Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.600/2017
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_600/2017  
 
 
Urteil vom 14. Februar 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Gerichtsschreiber Matter. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Unterstrasse 28, 9001 St.
Gallen. 
 
Gegenstand 
Verfahrensrecht; unentgeltiche Rechtspflege im Rekursverfahren betr. Staats-
und Gemeindesteuern des Kantons St. Gallen 2014, direkte Bundessteuern 2014, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen,
Präsident, vom 23. Juni 2017 (B 2017/92). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Dr. A.________ erhob (Poststempel vom 3. Mai 2017) Beschwerde an das
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen gegen eine Verfügung, mit welcher der
Präsident der Abteilung I/1. Kammer der kantonalen Verwaltungsrekurskommission
am 6. April 2017 die unentgeltliche Rechtspflege im Rechtsmittelverfahren
betreffend die Steuerveranlagung 2014 (Staatssteuer und direkte Bundessteuer)
verweigert hatte. Diese Beschwerde ergänzte der Betroffene mit zwei Eingaben
(Poststempel vom 8. bzw. 29. Mai 2017), die der zuständige Abteilungspräsident
des Verwaltungsgerichts am 2. Juni 2017 wegen der Verletzung von Sitte und
Anstand zur Nachbesserung bis zum 26. Juni 2017 an den Beschwerdeführer
zurückwies, unter Androhung des Nichteintretens und einer Ordnungsbusse im
Wiederholungsfall.  
 
1.2. Mit Schreiben vom 16. Juni 2017 reichte A.________ eine geänderte
Begründung seiner Beschwerde ein. Dazu hielt der Abteilungspräsident mit
Entscheid vom 23. Juni 2017 fest, die zuvor in den beiden Beschwerdeergänzungen
beanstandeten Formulierungen würden nun zwar nicht mehr vorkommen, dafür aber
(immer noch) eine bestimmte Anzahl anderer, einzeln erwähnter und ebenfalls
ungebührlicher Ausdrücke. Deshalb sei auf die Beschwerde androhungsgemäss nicht
einzutreten und seien dem Beschwerdeführer die amtlichen Kosten in der Höhe von
Fr. 500.-- aufzuerlegen.  
 
1.3. Mit Eingabe vom 2. Juli 2017 (Poststempel vom darauffolgenden Tag) hat
A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiäre
Verfassungsbeschwerde beim Bundesgericht erhoben. Er beantragt, den Entscheid
vom 23. Juni 2017 aufzuheben (sinngemäss mit Einschluss der ihm auferlegten
amtlichen Kosten). Für das kantonale Rechtsmittelverfahren sei ihm - wie vor
Bundesgericht - die unengeltliche Rechtspflege zu gewähren.  
 
1.4. Die Vorinstanz schliesst auf Abweisung der Beschwerde, die kantonale
Verwaltungsrekurskommission hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.  
 
1.5. Die Sache ist im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 109 BGG zu
beurteilen.  
 
2.  
 
2.1. Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Nichteintretensentscheid
in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen
Ausschlussgrund gemäss Art. 83 BGG fällt und daher grundsätzlich mit dem
ordentlichen Rechtsmittel der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden kann (Art. 82 lit. a,
Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 i. V. m. Art. 73 StHG [SR
642.14] sowie Art. 169 und 146 DBG [SR 642.11]). Für die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde bleibt damit kein Raum.  
 
2.1.1. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts geht auf die vom Präsidenten der
kantonalen Verwaltungsrekurskommission am 6. April 2017 verfügte Verweigerung
der unentgeltlichen Rechtspflege betreffend die Veranlagung des
Beschwerdeführers für die Periode 2014 zurück. Der vorinstanzliche Entscheid
bezieht sich somit auf eine Zwischenverfügung und stellt seinerseits einen
Zwischenentscheid dar (vgl. BGE 135 IV 335 E. 4 S. 338; 129 I 281 E. 1.1 S.
283; 129 I 129 E. 1.1 S. 131; 126 I 207 E. 2a S. 210), der vor Bundesgericht
grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 BGG anfechtbar ist. Ein
nicht wieder gutzumachender Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG wird
allgemein angenommen, wenn die unentgeltliche Rechtspflege verweigert wird. Das
ist auch hier der Fall, weshalb sich das Rechtsmittel des Beschwerdeführers als
zulässig erweist.  
 
2.1.2. Tritt eine kantonale Rechtsmittelinstanz in einer bundesrechtlichen
Materie gestützt auf kantonales Verfahrensrecht auf eine Beschwerde nicht ein,
ist ihr Nichteintretensentscheid geeignet, die richtige Anwendung des
Bundesrechts zu vereiteln. Die Rüge, das kantonale Verfahrensrecht sei in
bundesverfassungs- oder bundesrechtswidriger Weise angewendet worden, kann mit
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vorgebracht werden (Art.
95 lit. a BGG; vgl. u.a. BGE 133 II 249 E. 1.2 S. 251). Gegen einen solchen
Nichteintretensentscheid ist die Beschwerde allerdings nur zulässig, wenn auch
ein Entscheid in der Sache mit diesem Rechtsmittel anfechtbar wäre.
Insbesondere darf kein Ausschlussgrund gemäss Art. 83 BGG zum Zug kommen. Diese
Voraussetzung ist hier erfüllt, bezieht sich der Entscheid der Vorinstanz doch
auf eine Zwischenverfügung betreffend unentgeltliche Rechtspflege in einer
steuerrechtlichen Angelegenheit (vgl. oben E. 2.1 einleitend).  
 
2.1.3. Der Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichts enthält auch nicht
- im Sinne einer Eventual- oder Subsidiärbegründung - eine materielle
steuerrechtliche Beurteilung der Streitsache oder Ausführungen hinsichtlich der
Gewährung oder Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege.
Verfahrensgegenstand vor Bundesgericht kann somit einzig die Frage sein, ob das
Verwaltungsgericht auf der von ihm angegebenen Grundlage zu Recht einen
Nichteintretensentscheid gefällt hat.  
Daraus ergibt sich vorliegend, dass auf die Beschwerde insoweit nicht
eingetreten werden kann, als beantragt wird, die unentgeltliche Rechtspflege
sei für das kantonale Rechtsinstanzmittelverfahren zu gewähren. Wäre die
Beschwerde begründet, würde das Bundesgericht die Sache zur weiteren
Beurteilung des Falles zurückweisen. Andernfalls hat es mit dem
vorinstanzlichen Nichteintretensentscheid sein Bewenden (vgl. u.a. BGE 139 II
233 E. 3.2 S. 235 f.; 135 II 38 E. 1.2 S. 41; Urteil 2C_139/2016 vom 14. Juni
2016 E. 1.1). 
 
2.2. Beruht der angefochtene Entscheid - wie hier - auf kantonalem oder
kommunalem Recht, so sind die Rügegründe erheblich eingeschränkt. Im hier
massgeblichen Rechtsbereich kann das Bundesgericht die Handhabung kantonalen
(und kommunalen) Verfassungs-, Gesetzes- oder Verordnungsrechts nicht als
solche prüfen, sondern lediglich daraufhin, ob dadurch Bundes-, Völker- oder
interkantonales Recht verletzt wird (Art. 95 lit. a, b und e BGG; BGE 141 I 172
E. 4.3 S. 176). In diesen Fällen beschränkt sich die Überprüfung auf die
Verletzung verfassungsmässiger Rechte (BGE 142 V 94 E. 1.3 S. 96), insbesondere
unter dem Aspekt der Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV; BGE 141 IV 317
E. 5.4 S. 324).  
 
2.3. Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem (einschliesslich
kommunalem) und interkantonalem Recht prüft das Bundesgericht in jedem Fall
nur, falls eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und
ausreichend begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht
gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140 IV 57 E. 2.2 S. 60). Inwiefern dies hier
der Fall ist, muss mit Blick auf den Ausgang des Verfahrens nicht weiter
beurteilt werden.  
 
3.  
Die Vorinstanz hat sich für ihre Beurteilung auf Art. 36 Abs. 2 des Gesetzes
das Kantons St. Gallen über die Verwaltungsrechtspflege vom 16. Mai 1965 (VRP/
SG; nGS 951.1) gestützt. Gemäss dieser Bestimmung kann der Gerichtspräsident
weitschweifige oder Sitte und Anstand verletzende Eingaben zurückweisen und
Nichtbehandlung androhen für den Fall, dass die Mängel nicht innert gesetzter
Frist behoben werden. Die hier beanstandete Anwendung der Vorschrift kann nur
dann als rechtswidrig eingestuft werden, wenn sie gegen das Willkürverbot oder
einen verfassungsmässigen Anspruch bzw. Grundsatz verstösst (vgl. oben E. 2.2).
Ein solcher Verstoss ist in keiner Weise dargetan oder ersichtlich. 
 
3.1. Die im hier zu prüfenden Entscheid einzeln erwähnten Formulierungen
verletzen zumindest in ihrer Gesamtheit bzw. Anhäufung Sitte und Anstand. Bei
bestimmten Ausdrücken ist dies besonders deutlich, z.B. in Bezug auf die
geltend gemachte "Wahnsinnigkeit" einer Argumentation, die dem Betroffenen den
Kragen platzen lasse, oder die "Dreistigkeit, mit der ich gegen Recht, Anstand
und Logik behandelt worden bin". Ungebührlich sind auch die wiederholten,
ungezügelten und auf die Person gerichteten Attacken gegen den zuständigen
Präsidenten der Verwaltungsrekurskommission, der - zumeist unter Reduzierung
auf eine despektierliche Art der persönlichen Namensnennung - Gegenstand
verschiedener haltloser Vorwürfe ist, z.B.: "Und hier muss man den gesunden
Menschenverstand einschalten, der dem (X.) scheinbar fehlt." Dieser zeige auch
eine "immer grössere Realitätsfremde" und argumentiere "irrational". Angelastet
werden (ihm) weiter "groteske Ausführungen" bzw. ein "grotesker Vortrag".  
 
3.2. Dass eine solche Anhäufung haltloser und verächtlicher Wortwendungen als
mit dem erforderlichen minimalen prozessualen Anstand nicht mehr vereinbar
eingestuft worden ist, ist zumindest nicht willkürlich. Sie geht deutlich über
das hinaus, was angesichts der Zulässigkeit von selbst heftiger Kritik an
behördlichem Verhalten im Rahmen eines Gerichtsverfahrens noch geduldet werden
könnte. Dagegen stösst auch die Berufung auf die Meinungsäusserungsfreiheit
oder andere BV- bzw. EMRK-Rechte oder -Grundsätze von vornherein ins Leere,
insbesondere diejenige auf Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 EMRK (faires
Verfahren). Unsubstantiiert und gänzlich unbelegt bleibt das Argument, seitens
von Anwälten würden vergleichbare Formulierungen geduldet.  
 
4.  
 
4.1. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist (vgl. oben E. 2.1.2). Sie hat sich als aussichtslos erwiesen,
weshalb auch das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen ist. Auf die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist nicht einzutreten (vgl. oben E. 2.1
einleitend).  
 
4.2. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind dem Beschwerdeführer die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens aufzuerlegen, unter Berücksichtigung seiner
finanziellen Möglichkeiten (vgl. Art. 66 Abs. 1 u. 2 BGG).  
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten. 
 
2.   
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten. 
 
3.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
4.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
5.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Verwaltungsrekurskommission des
Kantons St. Gallen und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen,
Präsident, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. Februar 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Matter 

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben