Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.573/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
2C_573/2017        

Urteil vom 13. Juli 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiber Mösching.

Verfahrensbeteiligte
A.________, Niederlande, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Adriel Caro,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung, Dienst für Informationsaustausch in
Steuersachen SEI, Amtshilfe.

Gegenstand
Amtshilfe (DBA CH-NL),

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 8.
Juni 2017.

Erwägungen:

1. 
Am 3. Februar 2016 reichte der Belastingdienst der Niederlande (nachfolgend:
BD) gestützt auf das Abkommen vom 26. Februar 2010 zwischen der Schweizerischen
Eidgenossenschaft und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der
Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (DBA CH-NL; SR
0.672.963.61) bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) ein
Amtshilfegesuch ein. Das Ersuchen betrifft dem BD namentlich nicht bekannte
natürliche Personen, welche im Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis zum 31.
Dezember 2015 Inhaber eines oder mehreren Konten bei der Credit Suisse AG waren
und in diesem Zeitraum (kumulativ) folgende Kriterien erfüllt haben:
a) Der Kontoinhaber verfügte gemäss bankinterner Dokumentation über eine
Domiziladresse in den Niederlanden.
b) Die Credit Suisse AG hat dem Kontoinhaber ein Schreiben gesandt, mit welchem
dieser mit dem Hinweis, dass er mit früheren Briefen der Bank erfolglos zur
Einreichung eines Steuerkonformitätsnachweis aufgefordert worden sei, über die
Kündigung der Geschäftsbeziehung mangels Nachweises der Steuerkonformität
orientiert wurde.
c) Der Kontoinhaber hat der Credit Suisse AG trotz des vorgenannten Schreibens
keinen der Bank genügenden Nachweis der Steuerkonformität erbracht.
Davon ausgenommen sind Konten, welche bestimmte weitere, im Gesuch genannte
Kriterien erfüllen. Der BD verlangte nach dem Amtshilfeersuchen in Bezug auf
jede dieser Personen Informationen über Vorname (n), Nachname, Domiziladresse,
Geburtsdatum, Bankkontonummer (n) und Vermögensstand auf den betreffenden
Konten per 1. Februar 2013, 1. Januar 2014, 1. Januar 2015 und 31. Dezember
2015.
Aufgrund des Amtshilfegesuches des BD forderte die ESTV die Credit Suisse AG
mit Verfügung vom 4. Februar 2016 dazu auf, alle unter das Ersuchen fallenden
Personen zu identifizieren, ihr die vom BD verlangten sowie die für die Prüfung
der Amtshilfefähigkeit notwendigen Informationen zu übermitteln und die
beschwerdeberechtigten Personen mit Wohnsitz im Ausland mittels eines der
Verfügung beigelegten Schreibens der ESTV über das Amtshilfeverfahren zu
informieren. Die Credit Suisse AG reichte der ESTV fristgerecht verschiedene
Dokumente ein. Nach diesen Unterlagen ist unter anderem A.________ eine unter
das Ersuchen des BD fallende Person.
Nach Durchführung des ordentlichen Amtshilfeverfahrens ordnete die ESTV mit
Schlussverfügung vom 19. Dezember 2016 an, dem BD sei betreffend A.________
Amtshilfe zu leisten und die nachgefragten Informationen zu übermitteln. Gegen
die Schlussverfügung erhob A.________ am 19. Januar 2017 Beschwerde beim
Bundesverwaltungsgericht, welches diese mit Urteil vom 8. Juni 2017 abwies.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 23. Juni 2017
beantragt A.________, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei aufzuheben
und die Amtshilfe gegenüber dem Königreich der Niederlande sei im vorliegenden
Verfahren zu verweigern.
Es wurde kein Schriftenwechsel angeordnet.

2. 
Nach Art. 109 Abs. 1 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über
Nichteintreten auf Beschwerden, welche die Anforderungen von Art. 84a BGG nicht
erfüllen.

2.1. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in
Steuersachen ist die Beschwerde zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung stellt oder wenn es sich aus anderen Gründen um einen
besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG handelt (Art. 84a
BGG). Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde
nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung stellt oder ein besonders bedeutender Fall nach Art.
84 oder 84a BGG vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung
erfüllt ist, es sei denn, dies treffe ganz offensichtlich zu. Wie Art. 84 BGG
bezweckt auch Art. 84a BGG die wirksame Begrenzung des Zugangs zum
Bundesgericht im Bereich der internationalen Amtshilfe in
Steuerangelegenheiten. Ein besonders bedeutender Fall ist daher mit
Zurückhaltung anzunehmen. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders
bedeutender Fall gegeben ist, steht dem Bundesgericht ein weiter
Ermessensspielraum zu. Gemäss Art. 84 Abs. 2 BGG liegt ein besonders
bedeutender Fall insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass
elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im
Ausland schwere Mängel aufweist. Das Gesetz enthält nach dem ausdrücklichen
Wortlaut von Art. 84 Abs. 2 BGG eine nicht abschliessende Aufzählung von
möglichen besonders bedeutenden Fällen. Das Vorliegen einer Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung ist regelmässig zu bejahen, wenn der Entscheid für
die Praxis wegleitend sein kann, namentlich wenn von unteren Instanzen viele
gleichartige Fälle zu beurteilen sein werden. Rechtsfragen von grundsätzlicher
Bedeutung können sich ebenfalls nach dem Erlass neuer materiell- oder
verfahrensrechtlicher Normen stellen. Das Gleiche gilt, wenn sich aufgrund der
internationalen Entwicklungen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist unter Umständen auch
anzunehmen, wenn es sich um eine erstmals zu beurteilende Frage handelt, die
einer Klärung durch das Bundesgericht bedarf. Es muss sich allerdings um eine
Rechtsfrage handeln, deren Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann und
die von ihrem Gewicht her nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft (BGE 139
II 404 E. 1.3 S. 410; 139 II 340 E. 4 S. 342 mit weiteren Hinweisen). Selbst
eine vom Bundesgericht bereits entschiedene Rechtsfrage kann von
grundsätzlicher Bedeutung sein, wenn sich die erneute Überprüfung aufdrängt.
Dies kann zutreffen, wenn die Rechtsprechung nicht einheitlich oder in der
massgebenden Lehre auf erhebliche Kritik gestossen ist (BGE 139 II 340 E. 4 S.
342 f.; 134 III 354 E. 1.3 S. 357).

2.2. Die Beschwerdeführerin macht eine solche Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung geltend. In Überprüfung von BGE 143 II 136 sei eine Präzisierung
bezüglich der Frage notwendig, ob im Anwendungsbereich von Art. 26 DBA CH-NL
abkommensrechtlich für eine Amtshilfeleistung genügende Anhaltspunkte für ein
rechtswidriges Verhalten des Steuerpflichtigen vorliegen würden. Die
Heranziehung des OECD-Kommentars vom 17. Juli 2012 reiche dafür als
Rechtsgrundlage nicht aus. Vielmehr müssten geeignete äussere Elemente
berücksichtigt werden, um einen genügenden Verdacht für rechtswidriges
Verhalten der Steuerpflichtigen anzunehmen und dadurch ein zulässiges
Gruppenersuchen ohne Namensnennung der Betroffenen von einer verbotenen
"Fishing Expedition" abzugrenzen.

2.3. Die Beschwerdeführerin bezieht sich auf BGE 143 II 136, in welchem die
Frage aufgeworfen wurde, ob das DBA CH-NL Gruppenersuchen zulässt oder nicht.
Da sich damals die Frage zum ersten Mal stellte und weitere Entscheide zu
erwarten waren, mass ihr das Bundesgericht grundlegende Bedeutung zu und trat
auf die Beschwerde ein (E. 1.3.3). Nach Auslegung von Art. 26 DBA CH-NL, welche
anhand der geltenden Auslegungsregeln für Staatsverträge erfolgte und nicht nur
auf dem OECD-Kommentar beruhte (vgl. E. 5.2), beantwortete das Bundesgericht in
der Folge, die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage, auch wenn sich
der vorliegende Sachverhalt leicht anders präsentiert.

2.3.1. Wie bereits die Vorinstanz korrekt ausführte (E. 5.3.2.1 des
angefochtenen Entscheides), liegen im Anwendungsbereich von Art. 26 DBA CH-NL
abkommensrechtlich genügende Anhaltspunkte für ein rechtswidriges Verhalten
vor, wenn Bankkunden deshalb zum Kreis der in einem Gruppenersuchen definierten
Gruppe zählen, weil sie innert einer angesetzten Frist trotz entsprechender
Aufforderung sowie Androhung der Kündigung der Bankbeziehung im
Unterlassungsfall einen von der Bank geforderten Nachweis der Steuerkonformität
nicht erbracht haben. Insgesamt lässt sich das Ersuchen daher von einer
verpönten Beweisausforschung abgrenzen und erscheint - wenn auch im Sinne eines
Grenzfalls - gerade noch als zulässig (BGE 143 II 136 E. 6.1 und 6.3 S. 152
ff.).

2.3.2. Aufgrund dieser Rechtslage erkannte die Vorinstanz, dass erst recht auch
im vorliegenden Fall von im Gruppenersuchen hinreichend dargelegten
Anhaltspunkten für die nicht vollumfängliche Erfüllung steuerlicher Pflichten
durch die Gruppenangehörigen ausgegangen werden müsse. Beim Amtshilfeersuchen
des BD vom 3. Februar 2016 fallen nur Bankkunden unter die Gruppe, denen die
Bank bereits ein Kündigungsschreiben mit der Begründung, trotz dahingehender
Aufforderung sei kein Nachweis der Steuerkonformität eingereicht worden,
versendet hat. Der Kreis der unter die Gruppe fallenden Personen erweist sich
insofern als enger gezogen als beim Ersuchen, welches BGE 143 II 136 zugrunde
lag, als die Bank zur Kündigung geschritten sein musste.

2.4. Es stellen sich folglich keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung,
welche im konkret zu beurteilenden Fall relevant wären, und auch sonst kommt
dem Fall keine aussergewöhnliche Tragweite zu. Auf die Beschwerde ist somit
nicht einzutreten.

3. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend trägt die unterliegende Beschwerdeführerin
die bundesgerichtlichen Kosten (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Es sind keine
Parteientschädigungen geschuldet (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht,
Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. Juli 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Mösching

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