Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.70/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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2C_70/2017             

 
 
 
Urteil vom 28. September 2017  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, Donzallaz, Stadelmann, Haag, 
Gerichtsschreiber Zähndler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Adrian
Muster, 
 
gegen  
 
Steuerverwaltung des Kantons Bern, Brünnenstrasse 66, 3018 Bern. 
 
Gegenstand 
Grundstückgewinnsteuer 2010; Steueraufschub, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 21. Dezember 2016 (100.2015.118U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ verkaufte am 1. April 2008 ihre bis anhin selbst bewohnte
Liegenschaft in der Gemeinde G.________/BE. Die Besteuerung des dabei
angefallenen Rohgewinns in Höhe von Fr. 5'733'539.-- wurde aufgrund des Erwerbs
einer ebenfalls selbstbewohnten Ersatzliegenschaft im Kanton Genf
aufgeschoben. 
Am 16. Juni 2010 veräusserte A.________ dann auch die Ersatzliegenschaft im
Kanton Genf, womit die Ersatzbeschaffungskette abbrach, weil die Verkäuferin
mit dem Verkaufserlös kein Drittobjekt erwarb. 
 
B.  
Mit Verfügung vom 1. Februar 2012 veranlagte die Steuerverwaltung des Kantons
Bern A.________ für das Jahr 2010 mit einem steuerbaren Grundstückgewinn von
Fr. 4'816'100.--, woraus eine Steuerforderung in Höhe von Fr. 1'906'682.70
resultierte. 
Die von A.________ hiergegen eingelegten kantonalen Rechtsmittel wurden von der
Steuerverwaltung des Kantons Bern (Einspracheentscheid vom 20. Juni 2012), von
der Steuerrekurskommission des Kantons Bern (Rekursentscheid vom 17. März 2015)
sowie vom Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Urteil vom 21. Dezember 2016)
abgewiesen, soweit darauf eingetreten wurde. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 20. Januar 2017 führt A.________ Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Sie beantragt im
Wesentlichen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 21.
Dezember 2016 und die Besteuerung des 2010 erzielten Grundstückgewinns durch
den Kanton Bern seien aufzuheben. 
Während die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) auf das Stellen eines
Antrags verzichtet, schliessen die Steuerverwaltung und das Verwaltungsgericht
des Kantons Bern auf Abweisung der Beschwerde. 
Mit Eingabe vom 26. April 2017 nimmt die Beschwerdeführerin zum
Vernehmlassungsergebnis Stellung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten richtet sich
gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten, oberen kantonalen Instanz
(Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen
Rechts (Art. 82 lit. a BGG). Das Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die
Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden
(Steuerharmonisierungsgesetz, StHG; SR 642.14) enthält in Art. 12 Vorschriften
zur Grundstückgewinnsteuer, so dass die Beschwerde auch unter dem Blickwinkel
von Art. 73 StHG zulässig ist. Die Beschwerdeführerin ist durch den
angefochtenen Entscheid besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse
an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die form- und
fristgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 42 und Art. 100 BGG
).  
 
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine
Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch die Verletzung
von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht untersucht es in
jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft die
Anwendung des harmonisierten kantonalen Steuerrechts durch die kantonalen
Instanzen grundsätzlich mit freier Kognition. In den Bereichen, in welchen das
Steuerharmonisierungsgesetz den Kantonen einen gewissen Gestaltungsspielraum
belässt, beschränkt sich die Kognition des Bundesgerichts indessen im
Wesentlichen auf Willkür, und es gelten die erhöhten Rügeanforderungen des Art.
106 Abs. 2 BGG (BGE 134 II 207 E. 2 S. 209 f.; 130 II 202 E. 3.1 S. 205 f.).  
 
2.  
Nach Art. 12 Abs. 1 StHG unterliegen der Grundstückgewinnsteuer Gewinne, die
sich bei Veräusserung eines Grundstückes des Privatvermögens oder eines land-
oder forstwirtschaftlichen Grundstückes sowie von Anteilen daran ergeben,
soweit der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis oder Ersatzwert zuzüglich
Aufwendungen) übersteigt. Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG sieht bei Veräusserung
einer dauernd und ausschliesslich selbstgenutzten Wohnliegenschaft
(Einfamilienhaus oder Eigentumswohnung) einen Aufschub der Besteuerung vor,
soweit der dabei erzielte Erlös innert angemessener Frist zum Erwerb oder zum
Bau einer gleichgenutzten Ersatzliegenschaft in der Schweiz verwendet wird. 
Gemäss Art. 126 Abs. 1 lit. d des Steuergesetzes des Kantons Bern vom 21. Mai
2000 (StG/BE) sind natürliche und juristische Personen steuerpflichtig, die ein
ausserkantonales Ersatzobjekt veräussern, das beim Erwerb zu einem
Steueraufschub im Kanton Bern wegen Ersatzbeschaffung geführt hat. Gemäss Art.
136 Abs. 3 StG/BE beschränkt sich die Besteuerung auf die im Kanton Bern
aufgeschobenen Rohgewinne, wenn ein ausserkantonales Ersatzgrundstück, dessen
Erwerb zu einem Steueraufschub geführt hat, ohne erneute Ersatzbeschaffung
veräussert wird. 
 
3.  
Im Streit liegt die Frage, ob der Kanton Bern als Wegzugskanton trotz des
damaligen Steueraufschubs zur Besteuerung des auf seinem Gebiet erzielten
Grundstückgewinns zuständig bleibt (sog. Zerlegungsmethode), oder ob der
gesamte durch den Verkauf des Ersatzobjekts erzielte Grundstückgewinn im Kanton
Genf als Zuzugskanton steuerbar ist (Einheitsmethode). 
 
3.1. Die Vorinstanz führt diesbezüglich aus, das Bundesgericht habe sich im
Urteil 2C_337/2012 vom 19. Dezember 2012, publ. in: StE 2013 B 42.38 Nr. 36,
wohl grundsätzlich für die Einheitsmethode ausgesprochen, womit die Besteuerung
des latenten Steuersubstrats auch in den Fällen eines Aufschubs gemäss Art. 12
Abs. 3 lit. e StHG insgesamt und ausschliesslich dem Zuzugskanton
beziehungsweise - bei einer Kette von mehreren aufeinander folgenden
Ersatzbeschaffungen - dem letzten Zuzugskanton zukomme. Indessen habe das
Bundesgericht offengelassen, wie "reinvestitionsnahe Handänderungen" zu
behandeln seien, d.h. wie es sich verhält, wenn das mit dem Erlös des
Liegenschaftsverkaufs erworbene Ersatzobjekt innert kurzer Zeit wieder
veräussert wird. Diesbezüglich habe die Schweizerische Steuerkonferenz SSK
empfohlen, auf eine zeitliche Grenze von fünf Jahren für den Übergang von der
Zerlegungs- zur Einheitsmethode abzustellen. Auch eine Initiative von alt
Nationalrat Hegetschweiler habe einen entsprechenden Vorschlag als
Kompromisslösung vorgesehen. Entsprechend sei bei einer Weiterveräusserung des
(ersten) ausserkantonalen Ersatzobjekts innert fünf Jahren seit dessen
Anschaffung die Zerlegungsmethode und später die Einheitsmethode anzuwenden.
Das Bundesgericht habe in diesem Zusammenhang in seinem Urteil 2C_337/2012 vom
19. Dezember 2012 immerhin ausgeführt, dass im Steuerrecht verbreitet eine
Fünfjahresfrist als Sperrfrist vorgesehen werde. Aus diesen Gründen gelangte
das Verwaltungsgericht zum Schluss, dass der Kanton Bern Rohgewinne, deren
Besteuerung wegen der Ersatzbeschaffung eines selbstgenutzten Eigenheims
aufgeschoben wurde, nur (aber immerhin) dann nachbesteuern dürfe, wenn ein
ausserkantonales Ersatzobjekt innerhalb von fünf Jahren seit dessen Anschaffung
weiterveräussert werde. Eine solche Konstellation liege hier
unbestrittenermassen vor.  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin vertritt demgegenüber den Standpunkt, die
Einheitsmethode müsse auch bei einer Weiterveräusserung des ausserkantonalen
Ersatzobjekts innert der ersten fünf Jahre seit dessen Erwerb gelten; für eine
Anwendung der Zerlegungsmethode bleibe kein Raum. Dabei verweist die
Beschwerdeführerin ebenfalls auf das Urteil 2C_337/2012 vom 19. Dezember 2012.
Sodann macht die Beschwerdeführerin geltend, in den Kantonen herrsche eine
uneinheitliche Praxis. Die Schweizerische Steuerkonferenz SSK habe in der
vorliegenden Frage keine Regelungskompetenz, zumal sich Bundesrecht selbst mit
einem formellen Kreisschreiben der SSK nicht abändern liesse. Ebenso wenig
bestünde Anlass dazu, bei reinvestitionsnahen Handänderungen von der
Einheitsmethode abzuweichen: Mit der Inkraftsetzung des
Steuerharmonisierungsgesetzes habe sich der Gesetzgeber vielmehr für eine
interkantonale Freizügigkeit ausgesprochen, welche die Behinderung der
Mobilität der Steuersubjekte innerhalb der Schweiz beseitigen soll. Dies setze
eine gewisse Grosszügigkeit der Kantone und gegebenenfalls auch einen
gegenseitigen Verzicht auf bestimmte Besteuerungsansprüche voraus. Insbesondere
sei auf Nachbesteuerungsrechte und die Erweiterung der Steuerhoheit auf
ausserkantonale Realisationen zu verzichten. Ohnehin - so die
Beschwerdeführerin weiter - bedürften objektivierte Sperrfristen einer
ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage, an welcher es hier fehle. Ebenso wenig
bestünden sachliche Gründe für die Einführung einer gesetzlichen Sperrfrist:
Namentlich soweit damit eine Steuerumgehung verhindert werden soll, genügten
die entsprechenden allgemeinen Regeln. Im vorliegenden Fall seien aber weder in
objektiver noch in subjektiver Hinsicht Elemente einer Steuerumgehung
erkennbar. Im Übrigen resultiere eine konsequente Anwendung der Einheitsmethode
für die Kantone in einem neutralen Ergebnis: Steuersubstrat, welches ihnen
durch die interkantonale Ersatzbeschaffung von Wegzügern verloren gehe, könnten
sie wiederum durch Zuzüger kompensieren, welche ihrerseits latentes
Steuersubstrat mitbringen. Aus den genannten Gründen sei im vorliegenden Fall
einzig der Kanton Genf als Zuzugskanton für die Besteuerung des (gesamten)
Gewinns zuständig, welcher aus dem Verkauf der (Ersatz-) Liegenschaft
resultierte. Eine Besteuerung durch den Kanton Bern stelle demgegenüber eine
virtuelle interkantonale Doppelbesteuerung und mithin eine Verletzung von Art.
127 Abs. 3 BV dar.  
 
4.  
 
4.1. Sowohl die Vorinstanz als auch die Beschwerdeführerin haben die
bundesgerichtlichen Ausführungen im Urteil 2C_337/2012 vom 19. Dezember 2012 E.
3.5 zutreffend wiedergegeben, auch wenn sie daraus unterschiedliche Schlüsse
gezogen haben: Tatsächlich hat das Bundesgericht im genannten Entscheid
erwogen, dass Konzept und Tragweite der interkantonalen Ersatzbeschaffung von
dauernd und ausschliesslich selbstgenutztem Wohneigentum nicht ohne Seitenblick
auf die zum Geschäftsvermögen gehörenden Betriebsliegenschaften natürlicher und
juristischer Personen ermessen werden könnten. Mit Bezug auf die interkantonale
Ersatzbeschaffung von Betriebsliegenschaften gehe die herrschende Lehre nicht
nur von einer Übertragung der stillen Reserven aus, sondern auch von einem
Wechsel in der Besteuerungszuständigkeit der Kantone. Wie bei der
steuerneutralen Sitzverlegung eines Unternehmens in einen anderen Kanton und
gleich den Umstrukturierungen über die Kantonsgrenzen hinweg könne deshalb der
bisherige Kanton die Besteuerung der übertragenen stillen Reserven anlässlich
einer späteren Realisation der stillen Reserven im Zuzugskanton nicht mehr
beanspruchen. Der im Zuzugskanton realisierte Gewinn stehe diesem Kanton
vollumfänglich zur Besteuerung zu. Weshalb es sich im Bereich des
Privatvermögens anders verhalten solle, sei nicht ersichtlich. Im Gegenteil sei
ein Gleichschritt der Ersatzbeschaffungstatbestände nicht nur wünschbar,
sondern harmonisierungsrechtlich geradezu geboten. Bei gesamtheitlicher
Betrachtung stehe deshalb ausser Zweifel, dass das Recht zur Besteuerung des
latenten Steuersubstrats auch in den Fällen von Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG
(dauernd und ausschliesslich selbstgenutztes Wohneigentum) insgesamt und
ausschliesslich dem Zuzugskanton bzw. dem letzten Zuzugskanton zukomme. Wie es
sich mit der reinvestitionsnahen Handänderung verhält, die zu keinem weiteren
Steueraufschub Anlass gibt, liess das Bundesgericht im genannten Entscheid noch
offen, zumal dort keine solche Konstellation vorlag. Unter Hinweis darauf, dass
die Schweizerische Steuerkonferenz den einschlägigen Grenzwert bei fünf Jahren
festgelegt hat, erwog es einzig, Fünfjahresfristen seien im Steuerrecht
verbreitet, wenn es um die Schaffung eigentlicher Sperrfristen gehe. Nicht
zuletzt trete auch die Veranlagungsverjährung und die Bezugsverjährung nach
fünf Jahren ein (Art. 47 Abs. 1 und 2 StHG).  
 
4.2. In der Zwischenzeit hat sich das Bundesgericht in BGE 143 II 233 auch mit
dem Begriff des "dauernd und ausschliesslich selbstgenutzten Wohneigentums"
i.S.v. Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG auseinandergesetzt und in diesem Zusammenhang
erwogen, diese Norm regle die dauernde und ausschliessliche Selbstnutzung von
Wohnliegenschaften im Zusammenhang mit dem Steueraufschub bei
Ersatzbeschaffungen, ohne den Kantonen diesbezüglich einen Spielraum zu
belassen. Hinsichtlich der Mindesthaltedauer bestehe ein qualifiziertes
Schweigen des Gesetzgebers. Es könne Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG keine
festgelegte Frist von fünf Jahren als Voraussetzung für eine dauernde und
ausschliessliche Selbstnutzung entnommen werden. Aufgrund des Vorrangs von
Bundesrecht gemäss Art. 49 Abs. 1 BV seien die Kantone auch nicht befugt, in
dieser Hinsicht zusätzliche Anforderungen an einen Steueraufschub bei einer
Ersatzbeschaffung zu stellen.  
 
4.3. Der genannte BGE 143 II 233 bezieht sich jedoch (einzig) auf die Auslegung
von Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG und nicht auf die interkantonale Zuordnung der
Besteuerungskompetenz: Die vom Entscheid behandelte Rechtsfrage ist unabhängig
von einem kantonsübergreifenden Sachverhalt bzw. würde sich auch bei Vorliegen
einer innerkantonalen Ersatzbeschaffung stellen. Der hier zu beurteilende Fall
beschlägt dagegen die Frage nach einem Wiederaufleben der Steuerhoheit des
Wegzugskantons bei einer reinvestitionsnahen Handänderung des Ersatzobjektes im
Zuzugskanton, für den Fall dass es zufolge Abreissens der
Ersatzbeschaffungskette zu keinem (weiteren) Steueraufschub mehr kommt. Für
diese Konstellation muss das Bundesgericht vorliegend modo legislatoris eine
Doppelbesteuerungsregel aufstellen.  
Dabei sind die in BGE 143 II 233 enthaltenen Ausführungen zu Art. 12 Abs. 3
lit. e StHG insoweit massgeblich, als sich daraus - wie bereits aufgezeigt -
ergibt, dass eine Ersatzbeschaffung im Sinne dieser Bestimmung keine
Mindesthaltedauer voraussetzt und insbesondere keine entsprechende
Fünfjahresfrist gilt. Aufgrund dieser neueren Rechtsprechung einerseits und der
bereits früher getroffenen grundsätzlichen Entscheidung des Bundesgerichts für
die Einheitsmethode andererseits (Urteil 2C_337/2012 vom 19. Dezember 2012,
a.a.O.; vgl. E. 3 und E. 4.1 hiervor) sind nunmehr kaum noch massgebliche
Gründe ersichtlich, die für eine partielle Anwendung der Zerlegungsmethode auf
reinvestitionsnahen Handänderungen sprechen würden. Im Interesse einer
einheitlichen und praktikablen Rechtslage drängt sich vielmehr auf, auch
bezüglich die Frage der interkantonalen Zuordnung der Besteuerungskompetenz im
vorliegenden Zusammenhang auf die Statuierung einer (fünfjährigen)
Mindesthaltedauer zu verzichten. Somit gelangt auch bei reinvestitionsnahen
Handänderungen die Einheitsmethode zur Anwendung, was bedeutet, dass das Recht
zur Besteuerung des latenten Steuersubstrats auch in diesen Fällen insgesamt
und ausschliesslich dem Zuzugskanton bzw. dem letzten Zuzugskanton zukommt. 
 
4.4. Gemäss dem Ausgeführten steht die Kompetenz zur Besteuerung des latenten
Steuersubstrats im vorliegenden Fall integral dem Kanton Genf als Zuzugskanton
zu. Eine Besteuerung des gleichen Steuersubstrats durch den Kanton Bern als
Wegzugskanton verstösst somit grundsätzlich gegen das Verbot der (virtuellen)
interkantonalen Doppelbesteuerung gem. Art. 127 Abs. 3 BV, wie dies die
Beschwerdeführerin zu Recht vorbingt. Vorbehalten bliebe einzig die Frage eines
Rechtsmissbrauchs, bei dem etwa ein Veräusserer bereits bei der Wohnsitznahme
im Zuzugskanton die Absicht hegt, die Ersatzbeschaffung beispielsweise in eine
Ferienwohnung umzunutzen oder das erste Ersatzobjekt allein aus spekulativen
Motiven zu erwerben, um nach einer kurzen Besitzesdauer ein zweites
Ersatzobjekt zu kaufen und so den Zwischengewinn abzuschöpfen; diesfalls wäre
der Steueraufschub zu verweigern und es bliebe bei der Besteuerungskompetenz
des Wegzugskantons (vgl. BGE 143 II 233 E. 2.6 S. 238 f.). Solche Anzeichen für
ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen der Beschwerdeführerin sind vorliegend
jedoch nicht ersichtlich.  
 
5.  
Die Beschwerde erweist sich mithin als begründet, weswegen der angefochtene
Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 21. Dezember 2016
ersatzlos aufzuheben ist. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens
dem Kanton Bern aufzuerlegen, der in seiner Eigenschaft als Abgabegläubiger
Vermögensinteressen verfolgte (Art. 66 Abs. 4 BGG e contrario). Er hat der
Beschwerdeführerin überdies für das bundesgerichtliche Verfahren eine
Parteientschädigung zu entrichten (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 2 BGG). 
 
Zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen
Verfahrens ist die Sache schliesslich an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 68
Abs. 5 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 21. Dezember 2016 wird
aufgehoben. 
 
2.  
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens in Höhe von Fr. 15'000.-- werden
dem Kanton Bern auferlegt. 
 
3.  
Der Kanton Bern hat der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren
eine Parteientschädigung von Fr. 10'000.-- zu bezahlen. 
 
4.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
zurückgewiesen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, sowie der Eidgenössischen
Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 28. September 2017 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Zähndler 

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