Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.591/2017
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_591/2017  
 
 
Urteil vom 16. April 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, Donzallaz, 
Gerichtsschreiber Errass. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.C.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwältin Ruth Dönni, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Berninastrasse 45, 8090 Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Aufenthaltsbewilligung, Familiennachzug, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2.
Abteilung, vom 10. Mai 2017 (VB.2017.00017). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.C.________ (Gambierin; 1974) hat aus einer Beziehung in Gambia drei Kinder:
D.G.________ (1994; männlich), E.G.________ (1998; weiblich) und F.G.________
(2002; weiblich). Im Jahre 2005 reiste sie mit F.G.________ in die Schweiz ein
und beantragte Asyl. Dieses wurde abgewiesen und A.C.________ aus der Schweiz
weggewiesen. Im Jahre 2007 heiratete sie einen in der Schweiz
niederlassungsberechtigten Nigerianer. Diese Ehe wurde 2009 geschieden und ihre
Aufenthaltsbewilligung in der Folge nicht mehr verlängert. Am 5. Januar 2010
heiratete A.C.________ den in der Schweiz niederlassungsberechtigten
B.C.________ (Nigerianer), weshalb sie eine Aufenthaltsbewilligung und am 8.
Januar 2016 schliesslich eine Niederlassungsbewilligung erhielt. Aus dieser
Beziehung hat sie einen Sohn (2016). 
 
B.   
Nachdem der Vater von D.G.________, E.G.________ und F.G.________ auf der
Schweizer Botschaft in Dakar/Senegal für diese ein Schengen-Visum beantragt
hatte, reisten die drei Kinder im Juli 2014 mit einem zweimonatigen
Besuchervisum in die Schweiz ein. Am 11. August 2014 beantragte A.C.________
für diese eine Aufenthaltsbewilligung. Mit Verfügung vom 6. November 2014 wies
das Migrationsamt des Kantons Zürich (nachfolgend: Migrationsamt) die drei
Kinder aus der Schweiz weg. Die Prüfung der Gesuche wurden mit der Bedingung
des Nachweises der erfolgten Ausreise verbunden. Die Wegweisung gegenüber
D.G.________ erwuchs in Rechtskraft. Die Rechtsmittel von E.G.________ und
F.G.________ dagegen hiess schliesslich das Verwaltungsgericht gut und wies die
Sache zur Behandlung des Gesuchs um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für
E.G.________ und F.G.________ an das Migrationsamt zurück. Für das
Verwaltungsgericht war erstellt, dass angesichts der Betreuungssituation in
Gambia, der Situation in der Schweiz sowie der bereits langen Behandlungsdauer
der prozedurale Aufenthalt nicht verweigert werden könne. Mit Verfügung vom 18.
Mai 2016 wies das Migrationsamt die Gesuche um Familiennachzug von E.G.________
und F.G.________ ab. Die kantonalen Rechtsmittel dagegen waren alle erfolglos
(Entscheid der Sicherheitsdirektion vom 9. Dezember 2016; Entscheid des
Verwaltungsgerichts vom 10. Mai 2017). 
 
C.  
Vor Bundesgericht beantragt A.C.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts
vom 10. Mai 2017 aufzuheben sowie das Migrationsamt anzuweisen, E.G.________
und F.G.________ im Kanton Zürich eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich und das Staatssekretariat für
Migration beantragen Abweisung der Beschwerde ohne Vernehmlassung. Die
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich verzichtet auf eine Vernehmlassung und
einen Antrag. 
Mit Verfügung des präsidierenden Mitglieds der II. öffentlich-rechtlichen
Abteilung des Bundesgerichts vom 3. Juli 2017 wurde der Beschwerde
aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig, da die
Beschwerdeführerin in vertretbarer Weise gestützt auf Art. 43 AuG einen
Anspruch auf die nachgesuchten Bewilligungen geltend macht (Art. 82 lit. a,
Art. 83 lit. c Ziff. 2 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 90 BGG). Die
Beschwerdeführerin, die am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen hat und mit
ihren Anträgen unterlegen ist, ist zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 89
Abs. 1 BGG). Auf die frist- (Art. 100 Abs. 1 BGG) und formgerecht (Art. 42 BGG)
eingereichte Beschwerde ist somit einzutreten. 
 
2.   
 
2.1. Ausländische ledige Kinder unter 18 Jahren von Personen mit
Niederlassungsbewilligung haben Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen (Art. 43 Abs. 1 AuG
). Der Anspruch auf Familiennachzug muss innerhalb einer bestimmten Frist
geltend gemacht werden (Art. 47 Abs. 1 und 3 AuG). Nach Art. 47 Abs. 4 Satz 1
AuG und 73 Abs. 3 Satz 1 VZAE (SR 142.201) wird ein nachträglicher
Familiennachzug nur bewilligt, wenn wichtige familiäre Gründe geltend gemacht
werden.  
 
2.2. Im vorliegenden Fall ist das Gesuch unbestrittenermassen nicht
fristgerecht eingereicht worden. Es steht somit nur zur Diskussion, ob wichtige
familiäre Gründe für einen nachträglichen Familiennachzug vorliegen.  
 
2.2.1. Die in Art. 47 AuG enthaltenen Altersbeschränkungen und Fristen für den
Familiennachzug dienen der frühzeitigen Integration und sind auch mit der EMRK
vereinbar (BGE 137 I 284 E. 2.4-2.6 S. 291 ff.). Ein nachträglicher
Familiennachzug, wenn also das Gesuch erst nach Ablauf der Nachzugsfristen
gemäss Art. 47 Abs. 1 bis 3 AuG gestellt wurde, wird nur bewilligt, wenn
wichtige familiäre Gründe geltend gemacht werden. Wichtige familiäre Gründe im
Sinne von Art. 47 Abs. 4 AuG liegen vor, wenn das Kindeswohl nur durch einen
Nachzug in die Schweiz sachgerecht gewahrt werden kann (Art. 75 VZAE). Entgegen
dem Wortlaut der Verordnungsbestimmung ist dabei nach der Rechtsprechung jedoch
nicht ausschliesslich auf das Kindeswohl abzustellen; es bedarf vielmehr einer
Gesamtschau unter Berücksichtigung aller relevanten Elemente im Einzelfall
(vgl. Urteile 2C_767/2015 vom 19. Februar 2016 E. 5.1.1; 2C_888/2011 vom 20.
Juni 2012 E. 3.1). Dabei ist dem Sinn und Zweck der Fristenregelung Rechnung zu
tragen, welche die Integration der Kinder erleichtern will, indem diese durch
einen frühzeitigen Nachzug unter anderem auch eine möglichst umfassende
Schulbildung in der Schweiz geniessen sollen. Zudem geht es darum,
Nachzugsgesuchen entgegenzuwirken, die rechtsmissbräuchlich erst kurz vor
Erreichen des erwerbstätigen Alters gestellt werden und bei denen die
erleichterte Zulassung zur Erwerbstätigkeit und nicht (mehr) die Bildung einer
echten Familiengemeinschaft im Vordergrund steht (Botschaft zum AuG, BBl 2002
3754 f. Ziff. 1.3.7.7). Die Bewilligung des Nachzugs nach Ablauf der Fristen
hat nach dem Willen des Gesetzgebers die Ausnahme zu bleiben; dabei ist Art. 47
Abs. 4 Satz 1 AuG bzw. Art. 75 VZAE jeweils aber dennoch so zu handhaben, dass
der Anspruch auf Schutz des Familienlebens nach Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV
nicht verletzt wird (Urteil 2C_767/2015 vom 19. Februar 2016 E. 5.1.1 mit
Hinweisen).  
 
2.2.2. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn die weiterhin notwendige Betreuung
der Kinder im Herkunftsland beispielsweise wegen des Todes oder der Krankheit
der betreuenden Person nicht mehr gewährleistet ist. Praxisgemäss liegen keine
solchen Gründe vor, wenn im Heimatland alternative Pflegemöglichkeiten
bestehen, die dem Kindeswohl besser entsprechen, weil dadurch vermieden werden
kann, dass die Kinder aus ihrer bisherigen Umgebung und dem ihnen vertrauten
Beziehungsnetz gerissen werden. An den Nachweis der fehlenden
Betreuungsmöglichkeit im Heimatland stellt die Rechtsprechung umso höhere
Anforderungen, je älter das nachzuziehende Kind ist und je grösser die
Integrationsschwierigkeiten erscheinen, die ihm hier drohen (BGE 137 I 284 E.
2.2 S. 289; Urteil 2C_276/2011 vom 10. Oktober 2011 E. 4.1, nicht publ. in: BGE
137 II 393). Allerdings geht es inhaltlich nicht darum, dass alternative
Betreuungsmöglichkeiten im Heimatland überhaupt fehlen; das heisst, es ist nach
der Rechtsprechung mit Art. 8 EMRK nicht vereinbar, einen Familiennachzug erst
dann zuzulassen, wenn keine einzige andere Alternative zur Betreuung des Kindes
in seinem Heimatland zur Verfügung steht. Eine solche Alternative muss aber
dann ernsthaft in Betracht gezogen und sorgfältig geprüft werden, wenn das Kind
bereits älter ist, sich seine Integration schwieriger gestalten dürfte und die
zum in der Schweiz lebenden Elternteil aufgenommene Beziehung nicht allzu eng
erscheint (BGE 133 II 6 E. 3.1.2 S. 11. f.).  
 
2.3. In den vorinstanzlichen Verfahren hat die Beschwerdeführerin ausgeführt,
dass sie die Kinder in Gambia bei ihrem Vater und ihrer Mutter, d.h. bei deren
Grosseltern, und einer Tante zur Betreuung und zur Erziehung gelassen habe. Die
Tante und der Grossvater seien gestorben, während des Verfahrens nun auch die
Grossmutter. Dies ist durch ein Schreiben des Vermieters bestätigt worden. Die
Vorinstanz führt dazu aus, dass die diesbezüglichen Ausführungen der
Beschwerdeführerin wenig glaubwürdig seien, da dieser Vermieter bereits wider
besseren Wissens ausgeführt habe, dass der Vater der Kinder wegen eines
Lastwagenunfalls im Gefängnis sitze. Insofern habe die Beschwerdeführerin die
entsprechenden wichtigen familiären Gründe nicht belegt. Es sei jedenfalls
davon auszugehen, dass der Vater der Kinder eine valable, alternative Bezugs-
und Erziehungsperson der Kinder sei. Dass der Vater finanziell nicht in der
Lage sei, für die Kinder zu sorgen, behaupte zwar die Beschwerdeführerin,
diesbezügliche Belege habe sie aber nicht eingereicht. Nicht nachvollziehbar
seien sodann auch die Ausführungen, warum die bestehende Toilettensituation in
der Wohnung des Vaters einer Rückkehr entgegen stehen könnte; dies liesse sich
doch leicht durch den Umzug in eine neue Wohnung beheben. Abgesehen davon sei
die ältere Tochter nun volljährig und könne sich auch in gewissem Mass um ihre
jüngere Schwester kümmern.  
 
2.4. Die Beschwerdeführerin macht demgegenüber geltend, die Tatsache, dass die
Tante und der Grossvater der Kinder gestorben sei, sei belegt durch eine
Erklärung des Vermieters der Liegenschaft, in welcher die verstorbene Tante bis
zu ihrem Tod mit den beiden Kindern der Beschwerdeführerin gewohnt habe. Dabei
seien diese beiden Todesfälle nie bestritten worden. Auch der sehr schlechte
Gesundheitszustand der Grossmutter, welche in der Zwischenzeit ebenfalls
gestorben sei, sei belegt. Die Beschwerdeführerin habe ihre Töchter in der
Obhut der Tante zurückgelassen, eine Betreuung durch den Vater sei für sie nie
zur Diskussion gestanden. Dies habe sich auch heute angesichts dessen
finanzieller Situation, der Begrenzung der Personen in der väterlichen Wohnung
durch den Vermieter aufgrund der geringen Anzahl von Toiletten und vor allem
der fehlenden weiblichen Bezugsperson im väterlichen Haushalt nicht geändert.
Die Kinder seien seit bald vier Jahren hier und gut integriert. Eine
Rückführung nach Gambia würde nach dieser langen Anwesenheitsdauer in der
Schweiz dem Kindeswohl widersprechen.  
 
2.5. Die Vorinstanz hat den Tod der Grosseltern und der Tante grundsätzlich
nicht in Frage gestellt. Entscheidend ist nämlich, ob die weiterhin notwendige
Betreuung der Kinder im Herkunftsland nicht mehr, d.h. unabhängig von den
Grosseltern und der Tante, gewährleistet ist. Im Rahmen des Verfahrens zur
Erteilung der Schengen-Visa hat der Vater der Kinder angegeben, dass die Kinder
bei ihm wohnen würden. Zwar bestreitet die Beschwerdeführerin, dass die Kinder
bei ihrem Vater wohnen; die Aussage des Vaters sei nur im Rahmen des
Visa-Verfahrens erfolgt. Insofern liegen widersprüchliche Aussagen vor. Vor
diesem Hintergrund wäre es an der Beschwerdeführerin gelegen, ihre Aussage zu
belegen (vgl. Art. 90 AuG; Urteil 2C_303/2014 vom 20. Februar 2015 E. 6.1 in
fine), was sie unterlassen hat. Die Aussagen in Bezug auf die finanziellen
Verhältnisse des Kindsvaters sind nicht substantiiert. Es wäre ein Leichtes
gewesen, entsprechende Lohnabrechnungen und Lebenshaltungskosten (Mietvertrag
etc.) einzureichen. Auch dies hat die Beschwerdeführerin unterlassen. Ebenfalls
erweisen sich die Angaben, die beiden jungen Frauen könnten Opfer sexuellen
Missbrauchs oder in die Prostitution geraten, als zu wenig substantiiert. Die
diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführerin erschöpfen sich weitgehend
in abstrakten Befürchtungen, für die keine konkreten Anhaltspunkte genannt
werden.  
 
2.6. Keine  ausschlaggebende Rolle kann im vorliegenden Zusammenhang
grundsätzlich der Umstand spielen, dass die beiden Kinder nunmehr bereits seit
bald vier Jahren in der Schweiz leben: Sie sind mit einem Besuchervisum für
einen zweimonatigen Aufenthalt eingereist. Nach dem klaren Wortlaut und Sinn
von Art. 17 Abs. 1 AuG haben Ausländer, die für einen vorübergehenden
Aufenthalt rechtmässig eingereist sind und nachträglich eine Bewilligung für
einen dauerhaften Aufenthalt beantragen, den Entscheid im Ausland abzuwarten.
Der vorläufige Aufenthalt nach Art. 17 Abs. 2 AuG wurde nur wegen der
Falschaussage des Vermieters bzw. der Beschwerdeführerin, wonach der Vater
inhaftiert sei und nach dem Tod derer Eltern und Tante keine
Betreuungsmöglichkeit in Gambia bestehe, bewilligt. Die
Zulassungsvoraussetzungen wären keineswegs offensichtlich erfüllt gewesen. Mit 
Art. 17 AuG soll verhindert werden, dass die Gesuchstellerinnen durch einen
unbewilligten Aufenthalt in der Schweiz vollendete Tatsachen schaffen, die sie
bei rechtmässigem Verhalten nicht hätte schaffen können, und dadurch
privilegiert werden gegenüber denjenigen, die das korrekte Verfahren einhalten
(vgl. BGE 139 I 37 E. 3.3.1 S. 44; Urteile 2C_947/2016 vom 17. März 2017 E.
3.4; 2C_303/2014 vom 20. Februar 2015 E. 6.7.5).  
 
3.  
 
3.1. Insofern sind - wie die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat - keine
wichtigen Gründe ersichtlich, die  ausnahmensweiseeinen verspäteten
Familiennachzug zu rechtfertigen vermögen. Die Beschwerdeführerin bringt nun im
bundesgerichtlichen Verfahren vor, dass  unmittelbar vor dem Entscheid der
Vorinstanz beim jüngeren Kind, wie bei ihrem in der Schweiz lebenden
Halbbruder, die Sichelzellkrankheit diagnostiziert wurde.  
 
3.2. Die Sichelzellkrankheit oder Sichelzellanämie (vgl. Botschaft vom 5. Juli
2017 zum Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen, BBl 2017
5597 5753; JOCHEN GRAW, Genetik, 6. Aufl. 2015, S. 485) ist eine Erbkrankheit
des Menschen. Die Patienten leiden an Blutarmut oder genauer gesagt an einem
Mangel an funktionsfähigen Erythrocyten. Dieser Mangel wird durch ein
verändertes ?-Globinprotein veruracht. Durch veränderte physikochemische
Eigenschaften des ?-Globins kommt es in einem Teil der Erythrocyten zu einer
Kristallisation von Hämoglobin, das dadurch seine Funktion nicht mehr
wahrnehmen kann. Hämoglobin ist für die Bindung und den Transport von
Sauerstoff sowie für den Abtransport von CO2 im Blut verantwortlich. In der
defekten Form sind seine Bindungsaffinitäten stark verändert, und in
kristalliner Form kann das Hämoglobin überhaupt keinen Sauerstoff mehr binden.
Die Kristallisation des Hämoglobins führt zu einer Formveränderung der
Erythrocyten, da diese durch die Hämoglobinkristalle eine sichelförmige Gestalt
annehmen. Sichelzellenerythrocyten sind nicht mehr funktionsfähig und werden
dem Blut durch Phagocytose entzogen (GRAW, a.a.O., S. 485). Der Schweregrad der
Erkrankung an Sichelzellanämie ist variabel (GRAW, a.a.O., 618). Diese geht
i.d.R. mit (schweren) Organschäden einher und kann auch tödlich enden (vgl.
GRAW, a.a.O., S. 485; GESCHE TALLEN, Sichelzellkrankheit, 2011, S. 20 [ https:/
/www.kinderblutkrankheiten.de/sites/ kinderkrebsinfo/kinderblutkrankheiten/
content/e97222/e96941/e96942/e100551/e103862/Sichelzellkrankheit_final.pdf]).
Die Behandlungsmethoden sind abhängig vom Stadium und Schweregrad der
Erkrankung. Dazu gehören u.a. Schmerzbehandlungen mit Penizillin und
Bluttransfusionen (vgl. GRAW, a.a.O., S. 618; TALLEN, a.a.O., S. 16 ff. mit
verschiedenen, auch neuen Therapien).  
 
3.3. Bei den Ausführungen der Beschwerdeführerin handelt es sich  nicht um
echte Noven, d.h. nach dem Datum des vorinstanzlichen Entscheids entstandene
Tatsachen oder Beweismittel, sondern um  unechte, welche unter der
Voraussetzung von Art. 99 Abs. 1 BGG berücksichtigt werden können. Die
Beschwerdeführerin führt zwar diese Bestimmung an, erklärt aber nicht,
inwiefern diese Noven in Bezug auf die beiden Töchter zulässig sein sollten
(vgl. Urteil 2C_347/2012; 2C_357/2012 vom 28. März 2013 E. 2.5, nicht publ. in
BGE 139 II 185).  
 
4.  
 
4.1. Die Beschwerde ist demnach unbegründet und abzuweisen. Angesichts der
Diagnose der schweren Krankheit kann unter Umständen ein neues Gesuch
eingereicht werden. Diesbezüglich wäre zu prüfen, ob gestützt auf Art. 43
i.V.m. Art. 47 AuG oder allenfalls gestützt auf Art. 8 EMRK ein nachträglicher
Familiennachzug einer oder beider Töchter zu bewilligen wäre. Zu prüfen wären
dabei verschiedene Fragen: Ist die Betreuung der Kinder im Heimatland der
Beschwerdeführerin auch unter der neuen Bedingung möglich? Dabei stellt sich
die Frage, welchen Schweregrad der Erkrankung die jüngere Tochter aufweist und
ob eine Behandlung im Gambia (Gambia ist ein Malariagebiet und die
Sichelzellanämie deckt sich häufig mit Malariagebieten, was auch in Gambia
zutrifft [vgl. GRAW, a.a.O., S. 618 i.V.m. 507]) überhaupt oder umgekehrt eher
möglich ist. Sollten keine alternativen Betreuungsmöglichkeiten vorliegen und
ein Familiennachzug der jüngeren Tochter in Betracht gezogen werden, wäre zu
prüfen, ob allenfalls wegen Bluttransfusionen auch der älteren Tochter als
Spenderin ein Familiennachzug zu bewilligen wäre. Schliesslich könnte unter
Umständen auch die sehr schwere Krankheit des jungen Halbbruders Grund für
einen verspäteten Familiennachzug der älteren Schwester als allenfalls mögliche
Spenderin sprechen.  
 
4.2. Da das Bundesgericht auf die Beschwerde eingetreten und diese abgewiesen
hat, fehlt es aber  in jedem Fall und unabhängig davon, ob überhaupt ein
Revisionstatbestand vorliegen würde, an einem Gegenstand für ein
Revisionsgesuch bei der Vorinstanz (vgl. BGE 138 II 386 E. 6.2 S. 390).  
 
4.3. Bei diesem Verfahrensausgang trägt die Beschwerdeführerin die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung
ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG).  
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden der
Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration
schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. April 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Errass 

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben