Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.671/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_671/2017  
 
 
Urteil vom 29. Mai 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiberin Mayhall. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Yvonne Meier, 
 
gegen  
 
Amt für Arbeit des Kantons Obwalden, Abteilung Migration, 
Regierungsrat des Kantons Obwalden. 
 
Gegenstand 
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden vom
28. Juni 2017 (B 16/019/NPR). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (Jahrgang 1995) ist kosovarische Staatsangehörige. Sie reiste am 28.
Februar 2014 in die Schweiz ein und ehelichte am 20. März 2014 in Sarnen
zivilstandesamtlich einen Schweizer Bürger mit kosovarischen Wurzeln, worauf
ihr eine Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde. Im November 2014 verliess
A.________ den ehelichen Haushalt und reiste in den Kosovo, kehrte kurz darauf
jedoch zu Verwandten in der Schweiz zurück. Auf Klage von A.________ hin
erklärte das Kantonsgericht des Kantons Obwalden mit Entscheid vom 19. März
2015 die Ehe zwischen A.________ und B.________ gestützt auf Art. 105 Ziff. 5
ZGB wegen Zwangsheirat für ungültig; dieser Entscheid erwuchs unangefochten in
Rechtskraft. Gegen den Vater von A.________, den (vormaligen) Ehemann und die
(vormalige) Schwiegermutter eingeleitete Strafverfahren wurden gemäss den Akten
zwischenzeitlich an den Kosovo abgetreten, eingestellt oder sind noch
sistiert. 
Nach einer Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von A.________ bis zum 15.
Mai 2015 verfügte das Amt für Arbeit des Kantons Obwalden, Abteilung Migration,
am 22. Mai 2015 die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung und setzte ihr
eine Ausreisefrist an. 
 
B.  
Der Regierungsrat des Kantons Obwalden wies die von A.________ gegen die
Verfügung vom 22. Mai 2015 erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 28. Juni 2016
ab und setzte ihr eine neue Ausreisefrist an. Mit Urteil vom 28. Juni 2017 wies
das Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden die von A.________ gegen den
Regierungsratsentscheid erhobene Beschwerde ebenfalls ab, bestätigte den
angefochtenen Entscheid und setzte eine neue Ausreisefrist an. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 2. August 2017 an
das Bundesgericht beantragt A.________, die Dispositivziffern 1 und 2 des
Entscheids des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden vom 28. Juni 2017 seien
aufzuheben und der Beschwerdeführerin sei die Aufenthaltsbewilligung zu
erteilen. Zudem sei die Dispositivziffer 3 des Entscheids des
Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden vom 28. Juni 2017 dahingehend
abzuändern, dass die Verfahrenskosten entsprechend dem Verfahrensausgang vom
Staat zu tragen seien. Der Beschwerdeführerin sei die unentgeltliche
Rechtspflege und Vertretung zu gewähren und die unterzeichnende Rechtsanwältin
sei als unentgeltliche Rechtsvertreterin einzusetzen. 
Der Landstatthalter des Kantons Obwalden schliesst auf Abweisung der
Beschwerde, soweit Eintreten. Die Vorinstanz und das kantonale Amt für Arbeit,
Abteilung Migration, haben auf die Einreichung einer Vernehmlassung verzichtet.
Die Beschwerdeführerin repliziert und ihre Rechtsvertreterin reicht eine
Honorarnote ein. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wurde unter
Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG)
eingereicht und richtet sich gegen einen Endentscheid einer letzten oberen
kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG; Art. 90 BGG) in einer
Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG).  
 
1.2. Nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide über
ausländerrechtliche Bewilligungen ausgeschlossen, auf deren Erteilung weder das
Bundes- noch das Völkerrecht einen Rechtsanspruch einräumen. Einzutreten ist
auf Beschwerden, die sich gegen eine Nichtverlängerung einer
Aufenthaltsbewilligung richten, sofern in vertretbarer Weise ein Anspruch auf
eine Verlängerung geltend gemacht wird; ob der Anspruch besteht, ist Gegenstand
der materiellen Beurteilung (BGE 136 II 177 E. 1.1 S. 179 f.; Urteil 2C_635/
2016 vom 17. März 2017 E. 1.2). Die Beschwerdeführerin macht geltend, mit ihrem
(vormaligen) Ehemann zwangsverheiratet worden zu sein, weshalb ihr gestützt auf
Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AuG ein Anspruch auf Verlängerung ihrer
Aufenthaltsbewilligung zustehe. Die Beschwerde ist, soweit sie sich inhaltlich
gegen die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung richtet, zulässig und
die Beschwerdeführerin dazu legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die
Beschwerde ist einzutreten.  
 
1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine
Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und Abs. 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern
allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE
138 I 274 E. 1.6 S. 280 mit Hinweis). Die Verletzung von Grundrechten sowie von
kantonalem und interkantonalem Recht untersucht es in jedem Fall nur insoweit,
als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden
ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S.
246).  
 
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zu Grunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei
offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von 
Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). Gemäss Art. 97 BGG kann die Feststellung des
Sachverhalts und damit auch die Beweiswürdigung gerügt werden, wenn die
Sachverhaltsfeststellung offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich ist (Art. 9
BV) oder auf einer Rechtsverletzung beruht und die Behebung des Mangels für den
Verfahrensausgang entscheidend sein kann (BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62). Die
Beweiswürdigung erweist sich als willkürlich, wenn sie offensichtlich unhaltbar
oder aktenwidrig ist oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken
zuwiderläuft, das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich
verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges oder
entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf
Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen
hat (BGE 140 I 114 E. 3.3.4 S. 123; 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62 mit weiteren
Hinweisen). Diesfalls weist das Bundesgericht die Sache regelmässig zu neuer
oder weiterer Sachverhaltsfeststellung an die Vorinstanz zurück (Art. 107 Abs.
2 BGG; MEYER/DORMANN, Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011,
N. 12 zu Art. 106 BGG). Geht der zu ergänzende Sachverhalt jedoch eindeutig und
unter gewahrtem Gehörsanspruch der Betroffenen aus den Akten hervor, käme eine
Rückweisung an die Vorinstanz zur weiteren Sachverhaltsfeststellung einem
unnötigen Leerlauf gleich, weshalb das Bundesgericht die erforderlichen
Sachverhaltsfeststellungen auch selbst vornehmen kann (Art. 105 Abs. 2 BGG; 
Art. 107 Abs. 2 BGG; BGE 131 II 470 E. 2 S. 476; CORBOZ, Commentaire de la LTF,
2. Aufl. 2014, N. 19 zu Art. 107 BGG).  
 
2.  
Die Beschwerdeführerin rügt insbesondere, ihre in der Schweiz mit B.________
eingegangene Ehe sei vom Kantonsgericht Obwalden mit Entscheid vom 19. März
2015 wegen Zwangsheirat gestützt auf Art. 105 Ziff. 5 ZGB für ungültig erklärt
worden. Somit liege ein wichtiger persönlicher Grund im Sinne von Art. 50 Abs.
2 AuG für einen weiteren Verbleib der Beschwerdeführerin in der Schweiz vor,
weshalb die Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 50
Abs. 1 lit. b AuG zu verlängern sei. 
 
2.1. Ausländische Ehegatten von Schweizerinnen und Schweizern (Art. 42 AuG)
haben, unter Vorbehalt von Erlöschensgründen (Art. 51 Abs. 2 AuG), Anspruch auf
Erteilung und Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung, soweit sie mit diesen
zusammenwohnen oder, bei fortdauernder Ehegemeinschaft, ein wichtiger Grund für
das Getrenntleben besteht (Art. 49 AuG). Trotz Auflösens bzw. definitiven
Scheiterns der Ehe besteht der Bewilligungsanspruch fort, wenn das
Zusammenleben mindestens drei Jahre gedauert und die betroffene Person sich
hier erfolgreich integriert hat (Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG
["Integrationsklausel"]; vgl. BGE 140 II 289 E. 3 S. 291 ff., 345 E. 4 S. 347
ff.; 138 II 229 E. 2 S. 230; 136 II 113 E. 3.3.3 S. 119), oder wichtige
persönliche Gründe geltend gemacht werden, die ihren weiteren Aufenthalt in der
Schweiz erforderlich machen (Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG; BGE 138 II 229 E. 3 S.
231 ff. "nachehelicher Härtefall").  
 
2.2. Solche wichtigen persönlichen Gründe, die einen weiteren Aufenthalt in der
Schweiz erforderlich machen, können namentlich vorliegen, wenn die Ehegattin
oder der Ehegatte  Opfer ehelicher Gewalt wurde, die  Ehe nicht aus freiem
Willen geschlossen hat oder die  soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland
stark gefährdeterscheint (vgl. Art. 50 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 AuG [in der
Fassung vom 15. Juni 2012]). Die in Art. 50 Abs. 2 AuG definierten Tatbestände
sind alternativ, nicht kumulativ zu verstehen. Entsprechend präzisiert die
infolge des Bundesgesetzes über Massnahmen gegen Zwangsheiraten auf den 1. Juli
2013 in Kraft getretene Änderung von Art. 50 Abs. 2 AuG, dass - unabhängig vom
Tatbestand des Vorliegens ehelicher Gewalt oder einer gefährdeten
Wiedereingliederung - wichtige persönliche Gründe im Sinne dieser Bestimmung
auch vorliegen, wenn ein Ehegatte die Ehe nicht aus freiem Entscheid
geschlossen hat (Botschaft vom 23. Februar 2011 zum Bundesgesetz über
Massnahmen gegen Zwangsheiraten [zit. Botschaft Massnahmen Zwangsheirat], BBl
2011 2223; SERAINA NUFER, Gesetzsänderung infolge Inkrafttreten des
Bundesgesetzes über Massnahmen gegen Zwangsheiraten per 1. Juli 2013, in: Asyl
4/13 S. 15).  
 
2.3.  
 
2.3.1. Welche Beweismittel für den Tatbestand der  Zwangsheirat ins Recht zu
legen sind und welches Beweismass zur Anwendung gelangt, ist nicht geregelt.
Vergleichsweise kann vorliegend auf den Tatbestand der  häuslichen Gewalt
 verwiesen werden. Die beweismässige Untermauerung des Tatbestandes der
häuslichen Gewalt hat der Verordnungsgeber in Art. 77 Abs. 5 und Abs. 6 der
Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit
(VZAE; SR 142.201) näher ausgeführt. In Übereinstimmung mit der
bundesgerichtlichen Praxis (BGE 138 II 229 E. 3.2.3 S. 229; Urteile 2C_58/2017
vom 23. Juni 2017 E. 2.3; 2C_765/2013 vom 2. Juni 2014 E. 4.3) wird für das
Vorliegen ehelicher bzw. häuslicher Gewalt im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b
oder Abs. 2 AuG nicht ein voller Beweis oder eine strafrechtliche Verurteilung
verlangt; der Nachweis ist vielmehr geleistet, wenn die ausländische Person die
häusliche Gewalt, losgelöst von einem strafrechtlichen Verfahren, in geeigneter
Weise - insbesondere durch Arztberichte - glaubhaft macht (BGE 142 I 152 E. 6.2
S. 153 f.; 138 II 229 E. 3.2.3 S. 235).  
 
2.3.2. Auch wenn die Beweiswürdigung hinsichtlich der Ausübung häuslicher
Gewalt, wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat, praxisgemäss auf einer
Gesamtbetrachtung sämtlicher relevanten Elemente beruht (BGE 142 I 152 E. 6.2
S. 153; Urteil 2C_1072/2014 vom 9. Juli 2015 E. 2.3), kann daraus nicht der
Umkehrschluss gezogen werden, ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichts über
das Vorliegen einer Zwangsheirat reiche für den Beweis des erforderlichen
Tatsachenfundaments alleine nicht aus. Aus dem vorinstanzlich festgestellten
Sachverhalt geht hervor, dass das Kantonsgericht Obwalden mit rechtskräftigem
Entscheid vom 19. März 2015 wegen Vorliegens einer Zwangsheirat die von der
Beschwerdeführerin mit B.________ geschlossene Ehe gestützt auf Art. 105 Ziff.
5 ZGB (Zwangsheirat) für ungültig erklärt hat. Der im Zuge der Inkraftsetzung
des Bundesgesetzes über Massnahmen gegen Zwangsheiraten am 1. Juli 2013 neu
eingeführte, unbefristete Eheungültigkeitsgrund der Zwangsehe setzt nach dem
Willen des Gesetzgebers für das Vorliegen einer Zwangsheirat nicht mehr voraus,
dass ein Ehegatte mit einer nahen und erheblichen Gefahr für das Leben, die
Gesundheit oder die Ehre seiner selbst oder einer ihm nahe verbundenen Person
bedroht worden sein muss; neu genügen auch weniger massive Formen von
Druckausübung (Botschaft Massnahmen Zwangsheirat, BBl 2011 2215). Das
Kantonsgericht des Kantons Obwalden hat in seinem rechtskräftigen Urteil vom
19. März 2015 die im ausländerrechtlichen Bewilligungsverfahren zu
beantwortende rechtliche Vorfrage (vgl. zum Begriff MOOR/FLÜCKIGER/MARTENET,
Droit administratif, vol. I, 3. Aufl. 2012, S. 571 f.), ob eine Zwangsheirat im
Sinne von Art. 50 Abs. 2 AuG vorliegt, positiv beantwortet. Gründe dafür, dass
dieses rechtskräftige Urteil (in tatsächlicher Hinsicht) nicht den vollen
Beweis für Druckausübungen auf die Beschwerdeführerin zwecks Eheschliessung mit
B.________ erbringen könnte, weshalb die Ehe (rechtlich) als Zwangsehe zu
qualifizieren ist, sind weder dargetan noch ersichtlich. Die Vorinstanz, die
das rechtskräftige Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Obwalden vom 19. März
2015 als ein Element unter vielen bei der Beweiswürdigung berücksichtigte und
die eigene Würdigung von Videos der Verlobungsfeier und der Hochzeit dabei viel
stärker gewichtete, ist nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis
in Willkür verfallen, führt doch diese Vorgehensweise dazu, dass die Ehe der
Beschwerdeführerin zivilrechtlich wegen Zwangsheirat gestützt auf Art. 105
Ziff. 5 ZGB als ungültig anzusehen ist, ausländerrechtlich jedoch von einer
einvernehmlich geschlossenen Ehe auszugehen wäre. Aufgrund der Absicht des
Gesetzgebers, Opfer von Zwangsheiraten durch die Ausarbeitung eines umfassenden
(strafrechtlichen, zivilrechtlichen und ausländerrechtlichen) Konzepts wirksam
zu unterstützen (vgl. Botschaft Massnahmen Zwangsheirat, BBl 2011 2192), läuft
die vorinstanzliche Beweiswürdigung dem Gesetzeszweck diametral zuwider,
weshalb die vorinstanzliche Beweiswürdigung auch im Ergebnis unhaltbar ist. Die
Beschwerdeführerin, die Opfer einer Zwangsheirat im Sinne von Art. 50 Abs. 2
AuG geworden ist, hat gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG Anspruch auf
Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung. Die Beschwerde erweist sich als
begründet, ohne dass auf die weiteren, in der Beschwerdeschrift vorgebrachten
Argumente einzugehen wäre. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und das
kantonale Amt für Arbeit anzuweisen, die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern.
 
 
3.  
Bei diesem Verfahrensausgang werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs.
4 BGG). Der Kanton Obwalden hat der Beschwerdeführerin für das
bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung auszurichten
(Art. 68 Abs. 1 BGG). Das Gesuch der Beschwerdeführerin um Erteilung der
unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung ist damit gegenstandslos. Die
Vorinstanz wird die Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen
Verfahrens neu verlegen (Art. 67, Art. 68 Abs. 5 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird gutgeheissen. Das
Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden vom 28. Juni 2017 wird
aufgehoben. Das Amt für Arbeit, Abteilung Migration, des Kantons Obwalden wird
angewiesen, die Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin zu verlängern. 
 
2.  
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Der Kanton Obwalden hat der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 2'600.10 auszurichten. 
 
4.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der vorinstanzlichen Kosten- und
Entschädigungsfolgen an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Obwalden und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich
mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 29. Mai 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall 

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