Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.532/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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2C_532/2017            

 
 
 
Urteil vom 26. März 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiber Hugi Yar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Mario Bortoluzzi, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Berninastrasse 45, 8090 Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2.
Abteilung, vom 19. April 2017 (VB.2016.00774). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ (geb. 1995) ist mazedonischer Staatsangehöriger. Er reiste am
21. Dezember 2004 im Familiennachzug zu seinen Eltern in die Schweiz ein, wo
ihm das Migrationsamt des Kantons Zürich am 5. Januar 2005 eine
Niederlassungsbewilligung erteilte.  
 
A.b. A.________ ist in der Schweiz wiederholt straffällig geworden:  
 
- Mit Strafbefehl der Jugendstaatsanwaltschaft Zürich-Stadt vom 10. Januar 2013
wurde er wegen mehrfacher Gehilfenschaft zu Diebstahl mit einer Busse von Fr.
100.-- bestraft. 
- Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat verurteilte ihn am 30. Juli 2014 wegen
Führens eines Motorfahrzeugs ohne Führerausweis zu einer bedingten Geldstrafe
von 20 Tagessätzen à Fr. 110.-- und einer Busse von Fr. 600.--. 
 
- Mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 28. Januar 2016 wurde A.________
wegen versuchten Raubes und Raubes zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18
Monaten bei einer Probezeit von zwei Jahren verurteilt. 
 
B.  
Das Migrationsamt des Kantons Zürich widerrief am 7. April 2016 die
Niederlassungsbewilligung von A.________ und wies ihn aus der Schweiz weg. Die
hiergegen gerichteten kantonalen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg
(Rekursentscheid der Sicherheitsdirektion vom 8. November 2016 und Urteil des
Verwaltungsgerichts vom 19. April 2017). Die kantonalen Behörden gingen davon
aus, dass A.________ sich mit den Raubtaten eines Gewaltdelikts schuldig
gemacht habe. Solche begründeten ein erhebliches öffentliches Interesse am
Widerruf der ausländerrechtlichen Bewilligung. A.________ habe durch sein
Verhalten eine "inakzeptable Geringschätzung" gegenüber der schweizerischen
Rechtsordnung im Allgemeinen und der Gesundheit anderer Menschen im Besonderen
gezeigt. Die öffentlichen Sicherheitsinteressen überwögen seine privaten
Interessen an einem Verbleib im Land; eine Rückkehr nach Mazedonien sei ihm
zumutbar. 
 
C.  
A.________ beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich vom 19. April 2017 aufzuheben und vom Widerruf seiner
Niederlassungsbewilligung abzusehen; eventuell sei er ausländerrechtlich zu
verwarnen. Die Kosten und die Ausgaben für den unentgeltlichen Rechtsbeistand
im kantonalen Verfahren seien definitiv, d.h. ohne entsprechende
Nachzahlungspflicht, auf die Staatskasse zu nehmen. Für das bundesgerichtliche
Verfahren sei ihm im Falle des Unterliegens die unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung zu gewähren. A.________ macht geltend, die gegen ihn gerichtete
aufenthaltsbeendende Massnahme sei unverhältnismässig. Bei der Beteiligung an
den zwei innerhalb von fünf Minuten praktisch in einer Einheit ohne Vorplanung
begangenen Raubtaten habe er nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Die
anderen zwei Straftaten fielen kaum ins Gewicht. Die Vorinstanz selbst
attestiere ihm eine gute berufliche, sprachliche und soziale Integration,
weshalb sein privates Interesse an einem Verbleib im Land das gegenläufige
öffentliche Interesse überwiege. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
Die Sicherheitsdirektion hat darauf verzichtet, sich vernehmen zu lassen. Das
Staatssekretariat für Migration (SEM) reichte keine Stellungnahme ein. 
 
D.  
Mit Verfügung vom 14. Juni 2017 legte der Abteilungspräsident der Eingabe
antragsgemäss aufschiebende Wirkung bei. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung steht die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (BGE 135 II 1 E. 1.2.1). Ob die
Voraussetzungen für einen solchen erfüllt sind - insbesondere, ob sich dieser
als verhältnismässig erweist -, bildete keine Frage des Eintretens, sondern
eine solche der materiellen Beurteilung (vgl. BGE 137 I 305 E. 2.5 S. 315). Die
frist- und formgerecht eingereichte Eingabe des durch den angefochtenen
kantonalen Endentscheid in schutzwürdigen Interessen betroffenen
Beschwerdeführer ist an die Hand zu nehmen (vgl. Art. 42, Art. 82 lit. a i.V.m.
Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 83 lit. c Ziff. 2 [e contrario], Art. 89 Abs. 1,
Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Das Bundesgericht prüft unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und
Begründungspflicht nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern die rechtlichen
Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Es
ist an den entscheidrelevanten Sachverhalt gebunden, wie ihn die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), wenn sich dieser nicht als
offensichtlich falsch oder unvollständig erweist, was von der
beschwerdeführenden Person qualifiziert und in Auseinandersetzung mit den
Ausführungen im angefochtenen Entscheid aufzuzeigen ist (Art. 105 Abs. 2 und
Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.; 133 III 350 E.
1.3). Zur Sachverhaltsfeststellung gehört auch die auf Indizien gestützte
Beweiswürdigung (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 265 ff.; Urteil 2C_402/2015 vom 11.
November 2016 E. 2.2.2). Da der Beschwerdeführer den im angefochtenen Entscheid
festgestellten Sachverhalt nicht infrage stellt, ist dieser im Folgenden der
bundesgerichtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Mangels einer Begründung ist
auf den Antrag, die Kosten und die Ausgaben für den unentgeltlichen
Rechtsbeistand in den kantonalen Verfahren definitiv, d.h. ohne entsprechende
Nachzahlungspflicht, auf die Staatskasse zu nehmen, nicht weiter einzugehen.  
 
2.  
 
2.1. Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, (1.) wenn die
ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe, d.h. zu einer
solchen von mehr als einem Jahr, verurteilt worden ist; dabei spielt keine
Rolle, ob die Sanktion bedingt, teilbedingt oder unbedingt ausgesprochen wurde
(Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG; BGE 139 I 31 E. 2.1 S. 32;
Urteile 2C_679/2015 vom 19. Februar 2016 E. 5.1), oder (2.) wenn der Ausländer
in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der
Schweiz oder im Ausland verstossen hat bzw. er diese gefährdet (Art. 63 Abs. 1
lit. b AuG). Das Bundesgericht trägt bei der Interessenabwägung im Rahmen des
den einzelnen Signatarstaaten der EMRK zustehenden Beurteilungsspielraums den
verfassungsrechtlichen Vorgaben von Art. 121 Abs. 3 BV
("Ausschaffungsinitiative") insoweit Rechnung, als dies zu keinem Widerspruch
zu übergeordnetem Recht führt. Nach der entsprechenden Verfassungsnorm sollen
gewisse schwere Delikte, wozu der qualifizierte Drogenhandel aus rein
finanziellen Motiven, Vergehen gegen die sexuelle Integrität sowie
Gewaltdelikte und Raubtaten zählen (vgl. das Urteil 2C_361/2014 vom 22. Oktober
2015 ["Schönenwerd 2"] E. 3.2 mit Hinweisen; BGE 139 I 16 E. 2.2.1 S. 19 f.),
grundsätzlich unabhängig von der Anwesenheitsdauer zum Verlust des
Aufenthaltsrechts und weiteren ausländerrechtlichen Sanktionen führen (vgl. BGE
139 I 16 E. 5.3 S. 31, 31 E. 2.3.2; Urteil 2C_368/2015 vom 15. September 2015
E. 2.2).  
 
2.2. Die aufenthaltsbeendende Massnahme muss stets verhältnismässig sein (Art.
96 AuG). Dabei sind die individuellen Interessen an der Erteilung bzw. am
Erhalt des Anwesenheitsrechts und die öffentlichen Interessen an dessen
Verweigerung sorgfältig gegeneinander abzuwägen (vgl. BGE 142 II 35 E. 6.1 S.
47; 139 I 330 E. 2.2 S. 336; 135 I 143 E. 2.1 S. 147; 122 II 1 E. 2 S. 6; 116
Ib 353 E. 3 S. 357 ff.). Zu berücksichtigen sind dabei namentlich die Schwere
des Delikts und des Verschuldens des Betroffenen, der seit der Tat vergangene
Zeitraum, das Verhalten des Ausländers während diesem, der Grad seiner
Integration bzw. die Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie allgemein die ihm
und seiner Familie drohenden Nachteile (BGE 135 II 377 E. 4.3 S. 381 f.); von
Bedeutung ist zudem die Qualität der sozialen, kulturellen und familiären
Beziehungen im Gast- wie im Heimatstaat (Urteile 2C_780/2013 vom 2. Mai 2014 E.
2.2; 2C_1228/2012 vom 20. Juni 2013 E. 5.3; 2C_711/2011 vom 27. März 2012 E.
4.2 mit Hinweisen). Keines dieser Elemente ist für sich allein ausschlaggebend;
erforderlich ist eine Würdigung der gesamten Umstände im Einzelfall (vgl. das
Urteil 2C_846/2014 vom 16. Dezember 2014 E. 2.4 mit Hinweisen).  
 
2.3. Bei gewichtigen Straftaten und bei Rückfall sowie bei wiederholter
(unverbesserlicher) Delinquenz besteht praxisgemäss regelmässig ein
wesentliches öffentliches Interesse daran, die weitere Anwesenheit der
ausländischen Täterin oder des Täters zu beenden, da und soweit sie hochwertige
Rechtsgüter verletzt oder in Gefahr gebracht haben bzw. sich von straf- und
ausländerrechtlichen Massnahmen nicht beeindrucken lassen und damit zeigen,
dass sie auch künftig weder gewillt noch fähig erscheinen, sich an die hiesige
Rechtsordnung zu halten (BGE 139 I 16 E. 2.1 S. 18 f., 31 E. 2.1 S. 32 f., 137
II 297 E. 3.3 S. 304; Urteile 2C_1086/2014 vom 11. Juni 2015 E. 2.1 und 2C_843/
2014 vom 18. März 2015 E. 3.2 mit Hinweisen). Der Grad der fortbestehenden
Bedrohung ist aufgrund des bisherigen Verhaltens abzuschätzen. Die
entsprechende Gefahr setzt nicht voraus, dass ein Straftäter mit Sicherheit
wieder delinquieren wird; ebensowenig ist (umgekehrt) verlangt, dass überhaupt
kein Restrisiko mehr besteht (vgl. das Urteil 2C_270/2015 vom 6. August 2015 E.
4.1 u. 4.2). Je schwerer die zu befürchtende bzw. vernünftigerweise absehbare
Rechtsgutsverletzung wiegt, umso weniger ist die Möglichkeit eines Rückfalls
ausländerrechtlich hinzunehmen (vgl. BGE 139 II 121 E. 5.3 S. 125 f.; 136 II 5
E. 4.2 S. 20; 130 II 176 E. 4.3.1 S. 185 f. mit Hinweisen; Urteile 2C_406/2014
vom 2. Juli 2015 E. 4.2).  
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer ist wegen Raubs und Raubversuchs zu einer bedingten
Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden. Das entsprechende Urteil des
Bezirksgerichts Zürich vom 28. Januar 2016, das im abgekürzten Verfahren gemäss
Art. 358 StPO erging, wurde nicht weiter begründet. Es ist deshalb zur
Ermittlung des ausländerrechtlichen Verschuldens auf die Anklageschrift der
Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl zurückzugreifen, welche dem Urteil des
Bezirksgerichts zugrunde liegt (vgl. die Urteile 2C_679/2015 vom 19. Februar
2016 E. 6.2.1; 2C_753/2015 vom 4. Februar 2016 E. 4.2.1 und 2C_626/2010 vom 12.
November 2010 E. 2.2). Danach folgte der Beschwerdeführer am 22. Februar 2014
um ca. 04:50 Uhr mit einem Mittäter einer Drittperson; der Mittäter packte
diese von hinten und verpasste ihr einen kräftigen Faustschlag gegen die rechte
Seite (Oberkörper) und forderte sie auf, alles herauszugeben, was sie auf sich
trage. Der Mittäter nahm in der Folge das Mobiltelefon des Betroffenen und
forderte ihn auf, dessen Pin-Code zu ändern, wobei der Beschwerdeführer seinen
Komplizen mit einer drohenden Gebärde unterstützte. Neben dem Telephon
erbeuteten die Täter in der von ihnen aufgebauten Bedrohungssituation
(Faustschlag, personelle Übermacht, bedrohliches Auftreten, insbesondere
verbale mit Gestik begleitete Drohungen) Fr. 50.-- aus dem Portemonnaie ihres
Opfers.  
 
3.2. Fünf Minuten später versuchten der Beschwerdeführer und sein Komplize mit
einem analogen Vorgehen, an die Wertsachen eines weiteren Dritten zu gelangen.
Nachdem dieser um Hilfe gerufen hatte, versetzte der Beschwerdeführer ihm einen
Faustschlag mit der rechten Hand auf die rechte Gesichtshälfte. Als das Opfer
die Flucht ergriff, versuchte er ihm ein Bein zu stellen. Wegen eines
herannahenden Polizeiautos liessen die Täter vom Opfer ab und flüchteten
ihrerseits. Gestützt auf dieses Verhalten ist davon auszugehen, dass der
Beschwerdeführer an einem Gewaltdelikt beteiligt war.  
 
3.3. Dem Beschwerdeführer ist trotz seines ausländerrechtlich nicht zu
unterschätzenden Verschuldens zugute zu halten, dass sein Mittäter die
treibende Kraft bei den Taten war und er sich nur als "Mitläufer" daran
beteiligt hat. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts spricht die Tatsache eher
gegen eine Rückfallsgefahr, dass der zum Tatzeitpunkt 19-jährige
Beschwerdeführer sich sofort geständig zeigte und die Tat auf eine gewisse
Unreife schliessen lässt. Inzwischen hat der Beschwerdeführer sein Bedauern
über die Taten zum Ausdruck gebracht sowie Reue und Einsicht gezeigt. Die
jugendstrafrechtliche Verurteilung zu einer Busse von Fr. 100.-- liegt bereits
einige Zeit zurück und fällt nicht grösser ins Gewicht. Die Verurteilung wegen
Führens eines Motorrads ohne Führerausweis erfolgte nach den beiden Raubtaten,
sodass nicht gesagt werden kann, dass ihm diese Verurteilung keine Lehre
gewesen wäre. Zusammengefasst besteht ein ausländerrechtliches Verschulden
mittleren Grades, wobei die Gewaltanwendung des Beschwerdeführers in der Nacht
vom 22. Februar 2014 in keiner Weise beschönigt werden darf, auch wenn es sich
um zwei isolierte, etwas atypische Raubtaten gehandelt hat.  
 
4.  
Dem entsprechenden öffentlichen Interesse sind die privaten Interessen des
Beschwerdeführers gegenüberzustellen, im Land verbleiben zu können: 
 
4.1. Der Beschwerdeführer ist im Alter von zehn Jahren in die Schweiz gekommen.
Er ist hier zumindest teilweise sozialisiert worden und lebt seit rund zwölf
Jahren mit seiner Familie zusammen. Er verbrachte die lebensprägenden
Jugendjahre in der Schweiz. Nach Abschluss der Schulen brach er eine Lehre zum
Sanitär ab, worauf er jeweils mehr oder weniger lange als Handlanger in
verschiedenen Betrieben tätig war. Zu einer Änderung seines Verhaltens kam es,
als der Beschwerdeführer sich für den Beruf als Koch zu interessieren begann:
Er wurde als sehr konzentriert arbeitender und initiativer Mitarbeiter
beschrieben, der seine Aufgaben sorgfältig, selbständig und
verantwortungsbewusst erledigte und die zeitlichen Vorgaben meistens übertraf.
Seine offene, freundliche und humorvolle Art wurde von Vorgesetzten,
Mitarbeitenden und Gästen geschätzt. Im Anschluss an sein Praktikum hat der
Beschwerdeführer eine Lehrstelle gefunden, um sich definitiv als Koch ausbilden
zu lassen. Das Verwaltungsgericht hält in diesem Zusammenhang fest: "Unter
Berücksichtigung, dass sich der Beschwerdeführer sehr engagiert und motiviert
zeigt, eine Berufsausbildung zu machen, kann ihm trotz der längeren Phasen der
Arbeitslosigkeit noch eine gute berufliche Integration beschieden werden."  
 
4.2. Zwar bezog der Beschwerdeführer Sozialhilfeleistungen (Fr. 40'459.50) und
ist er auch verschuldet (Fr. 15'731.90), doch bemüht er sich im Rahmen seiner
Möglichkeiten, die Schulden zu tilgen, was das Verwaltungsgericht zu Recht als
"positiv" gewertet hat; es sei zudem - so der angefochtene Entscheid weiter -
davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer "bald von der Sozialhilfe wird
lösen können". Sprachlich habe er als gut integriert zu gelten. Hinsichtlich
der sozialen Integration sei festzustellen, dass er mit seinen Eltern und
seinem älteren Bruder zusammen in Zürich lebe und eine gute Beziehung zu ihnen
pflege. Er sei mit einem Türken und einem Kurden eng befreundet. Zweimal in der
Woche trainiere er zudem in einem Fussballclub, wo er auch Schweizer Freunde
habe, womit die soziale Integration als gelungen bezeichnet werden könne.  
 
4.3. Das Verwaltungsgericht erachtete eine Rückkehr nach Mazedonien für den
ledigen und kinderlosen Beschwerdeführer indessen als zumutbar, da in der
Heimat noch zwei Onkel, deren Ehefrauen und ihre Kinder leben würden; zudem
habe der Beschwerdeführer alle zwei Jahre zwei Wochen Ferien in seiner Heimat
verbracht. Der Beschwerdeführer weise damit noch einen gewissen Bezug zu seinem
Heimatland auf, auch wenn dieser nicht besonders eng sei. Das
Verwaltungsgericht hielt hinsichtlich der Nachteile bei einer Ausreise des
Beschwerdeführers fest: "Es wird nicht verkannt, dass die
Wiedereingliederungschancen im Heimatland in Anbetracht, dass sich praktisch
das gesamte familiäre, soziale und berufliche Umfeld des Beschwerdeführers in
der Schweiz befindet und er in wenigen Monaten eine Berufsausbildung in der
Schweiz anfangen könnte, bei einer Ausreise in seinen Heimatstaat, den er im
Alter von fast zehn Jahren verlassen hat und [zu dem er] keinen engen Bezug
aufweist, als gefährdet erscheinen und ihn die Wegweisung aus der Schweiz hart
treffen würde." Dennoch könne dem jungen und gesunden Beschwerdeführer
zugemutet werden, sich in Mazedonien eine neue Existenz aufzubauen.  
 
5.  
 
5.1. Die Interessenabwägung der Vorinstanz überzeugt im Lichte der
Rechtsprechung zu einer weitgehend hier sozialisierten Personen nicht. Bei
langjährig anwesenden Ausländerinnen und Ausländern legt das Bundesgericht
neben der prospektiv abzuschätzenden Rückfallgefahr dem Umstand eine besondere
Bedeutung bei, welche Zukunftsaussichten für den Betroffenen bei einem Verbleib
in der Schweiz konkret bestehen, d.h. ob und inwiefern dieser die sich aus den
strafrechtlichen Sanktionen und aus den allfälligen ausländerrechtlichen
Verwarnungen ergebenden Lehren gezogen hat und er hinsichtlich seines
Lebensplans und seines künftigen Verhaltens eine deutliche Änderung glaubhaft
und nachvollziehbar dartut (vgl. VALERIO PRIULI, Die biographische Kehrtwende,
in: dRSK, publiziert am 22. Januar 2018). In einem Zeitpunkt, in dem der
22-jährige Beschwerdeführer beruflich Fuss fasst und nunmehr seinen Weg
gefunden zu haben scheint, ist es unverhältnismässig (Verletzung des
Übermassverbots, d.h. eines sachgerechten und zumutbaren Verhältnisses von
Mittel und Zweck), ihm nach einem rund zwölfjährigen Aufenthalt in der Schweiz
die Niederlassungsbewilligung zu widerrufen und ihn damit zu zwingen, die vom
Verwaltungsgericht selber festgestellte hiesige soziale, kulturelle,
sprachliche und absehbar auch wirtschaftliche bzw. berufliche Verwurzelung
aufzugeben. Die ausländerrechtliche aufenthaltsbeendende Massnahme soll keine
zusätzliche Strafe sein; sie dient vielmehr der Sicherheit der Allgemeinheit
vor der von einer bestimmten ausländischen Person potentiell ausgehenden
(Rückfall-) Gefahr (Urteil 2C_116/2017 vom 3. Oktober 2017 E. 4.2).  
 
5.2. Gestützt auf die konkreten Umstände besteht glaubhaft ein Bruch des
Beschwerdeführers mit seiner (deliktischen) Vergangenheit, und privat, familiär
sowie beruflich eine positive Ausrichtung auf ein glaubwürdiges neues
Zukunftsprojekt (Lehre als Koch) hin, welches er kaum bereit sein wird, durch
künftige Straftaten zu gefährden. Er hat sich seit rund drei Jahren nichts mehr
zuschulden kommen lassen, sondern sein Leben auf sein neues Ziel ausgerichtet.
Zwar hat er mit dem einmalig in einer Nacht begangenen Raub und Raubversuch
zwei Gewaltdelikte begangen, es ist indessen nicht zu verkennen, dass er sich
von diesem Verhalten glaubwürdig losgesagt hat. Soweit bei ihm potentiell eine
Rückfallgefahr bestehen sollte, ist sie im Hinblick auf die positive
Entwicklung des Beschwerdeführers prospektiv derart relativiert, dass sie im
Hinblick auf die lebensprägende Sozialisierung in den hiesigen Verhältnissen
ausländerrechtlich hingenommen werden kann. Die privaten Interessen des
Beschwerdeführers, in der Schweiz verbleiben zu können, überwiegen deshalb
derzeit die öffentlichen am Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung und
seiner Wegweisung.  
 
6.  
 
6.1. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 19.
April 2017 ist aufzuheben und dem Beschwerdeführer seine
Niederlassungsbewilligung zu belassen. Im Hinblick auf sein früheres Verhalten
gebietet es sich indessen als mildere Massnahme, ihn formell ausländerrechtlich
zu verwarnen (Art. 96 Abs. 2 AuG), zumal dies bisher nicht geschehen ist. In
der Regel soll bei jungen Erwachsenen, welche die Schulen - zumindest teilweise
- hier absolviert haben und im Familiennachzug ins Land gekommen sind, im
Hinblick auf die mit dem Widerruf der Niederlassungsbewilligung verbundenen
weitreichenden Konsequenzen in der Regel zuerst eine ausländerrechtliche
Verwarnung ausgesprochen werden, wenn die Straffälligkeit nicht von besonders
schwerwiegender Natur ist, was hier im Hinblick auf die Einmaligkeit und die
besonderen Umstände der Vorkommnisse in der Nacht vom 22. Februar 2014 nicht
der Fall war. Sollte der Beschwerdeführer entgegen den Erwartungen in Zukunft
indessen zu weiteren namhaften Klagen Anlass geben, hat er trotz seiner langen
Anwesenheit und seiner Sozialisierung in der Schweiz mit einem sofortigen
Widerruf der Bewilligung zu rechnen (vgl. die Urteile 2C_116/2017 vom 3.
Oktober 2017 E. 5.1; 2C_126/2017 vom 7. September 2017 E. 6.6 und 2C_846/2014
vom 16. Dezember 2014 E. 4, je mit Hinweisen).  
 
6.2. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind keine Gerichtskosten
geschuldet (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Zürich hat den Beschwerdeführer für
das bundesgerichtliche Verfahren im Rahmen von dessen Obsiegen angemessen zu
entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
und Verbeiständung wird damit gegenstandslos. Für die Neureglung der Kosten-
und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens ist die Angelegenheit an das
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich zurückzuweisen (vgl. Art. 107 Abs. 2
i.V.m. Art. 67 BGG).  
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts
des Kantons Zürich vom 19. April 2017 aufgehoben.  
 
1.2. Der Beschwerdeführer wird im Sinne der Erwägungen ausländerrechtlich
verwarnt.  
 
1.3. Zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen
Verfahrens wird die Sache an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
zurückgewiesen.  
 
2.  
 
2.1. Es werden keine Kosten erhoben.  
 
2.2. Der Kanton Zürich hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.  
 
2.3. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das
bundesgerichtliche Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben.  
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration (SEM)
schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. März 2018 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar 

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