Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.666/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_666/2017  
 
 
Urteil vom 1. Februar 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiber Winiger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________, 
Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch Fürsprecher Daniel Weber, 
 
gegen  
 
Einwohnergemeinde Bern, Einwohnerdienste, Migration und Fremdenpolizei, 
Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 28. Juni 2017 (100.2016.187U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
 
A.a. Der aus dem Irak stammende A.________ (geb. 1950) reiste am 19. April 1997
zusammen mit seiner Ehefrau und den drei gemeinsamen Kindern (geb. 1980, 1983
und 1989) in die Schweiz ein. Er ersuchte um Asyl, das ihm unter Anerkennung
der Flüchtlingseigenschaft am 28. April 1997 gewährt wurde. Im Jahr 2002
erhielten er und seine Ehefrau die Niederlassungsbewilligung. Das Ehepaar
trennte sich im Jahr 2008. Im Juni 2016 zogen die Eheleute wieder zusammen.  
 
A.b. Am 25. Juni 2013 aberkannte das damalige Bundesamt für Migration (heute:
Staatssekretariat für Migration [SEM]) A.________ die Flüchtlingseigenschaft
und widerrief das ihm gewährte Asyl (Tatbestand des sich freiwillig unter den
Schutz des Landes Stellens, dessen Staatsangehörigkeit jemand besitzt). Anlass
war seine Anstellung bei der irakischen Botschaft ab Mitte 2010. Auf eine
dagegen erhobene Beschwerde trat das Bundesverwaltungsgericht nicht ein.  
 
A.c. Am 13. August 2014 verurteilte das Regionalgericht Bern-Mittelland
A.________ wegen gewerbsmässigen Betrugs zum Nachteil der Einwohnergemeinde
Bern (Sozialdienst), begangen von November 2001 bis Juni 2010, zu einer
bedingten Freiheitsstrafe von 22 Monaten.  
 
B.   
Am 23. März 2015 widerrief die Einwohnergemeinde Bern, Einwohnerdienste,
Migration und Fremdenpolizei, die Niederlassungsbewilligung von A.________ und
wies ihn unter Ansetzung einer Ausreisefrist aus der Schweiz weg. 
Die dagegen von A.________ erhobenen kantonalen Rechtsmittel blieben ohne
Erfolg. Die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern (Entscheid vom 27.
Mai 2016) sowie das Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Urteil vom 28. Juni
2017) bestätigten die Verfügung der Einwohnergemeinde Bern: Aufgrund der
Verurteilung zu 22 Monaten Freiheitsstrafe wegen Sozialhilfebetrugs bestehe ein
gewichtiges öffentliches Interesse am Widerruf der Niederlassungsbewilligung
von A.________, welches seine privaten Interessen am Verbleib in der Schweiz
klar überwiege. 
 
C.   
Mit Eingabe vom 28. Juli 2017 erheben A.________ und seine Ehefrau B.________
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie
beantragen, das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 28. Juni 2017 sei aufzuheben und es sei ihnen die unentgeltliche
Rechtspflege zu gewähren. 
Die Polizei- und Militärdirektion sowie das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Staatssekretariat für Migration
(SEM) hat keine Stellungsnahme eingereicht. Die Beschwerdeführer replizieren. 
 
D.   
Mit Verfügung vom 7. August 2017 hat der Präsident der II.
öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde
antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung steht die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Auf
die Eingabe des Ehemannes (Beschwerdeführer 1) als Adressat des angefochtenen
kantonal letztinstanzlichen Entscheids ist einzutreten, da und soweit sie die
gesetzlichen Begründungsanforderungen erfüllt (vgl. E. 1.3.2 hiernach; Art. 42,
82 i.V.m. Art. 83 lit. c Ziff. 2 [e contrario], 86 Abs. 1 lit. d, 89 Abs. 1 und
90 BGG).  
 
1.2. Hingegen hat die Ehefrau (Beschwerdeführerin 2) nicht vor der Vorinstanz
am Verfahren teilgenommen und legt auch nicht rechtsgenüglich dar, warum sie
keine Möglichkeit zu Teilnahme erhalten haben soll (vgl. Art. 89 Abs. 1 lit. a
BGG). Sie führt dazu bloss aus, ihre Legitimation leite sich aus Art. 89 Abs. 1
lit. b und c BGG ab; da die Voraussetzungen von Art. 89 Abs. 1 BGG jedoch
kumulativ erfüllt sein müssen, kann die Beschwerdeführerin 2 daraus nichts zu
ihren Gunsten ableiten.  
Praxisgemäss verzichtet das Bundesgericht nur auf die Voraussetzung der
Teilnahme am vorinstanzlichen Verfahren, wenn eine Partei - ohne Verschulden -
nicht in der Lage war, sich an jenem Verfahren zu beteiligen bzw. wenn die
konkrete Verfahrensordnung eine Teilnahme nicht gebietet (BGE 135 II 172 E.
2.2.1 S. 175; 133 II 181 E. 3.2 S. 187 mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall
bestand jedoch kein objektiver Grund, der die Beschwerdeführerin 2 hinderte,
ihre Anliegen bereits im vorinstanzlichen Verfahren einzubringen. Die
Durchführung des Verfahrens war ihr offensichtlich bekannt und sie hat
freiwillig auf eine Teilnahme am vorinstanzlichen Verfahren verzichtet. Auf die
Beschwerde der Beschwerdeführerin 2 kann somit mangels formeller Beschwer nicht
eingetreten werden (vgl. Urteil 2C_1029/2011 vom 10. April 2012 E. 1.1.2). 
 
1.3.   
 
1.3.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG), grundsätzlich bloss die
geltend gemachten Vorbringen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Der Verletzung von
Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht geht es nur nach,
soweit eine entsprechende Rüge verfassungsbezogen vorgebracht und hinreichend
substanziiert begründet wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232;
134 II 244 E. 2.2 S. 246). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG); es
kann diesen - soweit entscheidrelevant - nur berichtigen oder ergänzen, wenn er
offensichtlich unrichtig oder unvollständig festgestellt worden ist (Art. 105
Abs. 2 BGG; BGE 136 II 65 E. 1.4 S. 68; 134 V 53 E. 4.3 S. 62). Die
beschwerdeführende Person muss in Auseinandersetzung mit den Ausführungen der
Vorinstanz dartun, dass und inwiefern diese den Sachverhalt klar und eindeutig
mangelhaft ermittelt bzw. inwiefern sie Bundesrecht falsch angewendet hat (
Art.106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255; 133 III 350 E. 1.3 S.
351 f.). Rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung und an der
Beweiswürdigung genügt den gesetzlichen Begründungs- und Rügeanforderungen
nicht (vgl. BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445 mit Hinweisen).  
 
1.3.2. Der Beschwerdeführer beschränkt sich teilweise darauf, seine bereits vor
dem Verwaltungsgericht erhobenen, von diesem jedoch verworfenen Einwände zu
wiederholen und zu behaupten, die Vorinstanz habe seine
Niederlassungsbewilligung in Verletzung von Bundesrecht widerrufen. Mit den
Darlegungen im angefochtenen Entscheid zu seinen bereits im kantonalen
Verfahren vorgebrachten Argumenten setzt er sich nur teilweise auseinander.
Soweit er lediglich in appellatorischer Weise seine Sicht der Dinge und
Wertungen derjenigen der Vorinstanz gegenüberstellt, ohne auszuführen,
inwiefern diese Bundesrecht verletzt haben soll, ist auf seine Ausführungen
nicht weiter einzugehen. Der Beurteilung wird im Folgenden der durch das
Verwaltungsgericht für das Bundesgericht verbindlich festgestellte Sachverhalt
zugrunde gelegt (Art. 105 Abs. 1 BGG; vgl. auch E. 1.4 hiernach); dass der vom
Gericht festgehaltene Sachverhalt nicht in allen Punkten mit der Darstellung
der beschwerdeführenden Person übereinstimmt, begründet für sich allein noch
keine offensichtlich fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung (vgl. BGE 140 III 264
E. 2.3 S. 266 mit Hinweisen).  
 
1.4. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als
erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt ("unechte" Noven gemäss Art.
99 Abs. 1 BGG). Echte Noven, d.h. Tatsachen, die erst nach dem angefochtenen
Urteil eingetreten sind, bleiben im bundesgerichtlichen Verfahren in jedem Fall
unberücksichtigt (BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123; 135 I 221 E. 5.2.4 S. 229;
133 IV 342 E. 2.1 S. 343 f.). Das vom Beschwerdeführer eingereichte Schreiben
der Botschaft der Republik Irak vom 4. Juli 2017 ist somit als echtes Novum
unzulässig und im vorliegenden Verfahren nicht weiter zu beachten. Das gleiche
gilt für das Schreiben der Ehefrau des Beschwerdeführers vom 25. Juli 2017 bzw.
des Beschwerdeführers vom 23. Juli 2017 sowie den Arztbericht von Dr. A.
C.________ vom 23. August 2017. Soweit der Beschwerdeführer gestützt auf diese
echten Noven den Sachverhalt "ergänzen und korrigieren" will, kann ihm vorab
nicht gefolgt werden. Die übrigen Sachverhaltsrügen zielen sodann im Ergebnis
auf eine materielle Beurteilung der Sache und werden im Rahmen der
Verhältnismässigkeitsprüfung behandelt (vgl. E. 3.2 und 3.3 hiernach).  
 
2.   
 
2.1. Die Niederlassungsbewilligung kann praxisgemäss widerrufen werden, wenn
die ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe, d.h. zu einer
solchen von mehr als einem Jahr, verurteilt worden ist; dabei spielt keine
Rolle, ob die Sanktion bedingt, teilbedingt oder unbedingt ausgesprochen wurde
(Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG; BGE 139 I 31 E. 2.1 S. 32;
137 II 297 E. 2.1 S. 299; 135 II 377 E. 4.2 S. 381). Die entsprechenden
Widerrufsgründe sind auch auf ausländische Personen anwendbar, die seit mehr
als 15 Jahren in der Schweiz leben (vgl. Art. 63 Abs. 2 AuG). Die
aufenthaltsbeendende Massnahme muss indessen immer verhältnismässig sein (vgl. 
Art. 96 AuG bzw. Art. 5 Abs. 2 BV). Zu berücksichtigen sind dabei jeweils
namentlich die Schwere des Delikts und des Verschuldens des Betroffenen, der
seit der Tat vergangene Zeitraum, das Verhalten des Ausländers während diesem,
der Grad seiner Integration bzw. die Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie die
ihm und seiner Familie drohenden Nachteile (BGE 135 II 377 E. 4.3 S. 381 f.).
Keines dieser Elemente ist für sich allein ausschlaggebend; geboten ist eine
Abwägung der gesamten Umstände im Einzelfall (vgl. Urteil 2C_846/2014 vom 16.
Dezember 2014 E. 2.4).  
 
2.2. Der Beschwerdeführer kann sich vorliegend - wie die Vorinstanz korrekt
festgehalten hat - in Bezug auf seine Kinder und deren Familien nicht auf den
Anspruch auf Schutz seines Familienlebens (Art. 8 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV)
berufen: Seine drei Kinder sind alle volljährig und es besteht zwischen ihnen
und dem Beschwerdeführer kein besonderes, über die normalen affektiven
Beziehungen hinausgehendes Abhängigkeitsverhältnis (vgl. angefochtener
Entscheid E. 4.3.4). Nachdem die Ehefrau nach der Trennung im Jahr 2008 im Juni
2016 offenbar wieder zum Beschwerdeführer gezogen ist (vgl. angefochtener
Entscheid E. 4.2), kann er sich in Bezug auf das Eheleben auf Art. 8 EMRK und 
Art. 13 Abs. 1 BV berufen.  
 
3.   
 
3.1. Der Beschwerdeführer hält sich seit rund 20 Jahren und somit seit langer
Zeit in der Schweiz auf. Er wurde am 13. August 2014 wegen gewerbsmässigen
Betrugs gegenüber den Sozialdiensten der Einwohnergemeinde Bern zu einer
bedingten Freiheitsstrafe von 22 Monaten verurteilt, womit er
unbestrittenermassen den Widerrufsgrund von Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art.
62 lit. b AuG erfüllt. Mit der Vorinstanz ist im Rahmen der erforderlichen
Gesamtwürdigung davon auszugehen, dass die daran geknüpfte aufenthaltsbeendende
Massnahme auch verhältnismässig ist.  
 
3.2. Die Vorinstanz hat zu Recht aufgrund des erheblichen Verschuldens des
Beschwerdeführers und der nicht auszuschliessenden Rückfallgefahr ein
gewichtiges öffentliches Interesse am Widerruf der Niederlassungsbewilligung
des Beschwerdeführers angenommen (vgl. angefochtener Entscheid E. 3).  
 
3.2.1. So hat der Beschwerdeführer, der für sich und seine Familie für den
Zeitraum vom Januar 2002 bis 2010 Sozialhilfe in der Höhe von insgesamt Fr.
406'000.-- bezog, das zuständige Sozialamt über seine Einkommens- und
Vermögensverhältnisse getäuscht: Zwischen November 2001 und März 2010
verheimlichte er ein Einkommen aus regelmässiger Erwerbstätigkeit als Lehrer
bei der libyschen Botschaft sowie als Übersetzer bei der irakischen Botschaft
von rund Fr. 120'000.--. Weiter informierte er das Sozialamt auch nicht über
drei Privatkredite in der Höhe von insgesamt Fr. 28'000.--.  
 
3.2.2. Zwar hat sich sein strafbares Verhalten nicht gegen Leib und Leben oder
ein anderes grundlegendes Rechtsgut gerichtet, dessen Verletzung im Sinne der
bundesgerichtlichen Praxis einer Gewalttat gleich kommt, doch fällt in der
Interessenabwägung ins Gewicht, dass er eine Anlasstat im Sinne von Art. 121
Abs. 3 lit. b BV begangen hat, die bei einem entsprechenden Handeln nach dem 1.
Oktober 2016 im Rahmen der Konkretisierung der "Ausschaffungsinitiative"
grundsätzlich obligatorisch zu einer strafrechtlichen Landesverweisung führen
würde. Gerade Verhaltensweisen, wie sie die Beschwerdeführer über Jahre hinweg
an den Tag gelegt hat, wurden vom Verfassungs- und Gesetzgeber als besonders
verwerflich erachtet und bildeten Anlass zu der heute - unter Vorbehalt der
Härtefallklausel (Art. 66a Abs. 2 StGB) - im Strafgesetzbuch vorgesehenen
Pflicht, entsprechend straffällig gewordene ausländische Personen des Landes zu
verweisen (Art. 66a Abs. 1 lit. e StGB). Art. 66a Abs. 1 lit. e StGB darf zwar
nicht rückwirkend angewendet werden, da dies weder mit dem Grundsatz "nulla
poena sine lege" (Art. 1 StGB und Art. 7 EMRK), noch mit dem Legalitätsprinzip
(Art. 5 Abs. 1 BV) oder dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 2 BV)
vereinbar wäre; auslegungsweise darf im Rahmen von Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m.
Art. 62 lit. b und Art. 96 Abs. 1 AuG der darin zum Ausdruck gebrachten Wertung
indessen im Rahmen der ausländerrechtlichen Interessenabwägung dennoch Rechnung
getragen werden (vgl. BGE 141 II 297 E. 5.5.3 S. 305 f.; Urteil 2C_822/2016 vom
31. Januar 2017 E. 3.3.1 mit Hinweis).  
 
3.2.3. Für ein beträchtliches Verschulden sprechen - in Übereinstimmung mit der
Vorinstanz - sodann die lange Deliktsdauer, das planmässige Vorgehen sowie der
hohe Deliktsbetrag. Auch die Rückfallgefahr hat die Vorinstanz mit
ausführlicher Begründung zu Recht bejaht (vgl. angefochtener Entscheid E. 3.4).
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers trifft es nicht zu, dass aufgrund
der Strafakten sein Vorgehen nicht planmässig gewesen sein bzw. er "in jeder
Hinsicht" kooperiert haben soll. Ebenso fehl geht die Annahme des
Beschwerdeführers, mit dem Wegfall der Sozialhilfeunterstützung sei ein
Rückfall ausgeschlossen. Vielmehr sind gerade bei einer betrügerischen
Ausbeutung der Sozialeinrichtungen, wie sie der Beschwerdeführer hier
gewerbsmässig und fortgesetzt betrieb, ausländerrechtlich auch
generalpräventive Überlegungen zu berücksichtigen (Urteil 2C_822/ 2016 vom 31.
Januar 2017 E. 3.4 mit Hinweisen).  
 
3.3. Auch die vorinstanzlichen Ausführungen zu den privaten Interessen (vgl.
angefochtener Entscheid E. 4) sind nicht zu beanstanden.  
 
3.3.1. So kam der Beschwerdeführer erst im Alter von 47 Jahren in die Schweiz;
er wurde somit in der Heimat sozialisiert und hat dort Sprachwissenschaften
studiert. In der Schweiz arbeitete er als Englischlehrer sowie als Dolmetscher
und Sekretär der irakischen Botschaft. Neu und erstmals bringt er vor dem
Bundesgericht vor, er habe keine Familienangehörigen mehr im Irak und aufgrund
seines Alters könne er nicht mehr mit einer Anstellung rechnen. Es kann offen
gelassen werden, ob es sich dabei überhaupt um zulässige Noven (vgl. E. 1.4
hiervor) handelt, da diese Behauptungen entgegen seiner Mitwirkungspflicht in
keiner Art und Weise näher belegt werden und zudem im Widerspruch zu seinen
Angaben in den Strafakten stehen. Zurecht hat die Vorinstanz sodann
festgehalten, dass der Beschwerdeführer sozial nicht integriert ist. Seine
wirtschaftliche Integration ist sodann gescheitert, weil er zwar teilweise
einer Arbeit nachging (nach eigenen Angaben bis Ende Juli 2017), diese aber den
zuständigen Behörden verheimlichte, um Sozialhilfegelder in der Höhe von über
Fr. 400'000.-- zu erhalten (vgl. angefochtener Entscheid E. 4.2).  
 
3.3.2. Hinsichtlich der wirtschaftlichen und sozialen Wiedereingliederung des
Beschwerdeführers im Irak hat die Vorinstanz alles Wesentliche dargelegt (vgl.
angefochtener Entscheid E. 4.3) : Es ist davon auszugehen, dass der
Beschwerdeführer mit den sprachlichen, kulturellen und gesellschaftlichen
Gepflogenheiten seines Heimatlandes nach wie vor vertraut ist. Unwidersprochen
ist sodann geblieben, dass der Beschwerdeführer nötigenfalls auf die
finanzielle Unterstützung seiner in der Schweiz lebenden Angehörigen
zurückgreifen kann. In Bezug auf die Sicherheitslage im Irak vermögen die vom
Beschwerdeführer zitierten Reisehinweise des EDA nicht aufzuzeigen, dass für
ihn eine Rückkehr unzumutbar wäre. Wie die Vorinstanz zu Recht festgehalten
hat, wird in der Asylpraxis der Wegweisungsvollzug in die Heimat des
Beschwerdeführers vielmehr als zumutbar beurteilt (Urteile [des
Bundesverwaltungsgerichts] D-4226/2016 vom 10. Mai 2017 E. 6.3.2; E-6382/2015
vom 27. Februar 2017 E. 6.2; E-3737/2015 vom 14. Dezember 2015 E. 7.4 und 7.5;
vgl. auch Urteil 2C_496/2016 vom 21. Juni 2016 E. 4.3 und 4.4).  
 
3.3.3. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hat es die Vorinstanz sodann
ausdrücklich offen gelassen, ob der Ehefrau die Rückkehr in den Irak zugemutet
werden kann. Zutreffend ist indes der Hinweis der Vorinstanz, dass der Ehefrau
im Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Ehelebens im Juni 2016 - nach über
achtjähriger Trennung - bekannt war, dass gegen ihren Ehemann ein Verfahren
betreffend Bewilligungswiderruf hängig ist; aus diesem Grund ist das private
Interesse der Ehefrau und des Beschwerdeführers zu relativieren.  
Sollte die Ehefrau hier verbleiben und die Anspruchssituation nach Art. 43 AuG
künftig fortbestehen, wird sodann ein Gesuch des Beschwerdeführers neu zu
prüfen sein, wenn er sich in seiner Heimat bewährt hat und von ihm keine
spezifische Gefahr mehr für die hiesige Rechtsordnung zu befürchten ist - er
sich mit anderen Worten für eine angemessene Dauer in seiner Heimat klaglos
verhalten hat, sodass eine Integration in die hiesigen Verhältnisse absehbar
erscheint und eine allfällige Rückfallgefahr ausländerrechtlich vernachlässigt
werden kann. Der Zeitablauf, verbunden mit der Deliktsfreiheit, kann dazu
führen, dass die Interessenabwägung künftig anders ausfällt als im Zeitpunkt
der strafrechtlichen Verurteilung (Urteil 2C_861/20126 vom 21. Dezember 2016 E.
2.2.4 mit Hinweisen). 
 
3.3.4. Sodann genügt praxisgemäss die wegweisungsbedingte Gefahr, dass der
Beschwerdeführer bei einer Pflicht, das Land verlassen zu müssen, seinem Leben
ein Ende setzen könnte, nicht, um die Wegweisung bzw. deren Vollzug dauerhaft
als unverhältnismässig bzw. unzulässig erscheinen zu lassen. Die
schweizerischen Behörden sind gehalten, im Rahmen der konkreten
Rückkehrmassnahmen alles ihnen Zumutbare vorzukehren, um medizinisch bzw.
betreuungsmässig sicherzustellen, dass das Leben und die Gesundheit der
rückkehrpflichtigen Person möglichst nicht beeinträchtigt wird; sie sind
verfassungsrechtlich jedoch nicht verpflichtet, im Hinblick auf eine punktuell
kritische psychische Situation in Abweichung von den gesetzlichen Vorgaben dem
Gesuch auf Erteilung einer Anwesenheitsberechtigung zu entsprechen (vgl. BGE
139 II 393 E. 5.2.2 S. 403; Urteil 2C_837/ 2016 vom 23. Dezember 2016 E. 4.4.7
mit Hinweisen).  
 
4.   
Nicht rechtsgenügend begründet der Beschwerdeführer schliesslich die
(sinngemässe) Kritik, die Vorinstanz hätte seinem Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung entsprechen müssen: Er legt nicht dar,
inwiefern die Vorinstanz diesbezüglich Bundesrecht verletzt haben soll (vgl. E.
1.3 hiervor). 
 
5.   
 
5.1. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist deshalb abzuweisen,
soweit darauf eingetreten werden kann.  
 
5.2. Der Beschwerdeführer ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren. Gestützt auf die
ausführliche Begründung im angefochtenen Entscheid war die vorliegende Eingabe
aussichtslos. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist
deshalb abzuweisen (Art. 64 BGG). Der Beschwerdeführer hat die
bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Umstand, dass
über sein Gesuch erst im vorliegenden Urteil entschieden wird, ist bei der
Festsetzung der Kostenhöhe Rechnung zu tragen; dem Beschwerdeführer wäre es bei
einer vorgängigen Beurteilung seines Gesuchs allenfalls noch möglich gewesen,
seine Beschwerde zurückzuziehen. Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet
(vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Staatssekretariat für
Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 1. Februar 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Winiger 

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