Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.68/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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2C_68/2017             

 
 
 
Urteil vom 29. November 2017  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, Bundesrichterin Aubry Girardin, Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiber Klopfenstein. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Berninastrasse 45, 8090 Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2.
Abteilung, vom 7. Dezember 2016 (VB.2016.00328). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________, geboren xx.xx.1977, iranische Staatsangehörige, heiratete am 21.
Januar 2013 im Iran den in der Schweiz aufenthaltsberechtigten
österreichisch-iranischen Doppelbürger B.________ (geboren 1964) und reiste am
8. September 2013 in die Schweiz ein. In der Folge erteilte ihr das
Migrationsamt des Kantons Zürich eine für die ganze Schweiz gültige
Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA. Am 16. Februar 2014 begaben sich die Ehegatten
in den Iran. Ohne Wissen von A.________ kehrte der Ehemann einen Tag später in
die Schweiz zurück und meldete seine Frau bei der Einwohnerkontrolle ab.
A.________ kehrte am 20. März 2014 in die Schweiz zurück und lebte wiederum bei
ihrem Ehemann. Am 29. Juli 2014 reichte sie beim Bezirksgericht Winterthur ein
Eheschutzbegehren ein. Der Ehemann zog am 2. September 2014 aus der ehelichen
Wohnung aus. Mit Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom 19. Dezember 2014
wurde festgestellt, dass die Ehegatten zum Getrenntleben berechtigt seien. 
 
B.  
Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs widerrief das Migrationsamt mit Verfügung
vom 24. Juli 2015 die Aufenthaltsbewilligung von A.________. Die dagegen
erhobenen kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos (Rekursentscheid der
Sicherheitsdirektion vom 10. Mai 2016; Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich vom 7. Dezember 2016). 
 
C.  
A.________ erhebt mit Eingabe vom 18. Januar 2017 Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht mit dem Antrag auf
Aufhebung des angefochtenen Urteils. Die Sicherheitsdirektion verzichtet auf
Vernehmlassung. Das Verwaltungsgericht beantragt Abweisung der Beschwerde. 
Mit Verfügung des Präsidenten der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom 20. Januar 2017 wurde der Beschwerde die aufschiebende
Wirkung zuerkannt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den kantonal
letztinstanzlichen Widerruf einer Aufenthaltsbewilligung, die ansonsten ihre
Wirkung noch entfalten würde, ist zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c
Ziff. 2, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG; Urteil 2C_96/2012 vom 18.
September 2012 E. 1.1) und die Beschwerdeführerin ist dazu legitimiert (Art. 89
Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist einzutreten. 
 
2.  
Das Bundesgericht prüft frei und von Amtes wegen die richtige Anwendung von
Bundesrecht (Art. 95 lit. a und Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG
). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen oder auf
entsprechende Rüge hin berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig, d.h. willkürlich, ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). Die
betroffene Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der
Sachverhalt bzw. die beanstandete Beweiswürdigung klar und eindeutig mangelhaft
erscheint (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.; 133 III 350
E. 1.3 S. 351 f.). Rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung
und an der Beweiswürdigung genügt den Begründungs- bzw. Rügeanforderungen nicht
(BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445 mit Hinweisen). 
 
3.  
 
3.1. Gemäss Art. 3 Abs. 1 Anhang I FZA (SR 0.142.112.681) haben die
Familienangehörigen einer Person, die Staatsangehörige einer Vertragspartei ist
und ein Aufenthaltsrecht hat, das Recht, bei ihr Wohnung zu nehmen. Es handelt
sich dabei um ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht des Ehegatten, das dazu
bestimmt ist, durch Ermöglichung des gemeinsamen Familienlebens die Wirksamkeit
der Freizügigkeit der EU-Angehörigen sicherzustellen und das nur solange
dauert, als das originäre Aufenthaltsrecht des EU-Angehörigen besteht (BGE 139
II 393 E. 2.1 S. 395; 137 II 1 E. 3.2 S. 5 f.; 130 II 113 E. 7 S. 124 ff.).
Nach der Rechtsprechung setzt dieses Recht grundsätzlich nur das formale
Bestehen einer Ehe voraus, doch steht es unter dem Vorbehalt des
Rechtsmissbrauchs; fehlt der Wille zur Gemeinschaft und dient das formelle
Eheband ausschliesslich (noch) dazu, die ausländerrechtlichen
Zulassungsvorschriften zu umgehen, fällt der Anspruch dahin (BGE 139 II 393 E.
2.1 S. 395; 130 II 113 E. 9 S. 129 ff.). Abgesehen vom hier nicht in Betracht
fallenden Verbleiberecht gemäss Art. 4 Anhang I FZA (i.V.m. Art. 3 der VO 1251/
70) kennt das FZA keine Rechtsansprüche von drittstaatsangehörigen Ehegatten,
im Gastland zu verbleiben, wenn der EU-Angehörige, von dem sie ihre
Aufenthaltsberechtigung abgeleitet haben, nicht mehr in diesem Land lebt
(Urteile EuGH  Secretary of State [C-115/15] vom 30. Juni 2016 Rdnr. 34 f.; 
Singh u.a. [C-218/14] vom 16. Juli 2015, Rdnr. 58, 65-67 zu Art. 7 Abs. 2 der
RL 2004/38) oder wenn die anspruchsvermittelnde Ehe aufgelöst oder die Berufung
darauf rechtsmissbräuchlich ist. Der drittstaatsangehörige Ehegatte eines
EU-Angehörigen verliert dadurch seinen Status als Familienangehöriger im Sinne
von Art. 3 Anhang I FZA und damit auch sein abgeleitetes Aufenthaltsrecht nach
dieser Bestimmung. Die abgeleitete Bewilligung des Drittstaatsangehörigen kann
in diesem Fall mangels Fortdauerns der Bewilligungsvoraussetzungen gestützt auf
Art. 23 Abs. 1 der Verordnung vom 22. Mai 2002 über die Einführung des freien
Personenverkehrs, VEP (SR 142.203) i.V.m. Art. 62 lit. d AuG (Nichteinhalten
einer mit der Verfügung verbundenen Bedingung) widerrufen oder nicht (mehr)
verlängert werden, da das Freizügigkeitsabkommen diesbezüglich keine eigenen
abweichenden Bestimmungen enthält (BGE 139 II 393 E. 2.1 S. 395).  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin war im Zeitpunkt des angefochtenen Urteils noch mit
einem österreichischen Staatsangehörigen verheiratet. Sie lebt allerdings seit
September 2014 von diesem getrennt. Gemäss Vorinstanz hat schon die
Sicherheitsdirektion festgestellt, soweit sich die Beschwerdeführerin auf die
bloss formell noch bestehende Ehe berufe, verhalte sie sich
rechtsmissbräuchlich; dies werde in der Beschwerde nicht bestritten, so dass
die Beschwerdeführerin aus dem FZA keinen Aufenthaltsanspruch mehr ableiten
könne. Auch vor Bundesgericht wird diese Argumentation nicht bestritten. Die
Beschwerdeführerin hat demnach keinen Aufenthaltsanspruch gestützt auf Art. 3
Abs. 1 und 2 Anhang I FZA.  
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz hat sodann einen Anspruch nach Art. 50 AuG geprüft. Nach
dieser Bestimmung besteht nach Auflösung der Ehe oder der Familiengemeinschaft
der Anspruch des Ehegatten und der Kinder auf Erteilung und Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung nach den Artikeln 42 und 43 weiter, wenn die
Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche
Integration besteht (lit. a) oder wichtige persönliche Gründe einen weiteren
Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (lit. b). Die Vorinstanz hat
erwogen, die Ehegemeinschaft zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann
habe weniger als drei Jahre gedauert, so dass die Voraussetzungen von Art. 50
Abs. 1 lit. a AuG nicht erfüllt seien. Auch lägen keine wichtigen Gründe im
Sinne von lit. b vor: Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte eheliche
Gewalt sei nicht erwiesen und es bestünden keine Anhaltspunkte für eine starke
Gefährdung der sozialen Wiedereingliederung.  
 
4.2. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf einen wichtigen Grund nach Art. 50
Abs. 1 lit. b AuG und wirft der Vorinstanz vor, zu Unrecht eheliche Gewalt
verneint zu haben. Bevor auf diese Rügen einzugehen ist, ist im Rahmen der
Rechtsanwendung von Amtes wegen (vorne E. 2) zu prüfen, ob Art. 50 AuG
überhaupt anwendbar ist.  
 
4.3. Art. 50 AuG gewährt den ehemaligen Familienangehörigen einen selbständigen
Aufenthaltsanspruch nach Auflösung der Familiengemeinschaft (BGE 137 II 345 E.
3.1.3 S. 347). Dieser Anspruch geht weiter als die abgeleiteten Ansprüche von
Familienangehörigen von EU-Angehörigen nach FZA (vorne E. 3.1). Art. 50 AuG ist
damit günstiger als das FZA und mithin gemäss Art. 2 Abs. 2 AuG auch auf
EU-Angehörige anwendbar. Allerdings knüpfen die Aufenthaltsansprüche nach Art.
50 AuG gemäss dem klaren Wortlaut des Gesetzes an diejenigen von Art. 42 und 43
AuG an (BGE 140 II 289 E. 3.6.1 S. 295 f.; 140 II 129 E. 3.4 S. 132; 136 II 113
E. 3.3.2 S. 118 f.), setzen somit voraus, dass der Ehegatte oder Elternteil,
von dem die Bewilligung abgeleitet wurde, das Schweizer Bürgerrecht oder eine
Niederlassungsbewilligung in der Schweiz besass; eine blosse
Aufenthaltsbewilligung reicht dazu nicht aus (MARTINA CARONI, Handkommentar
AuG, 2010, Art. 50 Rz. 7). Vorliegend hatte der Ehegatte der Beschwerdeführerin
gemäss den Feststellungen der Vorinstanz nicht eine Niederlassungsbewilligung,
sondern bloss eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA. Damit hat die
Beschwerdeführerin keine Ansprüche nach Art. 50 AuG.  
 
4.4. Das Bundesgericht hat freilich im Urteil 2C_886/2011 vom 28. Februar 2012
(E. 4.1) ausgeführt, da EU-Bürger und ihre Angehörigen freizügigkeitsrechtlich
nicht schlechter gestellt werden dürften als Schweizer Bürger in der gleichen
Situation (Art. 2 FZA), könne sich der drittstaatsangehörige Gatte einer
EU-Angehörigen losgelöst von der Bewilligungssituation seiner Gattin auf Art.
50 AuG berufen; allerdings war diese Aussage nicht rechtserheblich, da die
Voraussetzungen nach Art. 50 AuG ohnehin nicht erfüllt waren. Unter Berufung
auf dieses Urteil wurde diese Aussage in einigen Urteilen wiederholt (Urteile
2C_13/2012 vom 8. Januar 2013 E. 3.1; 2C_115/2013 vom 9. April 2013 E. 4.1;
2C_274/2012 vom 8. Juli 2013 E. 2.1.2; 2C_1050/2012 vom 6. Dezember 2013 E.
3.2; 2C_398/2014 vom 7. Mai 2014 E. 2.1; 2C_330/2014 vom 12. Juni 2014 E. 2.1;
2C_61/2014 vom 5. Januar 2015 E. 4.1; 2C_128/2015 vom 25. August 2015 E. 3.8).
In weiteren Entscheiden hat das Bundesgericht ausgeführt, die Frage, ob Art. 50
AuG anwendbar sei, wenn der EU-Angehörige bloss eine Aufenthaltsbewilligung
hat, brauche nicht vertieft zu werden, da die Voraussetzungen ohnehin nicht
erfüllt waren (Urteile 2C_474/2014 vom 7. August 2015 E. 2; 2C_536/2016 vom 13.
März 2017 E. 3.3). Mit Urteil vom heutigen Tag (2C_222/2017 E. 4) hat das
Bundesgericht präzisiert, dass es zwar in den Konstellationen von Art. 50 AuG
nicht mehr um den Schutz des Familienlebens gehe, dass es sich bei den
weitergehenden landesrechtlichen Ansprüchen nach Art. 50 AuG aber um solche
handle, die aus dem früheren Familienleben abgeleitet würden und insofern noch
einen Bezug zum freizügigkeitsrechtlichen Familiennachzug aufwiesen, so dass es
sich rechtfertige, Art. 2 FZA auf solche Situationen anzuwenden und in diesem
Sinne die ehemaligen Ehegatten von aufenthaltsberechtigten EU-Angehörigen
gleich zu behandeln wie die ehemaligen Ehegatten von Schweizer Bürgern. Sofern
nach wie vor ein Aufenthaltsrecht des EU-angehörigen Ex-Gatten in der Schweiz
bestehe, sei mithin Art. 50 AuG auch dann anzuwenden, wenn dieser nur eine
Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA und nicht eine Niederlassungsbewilligung
besessen habe.  
Gemäss dem angefochtenen Urteil lebt der Ex-Gatte der Beschwerdeführerin in der
Schweiz, so dass sich die Beschwerdeführerin auf Art. 50 AuG i.V.m. Art. 2 FZA
berufen kann, auch wenn ihr Ex-Gatte nur eine EU/EFTA Aufenthaltsbewilligung
hatte bzw. hat. 
 
5.  
Zu prüfen bleibt, ob die Voraussetzungen von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG erfüllt
sind; dass diejenigen von lit. a nicht erfüllt sind, ist zu Recht nicht
bestritten. 
 
5.1. Die Vorinstanz hat die gesetzlichen und rechtsprechungsgemässen
Voraussetzungen für das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne von Art. 50
Abs. 1 lit. b AuG (BGE 138 II 229 E. 3.2 S. 232 ff.; 137 II 345 E. 3.2; S. 348
ff.; 136 II 1 E. 5 S. 3 ff.) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen
werden.  
 
5.2. Für den konkreten Fall hat die Vorinstanz festgestellt, die aktenmässig
dokumentierte  physische Gewalterreiche die geforderte Intensität bzw. Konstanz
nicht; es handle sich um einen einzigen Vorfall vom August 2014, bei dem die
Beschwerdeführerin eine Rötung der linken Gesichtshälfte aufgewiesen habe,
jedoch keine Würgemale festgestellt worden seien. Die übrigen geltend gemachten
Ereignisse (Schläge) seien nicht belegt. Ferner sei zwar anzunehmen, dass die
Beschwerdeführerin psychische Probleme im Zusammenhang mit ihrem Eheleben
gehabt habe, doch könne daraus nicht der Schluss gezogen werden, der Ehegatte
habe  psychische Gewalt ausgeübt. Auch die behaupteten Drohungen seien nicht
belegt. Es entstehe der Eindruck, dass die Erwartungen der Beschwerdeführerin
an ihre Ehe enttäuscht worden seien, dass aber die geltend gemachte psychische
Gewalt nicht derart schlimm gewesen sei, dass sie sich ein Zusammenleben nicht
mehr hätte vorstellen können. Dafür spreche auch, dass die Initiative, die
Beziehung aufrechtzuerhalten, von der Beschwerdeführerin ausgegangen sei,
während der Ehemann keinerlei Interesse an einer Weiterführung der Ehe bekundet
habe. Auch fehlten Anhaltspunkte für eine ökonomische Unterdrückung, auch wenn
der Ehemann hinsichtlich seiner finanziellen Verhältnisse eingeschränkter
gewesen sei als sich die Beschwerdeführerin aus ihrem wohlhabenden Elternhaus
gewohnt gewesen sei. Die Auseinandersetzung Ende Dezember 2014 habe sich nach
der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft ereignet und sei daher für die
Beurteilung eines Anspruchs gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG nicht direkt
massgebend. Schliesslich liege auch keine starke Gefährdung der
Wiedereingliederung im Heimatland vor: Die Beschwerdeführerin habe über
allgemein gehaltene Aussagen und Analysen des iranischen Gesellschaftssystems
hinaus keine konkreten Umstände des Einzelfalls geltend gemacht, weshalb sie
als geschiedene Frau im Iran mit gesellschaftlicher Ächtung und
Arbeitslosigkeit zu rechnen habe. Der von der Beschwerdeführerin eingereichte
Bericht der schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 2. August 2006 und der sich
darauf stützende Entscheid des österreichischen Asylgerichtshofes vom 14.
Oktober 2008 seien nicht aktuell. Gemäss einem Urteil des Verwaltungsgerichts
München vom 29. September 2011, das sich auf einen Bericht des auswärtigen
Amtes vom 27. Februar 2011 stütze, stelle eine Rückkehr in den Iran für eine
geschiedene Frau auch ohne Unterstützung ihrer Familie keine besondere Härte
dar. Die Schwierigkeiten, die sie zu erwarten habe, gehe nicht in besonderem
Masse über das hinaus, was andere Ausländer in einer vergleichbaren Situation
zu befürchten hätten. Im Übrigen seien keine konkreten Anhaltspunkte
ersichtlich, wonach die Wiedereingliederung der Beschwerdeführerin im Iran
gefährdet wäre. Es sei davon auszugehen, dass sie ein gutes Verhältnis zu ihrem
Vater pflege, auch wenn dieser geäussert habe, dass die geschiedene Tochter
nicht im väterlichen Haus leben könne. Es erscheine daher nicht glaubhaft, dass
sie nicht auf die Unterstützung durch ihren Vater und ihre übrige Familie
zählen könne. Die Beschwerdeführerin sei zudem gut ausgebildet und habe bis vor
ihrer Ausreise als psychologische Beraterin gearbeitet. Eine Rückkehr sei nicht
unzumutbar.  
 
5.3. Die Beschwerdeführerin rügt einerseits die vorinstanzliche Beweiswürdigung
als unausgewogen und unangemessen. Sie legt jedoch nicht dar, inwiefern diese
Beweiswürdigung geradezu willkürlich gewesen sein soll (vorne E. 2). Namentlich
hat die Vorinstanz entgegen gegenteiliger Darstellung durchaus gewürdigt, dass
sich die Beschwerdeführerin mehrmals an verschiedene Stellen gewendet hat, um
dort die schlechte Behandlung durch den Ehemann zu schildern. Sie ist jedoch
willkürfrei zum Ergebnis gekommen, es fehle an objektiven Nachweisen für
regelmässig erlittene physische Gewalt. Ebenso sind die appellatorischen
Ausführungen der Beschwerdeführerin zur psychischen Gewalt nicht geeignet, die
vorinstanzliche Würdigung als willkürlich erscheinen zu lassen. Der blosse
Umstand, dass für die Depressionen der Beschwerdeführerin keine anderen
Ursachen nachgewiesen sind, bedeutet noch keinen Nachweis dafür, dass der
Ehemann psychische Gewalt ausgeübt hat. Auch hat die Vorinstanz nicht allein
aus dem Fehlen einer strafrechtlichen Verurteilung des Ehemannes auf fehlende
psychische Gewalt geschlossen (was unzulässig wäre, BGE 138 II 229 E. 3.3.3 S.
237), sondern diesen Aspekt zulässigerweise als einen unter anderen in die
Beweiswürdigung einbezogen.  
 
5.4. Andererseits rügt die Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe überhöhte
Anforderungen an den Nachweis der ehelichen Gewalt gestellt. Es genüge, wenn
diese Gewalt lediglich glaubhaft gemacht sei, da häusliche Gewalt allgemein nur
schwer einem Nachweis zugänglich sei. Auch in Bezug auf die starke Gefährdung
der Wiedereingliederung in der Heimat macht die Beschwerdeführerin im
Wesentlichen geltend, da sie noch nie als geschiedene Frau im Iran gelebt habe,
könne von ihr der konkrete Nachweis von künftigen Repressionen nicht verlangt
werden. Aufgrund des immanenten Beweisnotstandes müsse es genügen, wenn sie mit
dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 2. August 2006 dargelegt
habe, dass eine geschiedene Frau im Iran effektiv einer enormen Stigmatisierung
ausgesetzt sei.  
 
5.4.1. Im Verwaltungsverfahren gilt die Untersuchungsmaxime (vgl. Art. 12 VwVG
); diese wird indessen durch die Mitwirkungspflicht der Parteien namentlich in
Verfahren ergänzt, in denen diese über eine bessere oder ausschliessliche
Kenntnis der entscheidwesentlichen Sachverhaltselemente verfügen (vgl. BGE 130
II 482 E. 3.2 S. 485 f.). Bleibt eine rechtserhebliche Tatsache trotz
rechtskonform durchgeführtem Verfahren unbewiesen, trägt nach den üblichen
Beweislastregeln (Art. 8 ZGB), die im öffentlichen Recht analog gelten (BGE 140
V 290 E. 4.2 S. 297 ff.; Urteil 2C_416/2013 vom 5. November 2013, E. 10.2.2,
nicht publ. in: BGE 140 I 68 ff.), die Person die Folgen, die Rechte aus der
behaupteten, aber unbewiesenen Tatsache ableitet (vgl. auch BGE 140 I 285 E.
6.3.1; Urteil 2C_58/2017 vom 23. Juni 2017 E. 2.2.2; 2C_2/2015 vom 13. August
2015 E. 2.3 und 2.4.2). Was die eheliche Gewalt im Sinne von Art. 50 Abs. 1
lit. b AuG betrifft, muss die ausländische Person eheliche Gewalt bzw.
häusliche Oppression in geeigneter Weise glaubhaft machen (Arztberichte oder
psychiatrische Gutachten, Polizeirapporte, Berichte/Einschätzungen von
Fachstellen [Frauenhäuser, Opferhilfe usw.], glaubwürdige Zeugenaussagen von
weiteren Angehörigen oder Nachbarn etc.; vgl. auch die Weisungen des BFM zum
Familiennachzug, Ziff. 6.15.3). Allgemein gehaltene Behauptungen oder Hinweise
auf punktuelle Spannungen genügen nicht; wird häusliche Gewalt in Form
psychischer Oppression behauptet, muss vielmehr die Systematik der Misshandlung
bzw. deren zeitliches Andauern und die daraus entstehende subjektive Belastung
objektiv nachvollziehbar konkretisiert und beweismässig unterlegt werden.
Dasselbe gilt, soweit damit verbunden geltend gemacht werden soll, bei einer
Rückkehr erweise sich die soziale Wiedereingliederung als stark gefährdet. Auch
hier genügen allgemeine Hinweise nicht; die befürchtete Beeinträchtigung muss
im Einzelfall aufgrund der konkreten Umstände glaubhaft erscheinen. Nur in
diesem Fall und beim Bestehen entsprechender Beweisanträge, die nicht in
antizipierter Beweiswürdigung abgewiesen werden können - wobei aber allfälligen
sachinhärenten besonderen Beweisschwierigkeiten Rechnung zu tragen ist -
rechtfertigt es sich, ein ausländerrechtliches Beweisverfahren durchzuführen (
BGE 138 II 229 E. 3.2.3 S. 235; Urteil 2C_873/2013 vom 25. März 2014 E. 4.4,
nicht publ. in: BGE 140 II 289; Urteil 2C_293/2017 vom 30. Mai 2017 E. 3.1).
Der Nachweis kann mit allen Beweismitteln erbracht werden, wobei die in Art. 77
Abs. 6 und 6bis der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt
und Erwerbstätigkeit (VZAE, SR 142.201) genannten Beweismittel nicht
abschliessend sind (BGE 142 I 152 E. 6.2 S. 153 f.). Der blosse Umstand, dass
eine für häusliche Gewalt spezialisierte Fachstelle aufgesucht wurde, genügt
jedoch nicht als Beweis für eheliche Gewalt, solange nicht konkrete
Gewalthandlungen und ihre Auswirkungen auf das Opfer dargelegt sind (Urteile
2C_649/2015 vom 1. April 2016 E 4.2; 2C_1125/2015 vom 18. Januar 2016 E. 4.1).
 
 
5.4.2. Auch wenn angesichts der sachimmanenten Beweisschwierigkeiten für den
Nachweis ehelicher Gewalt nicht der strenge volle Beweis im strafrechtlichen
Sinne verlangt werden kann (Urteil 2C_58/2017 vom 23. Juni 2017 E. 2.3), so
genügt doch nach der dargelegten Rechtsprechung entgegen der Darstellung der
Beschwerdeführerin das blosse Glaubhaftmachen für sich allein nicht: Dass
Gewalt glaubhaft gemacht wird, führt dazu, dass die Umstände näher abzuklären
sind, ist aber nicht für sich allein schon ein hinreichender Nachweis (Urteil
2C_1066/2014 vom 19. Februar 2016 E. 4.2 und 4.3.2).  
 
5.4.3. Dies gilt auch in Bezug auf die starke Gefährdung der sozialen
Wiedereingliederung in der Heimat. Eine solche kann zwar vorliegen, wenn
geschiedene Frauen in ein patriarchalisches Gesellschaftssystem zurückkehren
und dort wegen ihres Status als Geschiedene mit Diskriminierungen oder
Ächtungen rechnen müssten (BGE 140 II 129 E. 3.5 S. 132 f.; 138 II 229 E. 3.1
S. 231 f.; 137 II 345 E. 3.2.2 S. 349). Auch diesbezüglich genügt es aber
nicht, in allgemeiner Weise darauf hinzuweisen, dass in einer bestimmten
Gesellschaft geschiedene Frauen mit besonderen Problemen zu rechnen haben,
sondern es sind darüber hinaus konkrete Darlegungen zu den spezifischen
Lebensumständen der betroffenen Person erforderlich (Urteile 2C_2/2015 vom 13.
August 2015 E. 2.4.2; 2C_389/2015 vom 15. August 2016 E. 5; 2C_61/2014 vom 5.
Januar 2015 E. 4.3). Im Übrigen hat auch das von der Beschwerdeführerin vor der
Vorinstanz eingelegte Urteil des österreichischen Asylgerichtshofes vom 14.
Oktober 2008 ausgeführt (E. 3), eine systematische Verfolgung oder
Diskriminierung von geschiedenen Frauen im Iran bestehe nicht, aber im
konkreten Fall liege aufgrund der konkreten Lage (im Iran lebender Ehemann, von
dem mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gewalttätige Übergriffe zu erwarten
waren; Gefahr schwerwiegender Konsequenzen, weil der Ehemann bei staatlichen
Behörden die Frau des Ehebruchs verdächtigte) eine unzumutbare spezielle
Situation vor. Solche konkrete Umstände hat die Beschwerdeführerin nicht
geltend gemacht.  
 
5.5. Insgesamt hat die Vorinstanz weder ein unzutreffendes Beweismass angelegt
noch die Beweiswürdigung willkürlich vorgenommen. Ein wichtiger Grund im Sinne
von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG liegt somit nicht vor.  
 
6.  
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet. Die Beschwerdeführerin trägt
die Kosten des Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration
schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 29. November 2017 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein 

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