Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.705/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_705/2017  
 
 
Urteil vom 10. August 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Donzallaz, Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Stadelmann, Haag, 
Gerichtsschreiber Kocher. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
als Rechtsnachfolgerin der B.________ AG, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Conrad M. Walther, 
 
gegen  
 
Dienststelle Steuern des Kantons Luzern.  
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Luzern, Steuerperiode 2011, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung, vom 19.
Juni 2017 (7W 15 43). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die B.________ AG, U.________/ AG, eine reine Immobiliengesellschaft, war zu
Beginn der hier interessierenden Steuerperiode 2011 eine Tochtergesellschaft
der C.________ AG und eine Schwestergesellschaft der D.________ AG, V.________/
LU, bei welcher es sich um eine Betriebsgesellschaft handelte. Die B.________
AG hielt unter anderem die in V.________/LU gelegenen, mit einem Seminarhotel
bebauten Grundstücke Nr. xx und Nr. yy. Mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag
vom 18. November 2011 veräusserte sie die beiden Grundstücke an die ihr nicht
nahestehende Stiftung E.________, V.________/LU. Am selben Tag verkaufte die
C.________ AG die D.________ AG an die Stiftung E.________ und erwarb sie von
dieser die F.________ AG. Aufgrund eines Fusionsvertrags vom 20. Juni 2012 ging
die B.________ AG im Folgejahr, rückwirkend per 1. Januar 2012, in der
A.________ AG, W.________/LU, auf. 
 
B.  
Die B.________ AG und die Stiftung E.________ waren im Kaufvertrag vom 18.
November 2011 im Wesentlichen übereingekommen, dass Nutzen und Schaden am 1.
Februar 2012 auf die Käuferschaft übergehe (Ziff. 2); dass der Kaufpreis sich
auf Fr. 12'000'000.-- belaufe (Ziff. 3); dass die Tilgung mit Valuta vom 1.
Februar 2012 zu erfolgen und die Käuferschaft ein unwiderrufliches
Zahlungsversprechen abzugeben habe (Ziff. 4) und dass die Käuferschaft, soweit
gesetzlich zulässig, auf die Sachgewährleistung verzichte (Ziff. 5). Unter dem
Titel "Rücktrittsrecht / Anmeldung und Eintragung in das Grundbuch" hatten die
Parteien sich sodann auf folgende Klausel (Ziff. 13) verständigt: 
 
"Der Käuferin wird das Recht eingeräumt, bis 23. Januar 2012 von diesem Vertrag
einseitig zurückzutreten. (...) Macht die Käuferin von diesem Recht Gebrauch,
fällt dieser Vertrag dahin. Macht die Käuferin von diesem Recht keinen
Gebrauch, verpflichtet sich die Käuferin zu Handen des Grundbuchamtes
schriftlich die Erklärung abzugeben, dass die Käuferin auf die Ausübung des
Rücktrittsrechts verzichtet. Die Verzichtserklärung ist dem Notar bis 31.
Januar 2012 auszuhändigen. Der Notar wird in diesem Fall beauftragt, diese
Urkunde (...) zur Eintragung in das Grundbuch anzumelden. (...) " 
 
Am 23. Januar 2012 erklärte die Erwerberin, sie sehe von der Ausübung des
Rücktrittsrechts ab. In der Folge kam es Anfang Februar 2012 zur Anmeldung und
Eintragung des Geschäfts im Grundbuch. 
 
C.  
Die B.________ AG verbuchte den Rohgewinn von Fr. 4'600'000.-- aus dem
Kaufvertrag vom 18. November 2011, der sich bei einem Buchwert von Fr.
7'400'000.-- ergeben hatte, nicht im Vertragsjahr (2011), sondern (erst)  im
Folgejahr (2012). Entsprechend hielt sie es in der Steuererklärung.
Demgegenüber gelangte die Dienststelle Steuern des Kantons Luzern (nachfolgend:
KSTV/LU) bei Veranlagung der B.________ AG bezüglich der Steuerperiode 2011 zum
Schluss, die Realisation des Kapitalgewinns sei bereits mit dem Abschluss des
Verpflichtungsgeschäfts eingetreten. Aus diesem Grund rechnete die KSTV/LU den
Gewinn von Fr. 4'600'000.-- in der Veranlagungsperiode 2011 auf und
berücksichtigte sie gleichzeitig von Amtes wegen eine Steuerrückstellung. Mit
Einspracheentscheid vom 19. August 2015 hielt sie an dieser Sichtweise fest.
Dagegen gelangte die Steuerpflichtige an das Kantonsgericht des Kantons Luzern,
dessen 4. Abteilung die Beschwerde mit Entscheid 7W 15 43 vom 19. Juni 2017
abwies.  
 
D.  
Das Kantonsgericht erkannte im Wesentlichen, der Zeitpunkt der Realisation gehe
regelmässig mit der öffentlichen Beurkundung des Verpflichtungsgeschäfts einher
("Soll-Methode"), was sich aus der römisch-rechtlichen Regel betreffend die
Preisgefahr ergebe. Anders könne es sich nur verhalten, wenn die Erfüllung des
Vertrags als besonders unsicher erscheine. In einem solchen Fall sei, so das
Kantonsgericht, zur "Ist-Methode" überzugehen. Anhaltspunkte, die  gegeneine
qualifizierte Unsicherheit sprächen, bestünden gemäss bundesgerichtlicher
Praxis darin, dass zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft eine nur
kurze Zeitdauer verstreiche, dass die Gewährleistung für Sach- und Rechtsmängel
wegbedungen und ein unbedingtes Zahlungsversprechen erteilt werde. Dies alles
sei vorliegend der Fall, zumal ein Geflecht von Verträgen bestanden habe, das
gleichentags geschlossen worden sei. Zudem sei erwiesen, dass ein Rücktritt nur
denkbar gewesen wäre, wenn die  Due-Diligence- Prüfung der Betriebsgesellschaft
(D.________ AG) ungünstig ausgefallen wäre. Zudem hätten die Parteien, nachdem
zuvor ein Vorvertrag geschlossen worden sei, die Öffentlichkeit bereits in der
Medienmitteilung vom 29. August 2011 über die bevorstehenden Transaktionen
informiert. Vor diesem Hintergrund habe zwar eine gewisse Unsicherheit
bestanden, die Erfüllung des Vertrags erscheine aber jedenfalls nicht als
besonders unsicher.  
 
E.  
Mit Eingabe vom 22. August 2017 erhebt die Steuerpflichtige beim Bundesgericht
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt, der
angefochtene Entscheid sei aufzuheben und der erzielte Gewinn und die damit
zusammenhängende Steuerrückstellung seien der Folgeperiode zuzuweisen. Die
Vorinstanz verzichtet auf Vernehmlassung und beantragt die Abweisung der
Beschwerde. Die KSTV/LU schliesst auf Abweisung der Beschwerde und begründet
dies; sie hält eine Resolutivbedingung für gegeben. Die Steuerpflichtige
dupliziert und vertritt den Standpunkt, es liege eine Suspensivbedingung vor. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit Tagebucheintrag vom 29. Juni 2012 sind die Aktiven und
Verbindlichkeiten der B.________ AG durch Fusion und damit Universalsukzession
auf die A.________ AG übergegangen. Diese ist daher deren Rechtsnachfolgerin
(Art. 3 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom
3. Oktober 2003 über Fusion, Spaltung, Umwandlung und Vermögensübertragung
[FusG; SR 221.301]) und Steuernachfolgerin (Art. 54 Abs. 3 DBG [SR 642.11];
Urteil 2C_469/2015 vom 22. Februar 2016 E. 1.3, in: ASA 84 S. 723, StE 2016 A
11 Nr. 6). Die A.________ AG ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG
).  
 
1.2. Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten liegen ebenso vor (Art. 82 lit. a, Art.
83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG
in Verbindung mit Art. 73 StHG [SR 642.14]). Auf die Beschwerde ist
einzutreten.  
 
1.3. Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1
BGG; BGE 143 V 19 E. 2.3 S. 23 f.) und mit uneingeschränkter (voller) Kognition
(Art. 95 lit. a BGG; BGE 141 V 234 E. 2 S. 236).  
 
1.4. Im Unterschied dazu geht das Bundesgericht der angeblichen Verletzung
verfassungsmässiger Individualrechte (unter Einschluss der Grundrechte) nur
nach, falls eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und
ausreichend begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; qualifizierte Rüge- und
Begründungsobliegenheit; BGE 143 II 283 E. 1.2.2 S. 286).  
 
1.5. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 143 IV 500 E. 1.1 S.
503).  
 
2.  
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, in welchem Zeitpunkt die Realisation
eingetreten ist, ob also der erzielte Buchgewinn von Fr. 4.6 Mio., der bei
Veräusserung der beiden bebauten Grundstücke entstand, der Steuerperiode 2011
oder 2012 zuzuordnen sei.  
 
2.2.  
 
2.2.1. Zur Veräusserung von Grundstücken hat das Bundesgericht das
steuerrechtliche Realisationsprinzip dahingehend präzisiert, dass gewöhnlich
auf die  öffentliche Beurkundung des Verpflichtungsgeschäfts abzustellen ist
(Konkretisierung des "Soll"-Prinzips; Urteil 2C_835/2013 vom 16. Dezember 2014
E. 2.2), es sei denn, die Erfüllung sei ungewiss. Im Regelfall handelt es sich
beim Verpflichtungsgeschäft um den Kaufvertrag (Art. 216 Abs. 1 OR). Auf das
Verfügungsgeschäft (Grundbucheintrag; Art. 656 Abs. 1 in Verbindung mit Art.
971 Abs. 1 ZGB) oder den Übergang von Nutzen und Gefahr (Art. 220 OR) kommt es
hingegen in der Regel nicht an. Diese vornehmlich für die (nicht
buchführungspflichtigen) natürlichen Personen entwickelte Praxis ist in
gleicher Weise auf die Kapitalgesellschaften und Genossenschaften anwendbar
(Urteile 2C_404/2013 vom 2. Mai 2014 E. 3.3.6, in: ASA 83 S. 52, RDAF 2014 II
513, StE 2014 A 24.43.1 Nr. 25; 2C_835/2013 vom 16. Dezember 2014 E. 2.2 am
Ende; YVES NOËL, in: Yves Noël/Florence Aubry Girardin [Hrsg.], Commentaire
romand zum LIFD [nachfolgend: CR LIFD], 2. Aufl. 2017, N. 38 zu Art. 16 DBG).
Diese Praxis greift auch im interkantonalen Verhältnis (Urteil 2C_469/2017 vom
1. Dezember 2017 E. 3.2.1, in: ASA 86 S. 503, StR 73/2018 S. 218).  
 
2.2.2. Ebenso rechtsprechungsgemäss entfällt die Massgeblichkeit des
Verpflichtungsgeschäfts, wenn dieses unter einer Suspensivbedingung (Art. 151
ff. OR) steht. Die Praxis geht dahin, dass der suspensiv bedingte Anspruch erst
realisiert wird, sobald die  aufschiebende  Bedingung eingetreten ist (so etwa
Urteil 2C_168/2012 / 2C_169/2012 vom 1. März 2013 E. 2.2, in: RDAF 2013 II 224,
StE 2013 B 22.2 Nr. 27, StR 68/2013 S. 547; NOËL, in: CR LIFD, N. 30 zu Art. 16
DBG). Dies gilt aber nur, wenn der Vollzug tatsächlich ungewiss ist. Keine
derartige Ungewissheit besteht, wenn sich die Verwirklichung der
Suspensivbedingung als blosse Formalität darstellt. Der Abschluss eines
suspensiv bedingten Verpflichtungsgeschäfts begründet mithin im Prinzip erst
eine  Anwartschaft (MARKUS REICH/ANDREAS HELBING/ FABIAN DUSS, in: Martin
Zweifel/Michael Beusch [Hrsg.], Komm. DBG, 3. Aufl. 2017, N. 48 zu Art. 20a DBG
). Zu denken ist beispielsweise an Mitarbeiterbeteiligungen mit Vestingklausel
(Art. 17a DBG bzw. Art. 3 der Verordnung vom 27. Juni 2012 über die
Bescheinigungspflichten bei Mitarbeiterbeteiligungen [MBV; SR 642.115.325.1];
Urteile 2C_397/2015 vom 26. Januar 2016 E. 3.2; 2C_236/2010 vom 14. Oktober
2010 E. 2.2, in: RDAF 2011 II 84, StE 2011 B 22.2 Nr. 24), 2C_138/2010 / 2C_139
/2010 vom 2. Juni 2010 E. 2.2, in: StE 2010 B 22.2 Nr. 21) oder an den
Mäklervertrag (Art. 413 Abs. 1 OR; Urteil 2C_941/2012 / 2C_942/2012 vom 9.
November 2013 E. 2.3, in: ASA 82 S. 375, StR 69/2014 S. 207). Ebenso wenig
liegt bis zum Bedingungseintritt steuerbares Vermögen vor (BGE 138 II 311 E.
3.1.3 S. 316; DANIEL DZAMKO-LOCHER/HANNES TEUSCHER, in: Martin Zweifel/Michael
Beusch [Hrsg.], Komm. StHG, 3. Aufl. 2017, N. 8 zu Art. 14 StHG).  
 
2.2.3. Ob eine aufschiebende (Art. 151 ff. OR) oder doch eine auflösende
Bedingung (Art. 154 OR) vorliegt, ist oft nicht auf den ersten Blick erkennbar
und ruft nach der Auslegung des Vertrags (Urteil 4A_213/2008 vom 29. Juli 2008
E. 4.3 f.; PASCAL PICHONNAZ, in: Luc Thévenoz/Franz Werro [Hrsg.], Commentaire
romand, Code des obligations I [nachfolgend: CR CO I], 2. Aufl. 2012, N. 32 zu 
Art. 151 OR; FELIX R. EHRAT/MARKUS WIDMER, in: Heinrich Honsell/Nedim Peter
Vogt/Wolfgang Wiegand [Hrsg.], Obligationenrecht I [nachfolgend: BSK OR I], 6.
Aufl. 2015, N. 6 zu Art. 151 OR). Führt auch die Auslegung zu keinem
eindeutigen Ergebnis, ist der Suspensivbedingung der Vorzug zu geben, sodass
der Schuldner nicht unmittelbar verpflichtet wird (PICHONNAZ, in: CR CO I, N.
32 zu Art. 151 OR; EHRAT/WIDMER, in: BSK OR I, N. 6 zu Art. 151 OR). Es besteht
die Vermutung für eine Suspensivbedingung (BGE 56 II 203 E. 4 S. 209 f.).  
 
2.2.4. Zur Auslegung eines zivilrechtlichen Vertrags ist hauptsächlich auf den
übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien abzustellen (empirische oder
subjektive Vertragsauslegung gemäss Art. 18 Abs. 1 OR; natürlicher Konsens).
Was die Parteien beim Vertragsabschluss gewusst, gewollt oder tatsächlich
verstanden haben, ist eine Tatfrage (BGE 133 III 675 E. 3.3 S. 681). Bleibt der
natürliche Konsens unbewiesen, ist der Vertrag nach dem Vertrauensprinzip -
objektiviert - auszulegen (Art. 2 Abs. 2 ZGB). Hierzu gilt es, den
mutmasslichen Parteiwillen zu ermitteln, wie er von den jeweiligen
Erklärungsempfängern nach Treu und Glauben verstanden werden durfte und musste
(normative oder objektive Vertragsauslegung gemäss Art. 2 Abs. 1 ZGB;
rechtlicher Konsens; zum Ganzen: BGE 144 III 93 E. 5.2.1 S. 97 f.; 144 V 84 E.
6.2.1 S. 89). Die Vertragsauslegung nach dem Vertrauensgrundsatz ist eine
Rechtsfrage, die vom Bundesgericht bei bundesrechtlichen Verträgen frei geprüft
wird (BGE 142 III 671 E. 3.3 S. 675).  
 
3.  
 
3.1. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz
(Art. 105 Abs. 1 BGG; vorne E. 1.5) kam das Verpflichtungsgeschäft Mitte
November 2011, das Verfügungsgeschäft alsdann Anfang Februar 2012 zustande.
Dazwischen lag die Erklärung der Käuferschaft, auf die Anrufung des
Widerrufsrechts zu verzichten. Die Tilgung des Kaufpreises (teils durch
Übernahme der Grundpfandschulden, teils durch Barzahlung) hatte vertragsgemäss
erst mit Valuta vom 1. Februar 2012 zu erfolgen, wobei die Käuferschaft bis
dahin ein unwiderrufliches Zahlungsversprechen abzugehen hatte (Sachverhalt,
lit. A und B). Eine Vorauszahlung blieb damit aus.  
 
3.2.  
 
3.2.1. Die Vorinstanz schliesst aus der zeitlichen Abfolge und den begleitenden
Sachumständen (Verzicht auf die Sachgewährleistung, Geflecht verschiedener
Rechtsgeschäfte, Rücktritt nur bei ungünstiger  Due-Diligence -Prüfung etc.),
dass zwar eine gewisse, aber jedenfalls keine besondere Unsicherheit bestanden
habe, welche der Realisation im Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts hätte
entgegenstehen können (Sachverhalt, lit. D). Praxisgemäss führe eine
Rücktrittserklärung ohnehin zur Aufhebung des Rechtsgeschäftes ex tunc. Die
Steuerpflichtige hält dem im Wesentlichen entgegen, von Vertragsrechts wegen
sei ein resolutiv bedingter Grundstückkaufvertrag von vornherein ausgeschlossen
(Art. 217 OR, Art. 958 ff. ZGB und Art. 47 der Grundbuchverordnung vom 23.
September 2011 [GBV; SR 211.432.1]). Daher müsse es sich bei der Einräumung des
Rücktrittsrechts zwangsläufig um eine Suspensivbedingung gehandelt haben, die
als solche einer Verbuchung in der Steuerperiode 2011 entgegenstehe.  
 
3.3.  
 
3.3.1. Bedingte Grundstückkaufverträge sind zulässig und häufig anzutreffen
(HEINRICH HONSELL, in: BSK OR I, N. 2 zu Art. 217 OR), was sich schon aus dem
Wortlaut von Art. 217 Abs. 1 OR ergibt. Anders als das Verpflichtungs- ist das
Verfügungsgeschäft zwingend bedingungsfrei auszugestalten: Bei der
Grundbuchanmeldung handelt es sich um ein Gestaltungsrecht. Solche sind gerade
auch gegenüber Verwaltungs- und Gerichtsbehörden grundsätzlich
bedingungsfeindlich und unwiderruflich (BGE 141 V 597 E. 3.1 S. 601). Die
Behörden sollen von klaren Voraussetzungen ausgehen können (Urteil 2C_721/2017
vom 4. September 2017 mit Hinweisen). Insofern ist Art. 47 Abs. 1 GBV in der
Fassung vom 23. September 2011 ("Die Anmeldung erfolgt unbedingt und
vorbehaltlos") nur deklaratorischer Natur. In einem weiteren Sinn wird die
Bedingungsfeindlichkeit des Verfügungsgeschäfts aus Art. 217 Abs. 2 OR
hergeleitet (dazu HONSELL, in: BSK OR I, N. 2 zu Art. 217 OR).  
 
3.3.2. Der Vertragstext spricht vorliegend vom Recht, "einseitig
zurückzutreten", vom "Rücktrittsrecht" und von der "Verzichtserklärung"
(Sachverhalt, lit. B). Bei rein grammatikalischer Betrachtung deutet manches
auf eine Resolutivbedingung vor (Art. 154 OR). Bis zum Entscheid über eine
Resolutivbedingung herrscht ein  Schwebezustand (PICHONNAZ, in: CR CO I, N. 5
zu Art. 154 OR), genau gleich wie im Fall der Suspensivbedingung (Art. 152 Abs.
1 OR; so EHRAT/WIDMER, in: BSK OR I, N. 5 zu Art. 154 OR). Das Steuerrecht hat
diesem Schwebezustand Rechnung zu tragen. Ein  suspensiv bedingter Anspruch
gilt praxisgemäss erst mit dem Eintritt der Bedingung als realisiert (vorne E.
2.2.2). Was den  resolutiv bedingten Anspruch angeht, ist jedenfalls
handelsrechtlich eine Rückstellung oder Wertberichtigung zu bilden, bis der
Schwebezustand behoben ist (MARKUS WEIDMANN, Einkommensbegriff und Realisation,
1996, S. 153). Dieser Sichtweise wird sich auch das Steuerrecht anzuschliessen
haben, was hier aber nicht abschliessend zu beurteilen ist.  
 
3.3.3. Der Vertragstext deutet mithin auf eine Resolutivbedingung hin. Dies ist
letztlich aber nicht alleine ausschlaggebend, nachdem es nicht ausschliesslich
auf den Wortlaut des Vertrages ankommt. Gemäss Art. 18 Abs. 1 OR bleibt eine
unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise unbeachtlich und geht der
übereinstimmende wirkliche Wille dem Wortlaut vor (  "falsa demonstratio non
nocet"; Urteil 5A_99/2014 vom 23. Mai 2014 E. 4.1; BÉNÉDICT WINIGER, in: CR CO
I, N. 61 zu Art. 18 OR; WOLFGANG WIEGAND, in: BSK OR I, N. 44 zu Art. 18 OR).
Die Vorinstanz stellt hauptsächlich auf den Vertragswortlaut ab. Dies greift
hier aber zu kurz. Wie auch die Vorinstanz feststellt, besteht ein Zusammenhang
zwischen den Verträgen, wenngleich die Vertragsparteien nicht deckungsgleich
waren. Die Stiftung erwarb einerseits zwei Grundstücke ("asset deal";
Verkäuferin: Immobiliengesellschaft) und anderseits die Beteiligung an der
Betriebsgesellschaft ("share deal"; Verkäuferin: Holdinggesellschaft). Das eine
Rechtsgeschäft war ohne das andere nicht denkbar. Absicht der Vertragsparteien
war es, dass die Stiftung im Endergebnis entweder Grundstücke und
Betriebsgesellschaft oder keines von beidem erwerben wollte. Da die Stiftung
ihren definitiven Entscheid aber ausdrücklich von der vertieften Prüfung der
Betriebsgesellschaft abhängig machen wollte, wurde der Grundstückkaufvertrag
unter eine Rücktrittsklausel gestellt.  
 
3.3.4. Im Ergebnis kommt die Rücktrittsklausel einer Aufschubklausel zumindest
nahe: Nachdem das Verfügungsgeschäft bedingungsfrei auszugestalten ist (vorne
E. 3.3.1), konnte es vorliegend nicht zum Vollzug des Grundstückkaufvertrags
kommen, bis die  Due-Diligence -Prüfung abgeschlossen und der Entscheid des
Stiftungsrats gefällt war. Anders als im Fall eines Dauerschuldverhältnisses,
das bis dahin bereits hätte laufen können, liegt hier ein reines
Zielschuldverhältnis vor, welches in ein bedingungsfeindliches
Verfügungsgeschäft mündet: Der Kaufvertrag wirkt sich rechtlich und faktisch
erst aus, wenn die Käuferschaft die Erklärung abgibt, auf die Ausübung des
Rücktrittsrechts zu verzichten. Nur für diesen Fall ist der Notar beauftragt,
den Kaufvertrag zur Eintragung in das Grundbuch anzumelden. Die
Steuerpflichtige führt nachvollziehbar aus, rückblickend wäre es wohl
angemessener gewesen, vorerst lediglich ein Kaufsrecht zu begründen und den
Kaufvertrag erst nach der klärenden Beschlussfassung durch den Stiftungsrat zu
schliessen. Dies überzeugt, war der Vertrag doch dahingehend konzipiert, dass
Nutzen und Schaden erst am 1. Februar 2012 übergehen sollten, die Tilgung
ebenso erst am 1. Februar 2012 zu erbringen war und die Stiftung sich bis zum
23. Januar 2012 zu äussern hatte, ob sie den "Rücktritt" ausübe. Die gesamten
Umstände, die mangels vorinstanzlicher Erwägungen zum natürlichen Konsens
objektiviert zu würdigen sind (vorne E. 2.2.4), zeigen auf, dass es sich nicht
um einen  Rücktritt vom Vertrag, sondern vielmehr um die bis dahin noch
ausstehende  Zustimmung zum Vertrag handelte.  
 
3.3.5. Die Vertragsauslegung weist damit - entgegen dem etwas verunglückten
Wortlaut, der aber nicht massgebend ist (vorne E. 3.3.3) - auf eine
Suspensivbedingung hin, was ohnehin der hier herrschenden Vermutung entspricht
(vorne E. 2.2.3). Der Kaufvertrag war folglich nicht mit einer Put-Option
versehen worden. Vielmehr bestand eine Call-Option, mit welcher das noch nicht
perfektionierte Verpflichtungsgeschäft zur Entstehung gebracht wurde. Vom 18.
November 2011 bis zum 23. Januar 2012 herrschte ein schwebender Zustand (vorne
E. 3.3.2), der steuerrechtlich nicht unbeachtlich bleiben darf. Die
steuerrechtliche Realisation trat entsprechend erst im Jahr 2012 ein.  
 
3.4. Die Beschwerde erweist sich als begründet. Sie ist gutzuheissen und die
Sache zu neuer Veranlagung im Sinne der Erwägungen an die KSTV/LU
zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 Satz 2 BGG).  
 
4.   
 
4.1. Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten
des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Kanton Luzern aufzuerlegen.  
 
4.2. Der Kanton Luzern hat der Steuerpflichtigen, die sich durch einen
Rechtsanwalt vertreten lässt, eine angemessene Parteientschädigung auszurichten
(Art. 68 Abs. 1 BGG in Verbindung mit Art. 2 des Reglements des Bundesgerichts
vom 31. März 2006 über die Parteientschädigung und die Entschädigung für die
amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht [SR 173.110.210.3]).  
 
4.3. Zur Neuverlegung der Kosten und Entschädigungen des vorangegangenen
Verfahrens wird die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen (Art. 107 Abs. 2
Satz 1 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil 7W 15 43 des Kantonsgerichts des
Kantons Luzern, 4. Abteilung, vom 19. Juni 2017 aufgehoben und die Sache zu
neuer Veranlagung im Sinne der Erwägungen an die Dienststelle Steuern des
Kantons Luzern zurückgewiesen. 
 
2.   
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden dem
Kanton Luzern auferlegt. 
 
3.   
Der Kanton Luzern hat der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten. 
 
4.   
Zur Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen für das kantonale Verfahren
wird die Sache an das Kantonsgericht des Kantons Luzern zurückgewiesen. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Luzern, 4.
Abteilung, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. August 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher 

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