtlichem
oder öffentlich-rechtlichem Arbeitsverhältnis steuerbar, mit Einschluss der
Nebeneinkünfte wie Entschädigungen für Sonderleistungen, Provisionen, Zulagen,
Dienstalters- und Jubiläumsgeschenke, Gratifikationen, Trinkgelder, Tantiemen
oder geldwerte Vorteile aus Mitarbeiterbeteiligungen (vgl. BGE 139 II 363 E.
2.1 S. 365 f. mit weiteren Hinweisen; Urteil 2C_618/2014 vom 3. April 2015 E.
5.2).  
 
3.2. In Unternehmenskaufverträgen finden sich oft so genannte Earn
out-Klauseln, wonach der Verkäufer nach dem Vollzug des
Unternehmenskaufvertrages dem Verkäufer einen von bestimmten, nach dessen
Vollzug (und damit zukünftigen) Ereignissen abhängigen Kaufpreis zahlt, wodurch
ein variabler Kaufpreis vereinbart wird (MARKUS VISCHER, Earn out-Klauseln in
Unternehmenskaufverträgen, SJZ 98/2002 S. 509; ALEXANDER VOGEL, Unternehmens
[ver]käufe in der Krise, in: Mergers & Acquisitions XIX, 2017, S. 223 f., S.
234). Eine  Varianteeiner Earn out-Klausel ist die Vereinbarung der Bezahlung
eines bestimmten Betrags, unter der negativen Bedingung, dass sich ein
bestimmtes Risiko wie die Kündigung eines Schlüsselmitarbeiters des verkauften
Unternehmens bis zu einem gewissen Zeitpunkt nicht verwirklicht (VISCHER,
a.a.O., S. 510; URS SCHENKER, Unternehmenskauf - Rechtliche und steuerliche
Aspekte, 2016, S. 255; LUKAS MORSCHER, M & A Transaktionen im
Technologiebereich - ein besonderes Risikoprofil, GesKR 2016 S. 421 f.;
BENJAMIN FEHR/STEFAN BENKERT/RUBEN POGGENSEE, Earn-out: Erfolgsorientierter
Kaufpreis, Expert Focus 10/15 S. 804; ALEX VON WERRA, Conception et
valorisation de l'earnout dans le cadre de transactions M & A - Aperçu d'une
technique de structuration du prix de cession [1ère partie], ECS 6-7/14 S.
567).  
 
 
3.3. Zum Kaufpreis enthält das "Share Purchase Agreement" vom 1. Juni 2012 in
Ziff. 2.2.1 folgende Angaben:  
 
"The consideration for the shares consists of 
 
(i)       a closing payment according to the section 2.2.2; 
(ii)       an Escrow Amount for representations and warranties according
to              section 2.2.3; and 
(iii)       a holdback for sellers'engagement according to section 2.2.4
totally              amounting to CHF 18'630'000.-- (the 'Purchase Price'). 
 
In addition to the Purchase Price the Sellers are entitled to an earn-out
component set out in section 2.2.5 amounting to CHF 10'000'000 at the maximum
(the 'Earning-Out). 
 
This amounts to a total value of the shares of CHF 28'630'000 at the maximum." 
 
Der Holdback ist in Ziff. 2.2.4. des "Share Purchase Agreement" geregelt. Ziff.
2.2.4 lautet wie folgt: 
 
"Holdback for Sellers' Engagement 
 
At Closing Date the Buyer shall be entitled to withhold an amount of CHF
3'102'750 from the Purchase Price to secure the Sellers' employment agreement
as defined in Annex 13 and the reseller agreement between the Company and
Graph-Tech-USA, LLC, a company belonging to Markus Portmann as defined in Annex
14. This holdback shall be paid to the Sellers according to the following
principles: 
 
30 % of this holdback amounting to CHF 930'825 shall be paid after 18 months
from Closing Date and the remaining holdback amounting to CHF 2'171'925 shall
be paid after 36 months from Closing Date by the Buyer to the Sellers, if and
to the extent the Sellers are still employed by the Company and the reseller
agreement between the Company and Graph-Tech-USA, LLC, is still valid and
effective. 
 
A Sellers proportion of the remaining holdback (calculating according to his
proportion of the shares) under this section 2.2.4 shall be apid immediately to
the Sellers in case of the respective Sellers death, disability, accident,
sickness or other reasons which lead to unemployability during the 36 months
from Closing, or termination by the Buyer or the Company for no cause, or if a
Seller leaves the Company for cause or good reason or by mutual agreement. The
same shall apply analogously to Markus Portmann who will not be employed by the
Company but will be engaged in a reseller agreement with the Company which will
be entered into the Company and Markus Portmann's company Graph-Tech-USA, LLC. 
 
If one or more Sellers cease to work for the Company prior to the lapse of 18
months, respectively prior to the lapse of 36 months from Closing Date and none
of the mentioned reasons, which would also lead to the pay out of the holdback,
are met, the remaining holdback shall in this case be reduced as follows: 
 
(i)       If one Seller ceases to work for the Company prior to the lapse
of              18/36 months from Closing Date, the remaining holdback is
reduced              by the amount that equals 1.3 times of the resepctive
Sellers'              proportion of the remaining holdback (calculated
according to              his proportion (calculated according to his
proportion of the 
       Shares).  
 
(ii)       If two of the Sellers cease to work for the Company prior to the
lapse       of 18/36 months from Closing Date, shall it be together
or                     subsequently, the remaining holdback is reduced by the
amount that       equals 1.5 times of the resepctive Sellers' proportions of
the                     remaining holdback (calculated according to their
proportions of the              Shares). 
 
(iii)       If three or more of the Sellers cease to work for the Company prior
to       the lapse of 18/36 months from Closing Date, shall it be together
or              subsequently, the remaining holdback is reduced by the amount
that       equals 1.7 times of the respective Sellers' proportion of the
remaining       holdback (calculated according to their proportions of the
Shares). 
 
For the sake of clarity, the following is a hypothetical example: Should one of
the Sellers who held 10 % of the Shares cease to work for the Company two
months after Closing Date, the remaining holdback (CHF 3'102'750) is reduced by
13 % (10 % x 1.3) to CHF 2'699'392.5 18 months from Closing Date 30 % of the
now remaining holdback (CHF 2'699'392.5) amounting to CHF 809'817.75 shall be
paid to the Sellers. Should another Seller who held 20 % of the Shares then
cease to work for the Company 20 months after Closing Date, the now remaining
holdback (CHF 1'889'574.75) is reduced by another 30 % (20 % x 1.5) to CHF
1'322'702.33. After the lapse of 36 months from Closing Date the now remaining
holdback (CHF 1'322'702.33) shall be paid to the Sellers. 
 
The holdback amount of CHF 3'102'750 constitutes the cap for the Shareholders'
potential liability for Sellers' Employment and the Reseller Agreement of
Markus Portmann. 
 
The Holdback instalments shall be paid to Buyer to Sellers, by wire transfer in
immediately available funds, to the bank accounts of the Sellers and broker, as
specified in Annex 11." 
 
 
3.4. Das Share Purchase Agreement vom 1. Juni 2012 enthält somit als Kaufpreis
eine fixe Komponente, und, ungeachtet der Bezeichnung als "Holdback", in Ziff.
2.2.4 eine variable Komponente sowie in Ziff. 2.2.5 ein ausdrücklich als
Earn-out definiertes weiteres variables Kaufpreiselement (vgl. oben, E. 3.2).
Strittig ist vorliegend nur die steuerliche Qualifikation einer gestützt auf
Ziff. 2.2.4 des Share Purchase Agreement vom 1. Juni 2012 erfolgten Zahlung an
die Beschwerdeführer.  
 
3.5. Die Zahlung des Holdbacks gemäss Ziff. 2.2.4 wurde einerseits unter der
negativen Bedingung vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis zwischen bestimmten
Schlüsselmitarbeitern und der veräusserten Gesellschaft zu einem bestimmten
Zeitpunkt nach Vollzug des Unternehmenskaufvertrags noch nicht beendet worden
ist. Andererseits sah Ziff. 2.2.4 für den Fall der Beendigung des
Arbeitsverhältnisses nicht den vollständigen Wegfall einer Zahlung, sondern
eine zwar reduzierte, aber  sofortige Zahlung vor. Unter
Bewertungsgesichtspunkten ist für die Vertragsparteien nicht nur der Betrag der
vereinbarten Zahlung, sondern auch die Laufzeit von Bedeutung (VON WERRA,
a.a.O., S. 568), weshalb nicht auszuschliessen ist, dass aus Sicht des
Beschwerdeführers die Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Erhalt einer
reduzierten Zahlung werthaltiger war als die Einhaltung der vereinbarten
Laufzeiten und der Erhalt der betragsmässig höheren Entschädigung. Mit den
Beschwerdeführern kann somit durchaus davon ausgegangen werden, dass der für
die Aktien der C.________ AG in Ziff. 2.2.1 des Share Purchase Agreement vom 1.
Juni 2012 vereinbarte Kaufpreis marktkonform war und einem Drittvergleich
standhält, die Aktionäre auch nach dem Verkauf der Gesellschaft für ihre
Arbeitsleistungen Lohn bezogen haben und die Vertragsparteien des Share
Purchase Agreements vom 1. Juni 2012 in Ziff. 2.2.4 nicht einen finanziellen
Anreiz für die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses der Aktionäre
gesetzt, sondern vorab eine Entschädigung dafür vereinbart haben,  dass das
Arbeitsverhältnis aufgelöst und mithin gerade keine Arbeit geleistet werde.
 Diesfalls wäre von einer in Ziff. 2.2.4 des Share Purchase Agreement vom 1.
Juni 2012 vereinbarten Abgangsentschädigung an die vormaligen Aktionäre und
Schlüsselmitarbeiter der Gesellschaft auszugehen, die sich betragsmässig an den
verkauften Aktien ausrichtet (vgl. für eine Abgangsentschädigungsklausel
Urteile 2C_692/2013, 2C_693/2013 vom 24. März 2014 E. 3.1, E. 4.1, E. 5.3).
Grund für die Auszahlung des Betrags von Fr. 854'003.-- an den
Beschwerdeführer, der ihm und seiner Ehefrau für die Steuerperiode 2013 als
steuerbare Einkunft aufgerechnet worden war, war denn auch nicht die
Aufrechterhaltung seines Arbeitsverhältnisses mit der verkauften Gesellschaft,
sondern  dessen Beendigung mit "Mutual Termination Agreement" vom 18. November
2013. Als mit der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers in engem
wirtschaftlichen Zusammenhang stehende Leistung (Urteil 2C_618/2014 vom 3.
April 2015 E. 5.1, mit zahlreichen Hinweisen) ist auch die Abgangsentschädigung
als steuerbare Einkunft im Sinne der Art. 16 ff. DBG zu qualifizieren (BGE 143
II 257 E. 5.3 S. 260; Urteil 2C_538/2009 vom 19. August 2010 E. 3.3). Dass der
Beschwerdeführer auch eine Entschädigung im Falle von Tod, Invalidität, Unfall,
Krankheit oder für andere Ursachen, welche zu einer Arbeitsunfähigkeit geführt
hätten, erhalten hätte, vermag an der Qualifikation als Abgangsentschädigung
infolge gegenseitiger Übereinkunft über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses
("Mutual Termination Agreement" vom 18. November 2013) nichts zu ändern. Eine
Sachverhaltsfeststellung im Sinne der Beschwerdeführer, wonach der vereinbarte
Kaufpreis marktkonform war sowie einem Drittvergleich standhält, die Aktionäre
auch nach dem Verkauf der Gesellschaft einen (sogar höheren Lohn) bezogen und
der Holdback für den Fall vereinbart worden sei, dass das Arbeitsverhältnis
aufgelöst und mithin gerade keine Arbeit geleistet werde, würde im Ergebnis zu
keiner vom vorinstanzlichen Urteil abweichenden Steuerfolge zu führen, weshalb
auf die erhobene Sachverhaltsrüge wegen Unmassgeblichkeit für den
Verfahrensausgang nicht weiter einzugehen ist (Art. 97 Abs. 1 e contrario BGG).
Gründe für eine Steuerbefreiung nach Art. 24 lit. c DBG bzw. eine Besteuerung
zu einem reduzierten Satz im Sinne von Art. 37 oder Art. 38 DBG sind nicht in
das Verfahren eingebracht worden.  
 
II. Staats- und Gemeindesteuern  
 
4.  
Die Rechtslage ist bei den Staats- und Gemeindesteuern im Wesentlichen
identisch wie bei der direkten Bundessteuer (Art. 7 Abs. 1 in Verbindung mit
Abs. 4 lit. b StHG sowie § 21 Abs. 1 des Gesetzes vom 1. Dezember 1985 über die
Staats- und Gemeindesteuern [StG/SO]). Aus diesen Gründen gelten die
vorstehenden Erwägungen für die direkte Bundessteuer auch bei den Staats- und
Gemeindesteuern, weshalb auf das bereits Festgestellte verwiesen werden kann. 
 
5.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens den unterliegenden Beschwerdeführern in solidarischer Haftung
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). Eine Parteientschädigung ist
nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird betreffend die direkte Bundessteuer 2013 abgewiesen. 
 
2.  
Die Beschwerde wird betreffend Staats- und Gemeindesteuer 2013 abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 7'000.-- werden den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonalen Steuergericht
Solothurn und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 12. November 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall 

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