Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.628/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
2C_628/2017        

Urteil vom 18. Juli 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Feller.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,
handelnd durch ihre Beiständin Stadt Zürich, Soziale Dienste, Nina Maurer,
und diese vertreten durch
Bucofras, Juristische Beratung für Ausländer, Herrn Alfred Ngoyi wa Mwanza,
Jurist,

gegen

Migrationsamt des Kantons Zürich,
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich.

Gegenstand
Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4.
Abteilung, vom 31. Mai 2017.

Erwägungen:

1.

1.1. B.________, 1967 geborener Staatsangehöriger der Demokratischen Republik
Kongo, reiste 2002 in die Schweiz ein und ersuchte um Asyl. Das Gesuch blieb
erfolglos; indessen verfügte das Bundesamt für Migration (heute
Staatssekretariat für Migration, SEM) am 20. Juni 2005 seine provisorische
Aufnahme, und am 23. September 2008 wurde ihm eine Aufenthaltsbewilligung nach
Art. 30 Abs. 1 lit. b AuG erteilt (Härtefall). Am 5. August 2013 reiste die am
23. Februar 2000 geborene, damals 13 ½ Jahre alte Tochter von B.________,
A.________, in die Schweiz ein. Mit Beschluss der Kindes- und
Erwachsenenschutzbehörde (KESB) vom 11. September 2014 wurde dem Vater das
Aufenthaltsbestimmungsrecht im Sinne von Art. 310 Abs. 1 ZGB über A.________
entzogen und für sie eine Beistandschaft nach Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB
angeordnet; sie wurde an einem anderen Ort untergebracht.

1.2. Am 23. März 2015 wies das Migrationsamt des Kantons Zürich das Gesuch von
A.________ um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Rahmen des
Familiennachzugs zum Vater ab und ordnete ihre Wegweisung an. Ein Rekurs an die
Sicherheitsdirektion blieb erfolglos, und mit Urteil vom 31. Mai 2017 wies das
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die gegen den Rekursentscheid vom 3. März
2017 erhobene Beschwerde ab. Das Begehren um unentgeltliche Prozessführung und
um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands wurde abgewiesen;
entsprechend wurden die Gerichtskosten A.________ auferlegt.

1.3. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiärer
Verfassungsbeschwerde, datiert vom 7. Juli, zur Post gegeben am 10. Juli 2017,
beantragt A.________ dem Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei
aufzuheben und es sei ihr eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen; gegebenfalls
sei die Sache zu neuer Instruktion im Sinne der Erwägungen an die
Sicherheitsdirektion zurückzuweisen. Es wird zudem um Aufhebung der kantonalen
Kostenregelung und um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege unter
Entschädigungsfolge ersucht. Im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde
wird namentlich um Feststellung der Verletzung von verfassungsmässigen Rechten
ersucht.
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen
angeordnet worden. Das Urteil ergeht in Anwendung von Art. 109 Abs. 2 lit. a
und Abs. 3 BGG im vereinfachten Verfahren; es wird summarisch und teilweise
unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid begründet.
Das Urteil ergeht in der Sprache des angefochtenen Entscheids (deutsch; Art. 54
Abs. 1 BGG), auch wenn die Beschwerdeschrift zulässigerweise (Art. 42 Abs. 1
BGG) auf französisch eingereicht wurde.
Mit dem vorliegenden instanzabschliessenden Urteil wird das Gesuch um
aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

2.

2.1. Gemäss Art. 83 lit. c BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten unzulässig gegen Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts
betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht
einen Anspruch einräumt (Ziff. 2), betreffend die vorläufige Aufnahme (Ziff. 3)
und betreffend die Wegweisung (Ziff. 4).
Der Vater der Beschwerdeführerin hat bloss eine Aufenthaltsbewilligung. Nach
seiner Darstellung in der Beschwerdeschrift hat er eine weitere, 2006 geborene
Tochter, deren Mutter im August 2015 Schweizer Bürgerin geworden sein soll,
wobei nun auch die erwähnte Tochter Schweizer Bürgerin wäre. Unter diesen
Umständen hätte nun der Vater seit 2015 gestützt auf Art. 8 EMRK einen
Rechtsanspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung und mithin ein
gefestigtes Anwesenheitsrecht. Art. 44 AuG verschafft zwar für sich der
Beschwerdeführerin keinen Bewilligungsanspruch. Sollte ihr Vater aber über ein
(irgendwie geartetes) gefestigtes Anwesenheitsrecht verfügen, stünde ihr
ihrerseits gestützt auf Art. 44 AuG in Verbindung mit Art. 8 EMRK ein solcher
Anspruch zu (vgl. BGE 139 I 330 E. 1.2 S. 332 f.; 137 I 284 E. 1.2 und 1.3 S.
286 f.).
Von diesen in der Beschwerdeschrift geschilderten familiären Verhältnissen des
Vaters findet sich im angefochtenen Urteil keine Spur. Dazu, in welcher Form
der Vater tatsächlich eine unter den Schutz von Art. 8 EMRK fallende Beziehung
zur 2006 geborenen Schweizer Tochter führe, lässt sich der Beschwerdeschrift
nichts entnehmen. Ob mithin in vertretbarer Weise ein Bewilligungsanspruch der
Beschwerdeführerin aus Art. 8 EMRK geltend gemacht wird (vgl. BGE 139 I 330 E.
1.1 S. 332; 136 II 177 E. 1.1 S. 179) und das ordentliche Rechtsmittel unter
dem Aspekt von Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG zulässig wäre, ist zweifelhaft, kann
aber angesichts des Verfahrensausgangs offen bleiben.

2.2. Der Familiennachzug für die Beschwerdeführerin ist im Sommer 2013, als sie
13 ½ Jahre alt war, lange nach Ablauf der in Art. 47 AuG festgelegten Fristen,
beantragt worden. Er stützt sich auf Art. 44 AuG. Danach kann ledigen Kindern
unter 18 Jahren von Personen mit Aufenthaltsbewilligung ihrerseits eine
Aufenthaltsbewilligung erteilt werden, wenn: (a) sie mit diesen zusammenwohnen;
(b) eine bedarfsgerechte Wohnung vorhanden ist; und (c) sie nicht auf
Sozialhilfe angewiesen sind. Die Beschwerdeführerin lebt nicht mit ihrem Vater
zusammen und konnte dies angesichts der von der zuständigen KESB angeordneten
Kinderschutzmassnahmen nicht. Gemäss nicht tauglich angefochtener und damit
verbindlicher Feststellung des Verwaltungsgerichts (Art. 105 Abs. 1 und 2 sowie
Art. 97 Abs. 1 BGG) will die Beschwerdeführerin ohnehein nicht mit ihrem Vater
zusammenwohnen. Sodann verhindert der Vater nicht, dass sie von der Sozialhilfe
abhängig ist. Das Verwaltungsgericht stellt zutreffend fest, dass die
grundsätzlichen Voraussetzungen eines Familiennachzugs nach Art. 44 AuG
offensichtlich nicht erfüllt sind; es kann vollumfänglich auf E. 2.2 seines
Urteils verwiesen werden. Wohl ist die für das Bundesgericht verbindliche
restriktive bundesgesetzliche Regelung des Kindernachzugs unter
Berücksichtigung von Art. 8 EMRK auszulegen, im Grundsatz indessen damit bzw.
mit 13 BV vereinbar (BGE 139 I 330 E. 2.4 S. 337 f.; Urteil 2C_1075/2015 vom
28. April 2016; mit Hinweisen). Deren Anwendung führt auch hier nicht zu einer
verpönten Einschränkung des Grundrechts auf Achtung des Familien- oder
Privatlebens; diesbezüglich kann auf E. 3 des verwaltungsgerichtlichen Urteils
verwiesen werden, denen nichts beizufügen ist.
Das Verwaltungsgericht durfte unter diesen Umständen die Frage offen lassen, ob
wichtige familiäre Gründe im Sinne von Art. 47 Abs. 4 AuG für das erst
nachträgliche Stellen des Nachzugsgesuchs erfüllt waren und wie es sich mit
allfälligen weiteren Aspekten und persönlichen Verhältnissen der
Beschwerdeführerin verhält. Die Rüge der Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV
stösst im Zusammenhang mit der Anwendung der Nachzugsregelung weitgehend ins
Leere und ist jedenfalls unbegründet.
In Bezug auf die Bewilligungsverweigerung verletzt das angefochtene Urteil
schweizerisches Recht (Art. 95 BGG) in keiner Weise.

2.3. Hinsichtlich des Wegweisungsvollzugs und der vorläufigen Aufnahme ist das
ordentliche Rechtsmittel nach Art. 83 lit. c Ziff. 3 und 4 BGG unzulässig. Hier
kann die Beschwerde nur als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegengenommen
werden (Art. 113 ff. BGG). Mit diesem Rechtsmittel lässt sich allein die
Verletzung verfassungsmässiger Rechte rügen. Entsprechende Rügen bedürfen
spezifischer Geltendmachung und Begründung (Art. 106 Abs. 2 in Verbindung mit
Art. 117 BGG). Bei Ablehnung der Bewilligungserteilung ist die Wegweisung die
ordentliche gesetzliche Folge. Ordnet der Kanton diesfalls diese Massnahme an
und verzichtet darauf, bei der zuständigen Bundesbehörde um vorläufige Aufnahme
zu ersuchen, kann nur die Verletzung besonderer verfassungsmässiger Rechte
geltend gemacht werden (BGE 137 II 305). Solche Rügen werden nicht erhoben.
Namentlich unter Berücksichtigung von E. 4.3 - 4.5 ist auch nicht erkennbar,
inwiefern das Verwaltungsgericht im Hinblick auf diesen Aspekt das rechtliche
Gehör der Beschwerdeführerin verletzt hätte.

2.4. Das Verwaltungsgericht begründet in E. 5 seines Urteils die Verweigerung
der kantonalen unentgeltlichen Rechtspflege und der Kostenauflage an die
Beschwerdeführerin mit der Aussichtslosigkeit von deren Beschwerde. Für das
Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin, das auf eine diesbezügliche Abänderung
des angefochtenen Urteils abzielt, lässt sich ihrer Rechtsschrift keine
eigenständige Begründung entnehmen.

2.5. Die Beschwerden erweisen sich, soweit sie zulässig sind, in jeder Hinsicht
als offensichtlich unbegründet. Sie erschienen von vornherein als aussichtslos,
sodass dem auch für das bundesgerichtliche Verfahren gestellten Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege nicht entsprochen werden kann (Art. 64 BGG).
Entsprechend sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) der Beschwerdeführerin als
unterliegende Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 erster Satz BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Juli 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Feller

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