Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.562/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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2C_562/2017            

 
 
 
Urteil vom 30. Oktober 2017  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, 
Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiber Hugi Yar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.A.________, 
2. B.A.________, 
Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Amr Abdelaziz, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4.
Abteilung, vom 8. Mai 2017 (VB.2017.00149). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.A.________ (geb. 1980) ist kosovarischer Staatsangehöriger. Er heiratete
am 3. Januar 2008 in seinem Heimatland die 1987 geborene und in der Schweiz
niederlassungsberechtigte Landsfrau B.A.________, worauf das Migrationsamt
Zürich ihm eine Aufenthaltsbewilligung und später die Niederlassungsbewilligung
erteilte. Aus der Ehe sind die vier gemeinsamen Kinder C.________ (geb. 2009),
D.________ (geb. 2010), E.________ (geb. 2013) sowie F.________ (geb. 2016)
hervorgegangen.  
 
A.b. A.A.________ ist in der Schweiz straffällig geworden: Das Bezirksgericht
Zürich verurteilte ihn am 11. November 2015 wegen versuchter schwerer
Körperverletzung, einfacher Körperverletzung, Sachbeschädigung sowie grober
Verletzung von Verkehrsregeln zu 24 Monaten Freiheitsstrafe bedingt sowie zu
einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je Fr. 20.--.  
 
B.  
Gestützt auf die entsprechende Verurteilung widerrief das Migrationsamt des
Kantons Zürich am 25. Juli 2016 die Niederlassungsbewilligung von A.A.________
und hielt ihn an, das Land zu verlassen. Die hiergegen gerichteten kantonalen
Rechtsmittel blieben ohne Erfolg (Rekursentscheid der Sicherheitsdirektion vom
26. Januar 2017 und Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 8.
Mai 2017). Die kantonalen Instanzen gingen davon aus, A.A.________ habe ein
"erschreckendes Aggressionspotenzial" und eine erhebliche Geringschätzung
gegenüber der hiesigen Rechtsordnung gezeigt. Eine Rückkehr in den Kosovo sei
ihm zumutbar, nachdem er sich erst seit etwa acht Jahren im Land aufhalte und
seine Integration in die hiesigen Verhältnisse in sozialer wie beruflicher
Hinsicht höchstens als durchschnittlich bezeichnet werden könne. 
 
C.  
A.A.________ und B.A.________ beantragen vor Bundesgericht, das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 8. Mai 2017 aufzuheben und
A.A.________ die Niederlassungsbewilligung zu belassen; eventuell sei die Sache
zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Ehepaar A.________
macht geltend, das Verwaltungsgericht habe in Missachtung ihres Anspruchs auf
rechtliches Gehör sie und die zwei älteren Kinder nicht mündlich angehört und
ihren entscheidwesentlichen tatsächlichen Vorbringen zu wenig Rechnung
getragen. Die aufenthaltsbeendende Massnahme erweise sich als
unverhältnismässig. 
Die kantonalen Behörden und das Staatssekretariat für Migration (SEM) haben
darauf verzichtet, sich zur Beschwerde zu äussern. 
 
D.  
Mit Verfügung vom 21. Juni 2017 hat der Abteilungspräsident der Eingabe
antragsgemäss aufschiebende Wirkung beigelegt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung steht die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Ob
die Voraussetzungen für einen solchen erfüllt sind - insbesondere, ob sich
dieser als verhältnismässig erweist -, bildet keine Frage des Eintretens,
sondern eine solche der materiellen Beurteilung (vgl. BGE 137 I 305 E. 2.5 S.
315 f.). Nur mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde anfechtbar ist der mit dem
Bewilligungswiderruf verbundene kantonale Wegweisungsentscheid (Art. 83 lit. c
Ziff. 4 BGG). Soweit die Beschwerdeführer diesen implizit beanstanden
(Unzumutbarkeit des Vollzugs ausserhalb der Interessenabwägung bezüglich des
Widerrufs seiner Bewilligung [Art. 96 BGG bzw. Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 36 BV
und Art. 8 EMRK]), ist mangels einer rechtsgenügenden Begründung (vgl. BGE 137
II 305 ff.; Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG) bzw. diesbezüglich als
verletzt geltend gemachter besonderer konventions- und verfassungsrechtlicher
Garantien auf die entsprechenden Ausführungen nicht weiter einzugehen. Unter
diesem Vorbehalt ist die frist- und (im Wesentlichen) formgerecht eingereichte
Eingabe der durch den angefochtenen kantonalen Endentscheid in ihren Interessen
betroffenen Beschwerdeführer an die Hand zu nehmen (vgl. Art. 42, Art. 82 lit.
a i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 83 lit. c Ziff. 2 [e contrario], Art. 89
Abs. 1, Art. 90, Art. 100 Abs.1 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht prüft unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und
Begründungspflicht nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern die rechtlichen
Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Es
ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich potentiell
stellenden Fragen zu beantworten, wenn diese in seinem Verfahren nicht mehr
formell korrekt (Begründungs- und Mitwirkungspflicht) problematisiert werden
(vgl. BGE 143 II 283 E. 1.2.2 S. 286; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Das
Bundesgericht ist an den Sachverhalt gebunden, wie ihn die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser erweise sich in
einem entscheidwesentlichen Punkt als offensichtlich falsch oder unvollständig
(Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3 254 f.; 133 III 350 E. 1.3
S. 351 f.). Zur Sachverhaltsfeststellung gehört auch die auf Indizien gestützte
Beweiswürdigung (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 265 ff.; Urteil 2C_402/2015 vom 11.
November 2016 E. 2.2.2). Obwohl nicht ausdrücklich im Gesetz erwähnt, beruht
auch die unvollständige Sachverhaltsfeststellung auf einer Rechtsverletzung:
Was rechtserheblich ist, bestimmt sich nach dem materiellen Recht; eine in
Verkennung der Rechtserheblichkeit unvollständige Ermittlung der für die
rechtliche Beurteilung massgeblichen Tatsachen verletzt direkt die anzuwendende
materielle Norm (Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 95 BGG; BGE 136 II 65 E. 1.4 S.
68; 134 V 53 E. 4.3 S. 62; Urteil 2C_1/2017 vom 22. Mai 2017 E. 2.2).  
 
2.2. Die Beschwerdeführer beschränken sich - entgegen ihrer diesbezüglich
qualifizierten Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 143 II 283 E.
1.2.2 S. 286; 137 II 353 E. 5.1 S. 356; 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.; 133 III
350 E. 1.3 S. 351 f.) - teilweise darauf, der Sachverhaltsfeststellung bzw. der
Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts lediglich ihre Sicht der Dinge
gegenüberzustellen; sie zeigen jedoch nicht in allen Punkten in
Auseinandersetzung mit den Ausführungen der Vorinstanz auf, dass und inwiefern
der angefochtene Entscheid jeweils als offensichtlich mangelhaft zu gelten
hätte (vgl. Art. 105 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführer kritisieren zwar die
Sachverhaltsfeststellung in weiteren Punkten; tatsächlich geht es dabei aber in
erster Linie jeweils darum, ob die Vorinstanz die verschiedenen an sich nicht
umstrittenen Sachverhaltselemente in ihrer Interessenabwägung
bundesrechtskonform gewichtet und die Rechtsfrage des weiteren Aufenthalts des
Beschwerdeführers materiell korrekt entschieden hat. Soweit es für das
vorliegende Urteil erforderlich ist, wird das Bundesgericht den Sachverhalt im
Rahmen von Art. 105 Abs. 2 BGG nötigenfalls von Amtes wegen ergänzen.  
 
3.  
Die Beschwerdeführer machen geltend, sie und ihre zwei älteren Kinder sowie
verschiedene Auskunftspersonen seien - entgegen ihren Anträgen - zu Unrecht
nicht mündlich angehört worden. Ihr Einwand überzeugt nicht: 
 
3.1. Wie die Vorinstanz richtig dargelegt hat, findet Art. 6 Ziff. 1 EMRK auf
ausländerrechtliche Verfahren keine Anwendung (Urteile des EGMR  Maaouia gegen
Frankreich vom 5. Oktober 2000 [Nr. 39652/98], §§ 33 ff.;  Emre gegen die
Schweiz [Nr. 2] vom 11. Oktober 2011 [Nr. 5056/10], § 79; BGE 137 I 128 E.
4.4.2 S. 133 f. mit Hinweis; ZÜND/HUGI YAR, Aufenthaltsbeendende Massnahmen im
schweizerischen Ausländerrecht, EuGRZ 2013 S. 1 ff., N. 13 mit Hinweisen). Aus 
Art. 29 Abs. 2 BV ergibt sich ebenfalls kein Anspruch auf eine mündliche
Anhörung (BGE 134 I 140 E. 5.3 S. 148; 130 II 425 E. 2.1 S. 428 f.; Urteile
2C_574/2012 vom 19. Februar 2013 E. 3.1.1; 2C_923/2012 vom 26. Januar 2013 E.
2.1); dass das kantonale Recht eine solche vorsehen würde, machen die
Beschwerdeführer nicht geltend.  
 
3.2. Nach der Rechtsprechung kann der Richter das Beweisverfahren ohne
Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV schliessen, falls die Beweisanträge eine nicht
erhebliche Tatsache betreffen oder offensichtlich untauglich sind, den
umstrittenen Sachverhalt zu beweisen, bzw. wenn der Richter aufgrund bereits
abgenommener Beweise seine Überzeugung gebildet hat und willkürfrei in
vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass weitere Abklärungen zu
keiner anderen Sicht Anlass gäben (BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236 f.; BGE 134 I
140 E. 5.3 S. 148; 131 I 153 E. 3 S. 157; 124 I 208 E. 4a S. 211).  
 
3.3. Die Beschwerdeführer haben sich in den verschiedenen kantonalen Verfahren
eingehend schriftlich äussern können. Sie haben dabei auch die
wohlverstandenen, zu ihren eigenen Interessen parallel bestehenden Anliegen der
Kinder wahrgenommen (vgl. die Urteile 2C_870/2016 vom 21. Dezember 2016 E. 3.4
und 2C_930/2012 vom 10. Januar 2013 E. 4.4.1). Unter diesen Umständen war die
Vorinstanz nicht verpflichtet, den Beschwerdeführern Gelegenheit zu geben, die
gleichen Aspekte noch mündlich vorzutragen, zumal ihnen das rechtliche Gehör
bereits im erstinstanzlichen Verfahren im Rahmen einer mündlichen Befragung
gewährt worden war. Die Beschwerdeführer waren aufgrund ihrer
Mitwirkungspflicht (Art. 90 AuG) gehalten, die für sie wichtigen
Sachverhaltselemente schriftlich in das kantonale Verfahren einzubringen bzw.
ihre mündlichen Darlegungen vor Erlass des erstinstanzlichen Entscheids -
soweit nötig - noch schriftlich zu präzisieren; eine mündliche Anhörung durch
das Verwaltungsgericht war willkürfrei nicht erforderlich und geeignet,
zusätzliche Klärung zu schaffen. Es stand den Beschwerdeführern auch frei,
schriftliche Erklärungen "der langjährigen beruflichen und sozialen
Weggefährten" zum Grad der beruflichen und sozialen Integration des
Beschwerdeführers und zu seiner Arbeitseinstellung, zu seinem Umgang mit
Arbeitskollegen und Kunden sowie zu seinem Verhalten in Stresssituationen
einzureichen. Ein verfassungsmässiger Anspruch darauf, die entsprechenden
Sachverhaltselemente erst an einer mündlichen Befragung vor Gericht zu
substanziieren und zu belegen, bestand entgegen den Ausführungen der
Beschwerdeführer nicht.  
 
3.4. Richtig ist, dass die Vorinstanz davon ausging, dass die
Beschwerdeführerin ihrem Gatten in die Heimat nachfolgen würde, was indessen
aufgrund der Akten nicht als definitiv erstellt gelten kann. Immerhin hat die
Beschwerdeführerin aber bei ihrer Anhörung vor dem Erlass der erstinstanzlichen
Verfügung erklärt, dass sie und ihre Kinder dem Gatten bzw. dem Vater in den
Kosovo folgen würden. Das Bundesgericht ergänzt den Sachverhalt in diesem Punkt
im Sinne des Einwands der Beschwerdeführer. Es wird eine Frage der materiellen
Beurteilung sein, ob und inwiefern der entsprechende Umstand
entscheidwesentlich erscheint oder nicht.  
 
3.5. Soweit die Beschwerdeführer einwenden, die Vorinstanz habe zu Unrecht
festgestellt, es sei nicht ersichtlich, dass sich der Beschwerdeführer 1
"während seines Aufenthalts in besonderem Masse in der Schweiz integriert
hätte", und dass auch in sozialer Hinsicht "keine vertiefte Integration"
bestehe, legen sie nicht dar, inwiefern die entsprechende Beweiswürdigung
offensichtlich unhaltbar wäre; sie stellen diesbezüglich lediglich ihre Sicht
der Dinge jener der Vorinstanz gegenüber, ohne sich mit dieser weiterführend
auseinanderzusetzen, was den gesetzlichen Begründungsanforderungen nicht genügt
(vgl. oben E. 2.2). Willkür liegt praxisgemäss nicht bereits dann vor, wenn
auch eine andere Interpretation möglich wäre, sondern nur, falls sich die
Beweiswürdigung als klarerweise und eindeutig unhaltbar erweist. Dies ist hier
nicht der Fall, zumal die Familie A.________ Sozialhilfe bezogen hat und der
Gatte zwar seit mehreren Jahren in der selben Firma arbeitet, die Arbeit aber
wiederholt - etwa während der Untersuchungshaft - unterbrechen musste und
jeweils nicht sofort wieder aufnehmen konnte.  
 
4.  
 
4.1. Der Anspruch auf Schutz des Familienlebens steht praxisgemäss einer
aufenthaltsbeendenden Massnahme nicht grundsätzlich entgegen. Art. 8 EMRK
verschafft keinen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt oder auf einen
bestimmten Aufenthaltstitel. Er hindert die Konventionsstaaten nicht daran, die
Anwesenheit auf ihrem Staatsgebiet zu regeln und den Aufenthalt ausländischer
Personen unter Beachtung überwiegender Interessen des Familien- und
Privatlebens nötigenfalls auch wieder zu beenden. Das in Art. 13 Abs. 1 BV bzw.
Art. 8 Ziff. 1 EMRK verankerte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
ist berührt, wenn einer ausländischen Person das Zusammenleben mit in der
Schweiz gefestigt aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen verunmöglicht
wird, ohne dass das Familienleben andernorts gepflegt werden könnte.  
 
4.2. In diesem Fall ist eine Interessenabwägung erforderlich: Der Anspruch auf
Achtung des Privat- und Familienlebens gemäss Art. 13 Abs. 1 BV bzw. Art. 8
Abs. 1 EMRK gilt nicht absolut, sondern kann rechtmässig eingeschränkt werden,
wenn dies gesetzlich vorgesehen ist, einem legitimen Zweck entspricht und zu
dessen Realisierung in einer demokratischen Gesellschaft notwendig erscheint (
Art. 8 Ziff. 2 EMRK). Das Verfassungsrecht und die Konvention verlangen, dass
die individuellen Interessen an der Erteilung bzw. am Erhalt des
Anwesenheitsrechts und der öffentlichen Interessen an dessen Verweigerung in
einer Gesamtbetrachtung einander gegenübergestellt und abgewogen werden (Art. 8
Ziff. 2 EMRK; BGE 142 II 35 E. 6.1 S. 47; 139 I 330 E. 2.2 S. 336; 135 I 143 E.
2.1 S. 147).  
 
5.  
 
5.1. Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, (1.) wenn die
ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe, d.h. zu einer
solchen von mehr als einem Jahr, verurteilt worden ist; dabei spielt keine
Rolle, ob die Sanktion bedingt, teilbedingt oder unbedingt ausgesprochen wurde
(Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG; BGE 139 I 31 E. 2.1 S. 32;
Urteil 2C_679/2015 vom 19. Februar 2016 E. 5.1); oder (2.) wenn der Ausländer
in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der
Schweiz oder im Ausland verstossen hat bzw. er diese gefährdet (Art. 63 Abs. 1
lit. b AuG).  
 
5.2. Die aufenthaltsbeendende Massnahme muss verhältnismässig sein (vgl. Art.
96 AuG; Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 36 Abs. 3 BV; Art. 8 Ziff. 2 EMRK). Zu
berücksichtigen sind dabei namentlich die Schwere des Delikts und des
Verschuldens des Betroffenen, der seit der Tat vergangene Zeitraum, das
Verhalten des Ausländers während diesem, der Grad seiner Integration bzw. die
Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie allgemein die ihm und seiner Familie
drohenden Nachteile (BGE 135 II 377 E. 4.3 S. 381 f.). Keines dieser Elemente
ist für sich allein ausschlaggebend; erforderlich ist eine Würdigung der
gesamten Umstände im Einzelfall (vgl. das Urteil 2C_846/2014 vom 16. Dezember
2014 E. 2.4 mit Hinweisen).  
 
5.3. Soweit dies zu keinem Widerspruch zu übergeordnetem Recht - und
insbesondere der EMRK - führt, berücksichtigt das Bundesgericht bei seiner
Interessenabwägung auch die verfassungsrechtlichen Vorgaben von Art. 121 Abs. 3
BV; danach sollen gewisse schwere Delikte losgelöst von der Anwesenheitsdauer
zum Verlust des Aufenthaltsrechts und weiteren ausländerrechtlichen Sanktionen
führen (vgl. BGE 139 I 16 E. 5.3 S. 31; Urteile 2C_679/2015 vom 19. Februar
2016 E. 6.2.3 [mit Hinweisen] und 2C_576/2014 vom 13. Januar 2015 E. 2.5). Bei
entsprechend gewichtigen Straftaten und bei Rückfall sowie bei wiederholter
(unverbesserlicher) Delinquenz besteht regelmässig ein wesentliches
öffentliches Interesse daran, die Anwesenheit eines Ausländers zu beenden, der
die hier geltende Rechtsordnung in schwerwiegender Weise oder andauernd
missachtet (vgl. BGE 139 I 145 E. 2.4 und 2.5 S. 149 ff.; das Urteil 2C_903/
2010 vom 6. Juni 2011 E. 3.1, nicht publ. in BGE 137 II 233 ff.; 130 II 176 E.
4.4.2 S. 190 f.).  
 
6.  
Das Bezirksgericht Zürich verurteilte den Beschwerdeführer am 11. November 2015
wegen versuchter schwerer Körperverletzung, einfacher Körperverletzung,
Sachbeschädigung sowie grober Verkehrsregelverletzung zu 24 Monaten
Freiheitsstrafe (bedingt) und 120 Tagessätzen Geldstrafe zu Fr. 20.--
(bedingt). Der Verurteilung lagen zwei Sachverhalte zugrunde: 
 
6.1.  
 
6.1.1. Beim ersten ging es um einen Streit mit einem Nachbarn. Dieser hatte
sich wiederholt wegen Lärmbelästigungen durch die Kinder des Beschwerdeführers
beschwert. Am 17. März 2015 begegnete der Beschwerdeführer, der das Haus
verlassen wollte, seinem heimkehrenden Nachbarn im Treppenhaus, wobei es zu
einem Wortgefecht und Beleidigungen kam. Der Nachbar folgte dem
Beschwerdeführer vor das Haus, wo sich der Streit fortsetzte. Der
Beschwerdeführer versetzte dem Nachbarn hierauf plötzlich zwei wuchtige und
gezielte Faustschläge gegen das linke Auge, worauf dieser zu Boden stürzte und
seinen Fall mit dem linken Ellbogen abzufedern versuchte (einfache
Körperverletzung). In der Folge packte der Beschwerdeführer den "komatös" am
Boden liegenden Nachbarn am Kragen, versetzte ihm mindestens drei bis fünf
Faustschläge ins Gesicht und mindestens einen Fusstritt gegen den Oberkörper
und/oder den Kopf, wobei der nach wie vor benommene Nachbar versuchte, die
Schläge mit den Armen abzuwehren und aufzustehen (einfache Körperverletzung).
Der Beschwerdeführer liess es nicht hierbei bewenden: Er trat anschliessend mit
seinem rechten schwarzen halbhohen Arbeitsschuh mit harter, profilierter
Gummisohle einmal wuchtig gegen das linke Auge des Geschädigten, wobei er mit
dem Fuss ausholte und mit der Schuhspitze ins Gesicht des Nachbarn trat. Dieser
fiel nach hinten auf den Boden und blieb dort mehr als eine Minute benommen
liegen (versuchte schwere Körperverletzung). Danach behändigte der
Beschwerdeführer eine Eisenstange, um damit auf den Nachbarn einzuschlagen.
Hierzu kam es indessen nicht mehr, da dessen Eltern herbeigeeilt waren. In
Folge der Körperverletzungen war der Nachbar drei Wochen arbeitsunfähig. Mit
den Tritten gegen den Kopf des Nachbarn nahm der Beschwerdeführer schwerere
Verletzungen (Hirnblutung und neurologische Ausfälle) in Kauf.  
 
6.1.2. Der zweite Vorfall ereignete sich am 4. Oktober 2014, etwa um 22.35 Uhr,
auf der Autobahn. Der Beschwerdeführer fuhr mit einer Geschwindigkeit von rund
130 km/h (zulässig 80 km/h) auf der Überholspur bis auf wenige Meter auf den
vor ihm fahrenden Wagen auf. Nachdem dieser die Überholspur freigegeben hatte,
überholte der Beschwerdeführer den zuvor vor ihm fahrenden Wagen, dessen Lenker
wieder auf die Überholspur wechselte und dem Beschwerdeführer bei
Geschwindigkeiten von etwa 130 km/h und 176 km/h (erlaubte
Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h und 120 km/h) in einem Abstand von wenigen
Metern folgte. Der Beschwerdeführer wechselte auf die Normalspur, wo er rechts
überholte, bevor er wieder auf die Überholspur ausscherte. Durch das
entsprechende "Rennen" zwischen den beiden Autos brachte er das Leben und die
Gesundheit der anderen Verkehrsteilnehmer in Gefahr und schreckte er vor einem
möglichen Unfall und damit verbundenen Schädigungen Dritter an Leib und Leben
nicht zurück.  
 
6.1.3. Gestützt auf das strafrechtlich relevante Verhalten des
Beschwerdeführers besteht - unter Sicherheitsaspekten - grundsätzlich ein
wesentliches öffentliches Interesse daran, dass er die Schweiz verlässt. Der
Beschwerdeführer hat in beiden Fällen ein überdurchschnittlich aggressives und
von Gewalt geprägtes Verhalten an den Tag gelegt. Zwar ist das Strafgericht der
Anklage, die eine dreijährige Freiheitsstrafe (wovon 16 Monate unbedingt)
beantragt hatte, nicht gefolgt, und hat "lediglich" eine bedingte Strafe von 24
Monaten ausgesprochen, doch wiegen die der Verurteilung zugrundeliegenden
Verhaltensweisen ausländerrechtlich nichtsdestoweniger schwer. Innerhalb von
wenigen Monaten legte der Beschwerdeführer bei zwei von einander unabhängigen
Vorkommnissen eine nicht zu unterschätzende kriminelle Energie an den Tag. Mit
den kantonalen Behörden ist davon auszugehen, dass die mangelhafte
Selbstbeherrschung bzw. die überdurchschnittlich zum Ausdruck gekommene
Aggressivität die Gefahr der Begehung weiterer gewalttätig gefärbter Delikte
nicht ausschliesst, weshalb grundsätzlich ein gewichtiges öffentliches
Interesse daran besteht, den Aufenthalt des Beschwerdeführers zu beenden.
Hieran ändert nichts, dass er sich zuvor nie auffällig verhalten und sich hier
zu integrieren versucht hat, was sein Arbeitgeber bestätigt. Dass sein Vater in
dieser Zeit auf dem Sterbebett lag, vermag den Verlust seiner
Selbstbeherrschung im geschilderten Rahmen ebensowenig zu rechtfertigen.  
 
6.2. Zu prüfen bleibt die Frage, ob die aufenthaltsbeendende Massnahme im
Hinblick auf die privaten Interessen der Beschwerdeführer als verhältnismässig
gelten kann.  
 
6.2.1. Der Beschwerdeführer lebt erst seit rund acht Jahren in der Schweiz. Er
ist im Alter von 23 Jahren ins Land gekommen und hat die lebensprägenden
Jugendjahre in seiner Heimat verbracht. Seine Mutter, eine Schwester und drei
Brüder leben nach wie vor dort. Er unterhält zu ihnen gute Beziehungen; jeweils
im Sommer verbringen der Beschwerdeführer und seine Familie regelmässig ihre
Ferien im Kosovo. Zwar arbeitet der Beschwerdeführer inzwischen wieder bei
seinem früheren Arbeitgeber und spricht er auch mehr oder weniger gut Deutsch,
doch kann er nicht als überdurchschnittlich integriert gelten, zumal seine
Familie und er ab dem 1. August 2010, d.h. bereits nur gerade zwei Jahre nach
seiner Einreise, und danach bis zum 29. Februar 2016 auf
Unterstützungsleistungen von insgesamt Fr. 50'332.-- angewiesen waren. Das hier
Erlernte kann ihm in seiner Heimat beim Aufbau einer neuen Existenz bzw. beim
Wiedereinleben in die dortigen Verhältnisse von Nutzen sein.  
 
6.2.2. Schwieriger präsentiert sich die Situation für seine hier
niederlassungsberechtigte Gattin: Diese reiste im Alter von 6 ½ Jahren in die
Schweiz ein, wo sie inzwischen seit 23 ½ Jahren lebt. Ihre weitere Familie hält
sich ebenfalls in der Schweiz auf. Mit den Angehörigen ihres Gatten steht sie
neben den Ferienbesuchen jedoch praktisch täglich über Skype in Kontakt. Sie
spricht sowohl Schweizerdeutsch wie Albanisch. Ihr ist somit eine Rückkehr mit
ihrem Gatten in den Kosovo grundsätzlich nicht zum Vornherein unzumutbar. Im
Übrigen steht es ihr und ihren hier ebenfalls niederlassungsberechtigten
Kindern frei, in der Schweiz zu verbleiben oder ihrem Ehemann bzw. Vater in den
Kosovo zu folgen. Die Kinder befinden sich noch in einem anpassungsfähigen
Alter, sie haben gegebenenfalls schon zivilrechtlich ihren sorge- und
obhutsberechtigten Eltern in deren Heimat zu folgen. Nach Angaben der
Beschwerdeführerin sprechen sie Deutsch, verfügen aber auch über
Albanischkenntnisse. Die Feststellung der Vorinstanz, dass die Gattin mit ihrem
Mann ausreisen werde, was noch nicht feststeht, hat unter diesen Umständen
keine Auswirkung auf die Interessenabwägung (vgl. oben E. 3.4).  
 
6.2.3. Verbleiben die Beschwerdeführerin und die Kinder hier und besteht die
Anspruchssituation nach Art. 43 AuG künftig fort, wird ein Gesuch des
Beschwerdeführers - in der Regel nach fünf Jahren und bei einer grundlegend
geänderten Ausgangslage ausnahmsweise schon früher - neu zu prüfen sein, wenn
er sich in seiner Heimat bewährt hat und von ihm keine spezifische Gefahr mehr
für die hiesige Sicherheit zu befürchten ist. Der Zeitablauf, verbunden mit der
Deliktsfreiheit, führt dazu, dass die Interessenabwägung künftig allenfalls
anders ausfällt als im Zeitpunkt der strafrechtlichen Verurteilung oder der
Entlassung aus dem Strafvollzug (Urteile 2C_953/2013 vom 16. September 2014 E.
3.3 [mit weiteren Hinweisen] und 2C_1170/2012 vom 24. Mai 2013 E. 3.3). Damit
wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die seit der Tat verflossene Zeit und
das seitherige Verhalten des Ausländers beim ausländerrechtlichen Entscheid
mitzuberücksichtigen sind (vgl. das Urteil 2C_953/2013 vom 16. September 2014
E. 3.3 mit Hinweisen). In der Zwischenzeit können die familiären Beziehungen
über die Grenzen hinweg besuchsweise bzw. täglich über Internet oder die
klassischen Kommunikationsmittel gelebt werden.  
 
6.2.4. Ist in der Regel vorauszusetzen, wie die Beschwerdeführer einwenden,
dass vor der aufenthaltsbeendenden Massnahme bei einem längeren Aufenthalt erst
eine Verwarnung ausgesprochen wird (Art. 96 Abs. 2 AuG), ist dies nicht
zwingend erforderlich, falls die Straftat sich gegen grundlegende Rechtsgüter
wie Leib und Leben gerichtet hat, sodass ein Rückfallrisiko ausländerrechtlich
nicht hingenommen werden kann (Urteil 2C_702/2016 vom 30. Januar 2017 E.
4.3.4). Die Verwarnung ist in dieser Ausgangslage nicht geeignet, das Ziel des
Schutzes der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten genügend zu garantieren,
weshalb es kein Bundesrecht verletzt, wenn die kantonalen Behörden vorliegend
von einer Verwarnung abgesehen bzw. eine solche nicht weiter geprüft haben.
Zudem hält sich der Beschwerdeführer erst seit rund acht Jahren in der Schweiz
auf, womit nicht von einem längeren Aufenthalt ausgegangen werden kann, wie
dies bei Ausländern der 2. Generation der Fall ist, bei denen regelmässig der
aufenthaltsbeendenden Massnahme eine ausländerrechtliche Verwarnung vorausgehen
soll, die sich ihrerseits auf eine Gesetzesverletzung bezieht, welche den
Widerruf der Bewilligung rechtfertigen würde (vgl. die Urteile 2C_116/2017 vom
3. Oktober 2017 E. 4.5 und 2C_126/2017 vom 7. September 2017 E. 6.6).  
 
7.  
 
7.1. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist somit abzuweisen.  
 
7.2. Dem Verfahrensausgang entsprechend haben die unterliegenden
Beschwerdeführer die Kosten für das bundesgerichtliche Verfahren unter
solidarischer Haftbarkeit zu tragen (Art. 66 Abs. 1 und 5). Es sind keine
Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration
schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 30. Oktober 2017 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar 

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