Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.700/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
2C_700/2017        

Urteil vom 24. August 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Gerichtsschreiber Feller.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Patrick L. Krauskopf,

gegen

Wettbewerbskommission WEKO.

Gegenstand
Untersuchung betr. Bauleistungen See-Gaster
wegen unzulässiger Wettbewerbsabrede gemäss
Art. 5 Abs. 3 KG; Teilsistierung des Verfahrens,

Beschwerde gegen die Zwischenverfügung
des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II,
vom 20. Juni 2017.

Erwägungen:

1.
Die Wettbewerbskommission WEKO eröffnete am 15. April 2013 die Untersuchung xx
betreffend Bauleistungen in den Bezirken See-Gaster (SG) sowie March und Höfe
(SZ); am 22. Oktober 2013 erfolgte eine Ausdehnung der Untersuchung. Die WEKO
schloss auf das Vorliegen von kartellrechtswidrigem Verhalten ab mindestens
2004 bis gegen Mitte 2009. Mit Verfügung vom 8. Juli 2016 sprach sie gegen acht
Strassen- und Tiefbauunternehmungen Bussen von insgesamt rund 5 Mio. Franken
aus. Diese Verfügung wurde den verschiedenen Adressaten jeweils mit
individuellen Begleitschreiben vom 3. Oktober 2016 zugesandt. Sanktioniert
wurden unter anderem die Gebr. B.________ AG in U.________, sowie die
A.________ AG in U.________, mit einer Busse in Höhe von Fr. 812'261.-- und
Verfahrenskosten von Fr. 131'943.--. Die beiden Gesellschaften haben denselben
Vertreter. Die Verfügung wurde diesem mit einem Begleitschreiben zugestellt,
welches mit dem Vermerk "Fassung für die Gebr. B.________ AG und die
A.A.________ AG" versehen war.
Am 11. November 2016 erhoben die beiden Gesellschaften Beschwerde an das
Bundesverwaltungsgericht (Verfahren B-6998/2016). Dabei wurde unter anderem um
Feststellung ersucht, der A.________ AG sei, im Gegensatz zur Gebr. B.________
AG, keine anfechtbare Verfügung (gültig) zugestellt worden. Sie waren weiter
der Ansicht, dass die A.________ AG nicht "materielle Verfügungsadressatin"
sein konnte, weil von ihr von vornherein im fraglichen Zeitraum kein aus
kartellrechtlicher Sicht zu beurteilendes Verhalten ausgegangen sei, habe sie
doch ihre Geschäftstätigkeit erst 2014 aufgenommen. Am 15. Mai 2017 stellten
sie ein Sistierungsgesuch mit den Begehren, es sei der Schriftenwechsel
auszusetzen, bis das Bundesverwaltungsgericht über die rechtskonforme
Zustellung der WEKO-Verfügung entschieden habe, oder es sei der
Schriftenwechsel auf diese Rechtsfrage zu beschränken (1); eventualiter sei der
Schriftenwechsel bis zum Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts über die
Zulässigkeit der A.________ AG als Verfügungsadressatin auszusetzen oder es sei
der Schriftenwechsel auf diese Rechtsfrage zu beschränken (2). Mit
Zwischenverfügung des Instruktionsrichters vom 20. Juni 2017 wies das
Bundesverwaltungsgericht diese (Sistierungs-) Anträge ab. Was insbesondere den
Aspekt der "materiellen Verfügungsadressatin" betrifft, wies es auf dessen enge
Verknüpfung mit dem umfassenden materiellen Rechtsstreit hin.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 21. August 2017
beantragt die A.________ AG dem Bundesgericht, es sei die Zwischenverfügung des
Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben; das vorinstanzliche Verfahren sei vorerst
auf die Frage der rechtskonformen Zustellung der angefochtenen Verfügung an die
Beschwerdeführerin sowie die Frage von deren Zulässigkeit als
Verfügungsadressatin zu beschränken; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung
an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuweisen und dieses anzuweisen, das
Sistierungsgesuch ernsthaft und sorgfältig zu prüfen.
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen
angeordnet worden.

2. 

2.1. Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zulässig gegen End- und
Teilentscheide (Art. 90 und 91 BGG), gegen Zwischenentscheide hingegen nur
unter bestimmten Voraussetzungen (Art. 92 und 93 BGG). Art. 92 Abs. 1 BGG lässt
die Beschwerde zu gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide
über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren. Gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG
ist die Beschwerde gegen andere selbstständig eröffnete Zwischenentscheide
zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können
(lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid
herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein
weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Ist die Beschwerde nach
Art. 93 Abs. 1 BGG nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, so
sind die betreffenden Vor- oder Zwischenentscheide durch Beschwerde gegen den
Endentscheid anfechtbar, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken (Art. 93
Abs. 3 BGG).
Die hier angefochtene Zwischenverfügung fällt nicht unter Art. 92 BGG. Sie ist
nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 BGG anfechtbar. Die
Beschwerdeführerin beruft sich auf Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; sie macht
geltend, die angefochtene Zwischenverfügung bewirke für sie einen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil.

2.2. Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit.
a BGG liegt dann vor, wenn er auch durch einen für den Beschwerdeführer
günstigen späteren Entscheid nicht mehr behoben werden kann (etwa BGE 141 IV
284 E. 2.2 S. 287; 289 E. 1.2 S. 291). Der Nachteil muss in der Regel
rechtlicher Natur sein (BGE 141 IV 289 E. 1.2 S. 291; 140 V 321 E. 3.6 S. 326).
Vom der Regelung von Art. 93 BGG zugrunde liegenden, auf dem Gedanken der
Verfahrensökonomie beruhenden Zweck, dass das Bundesgericht sich mit einer
Sache möglichst nur einmal zu befassen habe, soll nur zurückhaltend abgewichen
werden (BGE 142 III 798 E. 2.2 S. 801; 141 III 80 E. 1.2 S. 81). Keinen nicht
wieder gutzumachenden Nachteil bewirken die Verteuerung des Prozesses oder
dessen Verlängerung (BGE 142 III 798 E. 2.2 S. 801 mit Hinweisen).

2.3. Die Beschwerdeführerin umschreibt den ihr durch die abgelehnte (Teil-)
Sistierung des Verfahrens bewirkten Nachteil wie folgt: Die anstehende
Nachfolgeplanung der Beschwerdeführerin werde erschwert bzw. während der ganzen
Dauer des Verfahrens vor Bundesverwaltungsgericht praktisch verunmöglicht; der
durch den Zeitverlust erlittene Nachteil würde durch einen für sie günstigen
Endentscheid (Feststellung der Nichtbetroffenheit durch die - allfälligen -
kartellrechtswidrigen Verhaltensweisen und Aufhebung der entsprechenden
Sanktion) nicht aufgehoben; weiter liege grundsätzlich ein nicht wieder
gutzumachender Nachteil (wirtschaftlich, finanziell, rechtlich, medial) vor,
gezwungenermassen an einem Verfahren beteiligt zu sein, das sie de facto gar
nicht betreffen könne; der diesbezügliche Reputationsschaden sei nachträglich
nicht behebbar; unwiderrufliche Rechtsnachteile bzw. wirtschaftliche Nachteile
drohten insofern, als sie sich mit politischen Vorstössen konfrontiert sehe,
Schadenersatzansprüche von öffentlichen Bauherren zu gewärtigen habe und
beschaffungsrechtliche Nachteile bis hin zu einem Ausschluss aus dem
Vergabeverfahren drohten. Diese Vorbringen sind an den vorne dargestellten
Grundsätzen zu messen.

2.4. Die Beschwerdeführerin strebt mit ihren Anträgen eine Beschränkung des
Beschwerdeverfahrens vor der Vorinstanz auf einzelne Teilfragen bzw. die
Sistierung an. Vorliegend hätte eine Gutheissung der Beschwerde vorerst nur zur
Folge, dass das Bundesverwaltungsgericht die von der Beschwerdeführerin
aufgeworfenen Teilfragen vorab zu behandeln hätte. Sollte dieses im zweiten
Umgang die im von der Beschwerdeführerin gewollten Sinn beschränkten Teil-Rügen
für unbegründet erachten, würde die Aufteilung des Verfahrens in mehrere
Schritte das Gesamtverfahren noch verlängern: Wenn die Beschwerdeführerin auf
die Anfechtung eines entsprechenden negativen Zwischenentscheids verzichtete,
wäre die mit ihrem heutigen Antrag angestrebte Verfahrensbeschleunigung
vereitelt; sollte sie sich zur Anfechtung des neuen Zwischenentscheids
entscheiden, ist mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ein
Nichteintretensentscheid des Bundesgerichts gestützt auf Art. 93 Abs. 1 BGG zu
gewärtigen; diesfalls wie auch im Falle einer Abweisung jener Beschwerde müsste
das Bundesverwaltungsgericht die weiteren Beschwerdepunkte überprüfen und wäre
insgesamt das dort hängige Verfahren auch noch um die Dauer des
Zwischenverfahrens verlängert worden. Nur im Falle der Gutheissung der
Beschwerde gegen die entsprechende neue Zwischenverfügung könnte eine gewisse
Verfahrensbeschleunigung resultieren, weil das Bundesverwaltungsgericht die
übrigen Beschwerdepunkte nicht mehr prüfen müsste, dies aber nur im Hinblick
auf die Beschwerdeführerin; das Beschwerdeverfahren würde betreffend die mit
der Beschwerdeführerin verbundene Gesellschaft, die Gebr. B.________ AG, durch
das Zwischenverfahren in jedem Fall verlängert. Die blosse hypothetische
Möglichkeit eines für die Beschwerdeführerin erfolgreichen Ausgangs des
Zwischenverfahrens reicht für die Annahme eines nicht wieder gutzumachenden
Nachteils nicht aus. Zuzulassen, eine Streitsache in mehrere Teilfragen
aufzuteilen und über jede davon separat entscheiden zu lassen, würde insgesamt
gesehen höchstens in einer kleinen Zahl von Fällen das Verfahren abkürzen, in
der grossen Mehrzahl der Fälle aber die gesamte Verfahrensdauer erheblich
verlängern und die Justiz und die Rechtssuchenden (zusätzlich) belasten. Dies
ist mit Art. 93 BGG prinzipiell nicht vereinbar und grundsätzlich zu vermeiden.
Es liegen keine besonderen Umstände vor, die vorliegend hinreichend für eine
andere Einschätzung sprechen würden.

2.5. Die Beschwerde gegen die angefochtene Zwischenverfügung ist nach Art. 93
Abs. 1 BGG unzulässig. Es ist darauf mit Entscheid des Abteilungspräsidenten
als Einzelrichter im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG nicht
einzutreten.

2.6. Die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) sind entsprechend dem Verfahrensausgang
der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 erster Satz BGG).

Demnach erkennt der Präsident:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Wettbewerbskommission WEKO und
dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. August 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Feller

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