Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.517/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_517/2017  
 
 
Urteil vom 4. Juli 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Haag, 
Gerichtsschreiberin Genner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokat Dr. Alex Hediger, 
 
gegen  
 
Amt für Migration Basel-Landschaft, 
Parkstrasse 3, 4402 Frenkendorf, 
Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, Regierungsgebäude, Rathausstrasse
2, 4410 Liestal. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 22. Februar 2017 (810 16 129). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ (geb. 1980), Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina,
reiste am 10. November 1992 im Rahmen des Familiennachzugs zu seinem Vater in
die Schweiz ein und erhielt 1996 die Niederlassungsbewilligung. Am 31. März
2007 heiratete er in Liestal die aus Serbien und Montenegro stammende
B.________ (geb. 1983); die gemeinsame Tochter C.________ wurde am 21. April
2007 geboren. Auf Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 25. Juni 2008 hin wurde B.________ und
der Tochter C.________ die Aufenthaltsbewilligung erteilt. Die Ehe von
A.________ und B.________ wurde am 11. Oktober 2011 geschieden.  
Am 4. Februar 2012 heiratete A.________ in Liestal die ukrainische
Staatsbürgerin D.________ (geb. 1978), welche damals im Besitz einer
Kurzaufenthaltsbewilligung war. Am 19. März 2012 stellte A.________ ein Gesuch
um Familiennachzug für seine Ehefrau D.________. Der gemeinsame Sohn E.________
wurde am 15. Februar 2013 in Yalta (Ukraine) geboren. 
 
A.b. A.________ trat strafrechtlich folgendermassen in Erscheinung:  
 
- Urteil der Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Landschaft vom 25. Februar
2000: Freiheitsstrafe von vier Tagen (bedingt vollziehbar bei einer Probezeit
von zwei Jahren) und Busse von Fr. 1'200.-- wegen mehrfacher grober Verletzung
von Verkehrsregeln, Fahrens ohne Führerausweis, Irreführung der Rechtspflege
und Begünstigung; 
- Urteil der Staatsanwaltschaft des Kantons Tessin vom 17. Mai 2005:
Freiheitsstrafe von 15 Tagen (bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von drei
Jahren) und Busse von Fr. 300.-- wegen Fahrens ohne Führerausweis; 
- Urteil des Strafgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 3. August 2007:
Freiheitsstrafe von zwölf Monaten (davon sechs Monate bedingt vollziehbar bei
einer Probezeit von drei Jahren) wegen versuchter einfacher Körperverletzung,
Diebstahls (geringfügiges Vermögensdelikt), mehrfachen betrügerischen
Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage, mehrfacher Hehlerei, Verletzung der
Verkehrsregeln, mehrfachen Fahrens in fahrunfähigem Zustand, mehrfachen Fahrens
ohne Führerausweis, Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der
Fahrunfähigkeit und Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz; 
- Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 12. August 2014:
Freiheitsstrafe von zehn Monaten (bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von
drei Jahren) wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz,
Widerhandlung gegen das Ausländergesetz und mehrfacher Drohung (alle Taten
begangen zwischen 2007 und 2010). 
 
A.c. Die finanzielle Situation von A.________ präsentiert sich über die Jahre
wie folgt:  
 
- Aufgrund eines Autounfalls, den er am 11. Oktober 2004 verursacht hatte,
bezog A.________ bis ins Jahr 2009 Unfalltaggelder. Zudem wurde ihm 2013
nachträglich eine Invalidenrente für die Zeit zwischen dem 1. Oktober 2005 und
dem 31. Oktober 2009 in der Höhe von Fr. 119'860.50 zugesprochen. 
- Am 18. Dezember 2014 wurde die Tochter von A.________aus erster Ehe -
C.________ - gerichtlich unter die gemeinsame elterliche Sorge gestellt und er
wurde verpflichtet, monatlich Fr. 400.-- Kindesunterhalt zu bezahlen. 
- A.________ bezog von 2005 bis 2013 Fr. 112'440.30 und von Juni 2014 bis Ende
März 2016 Fr. 59'000.-- von der Sozialhilfe. Seit Mai 2013 wurden die
Unterhaltszahlungen für C.________ vom kantonalen Sozialamt bevorschusst. Im
April 2016 beliefen sich die ausstehenden Unterhaltszahlungen auf Fr.
3'200.--. 
- Gemäss Betreibungsregisterauszug vom 30. September 2015 lagen zu diesem
Zeitpunkt insgesamt 113 Betreibungen in der Höhe von Fr. 149'482.-- sowie 93
offene Verlustscheine im Umfang von Fr. 144'573.30 vor. 
- Gemäss Betreibungsregisterauszug vom 13. Februar 2017 lagen zu diesem
Zeitpunkt insgesamt 8 Betreibungen in der Höhe von Fr. 78'067.25 und 96
Verlustscheine im Umfang von Fr. 187'706.-- vor. 
- Am 22. Februar 2017 betrug der monatliche Sozialhilfebetrag für A.________
Fr. 1'940.50; zudem wurden die Krankenkassenprämien und die Rechnungen des
Psychiaters von der Sozialhilfebehörde übernommen. 
 
A.d. Das Amt für Migration des Kantons Basel-Landschaft hatte A.________ am 7.
November 2008 wegen seiner strafrechtlichen Verurteilungen und seiner Schulden
(damals 87 offene Verlustscheine in der Höhe von Fr. 104'444.35) verwarnt und
ihn darauf hingewiesen, dass bei Gesetzesverstössen und Schulden die
Möglichkeit des Widerrufs der Niederlassungsbewilligung bestehe.  
 
B.  
Am 12. Januar 2015 stellte das Amt für Migration A.________ den Widerruf der
Niederlassungsbewilligung in Aussicht und gewährte ihm das rechtliche Gehör,
wovon dieser mit Schreiben vom 9. März 2015 Gebrauch machte. Seiner Ex-Ehefrau
B.________ wurde (im Hinblick auf die gemeinsame Tochter C.________) ebenfalls
das rechtliche Gehör gewährt; sie nahm am 28. April 2015 schriftlich Stellung. 
Am 26. Oktober 2015 widerrief das Amt für Migration die
Niederlassungsbewilligung und wies A.________ per 31. Dezember 2015 aus der
Schweiz weg. Auf das Familennachzugsgesuch zugunsten von D.________ trat das
Amt für Migration nicht ein. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft
bestätigte diese Entscheide am 26. April 2016 und wies auch das Gesuch von
A.________ um unentgeltliche Rechtspflege ab. Dessen Beschwerde hiess das
Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht,
mit Urteil vom 22. Februar insoweit gut, als A.________ im Verfahren vor dem
Regierungsrat die unentgeltliche Rechtspflege verweigert worden war; im Übrigen
wies es die Beschwerde - unter Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung -
ab. 
 
C.  
A.________ erhebt am 6. Juni 2017 Beschwerde beim Bundesgericht mit den
Anträgen, das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben und ihm die
Niederlassungsbewilligung zu belassen "bzw. angemessen zu verlängern". Das Amt
für Migration sei anzuweisen, das Familiennachzugsgesuch für seine Ehefrau
D.________ und den gemeinsamen Sohn E.________ zu bewilligen. Zudem ersucht
A.________ um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung mit seinem
Rechtsvertreter, Advokat Dr. Alex Hediger. 
Das Kantonsgericht verzichtet auf Vernehmlassung. Der Regierungsrat schliesst
auf Abweisung der Beschwerde. Das Staatssekretariat für Migration hat sich
nicht vernehmen lassen. A.________, dem eine Frist bis zum 19. September 2017
für allfällige Bemerkungen angesetzt worden war, hat am 21. September 2017 eine
Replik eingereicht. 
Das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ist am 9.
Juni 2017 durch Nichteintreten erledigt worden. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit dem angefochtenen Urteil wird der Widerruf der Niederlassungsbewilligung
und - als Folge davon - der Nichteintretensentscheid betreffend das
Familiennachzugsgesuch für die Ehefrau und den Sohn des Beschwerdeführers
bestätigt. Demgemäss richtet sich die Beschwerde in erster Linie gegen den
Widerruf der Niederlassungsbewilligung; sie ist vorab zu behandeln. Die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig (Art. 82 lit.
a BGG), weil grundsätzlich ein Anspruch auf den Fortbestand der
Niederlassungsbewilligung gegeben ist (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG e contrario;
BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Die Beschwerde wurde unter Einhaltung der
gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) eingereicht,
und der Beschwerdeführer ist zur Erhebung des Rechtsmittels legitimiert (Art.
89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist einzutreten. 
 
2.  
Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst
der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). 
 
2.1. Art. 99 Abs. 1 BGG zielt auf Tatsachen ab, die erst durch das angefochtene
Urteil rechtserheblich werden. So kann sich die beschwerdeführende Partei vor
Bundesgericht auf Tatsachen stützen, die nicht Gegenstand des vorinstanzlichen
Verfahrens gebildet hatten, wenn die Vorinstanz ein neues rechtliches Argument
anführt, mit dem die Partei zuvor nicht konfrontiert worden war (vgl. Urteil
5A_115/2012 vom 20. April 2012 E. 4.4.2). Unzulässig sind hingegen neue
Tatsachen, die bereits der Vorinstanz hätten vorgelegt werden können (BGE 136
III 123 E. 4.4.3 S. 129).  
Der Beschwerdeführer legt keine unechten Noven vor. 
 
2.2. Echte Noven, d.h. Tatsachen, die sich zugetragen haben, nachdem vor der
Vorinstanz keine neuen Tatsachen mehr vorgetragen werden durften, sind im
Verfahren vor dem Bundesgericht von vornherein unzulässig (BGE 139 III 120 E.
3.1.2 S. 123; 135 I 221 E. 5.2.4; 133 IV 342 E. 2.1 S. 344).  
Die Gesprächsnotiz des Schulhauses F.________ vom 11. Mai 2017 und das an Dr.
med. G.________ gerichtete Schreiben von Prof. H.________ vom 23. Mai 2017
datieren nach dem angefochtenen Urteil und sind somit im vorliegenden Verfahren
unbeachtlich. Die in der Beschwerdeschrift erwähnte Bescheinigung der
Krankenversicherung der Republika Srbska, I.________, vom 17. Mai 2017 ist
nicht eingereicht worden; sie wäre aber ohnehin als echtes Novum unbeachtlich. 
 
3.  
Streitgegenstand bildet die Frage, ob die Vorinstanz den Widerruf der
Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers zu Recht bestätigt hat. 
 
3.1. Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, wenn die
ausländische Person in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit
und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen hat oder diese gefährdet
oder die innere oder die äussere Sicherheit gefährdet (Art. 63 Abs. 1 lit. b
AuG [SR 142.20]) Dieser Widerrufsgrund gilt auch, wenn sich der Betroffene -
wie hier - seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss in der
Schweiz aufgehalten hat (Art. 63 Abs. 2 AuG e contrario; BGE 139 I 16 E. 2.1 S.
19).  
 
3.2. Ein schwerwiegender Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung
besteht in erster Linie, wenn die ausländische Person durch ihre Handlungen
besonders hochwertige Rechtsgüter wie die körperliche, psychische und sexuelle
Integrität eines Menschen verletzt oder gefährdet hat. Indessen können auch
vergleichsweise weniger gravierende Pflichtverletzungen als "schwerwiegend" im
Sinn von Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG bezeichnet werden: Gemäss der Botschaft vom
8. März 2002 zum Ausländergesetz (BBl 2002 3709) ist ein Widerruf der
Niederlassungsbewilligung auch dann möglich, wenn sich eine ausländische Person
von strafrechtlichen Massnahmen bzw. ausländerrechtlichen Verwarnungen nicht
beeindrucken lässt und damit zeigt, dass sie auch zukünftig weder gewillt noch
fähig ist, sich an die Rechtsordnung zu halten (BGE 137 II 297 E. 3.3 S. 303).
Somit kann auch eine Summierung von Verstössen, die für sich genommen für einen
Widerruf nicht ausreichen würden, einen Bewilligungsentzug rechtfertigen, wobei
nicht die Schwere der verhängten Strafen, sondern die Vielzahl der Delikte
entscheidend ist (Urteil 2C_106/2017 vom 22. August 2017 E. 3.2). Ein Verstoss
gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung liegt insbesondere bei mutwilliger
Nichterfüllung der öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen
Verpflichtungen vor (Art. 80 Abs. 1 lit. b der Verordnung vom 24. Oktober 2007
über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE; SR 142.201]).  
 
3.3. Der Widerruf muss verhältnismässig sein (Art. 96 Abs. 1 AuG). Dies
erfordert eine Abwägung der widerstreitenden öffentlichen und privaten
Interessen, bei welcher namentlich die Schwere des Verschuldens, der Grad der
Integration bzw. die Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie die dem Betroffenen
und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen sind (vgl. BGE 139 I
145 E. 2.3 und 2.4 S. 148 f.).  
 
4.  
Der Beschwerdeführer trägt vor, der Widerrufsgrund nach Art. 63 Abs. 1 lit. b
AuG sei nicht erfüllt. 
 
4.1. Bei den beiden ersten Verurteilungen aus den Jahren 2000 bzw. 2005 sei es
um Bagatelldelikte gegangen. Die beiden letzten Verurteilungen aus den Jahren
2007 bzw. 2014 hätten zwar zu etwas längeren Freiheitsstrafen geführt; diese
seien jedoch zu einem grossen Teil bedingt ausgesprochen worden und die
zugrundeliegenden Delikte lägen teilweise über zehn Jahre zurück. Die letzten
Straftaten (Drohung und Nötigung zum Nachteil der damaligen Ehefrau) hätten
sich am 2. Januar 2010 ereignet und lägen somit im heutigen Zeitpunkt rund
siebeneinhalb Jahre zurück. Von einer Verletzung besonders schützenswerter
Rechtsgüter könne nicht die Rede sein. Die Betäubungsmitteldelikte hätten vor
der Verwarnung vom 7. November 2008 stattgefunden.  
 
4.1.1. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sind (bzw. waren im
Zeitpunkt der Tatbegehung) mehrfache grobe Verletzung von Verkehrsregeln,
Irreführung der Rechtspflege und Begünstigung keine Bagatelldelikte. Fahren
ohne Führerausweis wurde damals noch milder bestraft als heute (vgl. die
verschiedenen Fassungen von Art. 95 SVG). Das niedrige Strafmass der
Verurteilung vom 25. Februar 2000 ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass es
sich um die erste Verurteilung des Beschwerdeführers handelte und er die Taten
als junger Erwachsener begangen hatte. Wegen Fahrens ohne Führerausweis wurde
er dreimal bestraft, was seine Unbelehrbarkeit belegt.  
 
4.1.2. Der Beschwerdeführer wurde insgesamt viermal zu einer Freiheitsstrafe
verurteilt, wobei die Höhe der Strafen tendenziell zunahm. Auf die im Jahr 2005
ausgesprochene Freiheitsstrafe von 15 Tagen folgten die Verurteilungen zu zwölf
Monaten (2007) und zu zehn Monaten Freiheitsstrafe (2014). Die beiden
letztgenannten Strafen wiegen schwer, auch mit Blick auf die Rechtprechung,
wonach eine Freiheitsstrafe, welche ein Jahr überschreitet, eine längerfristige
Freiheitsstrafe im Sinn von Art. 62 Abs. 1 lit. b AuG darstellt (vgl. BGE 135
II 377 E. 4.2 S. 379 ff.) und gemäss Art. 63 Abs. 1 lit. a AuG i.V.m. Art. 62
Abs. 1 lit. b AuG den Widerruf der Niederlassungsbewilligung nach sich ziehen
kann. Aus der Tatsache, dass ein Teil der Strafen bedingt ausgesprochen wurde,
kann der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten ableiten (vgl. Urteile
2C_562/2017 vom 30. Oktober 2017 E. 6.1.3; 2C_114/2012 vom 26. März 2013 E.
3.3).  
 
4.1.3. Der Beschwerdeführer hat zahlreiche hohe Rechtsgüter verletzt und das
Leben und die Gesundheit anderer Menschen wiederholt in Gefahr gebracht. So
wurde er zweimal wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz
schuldig gesprochen. Dass ein Teil der Straftaten vor der Verwarnung vom 7.
November 2008 stattfand, vermag ihn nicht entscheidend zu entlasten, ist doch
das Gesamtbild massgebend. Im Übrigen wurde der Beschwerdeführer auch nach der
Verwarnung wieder straffällig: Gemäss dem Strafurteil des Kantonsgerichts
Basel-Landschaft vom 12. August 2014 beging er die Drohungen gegen seine
damalige Ehefrau am 12. November 2009, am 14. November 2009 und am 2. Januar
2010. Diese Drohungen waren alles andere als harmlos, wie dem Strafurteil des
Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 12. August 2014 zu entnehmen ist. Auch die
Tochter C.________ wurde dadurch in Mitleidenschaft gezogen (vgl. Urteil des
Strafgerichts Basel-Landschaft vom 13. November 2013).  
 
4.2. Der Beschwerdeführer moniert, die Vorinstanz werfe ihm zu Unrecht
Schuldenwirtschaft vor. Die Gerichtskosten zu Gunsten des Kantonsgerichts
Basel-Landschaft aus den beiden Strafverfahren (Verlustscheine von Fr.
12'283.75 und Fr. 41'784.10) habe er natürlich aufgrund seiner
Sozialhilfeabhängigkeit nicht bezahlen können. Der Verlustschein zugunsten der
Sozialversicherungsanstalt (SVA) Basel-Landschaft (Fr. 21'941.05) resultiere
aus einer Rückforderung von Kinderrenten, welche irrtümlicherweise ihm - dem
Beschwerdeführer - ausgerichtet und nicht direkt an seine Tochter bzw. deren
Mutter überwiesen worden seien. Subtrahiere man die Summe dieser Beträge (rund
Fr. 76'000.--) von dem im Februar 2017 offenen Saldo von Fr. 188'000.--, ergebe
sich, dass die Summe der Verlustscheine seit März 2011 nur marginal zugenommen
habe. Ihm könne nicht vorgeworfen werden, dass er massiv Schulden aufbaue und
sich nicht an seine öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen
Verpflichtungen halte.  
Mit dieser Argumentation zäumt der Beschwerdeführer das Pferd beim Schwanz auf.
Es ist nicht nachvollziehbar, warum seine Schulden bei den kantonalen Behörden
nicht berücksichtigt werden sollen. Der Beschwerdeführer hat zahlreiche
Betreibungen erwirkt und hohe Schulden angehäuft, obwohl ihm seit dem Jahr 2005
nicht nur Sozialversicherungsleistungen, sondern auch Sozialhilfeleistungen
ausgerichtet wurden. Wenn er darüber hinaus einräumt, irrtümlich erhaltene
Zahlungen, welche eigentlich seiner Tochter zustehen, für sich verwendet zu
haben, anstatt sie zurückzuerstatten, zeigt dies eindrücklich sein fehlendes
Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem Staat und seiner Familie. Der
Beschwerdeführer hat seine finanziellen Verpflichtungen während vielen Jahren
nicht oder nur unzureichend erfüllt. Auch hier stellte sich trotz der
Verwarnung vom 7. November 2008 keine Besserung ein. Angesichts der Umstände
ist eine mutwillige Nichterfüllung öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher
Verpflichtungen im Sinn von Art. 80 Abs. 1 lit. b VZAE zu bejahen. 
 
4.3. Der Widerrufsgrund nach Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG ist erfüllt.  
 
5.  
Es bleibt zu prüfen, ob der Widerruf der Niederlassungsbewilligung
verhältnismässig im Sinn von Art. 96 Abs. 1 AuG und Art. 8 Ziff. 2 EMRK ist. 
 
5.1. Wenngleich die letzte Straftat (Drohung vom 2. Januar 2010) im Zeitpunkt
des angefochtenen Urteils sieben Jahre zurücklag, ist das Verschulden des
Beschwerdeführers angesichts der Art und Vielzahl der Delikte als erheblich
einzustufen. Die Bedeutung des Wohlverhaltens ist zudem zu relativieren, da die
entsprechende Verurteilung (erstinstanzlich) erst am 13. November 2013 erfolgte
und das ausländerrechtliche Verfahren nur wenige Monate nach dem definitiven
Urteil des Kantonsgerichts vom 12. August 2014 (am 12. Januar 2015) eingeleitet
wurde. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers können Rückfälle nicht
ausgeschlossen werden, hat er doch immer wieder bewiesen, dass er sich nicht im
Griff hat. Unter Sicherheitsgesichtspunkten besteht daher ein grosses
Interesse, dass der Beschwerdeführer das Land verlässt. Erschwerend kommt
hinzu, dass er die Schulden trotz Versicherungs- und Sozialhilfeleistungen
nicht zu tilgen vermochte. Das öffentliche Interesse an der Beendigung des
Aufenthalts ist folglich sehr gross.  
 
5.2. Die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in der
Schweiz vermögen unter diesen Umständen die öffentlichen Interessen nicht zu
überwiegen:  
 
5.2.1. Im Zeitpunkt des angefochtenen Urteils hielt sich der Beschwerdeführer
seit etwas mehr als 24 Jahren in der Schweiz auf; nach den grundsätzlich
verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (vgl. Art. 105 Abs. 1 BGG)
verbrachte er die ersten zwölf Lebensjahre in seiner Heimat. Trotz der langen
Aufenthaltsdauer kann seine Integration weder in beruflich-wirtschaftlicher
noch in sprachlich-sozialer Hinsicht als geglückt bezeichnet werden. Der
Beschwerdeführer vermochte beruflich nicht Fuss zu fassen, geriet ins
Drogenmilieu, häufte Schulden an und wurde wiederholt straffällig. Die Erwägung
der Vorinstanz, er könne sich auf Deutsch verständigen, weist auf eine
unzureichende sprachliche Eingliederung hin. Mit Blick auf die insgesamt
mangelhafte Integration besteht daher nur ein mässiges Interesse an der
Aufrechterhaltung der Bewilligung.  
 
5.2.2. Eine Ausreise aus der Schweiz würde die Trennung des Beschwerdeführers
von seiner Tochter C.________ nach sich ziehen. Der Beschwerdeführer hat nicht
lange mit ihr zusammengelebt, denn bereits am 24. August 2010 war die
gerichtliche Trennung von seiner ersten Ehefrau erfolgt. Davor hatte der
Beschwerdeführer sechs Monate lang seine Freiheitsstrafe aus der Verurteilung
vom 3. August 2007 verbüsst. Aus dem Scheidungsurteil vom 11. Oktober 2011 geht
hervor, dass der Beschwerdeführer zunächst ein eingeschränktes Besuchsrecht
erhielt (ein Nachmittag pro Woche sowie ein ganzer Tag pro Monat). Später wurde
das Besuchsrecht ausgeweitet; Ende 2014 erhielten der Beschwerdeführer und
seine Ex-Ehefrau 2014 das gemeinsame Sorgerecht über die Tochter C.________.
Indessen liegt keine alternierende Obhut vor, weshalb Folgendes gilt: Der nicht
sorge- oder obhutsberechtigte Elternteil eines niedergelassenen ausländischen
Kindes hat gestützt auf Art. 8 Ziff. 1 EMRK einen Anspruch auf Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung nur unter der Voraussetzung, dass er sich "tadellos" im
Sinn der Rechtsprechung verhalten hat und zwischen ihm und seinem Kind in
wirtschaftlicher und affektiver Hinsicht eine besonders enge Beziehung besteht,
die wegen der Distanz zwischen der Schweiz und dem Herkunftsland dieses
Elternteils praktisch nicht aufrecht erhalten werden könnte (BGE 143 I 21 E.
5.2 S. 27 und E. 5.3 S. 28; 142 II 35 E. 6.2 S. 47; 140 I 145 E. 3.2 S. 147;
139 I 315 E. 2.2 S. 319). Üben die Eltern die Sorge gemeinsam aus, was gemäss 
Art. 296 Abs. 2 ZGB seit dem 1. Januar 2014 den gesetzlichen Regelfall
darstellt (vgl. Urteil 5A_781/2015 vom 14. März 2016 E. 3.2.3), hat dies auf
die zitierte Rechtsprechung keine Auswirkung, soweit die Obhut nicht
alternierend ausgeübt wird. Liegt also die faktische Obhut zum überwiegenden
Teil beim anderen (in der Schweiz verbleibenden) Elternteil, ändert das
gemeinsame Sorgerecht nichts daran, dass die familiäre Beziehung zwischen dem
ausreisepflichtigen Elternteil und seinem Kind unter dem Gesichtspunkt von Art.
8 EMRK auch vom Ausland her gepflegt werden kann (BGE 143 I 21 E. 5.5 S. 29
ff.). Diese Rechtsprechung muss sich der Beschwerdeführer entgegenhalten
lassen. Er kann den Kontakt mit seiner Tochter über die Landesgrenzen hinweg
aufrechterhalten.  
 
5.3. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, sein Gesundheitszustand mache
die Aufrechterhaltung der Bewilligung erforderlich, kann ihm nicht
beigepflichtet werden. Die Vorinstanz ist - gestützt auf die umfangreichen
Abklärungen des SEM - ohne Willkür zum Schluss gekommen, dass die vom
Beschwerdeführer benötigten Medikamente und Behandlungen in Bosnien und
Herzegowina verfügbar sind. Der Beschwerdeführer hat nicht dargetan, dass ihm
der Zugang zu den entsprechenden Therapien in Bosnien und Herzegowina verwehrt
wäre (zu den Noven vgl. E. 2.2). Die Tatsache, dass der medizinische Standard
im Gaststaat höher ist als im Herkunftsstaat, steht einer Ausreise bzw.
Rückkehr nicht entgegen (Urteil des EGMR  Paposhvili gegen Belgien vom 13.
Dezember 2016 [Nr. 41738/10], § 189).  
 
5.4. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung erweist sich als
verhältnismässig.  
 
6.  
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich die Behandlung des (sinngemäss gestellten)
Antrags, den Nichteintretensentscheid des Amts für Migration betreffend
Familiennachzug für die Ehefrau und den Sohn des Beschwerdeführers aufzuheben.
Auf diesen Antrag ist nicht einzutreten. 
 
7.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
7.1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der unterliegende Beschwerdeführer
grundsätzlich die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG); er hat
indessen um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung
ersucht. Mit Blick auf die Rechtslage und Praxis in derartigen Fällen waren dem
Rechtsmittel kaum Erfolgsaussichten beschieden, zumal die Vorinstanz ihr Urteil
einlässlich begründet hat. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung ist daher infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1
BGG) und die (umständehalber reduzierten) Gerichtskosten sind dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 BGG).  
 
7.2. Es ist keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht
Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, und dem
Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. Juli 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Genner 

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