Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.635/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
2C_635/2017        

Urteil vom 20. Juli 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Feller.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Herrn Dr. C.________,

gegen

Kantonales Steueramt St. Gallen.

Gegenstand
Widerruf einer Schätzungsverfügung;
Zwischenverfügung (Sistierung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 30. Mai 2017.

Sachverhalt:

A.
B.________ erwarb 1978 durch Schenkung die Liegenschaft Nr. xxx Grundbuch
U.________ mit einer Fläche von 1'613 m2, bestehend aus einem Wohnhaus mit
Zahnarztpraxis, zwei Wohnungen, Weinkeller, Garage und sechs Parkplätzen.
Nachdem sie in dieser Eigenschaft schon für den Schenker tätig gewesen war,
arbeitete sie ab 1979 als angestellte Zahntechnikerin für A.________, der
damals die Zahnarztpraxis übernommen hatte. 1997 vermietete sie die
Liegenschaft fest auf zehn Jahre mit einer Option auf weitere zehn Jahre an
A.________. Mit öffentlich beurkundetem Grundstückkaufvertrag vom 7. Oktober
2004 veräusserte B.________ ihm die Liegenschaft. Der Kaufpreis, vereinbart
waren Fr. 850'000.--, sollte per 31. Dezember 2015 bezahlt werden, bei
vorherigem Ableben der Eigentümerin innert sechs Monaten nach dem Todestag.
B.________ starb am 7. Juni 2011 und hinterliess zwei Erben. In der Folge
entstand ein Rechtsstreit zwischen den Erben und A.________ über die Gültigkeit
des Grundstückkaufvertrags von 2004 bzw. über die Übertragung des Eigentums an
den Erwerber. Mit durch Urteil des Bundesgerichts 5A_140/2014 vom 17. Oktober
2014 definitiv gewordenem Entscheid wurde das Grundbuchamt angewiesen,
A.________ als Alleineigentümer im Grundbuch einzutragen. Der Eintrag erfolgte
am 17. November 2014.
Mit öffentlich beurkundetem Grundstückkaufvertrag vom 30. Dezember 2014
vereinbarte A.________ den Verkauf der gerade erworbenen Liegenschaft zum Preis
von Fr. 6'774'600.--.

B.
Die Schätzung vom 23. August 2010 der Liegenschaft Nr. xxx Grundbuch U.________
ergab einen Mietwert von Fr. 79'440.-- und einen Verkehrswert von Fr.
2'080'000.--. Auf Begehren der Abteilung Erbschafts- und Schenkungssteuern des
Kantonalen Steueramtes St. Gallen wurde am 2. März 2015 eine neue
Liegenschaftsschätzung vorgenommen. Sie ergab einen Mietwert von Fr. 79'500.--
und einen Verkehrswert von Fr. 5'090'000.--. Die gegen diese Schätzung erhobene
Einsprache wies das Kantonale Steueramt St. Gallen am 23. Dezember 2015 ab.
Dagegen erhob A.________ Rekurs an die Verwaltungsrekurskommission des Kantons
St. Gallen (Verfahren II/2-2016/7). Er machte namentlich geltend, die neue
Schätzung sei durch Verletzung des Amtsgeheimnisses sowie der Ausstandsregeln
durch den Grundbuchverwalter (der das Verkaufsgeschäft vom 30. Dezember 2014
beurkundet habe und zudem Liegenschaftsschätzer sei) zustandegekommen und damit
nichtig. Während der Hängigkeit des Rekursverfahrens widerrief das Kantonale
Steueramt St. Gallen am 14. März 2016 seinen Einspracheentscheid vom 23.
Dezember 2015. Auch gegen diesen Widerrufsentscheid gelangte A.________ an die
Verwaltungsrekurskommission (Verfahren II/2-2016/15).
Mit verfahrensleitender Verfügung vom 8. Juni 2016 ordnete der Präsident der
Rekurskommission an, das Verfahren II/2-2016/7 (betreffend Schätzung) bleibe
sistiert und es werde vorgängig das Verfahren II/2-2016/15 (betreffend Widerruf
des Schätzungs- bzw. des entsprechenden Einspracheentscheids) weitergeführt.
Gegen diesen Zwischenentscheid gelangte A.________ an das Verwaltungsgericht
des Kantons St. Gallen. Dieses trat mit Entscheid vom 30. Mai 2017 auf die
Beschwerde nicht ein. Dies mit der Begründung, dass die Sistierung des ersten
Rekursverfahrens, welches die ursprüngliche Schätzung zum Gegenstand hat, dem
Betroffenen keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken könne, was
(gemäss ergänzend beigezogenem Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) Voraussetzung der
Anfechtung eines verfahrensleitenden Zwischenentscheids sei. Soweit mit dem
Rekurs auch der Ausstand des Abteilungspräsidenten der
Verwaltungsrekurskommission beantragt wurde, erachtete sich das
Verwaltungsgericht nicht für zuständig und übermittelte die Sache dem
Präsidenten der Verwaltungsrekurskommission.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 13. Juli 2017
beantragt A.________ dem Bundesgericht, der Entscheid des Verwaltungsgerichts
sei aufzuheben; die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen sei
anzuweisen, das Verwaltungsverfahren betreffend Widerruf der
Schätzungsverfügung vom 17. März 2015 bzw. des Einspracheentscheids vom 23.
Dezember 2015 (II/2-2016/15) bis zur rechtskräftigen Beurteilung des vom
Beschwerdeführer eingereichten Rekurses vom 1. Februar 2016 (II/2-2016/7) zu
sistieren.
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen
angeordnet worden.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zulässig gegen End- und
Teilentscheide (Art. 90 und 91 BGG), gegen Zwischenentscheide hingegen nur
unter bestimmten Voraussetzungen (Art. 92 und 93 BGG). Art. 92 Abs. 1 BGG lässt
die Beschwerde zu gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide
über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren. Gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG
ist die Beschwerde gegen andere selbstständig eröffnete Zwischenentscheide
zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können
(lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid
herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein
weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Ist die Beschwerde nach
Art. 93 Abs. 1 BGG nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, so
sind die betreffenden Vor- oder Zwischenentscheide durch Beschwerde gegen den
Endentscheid anfechtbar, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken (Art. 93
Abs. 3 BGG).

1.2. Vor Verwaltungsgericht angefochten war ein Entscheid der
Verwaltungsrekurskommission über die Sistierung von einem dort hängigen
Verfahren und über die vorweg Behandlung des anderen Verfahrens. Der
Sistierungsentscheid ist ein Zwischenentscheid. Der Entscheid des
Verwaltungsgerichts darüber erweist sich insofern seinerseits als
Zwischenentscheid (s. etwa Urteil 2C_443/2013 und 2C_444/2013 vom 14. Mai 2013
E. 2.2)
Zwischenentscheid ist der Entscheid des Verwaltungsgerichts sodann auch
insoweit, als er die Sache (zur Prüfung des Ausstandsbegehrens) an seine
Vorinstanz zurückweist; Rückweisungsentscheide sind Zwischenentscheide (BGE 134
II 124 E. 1.3 S. 127; 133 V 477 E. 4 S. 480-482). Zwar beantragt der
Beschwerdeführer die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Entscheids als
Ganzes. Indessen wird in der Begründung nicht geltend gemacht, dass das
Verwaltungsgericht mit dieser Rückweisung der Ausstandsfrage schweizerisches
Recht verletzt habe. In diesem Punkt soll sichtlich nicht Beschwerde geführt
werden.
Zu prüfen ist einzig, ob dem Beschwerdeführer dadurch, dass das
Verwaltungsgericht den Sistierungsentscheid bestätigt hat, nicht wieder
gutzumachende Nachteile im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG entstehen
können. Im Übrigen bliebe auch beim Eintreten auf die Beschwerde
ausschliesslich zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht bei der - vom
Beschwerdeführer nicht bemängelten - ersatzweisen Anwendung von Art. 93 BGG als
ergänzendes kantonales Recht schweizerisches Recht (Art. 95 BGG) verletzt habe
(dies allerdings allein unter dem Aspekt verfassungsmässiger Rechte; vgl. BGE
141 I 36 E. 1.3 S. 41 mit Hinweisen).

2.

2.1. Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit.
a BGG liegt dann vor, wenn er auch durch einen für den Beschwerdeführer
günstigen späteren Entscheid nicht mehr behoben werden kann (etwa BGE 141 IV
289 E. 1.2 S. 291).
Aufgrund der bestrittenen Sistierungsverfügung der Verwaltungsrekurskommission
wird das Verfahren II/2-2016/15 (betreffend den Widerruf der Schätzung vom 2.
März 2015/23. Dezember 2015) vorgezogen und das Verfahren II/2-2016/7 bis zu
dessen Abschluss sistiert. Von vornherein drohte kein Nachteil im Sinne von
Art. 93 Abs. 1 lit. a AuG, wenn der Beschwerdeführer im vorgezogenen
Rechtsmittelverfahren II/2-2016/15 obsiegen sollte. Dieser Schätzungsentscheid
würde Gegenstand des diesfalls weiterzuführenden Verfahrens II/2-2016/7
bleiben, und sämtliche dort vorgetragenen Rügen würden geprüft. Die Frage eines
allfälligen nicht wieder gutzumachenden Nachteils kann sich einzig dann
stellen, wenn der Rekurs II/2-2016/15 abgewiesen, es beim Widerruf der
Schätzung bleiben und eine neue Schätzung vorgenommen würde.

2.2. Der Beschwerdeführer begründet das Vorliegen eines solchen Nachteils bei
bestätigtem Widerruf der Schätzung wie folgt:
Falls der Widerruf gutgeheissen würde, sei davon auszugehen, dass das Kantonale
Steueramt der neuen Schätzungs-Verfügung den erst nachträglich erfolgten
Grundbucheintrag zugrundelege und nicht mehr den Verkaufspreis, der durch den
beurkundeten Notar unter Verletzung des Amtsgeheimnisses weitergegeben worden
sei; ein solches Vorgehen seitens des kantonalen Steueramtes wäre denn auch
konsequent, werde dies doch explizit als Grund für den Widerruf angeführt; in
dieser Konstellation bestehe für den Beschwerdeführer ein erhebliches Risiko,
dass die im Rahmen der ursprünglichen Verfügung erfolgte
Amtsgeheimnisverletzung auch auf dem Rechtsmittelweg nicht mehr gerügt werden
könnte; denn insoweit, als dass die neue Verfügung formell korrekt zustande
käme, also nicht mehr auf von den Behörden rechtswidrig erlangten Informationen
beruhte, wäre der Beschwerdeführer bezüglich des mangelhaften Zustandekommens
der ursprünglichen Verfügung wohl nicht mehr beschwert; falls das Verhalten des
Kantonalen Steueramtes, das seine ursprüngliche Verfügung auf in rechtswidriger
Art und Weise erlangte Informationen stütze, aber einer gerichtlichen
Überprüfung nicht mehr zugänglich wäre, würde die Amtsgeheimnisverletzung durch
die Sistierung des Hauptverfahrens faktisch geheilt; vor diesem Hintergrund
verschlechtere sich die rechtliche Stellung des Beschwerdeführers deutlich,
sollte der Antrag auf Sistierung des  Widerrufs verfahrens abgelehnt werden;
denn indem dem Kantonalen Steueramt die Möglichkeit eingeräumt werde, eine neue
(gültige) Verfügung zu erlassen, werde gleichzeitig das widerrechtliche
Vorgehen des Steueramtes geheilt und dem Beschwerdeführer jegliche Möglichkeit
entzogen, behördliches Fehlverhalten gerichtlich überprüfen zu lassen.
Der Beschwerdeführer geht mit seiner Argumentation selber davon aus, dass das
Kantonale Steueramt im zweiten Umgang zu einem rechtmässigen Schätzungsergebnis
kommen bzw. er ein solches durch Ergreifung von Rechtsmitteln gegen den neuen
Schätzungsentscheid herbeiführen könnte. Er befürchtet indessen, dass
Unregelmässigkeiten im zur ersten Schätzung führenden Schätzungsentscheid nicht
mehr gerichtlicher Überprüfung zugänglich wären. Inwiefern ihm dadurch
persönlich ein bedeutsamer Nachteil erwachsen sollte, ist nicht ersichtlich:
Durch die Verfahrensgestaltung der Verwaltungsrekurskommission wird eine in
seinem Interesse stehende inhaltlich korrekte Liegenschaftsschätzung in keiner
Weise vereitelt. Das mit seiner Beschwerdeführung verfolgte Anliegen (Erwirken
einer gerichtlichen Überprüfung von behördlichem Fehlverhalten) ist weitgehend
aufsichtsrechtlicher Natur; entgegen seiner Behauptung ist eine - deutliche -
Verschlechterung seiner "rechtlichen Stellung" nicht erkennbar. Er kann im
neuen Schätzungsverfahren sämtliche Einwendungen einbringen, die er für
rechtlich relevant hält. Sollten die Behörden gewisse Rügen nicht prüfen, weil
sie sie für den Ausgang des Verfahrens als irrelevant erachten, stünde es dem
Beschwerdeführer frei, im Rechtsmittelverfahren die Relevanz solcher Rügen
darzutun und geltend zu machen, dass deren Nichtbehandlung rechtsfehlerhaft
sei.

2.3. Der angefochtene Entscheid hat für den Beschwerdeführer in keinerlei
Hinsicht einen nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1
lit. a BGG zur Folge. Die dagegen erhobene Beschwerde ist unzulässig.

3.
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten.
Die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) sind entsprechend dem Verfahrensausgang dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 erster Satz BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des
Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. Juli 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Feller

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